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  • · Auslagenersatz

    Eigenlabor: Wann ist der kalkulatorische Gewinnanteil angemessen?

    Bild: ©andyller - adobe.stock.com

    von Anja Mehling, RAin und FAin für MedR, Hamburg

    | Jüngst hat das Landgericht (LG) Darmstadt entschieden, dass Zahnärzte mit Eigenlabor im Rahmen des Ersatzes von Auslagen für zahntechnische Leistungen gemäß § 9 Abs. 1 GOZ einen angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteil abrechnen dürfen (Landgericht Darmstadt, Urteil vom 15.03.2021, Az. 18 O 33/20, siehe PA 06/2021, Seite 2 f.). Die Entscheidung ist mit Blick auf die fehlende Rechtsprechung zu dem Thema positiv. Sie wirft allerdings die Frage auf, wie ein angemessener kalkulatorischer Gewinnanteil zu bemessen ist. |

    Die Angemessenheit ‒ eine sehr umstrittene Frage

    Im Rahmen der Anwendung des § 9 GOZ scheint kaum etwas umstrittener zu sein als die Frage der Angemessenheit. Es gibt inzwischen eine Vielzahl von Entscheidungen zur Gleichstellung von PKV und GKV, zu Sachkostenlisten, BEB, BEL usw. Bis dato ist indes gerichtlich ungeklärt, was es bedeutet, dass der Gewinnanteil angemessen sein muss.

     

    Grundsätzlich geht es um die Bewertung im konkreten Fall, d. h. die Angemessenheit ist nach den Umständen des Einzelfalls und den individuellen Bedürfnissen und Wünschen des Patienten zu beurteilen. Unerheblich dürfte sein, ob der Zahnarzt die zahntechnischen Leistungen selbst erbringt oder durch einen angestellten Zahntechniker erbringen lässt. Denn die Sachlage entspricht der im Fremdlabor, bei der zahntechnische Leistungen nicht durch den Betreiber, sondern durch die Angestellten erbracht werden.

    Kriterien für die Ermittlung des angemessenen Preises

    Relevant ist die Feststellung des Preis-Leistungs-Verhältnisses ‒ also ob den erbrachten Leistungen bzw. dem erstellten Werk ein angemessener Wert gegenübersteht. Die Qualität muss die Kosten rechtfertigen. Die Angemessenheit beurteilt sich dabei an der konkreten Arbeit in dem jeweiligen Labor. Dabei spielen neben der Qualität bzw. den handwerklichen und technischen Anforderungen an die Ausführung der zahntechnischen Arbeit auch Gesichtspunkte eine Rolle wie

    • Komplexität und Präzision,
    • eingesetzte Geräte bzw. digitaler Workflow,
    • Material- und Zeitaufwand sowie
    • Vergleichbarkeit bzw. Ortsüblichkeit.

     

    Die Berechnungen orientieren sich an anderen ‒ auch gewerblichen ‒ Laboren. Hier ist es üblich, dass überschlägige Kostenkalkulationen der kaum im Einzelnen zu erfassenden Positionen stattfinden. Das geschieht unter Berücksichtigung der Kosten, die für Leistungen vergleichbarer Qualität und Arbeitsaufwand in zahntechnischen Laboren üblicherweise angesetzt werden.

     

    Nicht notwendig ist die Bestimmung aller auf die jeweilige zahntechnische Leistung entfallenden Kostenpositionen. Da keine weiteren Vorgaben existieren, kann der Zahnarzt mit einem Praxislabor entsprechend agieren und seine private Preisliste ‒ wie oft ‒ nach BEB oder frei nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten kalkulieren.

     

    PRAXISTIPP | Zwar besteht kein Anspruch auf Offenlegung der betriebswirtschaftlichen Kalkulation. Zahntechnische Leistungen sind im Zuge der Privatliquidation nicht preisgebunden. Unabhängig davon hat der Zahnarzt im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung darzulegen und zu beweisen, dass die praxisindividuelle Kalkulation angemessen bzw. nicht zu beanstanden ist. Daher ist zu empfehlen, zum Nachweis der Angemessenheit allgemeinverbindliche, nachvollziehbare und transparente Positionen und Regelungen für die Kalkulation aufzustellen und zu dokumentieren, die auf den Einzelfall herunter gebrochen werden können.

     

    Betrieb eines Eigenlabors a‒ der Streit lodert weiter

    Zwischen Zahntechnikern und Zahnärzten gibt es seit Jahrzehnten Streit über die Frage, ob der Betrieb eines Praxislabors durch Zahnärzte zulässig ist. Berufsrechtlich legitimiert § 11 Musterberufsordnung für Zahnärzte (MBO-Z) das Recht des Zahnarztes, im Rahmen seiner Praxis ein zahntechnisches Labor zu betreiben oder sich an einem gemeinschaftlichen zahntechnischen Labor mehrerer Zahnarztpraxen zu beteiligen. Auch die Rechtsprechung gestattet es Zahnärzten schon lange, praxiseigene Labore zu betreiben (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.05.1979, Az. 5 C 16/79).

     

    Ungeachtet dessen wird über das Eigenlabor weiter kontrovers diskutiert ‒ zuletzt u. a. wegen der Novellierung der Approbationsordnung für Zahnärzte (ZAppO n. F. seit 01.10.2020). Während viele Vorschriften der alten ZAppO die Herstellung zahntechnischer Produkte als einen wesentlichen Teil der zahnärztlichen Ausbildung ausgewiesen hätten, ließen die neuen Regelungen entsprechende Schwerpunkte vermissen. So argumentieren kritische Stimmen, die deshalb die Wissensvermittlung zur Führung eines Praxislabors nicht für ausreichend erachten (z. B. Rechtsgutachten Detterbeck, iww.de/s5060).

     

    Auch wird der Betrieb eines Praxislabors durch ein ZMVZ infrage gestellt. Grund ist der Fokus auf den Behandlungsvertrag, der regelhaft mit dem Träger des ZMVZ zustande kommt. Der Betreiber ist aber nicht notwendigerweise selbst ‒ berechtigter ‒ Zahnarzt i. S. d. § 11 MBO-Z. Angesichts der unterschiedlichen Interessenlagen bleibt es daher rund um das Praxislabor spannend.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Auslagenersatz: Zahnärzte mit Eigenlabor dürfen angemessenen Gewinnanteil abrechnen, in PA 06/2021, Seite 2 f.
    Quelle: Ausgabe 07 / 2021 | Seite 2 | ID 47462314