· Fachbeitrag · Aufzeichnungspflichten
Ordnungsgemäße Kassenführung - so geht‘s!
von Dipl. Finw. (FH) David Skupien, Bremen
| Eine ordnungsgemäße Kassenführung ist vor allem für Unternehmen relevant, die überwiegend Barumsätze tätigen. Gerade hier werden bei Betriebsprüfungen nämlich oftmals Beanstandungen festgestellt, die nicht selten zu Hinzuschätzungen führen. Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung, typische Fehler in der Praxis und die Konsequenzen hieraus sind Gegenstand des Beitrags. |
1. Pflicht zur Kassenführung
Ausgangspunkt für die Verpflichtung zur Kassenführung ist regelmäßig die Buchführungspflicht (§§ 5, 4 Abs. 1 EStG). Ist der Steuerpflichtige buchführungspflichtig, müssen die Bücher und Aufzeichnungen insbesondere den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO und §§ 238 ff. HGB entsprechen. Daneben sind auch Aufzeichnungspflichten zu erfüllen, die sich aus den Einzelsteuergesetzen und den außersteuerlichen Gesetzen ergeben.
Im Umkehrschluss sind Steuerpflichtige, die Ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermitteln, grundsätzlich nicht zur Kassenbuchführung verpflichtet.
Beachten Sie | Eine Verpflichtung zur Einzelaufzeichnung ergibt sich jedoch auch für Einnahmen-Überschussrechner gemäß § 22 UStG. Nach § 146 Abs. 5 S. 1 HS. 2 AO sind die Aufzeichnungen indes lediglich so zu führen, dass sie dem konkreten Besteuerungszweck genügen. Sie können auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen (BFH 16.2.06, X B 57/05).
PRAXISHINWEIS | Nichtsdestotrotz dürfte es für Einnahmen-Überschussrechner, die häufig Bargeschäfte tätigen, sinnvoll sein, ein (ordnungsgemäßes) Kassenbuch zu führen. Dies verschafft nämlich einen schnellen Überblick über die Einnahmen und Ausgaben und zeigt, wohin die liquiden Mittel geflossen sind. |
2. Kassenarten
Grundsätzlich kann sich der Steuerpflichtige für eine Kassenart frei entscheiden. Nachfolgend werden die offenen Ladenkassen und Registrierkassen näher vorgestellt.
2.1 Offene Ladenkasse
Die offene Ladenkasse, auch Schubladenkasse genannt, wird ohne technische Unterstützung geführt. Entscheidet sich der Steuerpflichtige für diese Kassenart, kann er die Tageseinnahmen mithilfe eines fortlaufend nummerierten Kassenberichts durch Rückrechnung (retrograde Methode) aus dem gezählten Kassenbestand ermitteln.
Sinn und Zweck eines Kassenberichts ist demzufolge die richtige und nachvollziehbare Ermittlung der Bareinnahmen. Ein Kassenbericht kann beispielsweise wie folgt aussehen:
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Tagesendbestand (Endbestand zum Geschäftsschluss) ./. Anfangsbestand (Kassenbestand des Vortages) = Zwischensumme (Saldo aus Tageseinnahmen und Tagesausgaben) + Kassenausgaben des Tages + Geldtransit auf das betriebliche Konto oder weitere Kassen + Privatentnahmen ./. Privateinlagen ./. Sonstige Tageseinnahmen = Kasseneinnahmen des Tages |
Beachten Sie | Bei Betriebsprüfungen werden oftmals Kassenberichte vorgelegt, die „glatte“ Zahlen (also ohne Nachkommastellen) beinhalten. Ergeben sich aus der Preisliste des Steuerpflichten jedoch regelmäßig Zahlen mit Nachkommastellen, dürfte dies den Betriebsprüfer zu weiteren Prüfungshandlungen animieren.
PRAXISHINWEIS | Der tägliche Zählnachweis sollte möglichst unter Angabe von Datum und Uhrzeit unterschrieben werden. Damit wird u.a. dokumentiert, dass die Zählung erst nach Geschäftsschluss vorgenommen wurde. |
2.2 Registrierkassen
In der Praxis werden oftmals elektronische Registrierkassen eingesetzt. Zu den besonderen Anforderungen und den Aufbewahrungserfordernissen hat das BMF (26.11.10, IV A 4 - S 0316/08/10004-07) Stellung genommen.
Danach sind Unterlagen i.S. des § 147 Abs. 1 AO, die mithilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden sind, während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar aufzubewahren (§ 147 Abs. 2 Nr. 2 AO). Die von dem BMF-Schreiben betroffenen Geräte (Registrierkassen, Waagen mit Registrierkassenfunktion, Taxameter und Wegstreckenzähler) sowie die mit ihrer Hilfe erstellten digitalen Unterlagen müssen neben den „Grundsätzen ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS)“ auch den „Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU)“ entsprechen (§ 147 Abs. 6 AO).
Beachten Sie |Insbesondere müssen alle steuerlich relevanten Einzeldaten (Einzelaufzeichnungspflicht) einschließlich etwaiger mit dem Gerät elektronisch erzeugter Rechnungen i.S. des § 14 UStG unveränderbar und vollständig aufbewahrt werden.
Da der Begriff „steuerlich relevante Daten“ nicht gesetzlich definiert ist, kann die Relevanz nur nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt werden (Teutemacher, BBK 12, 1080). Das BMF (Referat IV A 4 „Fragen und Antworten zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung“, Stand: 22.1.09) umschreibt den Begriff wie folgt: „Steuerlich relevant sind Daten immer dann, wenn sie für die Besteuerung des Steuerpflichtigen von Bedeutung sein können. Nach den GDPdU ist es Aufgabe des Steuerpflichtigen, die steuerrelevanten Daten von den anderen abzugrenzen. Er wird sich dabei auch an datenschutzrechtlichen bzw. besonderen berufsspezifischen Gesichtspunkten orientieren müssen.“
Beachten Sie | Nach Auffassung des FG Hessen (24.4.13, 4 K 422/12, Rev. BFH X R 42/13) bezieht sich die Vorlagepflicht von mit einem Datenverarbeitungssystem erstellten Aufzeichnungen nach § 147 Abs. 6 AO nur auf Aufzeichnungen, für die eine gesetzliche Aufbewahrungspflicht besteht. Eine Pflicht zur Vorlage von freiwillig geführten Kassen-Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe besteht nicht, wenn ordnungsgemäße Tagesendsummenbons vorgelegt werden. Führt ein Apotheker (wie im Streitfall) freiwillig eine von seiner PC-Kasse erstellte Datei mit Einzelaufzeichnungen über Barverkäufe, so ist er nicht verpflichtet, dem FA diese Datei im Rahmen einer Betriebsprüfung vorzulegen.
Darüber hinaus führt das BMF in seinem Schreiben vom 26.11.10 aus, dass Grundlagenaufzeichnungen zur Überprüfung der Bareinnahmen für jedes einzelne Gerät getrennt geführt und aufbewahrt werden müssen. Die zum Gerät gehörenden Organisationsunterlagen müssen aufbewahrt werden, insbesondere die Bedienungsanleitung, die Programmieranleitung und alle weiteren Anweisungen zur Programmierung des Geräts (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 AO).
Übergangsregelung: Registrierkassen, die den besonderen Anforderungen des BMF-Schreibens bauartbedingt nicht genügen, dürfen übergangsweise noch bis zum 31.12.16 eingesetzt werden. Technisch mögliche Softwareanpassungen und Speichererweiterungen sind jedoch durchzuführen. Können Registrierkassen technisch nicht aufgerüstet werden, müssen die Anforderungen des Schreibens des BMF (9.1.96, IV A 8 - S 0310 - 5/95) weiterhin vollumfänglich beachtet werden.
Hinweis | Im Schreiben vom 9.1.96 führt das BMF detailliert auf, welche Unterlagen aufbewahrt werden müssen, um beim Einsatz von elektronischen Registrierkassen auf die Aufbewahrung von Kassenstreifen verzichten zu können. U.a. müssen die mit der Registrierkasse erstellten Rechnungen, die zur Kasse gehörenden Organisationsunterlagen sowie die Tagesendsummenbons mit Ausdruck des Nullstellungszählers („Z-Bons“) aufbewahrt werden.
3. Folgen einer fehlerhaften Kassenführung
Die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, sind der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden (§ 158 AO).
Damit eine Buchführung nicht ordnungsmäßig ist, müssen schwerwiegende Mängel vorliegen. Dabei kommt es nicht auf die formale Bedeutung des Buchführungsmangels an, sondern auf sein sachliches Gewicht. Dieses ist danach zu beurteilen, ob trotz des Mangels die Nachprüfung der vom Steuerpflichtigen aufgestellten Bilanz (innerhalb angemessener Frist) möglich ist (BFH 12.12.72, VIII R 112/69).
PRAXISHINWEIS | Liegen allein formelle Mängel in der Kassenführung vor, ist es für den Prüfer schwierig, einen Sicherheitszuschlag oder eine Schätzung durchzusetzen. In diesen Fällen wird der Prüfer jedoch regelmäßig weitere Prüfungshandlungen vornehmen, um die Beweiskraft der Buchführung zu erschüttern (vgl. insofern Brettmeier, BBP 12, 53). |
Handelt es sich indes um materielle Mängel (z.B. unvollständiges Verbuchen von Einnahmen), hat der Prüfer grundsätzlich die Möglichkeit, die Ordnungsmäßigkeit der Kasse zu verwerfen. Dies eröffnet ihm den Weg zu Sicherheitszuschlägen, Teilschätzungen oder sogar zu einer Vollschätzung nach § 162 AO (vgl. Brettmeier, a.a.O.).
4. Kassenvorgänge richtig erfassen
Um die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung zu gewährleisten, sollten in der Praxis insbesondere die nachfolgenden Punkte zwingend beachtet werden:
- Die Kasse ist täglich zu führen: Nach § 146 Abs. 1 S. 2 AO sollen alle Kasseneinnahmen und -ausgaben täglich festgehalten werden.
- Einzelaufzeichnungspflicht: Die Kassenaufzeichnungen müssen chronologisch sortiert und fortlaufend nummeriert werden. Die Tageseinnahmen sind getrennt nach 7 % USt und 19 % USt aufzuzeichnen (§ 22 UStG).
- Kassensturzfähigkeit: Die Kassenaufzeichnungen sind so zu führen, dass der Soll-Bestand jederzeit mit dem Ist-Bestand der Geschäftskasse verglichen werden kann (vgl. u.a. BFH 17.11.81, VIII R 174/77).
- Keine Buchung ohne Beleg: Für sämtliche Tageseinnahmen und Tagesausgaben müssen Belege vorliegen.
- Kassenminusbestände: Der Kassenbestand darf nie negativ sein.
- Nachvollziehbarkeit von Veränderungen: Fehlerhafte Eintragungen sind so abzuändern, dass die ursprüngliche Erfassung lesbar und nachvollziehbar ist.
Beachten Sie | Auffällig hohe Kassenbestände deuten darauf hin, dass die Kasse nur rechnerisch geführt wurde. Betriebsprüfer gehen oftmals davon aus, dass hohe Bestände dazu dienen, Kassenfehlbeträge zu verdecken.
Weiterführender Hinweis
- Neue Vorschriften für die Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften (Westhoff, MBP 11, 52)