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  • · Nachricht · Zahnarztrecht

    Zur Aufklärungspflicht eines Zahnarztes über seltene, aber folgenschwere Risiken

    von RAin, FAin für MedR Rita Schulz-Hillenbrand, Würzburg, www.schulz-hillenbrand.de

    | Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat mit Beschluss vom 22. August 2012 (Az: 5 U 496/12) entschieden, dass ein Zahnarzt seine Patienten vor einer Operation umfassend und sachgemäß über ein seltenes, den Patienten aber erheblich beeinträchtigendes Risiko aufzuklären hat. |

    Der Fall

    Die klagende Patientin erhielt im Jahre 2008 zwei Zahnimplantate. Seit dem Eingriff leidet sie dauerhaft unter Sensibilitätsstörungen und Schmerzen beim Kauen. Die Zahnärztin, die das Aufklärungsgespräch mit der Klägerin vor der Operation geführt hatte, konnte sich an den genauen Inhalt des Gesprächs nicht mehr erinnern. Der der Klägerin übergebene schriftliche Aufklärungsbogen enthielt einen bloßen Hinweis auf das Risiko der „Nervschädigung“, weitergehende Ausführungen, dass es zu Sensibilitätsschädigungen mit dauerhaften Schmerzen kommen könne, jedoch nicht. Die Klägerin warf dem Zahnarzt vor, sie über die Behandlungsrisiken nicht hinreichend aufgeklärt zu haben. Das Landgericht Trier gab der Klage statt, der beklagte Zahnarzt legte Rechtsmittel ein.

    Die Entscheidung

    Das OLG verwarf die vom Zahnarzt angestrengte Berufung. Bestehe etwa bei einer zahnärztlichen Versorgung mit Implantaten die seltene, aber gravierende Gefahr einer dauerhaften Nervenschädigung, sei der Patient über Inhalt und Tragweite der möglichen Folgen hinreichend und ausdrücklich zu informieren. Der bloße Hinweis „Nervenschädigung“ in einem schriftlichen Aufklärungsformular ohne weitere Erläuterungen im mündlichen Aufklärungsgespräch sei unzureichend. Das Gericht wies darauf hin, dass entscheidend für die ärztliche Hinweispflicht im Rahmen der erforderlichen Grundaufklärung nicht ein bestimmter Grad der Risikodichte sei - schon gar nicht eine bestimmte Statistik. Maßgebend sei vielmehr, ob das betreffende Risiko dem Eingriff spezifisch anhafte und es bei seiner Verwirklichung die Lebensführung des Patienten besonders beeinträchtige.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Schmerzausschaltung vor einer zahnmedizinischen Behandlung ist Teil der Behandlung. Eine beabsichtigte Leitungsanästhesie erfordert daher eine Aufklärung über das schwerste in Betracht kommende Risiko, das dem Eingriff spezifisch anhaftet. Das kann erfordern, auch über sehr seltene Risiken aufzuklären. Das Aufklärungsformular ersetzt dabei nicht das zahnärztliche Aufklärungsgespräch. Es ist daher ratsam, Inhalt und Zeitpunkt des Aufklärungsgesprächs in der Behandlungsakte zu vermerken.

     

    Quelle: ID 37995380