Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • Darf ein Zahnarzt für seine Behandlungen Vorkasse verlangen?

    von Dr. Wieland Schinnenburg, Zahnarzt, RA und FA für Medizinrecht, Hamburg

    | Jeder Zahnarzt kennt das Problem: Er gliedert einen gut gelungenen Zahnersatz ein und ist stolz auf seine Arbeit. Er bezahlt auch die Laborkosten und schickt dem Patienten die Rechnung. Erwartungsfroh schaut er nach einigen Wochen auf seine Kontoauszüge, kann aber keinen Zahlungseingang feststellen. Auch Erinnerungen helfen nicht. Dann beginnt die gerichtliche Durchsetzung - ein mühsamer, langwieriger und oft erfolgloser Weg. Wer das mehrfach erlebt hat, fragt sich, wie er es hätte verhindern können. |

    Recht

    Es gibt kein generelles Verbot

    In der Regel schützt man sich vor Zahlungsausfällen durch zwei Verfahren: Der Kunde muss direkt bei Leistung zahlen oder es wird Vorkasse verlangt. Vorkasse ist also keineswegs unüblich - auch der Staat macht es: Meistens muss man die Gerichtskosten vorab bezahlen, bevor das Gericht tätig wird. Deshalb liegt es nahe, dass der Zahnarzt ebenfalls Vorkasse verlangt. Dagegen wird eingewendet, dass es sich nicht mit dem ärztlichen Selbstverständnis als einem helfenden Beruf verträgt. Dieser Einwand übersieht, dass dem Patienten ja die Hilfe nicht verweigert werden soll. Der Zahnarzt will nur sicherstellen, dass er eine gerechte Bezahlung für seine Tätigkeit erhält.

    Welche Einschränkungen beim Recht auf Vorkasse gibt es?

    Allerdings gibt es völlig unbestritten eine Einschränkung des Rechts auf Vorkasse: Immer dann wenn sofortiges Helfen geboten ist, darf die Hilfe nicht von irgendeiner Vorauszahlung abhängig gemacht werden. Es bedarf sicher keiner weiteren Begründung, dass ein Notarzt bei einem Herzinfarkt-Patienten sofort handeln muss und nicht erst Geld verlangen darf. Das Gleiche gilt für Patienten, die Zahnschmerzen haben. Selbstverständlich gibt es Fälle, in denen Patienten Schmerzen nur behaupten, um in den Genuss der sofortigen Behandlung zu kommen. Dennoch kann man nur dringend empfehlen, in allen solchen Fällen keine Vorkasse zu verlangen und eine Behandlung zur Schmerzbefreiung vorzunehmen. Diese Behandlungspflicht gilt auch in Fällen, in denen zwar kein Schmerz vorliegt, aber dennoch sofortiges Handeln geboten ist (zum Beispiel wenn eine Frontzahnkrone herausgefallen ist).

     

    In allen anderen Fällen ist Vorkasse zulässig - nämlich immer dann, wenn der Patient nicht unter aktuellem Druck steht und gegebenenfalls auch einen anderen Zahnarzt aufsuchen kann. So ist es zum Beispiel bei der Anfertigung von umfangreichem Zahnersatz mit oder ohne Implantate. Zur Frage, ob in solchen Fällen Vorkasse verlangt werden darf, gibt es bisher keine höchstrichterliche Entscheidung, sondern lediglich ein Urteil des Oberlandesgerichts München vom 11. Mai 1995 (Az. 1 U 5547/94). Danach können die voraussichtlichen Laborkosten im Voraus verlangt werden.

    Darf der Zahnarzt für eigene Leistungen Vorkasse verlangen?

    Einen Hinweis, dass auch für die eigenen Leistungen des Zahnarztes eine Vorauszahlung oder zumindest eine sofortige Bezahlung verlangt werden darf, enthält der Bundesmantelvertrag-Zahnärzte. Dort heißt es in § 8 Abs. 2, dass der Zahnarzt von Patienten, die ihre Anspruchsberechtigung gegenüber einer Krankenkasse nicht nachweisen können, eine Privatvergütung für die Behandlung verlangen darf. Wird die Anspruchsberechtigung innerhalb zehn Tagen vorgelegt, „muss die entrichtete Vergütung zurückgezahlt werden.“ Diese Vorschrift macht nur Sinn, wenn der Zahnarzt befugt ist, zunächst eine Vergütung zu fordern. Ebenso hat der renommierte Prof. Kern schon 2007 die Auffassung vertreten, dass Vorkasse verlangt werden darf (GesR2007, S. 241 ff.).

    Auswirkungen auf das Patientenverhältnis bedenken

    Damit gibt es keine durchgreifenden juristischen Bedenken gegen das Verlangen von Vorkasse für Behandlungen, die nicht dringend sind. Eine ganz andere Frage ist, ob das Verlangen einer Vorkasse nicht das Verhältnis von Zahnarzt und Patient ungünstig beeinflusst. Immerhin bringt der Patient dem Zahnarzt großes Vertrauen entgegen. Wenn er dann im Gegenzug Misstrauen des Zahnarztes betreffend seiner Zahlungsbereitschaft erfährt, kann ihn das zum Zahnarztwechsel bewegen. Hinzu kommt bei Privatpatienten, dass diese von ihrer Versicherung die Erstattung erst nach Abschluss und Abrechnung der Behandlung erhalten. Sie müssen also manchmal größere Summen über längere Zeit auslegen, wenn der Zahnarzt Vorkasse verlangt. Daher sollte der Zahnarzt nur in sorgfältig ausgesuchten Fällen Vorkasse verlangen.

    Tipp: Vor der Behandlung Abschlagszahlungen vereinbaren

    Wer sich vor Zahlungsausfällen schützen will, sollte vor der Behandlung Abschlagszahlungen vereinbaren. Sie sollten jedoch vor Beginn der Behandlung mit dem Patienten schriftlich vereinbart werden. Falls eine Ratenzahlung vereinbart wurde, könnte der erste Abschlag vor Behandlungsbeginn fällig werden. Dazu ein Textbeispiel für eine Zahlungsvereinbarung:

     

    Zahlungsvereinbarung 

     

    Zwischen Herrn/Frau Zahnarzt/Zahnärztin ... und Herrn/Frau ... wird die folgende Zahlungsvereinbarung zum Heil- und Kostenplan vom ... getroffen:

    1. Bei der Rohbrandeinprobe ist eine Abschlagszahlung in Höhe von ... Euro zu entrichten.

    2. Bei der Eingliederung des Zahnersatzes ist eine weitere Abschlagszahlung in Höhe von ... Euro zu entrichten.

    3. Der Restbetrag ist innerhalb von ...Tagen nach Erhalt der Rechnung zur Zahlung fällig.

     

    ____________________________________________________________________________________________

    Ort, Datum

    Zahnarzt/Zahnärztin

    Patient(in)

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beachten Sie auch den Beitrag „Drohende Zahlungsunfähigkeit des Patienten vor Eingliederung des Zahnersatzes: Was tun?“ von Rechtsanwältin Doris Mücke in PA 04/2013, Seite 2.
    Quelle: Ausgabe 01 / 2015 | Seite 3 | ID 43114168