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  • 25.11.2008 | Bundesfinanzhof

    Umsatzsteuerlicher Leistungsort bei der Tätigkeit als Testamentsvollstrecker bzw. Nachlasspfleger

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Freiberufler stellen bei Auslandsberatungen in der Regel keine deutsche Umsatzsteuer in Rechnung; denn diese Leistungen gelten als Katalogleistung i.S. von § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG. Es gilt § 3a Abs. 3 UStG, der bei unternehmerischen Leistungsempfängern oder Drittlandsansässigen die Besteuerung ins Ausland verlagert. Der BFH hat hierzu nun entschieden, dass sich diese Rechtsfolge nur auf den Kernbereich der jeweiligen freiberuflichen Tätigkeit bezieht. § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG ist demnach nicht einschlägig, soweit ein Freiberufler als Testamentsvollstrecker oder Nachlasspfleger tätig wird (BFH 3.4.08, V R 62/05, Abruf-Nr. 081949).

     

    Sachverhalt

    Ein selbstständiger Steuerberater war nebenher in mehreren Fällen gegen Vergütung als gerichtlich bestellter Testamentsvollstrecker bzw. Nachlasspfleger für in Drittlandsstaaten (USA, Ukraine, Jugoslawien) ansässige Erben (einschließlich der Erbenermittlung) tätig. Im Streitjahr 1995 deklarierte er diese Honorare als in Deutschland nicht umsatzsteuerbare Erlöse, da § 3a Abs. 3 UStG den Ort dieser Leistungen an den Wohnort der drittlandsansässigen Erben verlagere. Das FA ging demgegenüber gemäß § 3a Abs. 1 UStG von der Umsatzsteuerpflicht in Deutschland aus. Nach erfolglosem Einspruchs- und Klageverfahren gab auch der BFH dem FA im Revisionsverfahren Recht.  

     

    Anmerkungen

    Nach der FG-Entscheidung hatte der Steuerberater nicht nur das Revisionsverfahren betrieben, sondern zugleich wegen unzutreffender Rechtsanwendung durch Deutschland eine Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht, die letztlich Vertragsverletzungsklage erhob. Der EuGH wies diese Klage jedoch mit Urteil vom 6.12.07 (C-401/06, DB 08, 37) als unbegründet zurück. Im Revisionsverfahren argumentierte er unter Bezugnahme auf die EuGH-Entscheidung ergänzend, es liege überhaupt kein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch vor, denn bei der Testamentsvollstreckung seien weder der Erbe noch der Erblasser originärer Auftraggeber bzw. Leistungsempfänger.  

     

    Der BFH hat hierzu jedoch klargestellt, dass die Leistungen des Steuerberaters in Deutschland umsatzsteuerpflichtig sind: § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG verlagert bei den Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater sowie ähnlichen Leistungen anderer Unternehmer über § 3a Abs. 3 UStG die Besteuerung zum Ort des Leistungsempfängers. Nach EuGH- wie BFH-Ansicht unterscheiden sich die Profile der steuerberatenden bzw. anwaltlichen Tätigkeiten jedoch stark von denen der Testamentsvollstrecker oder Nachlasspfleger. Während Berater nämlich rechtsberatend für ihren Mandanten tätig würden, vertrete der Testamentsvollstrecker nicht die Interessen der Erben im eigentlichen Sinne, sondern habe neutral zu bleiben und nur den letzten Willen des Erblassers zu vollziehen. Es handele sich daher überwiegend um eine verwaltende Tätigkeit mit wirtschaftlichem Schwerpunkt, was für das Tätigkeitsprofil des Nachlasspflegers (Sicherung und Erhalt des Nachlasses bis zur Annahme der Erbschaft) in ähnlicher Weise gelte. Obwohl diese Tätigkeiten in Deutschland häufig von Steuerberatern oder Rechtsanwälten ausgeübt würden, seien sie doch nicht – was für § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG aber Voraussetzung gewesen wäre – berufstypisch für diese Berufsgruppen. Auch der Umstand, dass die Steuerberaterhaftpflichtversicherungen standardmäßig die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker mitabdeckten und daher offenkundig als berufstypisch werteten, führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Auch eine Einordnung als ähnliche Tätigkeit i.S. von § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG komme aufgrund der unterschiedlichen Ausrichtung nicht in Betracht.