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  • · Nachricht · Aktuelle Rechtsprechung

    OLG Hamm: Kein Honoraranspruch wegen Aufklärungsmängeln

    | „Eine kostenintensive Zahnbehandlung (Implantatbehandlung mit Knochenaufbau durch Eigenknochenzüchtung) muss nicht bezahlt werden, wenn sich der Patient im Falle seiner ordnungsgemäßen Aufklärung über andere Behandlungsmöglichkeiten (Knochenaufbau durch Verwendung von Knochenersatzmaterial oder Knochenentnahme aus dem Beckenkamm) gegen die kostenintensive Behandlung ausgesprochen hätte.“ - So lautet der Leitsatz des Urteils des Oberlandesgerichts Hamm vom 12. August 2014 (Az. 26 U 35/13, Abruf-Nr. 142676). |

    Der Fall

    Eine Patientin befand sich von 2007 bis 2008 in kieferchirurgischer Behandlung, bei der eine Implantatbehandlung mit Knochenaufbau erfolgte. Der Aufbau des Ober- und Unterkieferknochens sollte durch gezüchtetes Knochenmaterial erfolgen. Die Patientin unterzeichnete entsprechende Heil- und Kostenpläne und Einverständniserklärungen.

     

    Der Implantologe verlangte eine Vergütung von 20.000 Euro für erbrachte Leistungen, wovon 15.000 Euro auf die Kosten für die Eigenknochenzüchtung entfielen. Die Patientin zahlte in mehreren Teilbeträgen 3.660 Euro, so dass mehr als 15.600 Euro offen blieben. Insgesamt stellte der MKG-Chirurg Kosten in Höhe von 42.000 Euro in Rechnung. Die gesamte Behandlung sollte sogar 90.000 Euro kosten. Die Patientin behauptete, über die Gesamtkosten der Behandlung nicht aufgeklärt worden zu sein. Anderenfalls hätte sie nicht zugestimmt. Außerdem war die Behandlung erfolglos, weil sämtliche Implantate schon nach kurzer Zeit herausgefallen waren.

     

    Die Patientin behauptete, sie sei zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vergütungsvereinbarung wegen der Einnahme von Tranquilizern nicht geschäftsfähig gewesen. Der Behandler habe die Situation unmittelbar vor dem Eingriff ausgenutzt, um sich ihre Unterschrift zu erschleichen. Einer Behandlung mit einem Kostenaufwand von mehr als 90.000 Euro hätte sie schon wegen ihrer fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht zugestimmt. Im Übrigen stünde dem Vergütungsanspruch ein Schadenersatzanspruch entgegen, da sich die erbrachten Leistungen als mangelhaft und unbrauchbar erwiesen.

    Das Urteil

    Das Gericht bestätigte die Einschätzung der Patientin, dass sie die Behandlung bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht hätte vornehmen lassen. Dafür spreche auch bereits der Umstand, dass sich die Patientin zuvor in einer Privatzahnklinik hatte beraten lassen, wo ihr der dortige Professor zwecks Kieferknochenaufbau zu Knochentransplantationen geraten hatte. Den Implantologen hatte sie aufgesucht, weil sie eine zweite Meinung einholen wollte.

     

    Das Gericht folgte in seiner Entscheidung den Ausführungen des Sachverständigen, laut dem theoretisch drei Verfahren in Betracht gekommen wären: Neben der Eigenknochenzüchtung wäre auch die Verwendung von Knochenersatzmaterial und eine Knochenentnahme infrage gekommen. Der Sachverständige erklärte zudem, dass die Entnahme aus dem Beckenkamm zwar in einer Klinik vorgenommen werden müsse, die Knochenentnahme zur Züchtung jedoch nur ambulant erfolgen könne. Da aber auch hier eine Beckenkamm-Operation zusätzlich durchgeführt worden sei, hätteman auch den übrigen Knochenaufbau (Sinuslift) auf diese Weise vornehmen können. Da sich - so das Oberlandesgericht - bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung die Patientin gegen die Behandlung ausgesprochen hätte und somit sämtliche in der Rechnung aufgeführten Positionen nicht angefallen wären, entfällt der geltend gemachte Honoraranspruch.

     

    Eine Revision zu dieser Entscheidung wurde nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

    Quelle: ID 42987115