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  • · Fachbeitrag · Behandlungsvertrag

    Kompletter Honorarverlust auch nach Volljährigkeit des Patienten möglich

    von Rechtsanwalt Dr. Stefan Schimke, Dortmund, www.pwk-partner.de 

    | Selbst wenn ein Patient unmittelbar nach Behandlungsbeginn volljährig wird und sodann weitere Behandlungstermine wahrnimmt, kann der Honoraranspruch für alle Leistungen entfallen. Dies hat das Landgericht Wiesbaden am 5. September 2013 (Az. 9 S 14/13, Abruf-Nr. 133334 ) entschieden. |

     

    Der Fall

    Eine Patientin, die am 26. August 2011 volljährig wurde, begab sich am 15. August 2011 in ambulante Behandlung eines niedergelassenen Arztes. Es folgten weitere Behandlungstermine. Nachdem der Patientin die Leistungen in Rechnung gestellt worden waren, verweigerte sie die Zahlung mit der Begründung, dass sie zu Beginn der Behandlung noch nicht volljährig gewesen und der Behandlungsvertrag somit unwirksam sei. Auch sei der Vertrag nachträglich nicht genehmigt worden. Der Arzt hingegen berief sich darauf, durch die Fortsetzung der Behandlung nach Eintritt der Volljährigkeit habe die Patientin den bis dahin schwebend unwirksamen Behandlungsvertrag durch ihr Verhalten genehmigt. Zumindest sei hinsichtlich der nach dem 26. August erfolgten Behandlungen ein wirksamer Behandlungsvertrag zustande gekommen.

     

    Die Entscheidung

    Die Patientin behielt sowohl vor dem Amtsgericht als auch vor dem LG Wiesbaden Recht. Aufgrund der Minderjährigkeit der Patientin sei mit Beginn der Behandlung am 15. August lediglich ein schwebend unwirksamer Vertrag zustande gekommen. Dieser sei jedoch nachträglich nicht genehmigt worden. Zwar könne eine Genehmigung grundsätzlich auch „konkludent“ - also durch schlüssiges Verhalten - erfolgen, dies setze aber voraus, dass dem volljährig Gewordenen die Notwendigkeit einer Genehmigung überhaupt bewusst war bzw. er damit hätte rechnen müssen. Die bloße Abwicklung eines Geschäfts - hier in Form der medizinischen Behandlung - vermag deshalb die Annahme einer Genehmigung in aller Regel nicht zu rechtfertigen, so das Gericht.

     

    Auch sei durch die Arztbesuche der Patientin nach deren 18. Geburtstag kein neuer Behandlungsvertrag zustande gekommen. Bei lebensnaher Betrachtung komme ein Vertrag derart zustande, dass sich der um ärztliche Hilfe nachsuchende Patient mit dem Arzt zu Beginn der Behandlung über den wesentlichen Inhalt der Behandlung und damit des Behandlungsvertrages verständigt. Für den Abschluss weiterer Behandlungsverträge bestehe im Verlauf der einmal eingeleiteten Behandlung regelmäßig kein Bedürfnis und damit auch kein Raum - es sei denn, hierfür liegen besondere Umstände vor.

     

    PRAXISHINWEIS |  Zahnärzte sollten bereits beim ersten Arzt-Patienten-Kontakt in der Praxis prüfen, ob der Patient zu diesem Zeitpunkt das 18. Lebensjahr vollendet hat. Anderenfalls ist für das Einverständnis der oder des Erziehungsberechtigten vor Behandlungsbeginn zu sorgen.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 2 | ID 42367741