· Fachbeitrag · Einkommensteuer
Ertragsteuerliche Behandlung von eigenen Aufwendungen für ein fremdes Wirtschaftsgut
von StB Dipl.-Finw. (FH) Sonja Steben, Dortmund
| In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Steuerpflichtige Aufwendungen für ein im fremden Eigentum stehendes Wirtschaftsgut leisten. Zu der ertragsteuerlichen Behandlung dieser Aufwendungen bei Eheleuten hat der BFH (19.12.12, IV R 29/09, Abruf-Nr. 131298 ) aktuell Stellung bezogen und dabei Rechtsunsicherheiten beseitigt. Grund genug, um einige praxisrelevante Aspekte herauszustellen. |
1. Behandlung wie ein materielles Wirtschaftsgut
Trägt ein Steuerpflichtiger Aufwendungen zur Herstellung eines im Eigentum seines Ehegatten stehenden Gebäudes und nutzt er die Immobilie zur Erzielung von betrieblichen Einkünften, sind seine Aufwendungen zu aktivieren und abzuschreiben. In seiner Urteilsbegründung beruft sich der IV. Senat des BFH u.a. auf einen Beschluss des Großen Senats des BFH (30.1.95, GrS 4/92), wonach die zur Einkunftserzielung getätigten Aufwendungen nach dem Nettoprinzip grundsätzlich auch dann abzugsfähig sind, wenn diese Aufwendungen auf in fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter erbracht werden.
Bei einem bilanzierenden Steuerpflichtigen wird der Aufwand „wie ein materielles Wirtschaftsgut“ behandelt. Gebäudeherstellungskosten auf einem nicht dem Steuerpflichtigen gehörenden Grundstück sind demzufolge zu aktivieren und nach Gebäudegrundsätzen abzuschreiben. Die Regelungen über laufende Abschreibungen, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen gelten entsprechend.
2. Praxisfolgen
Die Gleichstellung „wie ein materielles Wirtschaftsgut“ dient jedoch allein der Realisierung des objektiven Nettoprinzips und kann nur soweit reichen, wie es zur Verwirklichung dieses Ziels erforderlich ist. Somit bewirkt diese Sonderregel nicht, dass der Aufwandsposten ansonsten einem Wirtschaftsgut gleichgestellt wird.
Aus der Entscheidung des IV. Senats des BFH ergibt sich, dass ein bei Beendigung der betrieblichen Nutzung verbleibender Restbetrag beim Steuerpflichtigen erfolgsneutral auszubuchen ist. Der Betrag verfällt allerdings nicht, sondern wird dem Eigentümer des Wirtschaftsguts als Anschaffungs- oder Herstellungskosten zugerechnet. Die steuerliche Nutzbarkeit ist nun auf dieser Ebene zu prüfen.
Da es sich lediglich um einen rechnerischen Bilanzposten handelt, kommt eine Übertragung nach § 6b EStG nicht in Betracht.
Hinweis | Mit seiner aktuellen Entscheidung ändert der IV. Senat des BFH seine eigene Rechtsprechung aus dem Jahr 1997. Hier hatte er nämlich noch die Auffassung vertreten, dass eine nach § 6b EStG gebildete Rücklage in diesen Fällen übertragbar ist (BFH 10.4.97, IV R 12/96).
Darüber hinaus hat sich der IV. Senat nun der Ansicht des VIII. Senats des BFH zur Behandlung von stillen Reserven angeschlossen (BFH 29.4.08, VIII R 98/04). Dieser hatte Folgendes entschieden: Die realisierten stillen Reserven aus der Entnahme betrieblich genutzter Räume im Einfamilienhaus von Eheleuten erhöhen den Gewinn des „Unternehmer-Ehegatten“ nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil.
Hinweis | Die aktuelle Entscheidung des IV. Senats erging im zweiten Rechtsgang. Im ersten Rechtsgang (BFH 5.6.08, IV R 79/05) hatte der IV. Senat noch die Ansicht vertreten, dass sich der Aufgabegewinn des Ehemanns unter Berücksichtigung der Nutzungsbefugnis an dem im Miteigentum der Ehefrau stehenden Gebäude erhöht.
3. Abgrenzung zum wirtschaftlichen Eigentum
Die vorgenannten Grundsätze gelten nur, wenn der Steuerpflichtige nicht wirtschaftlicher Eigentümer des auf fremden Grund und Boden errichteten Gebäudes geworden ist. In diesen Fällen sind die allgemeinen Grundsätze anzuwenden.
Nach der Rechtsprechung des BFH (14.5.02, VIII R 30/98) liegt wirtschaftliches Eigentum in der Regel vor, wenn
- die Bauten auf eigene Kosten und Gefahr errichtet wurden,
- sie tatsächlich betrieblich genutzt werden und
- dem Steuerpflichtigen bei Beendigung der Nutzung ein Entschädigungsanspruch nach §§ 951, 812 BGB gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer zusteht.
Der BFH war in seinem aktuellen Urteil vom 19.12.12 allerdings der Ansicht, dass der Ehemann nicht wirtschaftlicher Eigentümer des der Ehefrau gehörenden Gebäudeteils war. Nach den Umständen des Streitfalls war nicht davon auszugehen, dass der Ehemann eine tatsächliche Herrschaft über den zivilrechtlich der Ehefrau gehörenden Gebäude-Miteigentumsanteil erlangt hat, wonach er diese für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich hätte ausschließen können.
Beachten Sie | Offenlassen konnte der BFH im Streitfall die Frage, ob der eheliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft die bereicherungsrechtlichen Ansprüche nach §§ 951, 812 BGB verdrängt, sodass von vornherein kein Wertersatzanspruch besteht. In diesem Punkt bleibt die weitere Rechtsprechung abzuwarten.
Weiterführender Hinweis
- Betrieblich genutzte Ehegattenimmobilie: Stille Reserven werden nur anteilig versteuert (Kracht, MBP 08, 169)