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  • 01.06.2007 | Finanzgericht Sachsen-Anhalt

    Die Anstellung eines weiteren Zahnarztes führt nicht per se zur Gewerblichkeit

    von RAin Gisela Streit, Münster
    Mit Urteil vom 14.8.06 hat das FG Sachsen-Anhalt (1 K 30035/02, Abruf-Nr. 071629) entschieden, dass ein niedergelassener Zahnarzt, der einen einzigen weiteren approbierten Zahnarzt beschäftigt, noch eigenverantwortlich i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG tätig sein kann. Denn für die Beurteilung, ob ein Freiberufler noch eigenverantwortlich tätig wird, ist das Berufsbild maßgebend. Dieses wird vor allem durch das Erscheinungsbild der Betätigung nach außen geprägt.

     

    Sachverhalt

    Der einzige in einer ländlich geprägten, kleineren Gemeinde niedergelassene Zahnarzt hatte von März 1995 bis November 1997 einen approbierten Zahnarzt als Arbeitnehmer beschäftigt. Die Arbeitszeiten des Arbeitnehmers entsprachen den Öffnungszeiten des Praxisinhabers. Der Patient hatte die Wahl, ob er sich vom niedergelassenen oder dem angestellten Zahnarzt behandeln lassen wollte. Letzterer war befugt, die Patienten selbst zu untersuchen, Befunde zu erheben, Heil- und Kostenpläne zu erstellen, abzuzeichnen und entsprechend zu behandeln und führte dies auch selbstständig durch. Der niedergelassene Zahnarzt kontrollierte die Befunderhebung und die Behandlung lediglich in einzelnen, schwierigen Fällen. 

     

    Das zuständige FA qualifizierte die Einkünfte des niedergelassenen Zahnarztes insofern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da der Steuerpflichtige im Bezug auf die Tätigkeit seines angestellten Zahnarztes nicht eigenverantwortlich tätig geworden sei. Eigenverantwortlich i.S. des § 18 Abs. 1 S. 3 EStG bedeute bei einem Arzt, dass er eine persönliche Untersuchung zu dem Zeitpunkt vornehmen müsse, in dem die Behandlung noch zu beeinflussen sei. Andernfalls sei die erforderliche persönliche Verantwortung unmöglich. Der entscheidende Senat folgt dieser Auffassung nicht.  

     

    Anmerkungen

    Das FG geht davon aus, dass das Berufsbild des Freiberuflers über allen Tatbestandsmerkmalen des §18 EStG schwebt und diese Merkmale seinerseits ausfüllt und prägt. Solange aus Sicht der Patienten alles, was in der Praxis geschieht, in der Praxis des Praxisinhabers erledigt wird, bzw. solange im Sprachgebrauch des Patienten das Aufsuchen des Praxisinhabers synonym für das Aufsuchen der betreffenden Praxis gebraucht wird, handelt der Praxisinhaber eigenverantwortlich. Denn alle anderen in der Praxis tätigen Personen, sind im Vorstellungsbild des Patienten nur Helfer des Praxisinhabers, die nach dessen Geist und Stil arbeiten.