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  • 28.07.2008 | Gewinnermittlung

    Gestaltungsmöglichkeiten bei der Einnahmen-Überschussrechnung

    von RiFG Dr. Alexander Kratzsch, Bünde

    Freiberufler ermitteln oft ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) nach § 4 Abs. 3 EStG. Aber die EÜR bietet nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile gegenüber dem Bestandsvergleich. Nachfolgend werden mögliche Gestaltungen und typische Stolpersteine bei der EÜR unter Berücksichtigung der aktuellen Gesetzesänderungen dargestellt. 

    1. System der EÜR

    Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG soll sich der gleiche Totalgewinn wie beim Bestandsvergleich ergeben. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gibt es allerdings keinen (formellen) Bilanzenzusammenhang, sodass periodenübergreifende Fehlerberichtigungen regelmäßig nicht möglich sind. Damit unterscheidet sich die EÜR vom Bestandsvergleich. Dies kann dazu führen, dass nicht geltend gemachte Aufwendungen endgültig verloren gehen. 

     

    Beispiel

    Zu Unrecht als Herstellungskosten erfasste Aufwendungen, die sofort als Betriebsausgabe abziehbar gewesen wären, können in späteren Jahren nicht nachgeholt werden (BFH 21.6.06, BStBl II, 712). Jeder Veranlagungszeitraum ist vielmehr gesondert zu beurteilen. Der Aufwand ist verloren, soweit er sich nicht schon (zu Unrecht) bei der AfA ausgewirkt hat. Damit ergeben sich in einzelnen Veranlagungszeiträumen andere Ergebnisse als beim Bestandsvergleich (keine Möglichkeit der Bilanzberichtigung). 

     

    Bei der EÜR kann es zudem zu zeitlichen Verschiebungen kommen. Während nämlich bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG grundsätzlich das Realisations- und das Vorsichtsprinzip Anwendung finden (vgl. § 252  HGB), kommt bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG das Zu- und Abflussprinzip (§ 11 EStG) zur Anwendung; allerdings nicht bei durchlaufenden Posten (§ 4 Abs. 3 S. 2 EStG), bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sowie bestimmten Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens (§ 4 Abs. 3 S. 4 EStG), bei Darlehensaufnahme und -hingabe sowie Tilgungen; Rückstellungen sind zudem unzulässig. 

     

    Weniger eine Gestaltung als ein Mindesterfordernis an die Gewinnermittlungsart ist die Frage nach den Aufzeichnungserfordernissen. Zum Teil besteht bei Freiberuflern die Auffassung, solche Erfordernisse bestünden im Falle einer EÜR nicht. Dies trifft nicht zu. Auch Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, sind verpflichtet, die ihrer Gewinnermittlung zugrunde liegenden Belege aufzubewahren. Dies ergibt sich aus § 147 AO, aber auch aus der den Steuerpflichtigen obliegenden Feststellungslast (BFH 7.2.08, X B 189/07, n.v.). 

    2. Einzelne Beratungsschwerpunkte

    2.1 Wahl der Gewinnermittlungsart

    Eine Buchführungspflicht nach den §§ 140, 141 AO besteht nicht. Im Einzelfall kann allerdings ein Freiberufler, der auch gewerblich tätig ist, unter die Buchführungspflicht fallen. Die freiberufliche Tätigkeit wird insoweit von der Buchführungspflicht nur bei einem untrennbaren Zusammenhang zur gewerblichen Tätigkeit erfasst.  

     

    So ist z.B. bei einem Rechtsanwalt, der neben seinem Anwaltsberuf Einkünfte aus einer anderen selbstständigen Tätigkeit erzielt, die sich wesensmäßig von der Anwaltstätigkeit unterscheidet, regelmäßig eine gesonderte Beurteilung der Tätigkeiten geboten. Dies gilt selbst dann, wenn zwischen den verschiedenen Tätigkeiten gewisse sachliche und wirtschaftliche Berührungspunkte bestehen. Eine einheitliche Beurteilung der Tätigkeiten ist lediglich dann vorzunehmen, wenn die Tätigkeitsmerkmale so miteinander verflochten sind und sich die Tätigkeiten gegenseitig so unlösbar bedingen, dass eine Trennung gegen die Verkehrsauffassung verstoßen würde (BFH 1.2.90, BStBl II, 534, unter 2.a der Entscheidungsgründe; sowie BFH 9.8.83, BStBl II 84, 129 und BFH 21.4.94, BStBl II, 650, jeweils einen Steuerberater betreffend). 

     

    In der Praxis kann das Problem auftauchen, ob das Wahlrecht zur Durchführung einer Gewinnermittlungsart noch nachträglich geändert werden kann. Die Eröffnungsbilanz weist den Anfangsbestand des BV aus und bildet damit die Grundlage der Buchführung für die folgenden Wirtschaftsjahre (§ 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG) und der sich anschließenden Vermögensvergleiche nach § 4 Abs. 1 EStG (vgl. BFH 2.3.06, BFH/NV 06, 1457). 

     

    Hinweis

    Das auf Durchführung eines Vermögensvergleichs gerichtete Wahlrecht ist zu Beginn eines Gewinnermittlungszeitraums durch Aufstellung einer Eröffnungsbilanz und Einrichtung einer ordnungsmäßigen kaufmännischen Buchführung auszuüben und kann im Nachhinein nicht mehr abgeändert werden. Das Wahlrecht wird vielmehr durch die tatsächliche Vornahme der Gewinnermittlung ausgeübt.  

     

    Wer als Nichtbuchführungspflichtiger eine Eröffnungsbilanz aufstellt und eine ordnungsmäßige Buchführung einrichtet, hat so sein Wahlrecht i.S. einer Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ausgeübt (BFH 9.11.00, BStBl II 01,102 m.w.N.). Umgekehrt wird durch Verzicht auf Erstellung einer Eröffnungsbilanz und auf Einrichtung einer Buchführung eine Entscheidung für die Gewinnermittlung durch EÜR getroffen. 

     

    Beispiel

    Für 2006 reichte ein Arzt, der in den Vorjahren Überschussrechner war, eine Gewinnermittlung ein, die als „Jahresabschluss” bezeichnet wird. Die Gewinnermittlung enthält weder eine Eröffnungs- noch eine (förmliche) Endbilanz. Aus der Gewinnermittlung (Übersicht „Sonstige Konten”) sind die Bestandswerte einschließlich Privatkonten zum 31.12.03 ersichtlich.  

     

    Lösung: Ein nachträglicher Wechsel von der EÜR zum Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ist nicht (mehr) zulässig, wenn der Steuerpflichtige zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums keine Eröffnungsbilanz aufgestellt hat. Die Erstellung einer Eröffnungsbilanz ist unabdingbare Voraussetzung für eine erstrebte Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich.  

     

    2.2 Umfang des BV

    Bei der EÜR kann notwendiges und, seit dem BFH Urteil vom 2.10.03 (BFHE 203, 373), auch gewillkürtes BV gebildet werden. Das BMF lässt ebenfalls die Bildung gewillkürten BV zu (BMF 17.11.04, BStBl I, S. 1064). Gewillkürtes BV liegt vor, wenn Wirtschaftsgüter zwar einerseits kein notwendiges BV sind, andererseits aber doch ein objektiver Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Dies wird unterstellt, wenn der Gegenstand nicht mehr als 50 v.H., jedoch auch nicht weniger als 10 v.H. betrieblich genutzt wird. Der Pkw eines Freiberuflers, der zu 40 v.H. betrieblich genutzt wird, kann als gewillkürtes BV behandelt werden. Insoweit ist allerdings zu beachten, dass die 1 v.H.-Regelung mangels Nutzung zu mehr als 50 v.H. keine Anwendung mehr findet. 

     

    Hinweis

    Die Rspr. (BFH 30.1.85, BFH/NV 86, 80)erkennt die Eignung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten BV nicht an, wenn zum Einlagezeitpunkt erkennbar ist, dass es dem Betrieb nicht nutzt, sondern schadet, wie bei aller Voraussicht nach verlustbringenden Wertpapieren. 

     

    2.2.1 Pkw-Nutzung 

    Bei Freiberuflern, die ihr Fahrzeug nur in geringfügigem Umfang betrieblich nutzen, kann es vorteilhaft sein, das Fahrzeug als gewillkürtes BV auszuweisen.  

     

    Hinweis

    Wenn kein Fahrtenbuch geführt wird, ist die 1-v.H.-Regelung nur bei einer Nutzung von mehr als 50 v.H. anzuwenden. Die Behandlung als gewillkürtes BV wird sich damit oftmals nur lohnen, wenn ein Fahrtenbuch geführt wird. Soll kein Fahrtenbuch geführt werden, dürfte die Behandlung als gewillkürtes BV daher regelmäßig nachteilig sein. Zu bedenken ist insoweit auch, dass im Falle einer Willkürung bei Veräußerung ein etwaiger Veräußerungsgewinn versteuert werden muss.  

     

    2.2.2 Wertpapiere im Betriebsvermögen 

    Wertpapiere als BV auszuweisen, kann sich im Nachhinein als vorteilhaft herausstellen, nämlich dann, wenn später Verluste realisiert werden, die geltend gemacht werden könnten. 

     

    Gewerblich Tätige können grundsätzlich ohne erheblichen Begründungsaufwand im betrieblichen Bereich in Geldanlagen investieren, Freiberufler indes nicht. Der BFH wertete in der Vergangenheit Geldgeschäfte eines Freiberuflers wie die Gewährung von Darlehen oder die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als berufsfremde Vorgänge, die den Gewinn nicht mindern (BFH 9.10.86, BFH/NV 87, 708). Bei der Ausübung eines freien Berufs stünden grundsätzlich die eigene Arbeitskraft des Steuerpflichtigen sowie der Einsatz seines geistigen Vermögens und der durch eine qualifizierte Ausbildung erworbenen Kenntnisse im Vordergrund. (Wertpapier-) Beteiligungen gehören daher nach BFH-Auffassung grundsätzlich entweder zum notwendigen BV oder zum Privatvermögen, bei Freiberuflern aber regelmäßig nicht zum gewillkürten BV. Die vom BFH vorausgesetzte – konkrete – Betriebsbezogenheit (vgl. zuletzt z.B. BFH 26.9.07, BFH/NV 08, 24) wird nämlich bei Freiberuflern im Regelfall – soweit kein notwendiges BV vorliegt – fehlen. 

     

    Hinweis

    Damit kommt im Regelfall lediglich eine betriebliche Investition in Beteiligungen in Betracht, die so eng mit der freiberuflichen Tätigkeit zusammenhängen, dass notwendiges BV vorliegt.  

     

    Für die erstmalige Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten BV (bei erstmaligem Erwerb oder bei Einlage) muss das Wirtschaftsgut unmissverständlich in einer solchen Weise dem BV zugeordnet werden, dass ein sachverständiger Dritter, z.B. ein Betriebsprüfer, ohne weitere Erklärung des Steuerpflichtigen die Zugehörigkeit des erworbenen oder eingelegten Wirtschaftsguts zum BV erkennen kann. Dies kann z.B. geschehen, indem bei Erwerb die Rechnung unter den übrigen betrieblichen Rechnungen abgeheftet wird oder bei einer Einlage der Gegenstand unmittelbar in das zu führende Anlageverzeichnis aufgenommen wird. In jeden Fall muss das betreffende Wirtschaftsgut in das Verzeichnis der Anlagegüter aufgenommen werden, das dem FA zusammen mit der EÜR einzureichen ist (§ 4 Abs. 3 S. 5 EStG).  

     

    Hinweis

    Nach Auffassung des BMF müssen entsprechende Aufzeichnungen spätestens bis zum Ende des Veranlagungszeitraumes vorgenommen werden (BMF 17.11.04, BStBl I, S. 1064, Rz. 5). Bei Aufzeichnungen, die erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres gemacht werden, für das eine Zuordnung zum gewillkürten BV geltend gemacht wird, soll eine Zuordnung zum gewillkürten BV grundsätzlich erst mit Eingang der EÜR beim zuständigen FA wirksam werden. Der Steuerpflichtige kann allerdings einen früheren Zuordnungszeitpunkt nachweisen. Verbleibende Zweifel an der Willkürung gehen zulasten des Steuerpflichtigen. 

     

    2.3 Absetzungen für Abnutzung

    Bei der Anschaffung von abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sind Abschreibungen vorzunehmen (§ 7 Abs. 1 EStG). AK/HK von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sind erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme bzw. ihres Verlustes oder Untergangs zu berücksichtigen. Die Möglichkeit einer Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 i.V. mit Nr. 2 S. 2 EStG) gilt nach ganz h.M. nicht (BFH 21.6.06, BStBl II, 712). Dauerhafte Wertminderungen, die nicht auf einer Abnutzung beruhen, sind daher nicht zulässig.  

     

    Eine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung oder Substanzverringerung ist allerdings zulässig. Entscheidend ist somit im Einzelfall der konkrete Grund für die Wertminderung. 

     

    Beispiel

    Ein Unternehmensberater hält die Beteiligung an der X-GmbH in seinem notwendigen BV (Anschaffungskosten 10.000 EUR). Der Wert der Beteiligung sinkt dauerhaft auf 2.000 EUR. Eine Teilwertabschreibung ist hier, anders als bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG, nicht zulässig. 

     

    Lösung: Soll daher eine Teilwertabschreibung geltend gemacht werden und ist in absehbarer Zeit keine Veräußerung geplant, bleibt nur die Möglichkeit des Übergangs zur Bilanzierung. 

     

    2.4 Drohende Verluste (Honorarrückforderungen)

    Die Bildung von Rückstellungen ist für Überschussrechner nicht zulässig. 

     

    Beispiel

    Ein Arzt erhält einen Honorar-Rückforderungsbescheid in 2007. Er zahlt erst im Jahr 2008. Er möchte die Rückforderung wegen der guten Gewinnentwicklung möglichst bereits in 2007 im Rahmen seiner Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG abziehen.  

     

    Lösung: Die Bildung einer Rückstellung ist bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht zulässig. Allerdings kann der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen, müsste dann allerdings hinsichtlich der offenen Honorarforderungen einen Übergangsgewinn ansetzen, der nicht – wie bei Betriebsveräußerung oder -aufgabe – über drei Jahre verteilt werden kann. 

     

    In der Vergangenheit haben einige Ärzte (bzw. deren Berater) versucht, nach einem Wechsel zum Betriebsvermögensvergleich Rückstellungen anzusetzen, zum Teil nach Vorlage von Gutachten, die die (angebliche) Wahrscheinlichkeit für eine Honorarrückforderung behaupten. Derartige Rückstellungsbildungen haben nur dann eine Chance, steuerlich anerkannt zu werden, wenn eine Honorarrückforderung tatsächlich im Raume steht, also entweder angedroht wurde oder sich doch wenigstens anderweitig andeutet. Die im FG-Prozess vorgelegten Gutachten genügen dem oftmals nicht, da sie lediglich generalisierend die Wahrscheinlichkeit einer Honorarrückforderung behaupten (FG Niedersachsen 14.12.07, 2 K 224/07). 

     

    2.5 Verlagerung von Zu- und Abflüssen

    Rechtzeitig vor dem jeweiligen Jahreswechsel ist zu prüfen, ob und welche Einnahmen ins Folgejahr verlagert werden und welche Ausgaben vorgezogen werden sollten. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen oder Ausgaben (§ 11 Abs. 2 S. 2 EStG), die kurze Zeit vor oder nach dem Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit gezahlt werden, sind im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu erfassen. Umsatzsteuervorauszahlungen sind als regelmäßig wiederkehrende Leistungen anzusehen (BFH 1.8.07, DStR 07, 2289). Insoweit ist zu erwägen, Gewinne in ertragsschwache Jahre und Verluste in ertragsstarke Jahre zu verlagern. Ein marktübliches Damnum ist nicht über die Laufzeit zu verteilen (§ 11 Abs. 2 S. 4 EStG). 

     

    Werden allerdings Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie nach § 11 Abs. 2 S. 3 EStG insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Auf der Einnahmenseite besteht ein Wahlrecht, die Einnahme sofort oder über die Laufzeit verteilt anzusetzen (§ 11 Abs. 1 S. 3 EStG). 

     

    Beispiel

    Ein Rechtsanwalt vereinbart mit seinem Vermieter eine Vorauszahlung der Miete für fünf Jahre. Da die Zahlung nicht für einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren geleistet wird, ist sie in vollem Umfang nach § 11 Abs. 2 S. 1 EStG abziehbar.  

     

    Die Vorschrift des § 42 AO steht der Verlagerung durch Vorauszahlungen, auch nach der durch das JStG 2008 eingeführten Beweislastumkehr, nicht entgegen. Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten liegt nur vor, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des erstrebten Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche und sonst beachtliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (vgl. z.B. BFH 28.3.95, BStBl II 96, 59). Im Falle der Steuerung des Zuflusses bzw. Abflusses durch Vereinbarungen liegt ein Gestaltungsmissbrauch nur in krassen Ausnahmefällen vor, da der Gesetzgeber gewisse Spielräume durch Verlagerungen im Rahmen der EÜR (§ 4 Abs. 3 EStG, § 11 EStG) in Kauf genommen hat (BFH 24.9.85, BStBl II 86, 284). Die gesetzgeberische Wertung in § 11 Abs. 2 S. 3 EStG schließt es regelmäßig aus, einen Gestaltungsmissbrauch bei einer Vorauszahlung von bis zu fünf Jahren anzunehmen, da eine Verteilung bei einer Zahlung für nicht mehr als fünf Jahre nach dieser Wertung nicht vorgenommen werden soll. 

     

    2.6 Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG

    Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 17.8.07 enden, gilt bereits der neue Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG n.F. (zu Einzelheiten vgl. Kratzsch in PFB 08, 140).  

     

    2.6.1 Einhaltung der Größenmerkmale 

    Es gilt eine Gewinnobergrenze von 100.000 EUR, und zwar bezogen auf das Gewinnermittlungssubjekt und das Jahr der Inanspruchnahme des Abzugsbetrags. Nach bisherigem Recht konnten Überschussrechner die Ansparabschreibung unabhängig von Gewinn- und Betriebsvermögensgrenzen vornehmen. Diese Regel gilt für den neuen Investitionsabzugsbetrag nicht mehr. Wegen der außerbilanziellen Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags wird beim neuen § 7g EStG für die Einhaltung der Größenmerkmale auf das Ende des Abzugsjahres abgestellt. Außerdem gilt die Gewinngrenze bei Mitunternehmerschaften für die Mitunternehmerschaft als solche, nicht für den einzelnen Mitunternehmer (anders wohl bei bloßen Bürogemeinschaften). 

     

    Beispiel

    Freiberufler S (kein Existenzgründer) erstellt seine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG und hat im Jahr 2006 eine Ansparabschreibung in Höhe von 60.000 EUR gebildet. 2007 erwirtschaftet er einen Gewinn i.H. von 60.000 EUR und 2008 einen voraussichtlichen Gewinn i.H. von 70.000 EUR. Er möchte in den beiden Jahren nach Möglichkeit jeweils einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 40.000 EUR bilden. 

     

    Lösung: S muss die Ansparrücklage bei Nichtinvestition spätestens zwei Jahre (bei Existenzgründern nach § 7g Abs. 7 EStG a.F. waren es noch fünf Jahre) nach Bildung auflösen. Er kann einen Investitionsabzug in beiden Jahren unter den weiteren Voraussetzungen von § 7g EStG n.F. beanspruchen, wenn er die Ansparrücklage bereits i.H. von 30.000 EUR (oder 40.000 EUR) im Kalenderjahr 2007 auflöst. Dann erzielt er, da die Ansparabschreibung nach § 7g EStG a.F. im Rahmen der Gewinnermittlungzu bilden und aufzulösen war, einen Gewinn in Höhe von 90.000 EUR (60.000 EUR +30.000 EUR). Damit überschreitet er nicht die Gewinngrenze von 100.000 EUR und kann einen Investitionsabzugsbetrag in 2007 gewinnmindernd geltend machen (steuerlicher Gewinn 2007: 50.000 EUR = 90.000 EUR ./. 40.000 EUR).  

     

    Im Kalenderjahr 2008 ergibt sich – bei Auflösung des verbliebenen Teils der Ansparrücklage in 2007 i.H. von 30.000 EUR – ein (vorläufiger) Gewinn von 100.000 EUR (70.000 EUR + 30.000 EUR). So kann S im Jahr 2008 einen Investitionsabzugsbetrag geltend machen und kommt auf einen Gewinn i.H. von 60.000 EUR (100.000 EUR ./. 40.000 EUR). 

     

    Eine weitere Option für Freiberufler besteht darin, durch die Minderung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten im Jahr der Investition, den Gewinn zu mindern (vgl. § 7g Abs. 2 S. 2 EStG) und hierdurch die (Gewinn-) Größengrenze von 100.000 EUR zu unterschreiten. Diese Möglichkeit sollte voll ausgeschöpft werden. 

     

    Hinweis

    Ob die Höhe der Aufwendungen im Hinblick auf § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG angemessen ist, ist nach Auffassung des FG Düsseldorf (7.6.04, EFG 04, 1671; rkr.) bei Bildung einer Ansparrücklage nicht zu prüfen. Das Gericht kürzte die Ansparrücklage für die Anschaffung eines Porsche Cabrio für 176.500 DM und eines Porsche Coupé für 240.000 DM durch einen Finanzdienstleister trotz einer etwaigen Unangemessenheit der Aufwendungen bei späterer Anschaffung nicht, da § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG bei Anwendung des § 7g EStG nicht zu berücksichtigen sei. Dasselbe gilt auch im Rahmen des neuen Investitionsabzugsbetrags nach § 7g EStG n.F. 

     

    2.6.2 Gestaltung durch Aufstockung von Ansparrücklagen

    Die (Übergangs-)Regelung in § 52 Abs. 23 EStG bietet m.E. die interessante Möglichkeit, in Vorjahren gebildete Ansparabschreibungen (z.B. 1 EUR) auch noch für den Veranlagungszeitraum 2007 aufzustocken. § 52  Abs. 23  S. 3 EStG bestimmt nämlich, dass § 7g EStG insoweit in der alten Fassung fortgelten soll. Diese Option ist im Vergleich zu Nachzahlungszinsen bei nicht vorgenommener Investition bei Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags regelmäßig günstiger, da nach altem Recht lediglich ein Gewinnzuschlag von 6 v.H. zu versteuern war. 

     

    2.6.3 Vorzeitige Auflösung eines Investitionsabzugsbetrages

    Wird die Investition nicht durchgeführt, muss die Steuerfestsetzung des Abzugsjahres rückwirkend korrigiert werden (§ 7g Abs. 4 EStG). Dies hat Nachzahlungszinsen (§ 233a AO) zur Folge, wenn die nach § 7g Abs. 4 S. 2 EStG geänderte Festsetzung später als 15 Monate nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes vorgenommen wird (§ 233a Abs. 2 AO). Insoweit kann, vorbehaltlich des § 42 AO (Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten), das Wahlrecht zur Auflösung eines bereits gebildeten Investitionsabzugsbetrages spiegelbildlich zu dem Wahlrecht, einen Investitionsabzug in Anspruch zu nehmen dazu gebraucht werden, einen gebildeten Investitionsabzugsbetrag vorzeitig vor Ablauf der dreijährigen Investitionsfrist aufzulösen (vgl. Kratzsch in Frotscher, Komm. zum EStG, § 7g Rz. 117). Ein Investitionsabzug dürfte zwar nach neuem Recht – wie schon für den § 7g EStG a.F. entschieden – nicht mehr unterjährig auflösbar sein (BFH 26.2.08, DB 08, 1074 zum bisherigen § 7g EStG), sondern erst mit Abgabe der jeweiligen Gewinnermittlung bzw. Steuererklärung in einem der Folgejahre. Lediglich die wiederholte vorzeitige Auflösung vor Ablauf der dreijährigen Investitionsfrist mehrere Jahre hintereinander dürfte ohne sachliche Gründe rechtsmissbräuchlich i.S. von § 42 AO sein.  

     

    2.7 Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG

    Die mit dem Unternehmensteuerreformgesetz eingeführte Möglichkeit der begünstigten Besteuerung in Höhe von zunächst 28,25 v.H. besteht nicht bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Insoweit ist zu erwägen, ob es sich lohnt, zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG überzugehen. Bei Freiberuflern führt der Umstand, dass Wertpapiere nur bei Betriebsbezogenheit als BV behandelt werden können, dazu, dass stehengelassene Gewinne, die thesauriert werden sollen, nicht angelegt werden können, ohne dass eine Nachversteuerung durchzuführen wäre.  

     

    Die o.g. BFH-Rspr. führt dazu, dass Freiberufler von der Regelung des § 34a EStG nur dann profitieren können, soweit sie in den Betrieb investieren (z.B. Anschaffung Pkw, Grundstück, Praxiserweiterung etc.) die Geldmittel im Betrieb stehen lassen oder aber in den Folgejahren so hohe Gewinne erzielen, dass Entnahmen für Finanzanlagen den laufenden Gewinn nicht übersteigen. Im Hinblick auf § 34a EStG ist es also nicht zweckmäßig, die Gewinnermittlungsart zu wechseln. 

     

    2.8 Geringwertige Wirtschaftsgüter

    Die ebenfalls mit dem Unternehmensteuerreformgesetz ab dem 1.1.08 eingefügten Regelungen zu geringwertigen Wirtschaftsgütern in § 6 Abs. 2, 2a EStG gelten auch für Überschussrechner. § 4 Abs. 3 EStG wurde insoweit durch das JStG 2008 klarstellend ergänzt, dass die ab 1.1.08 geltenden Neuerungen auch für Überschussrechner gelten (§ 4 Abs. 3 S. 3 EStG). 

     

    Die im Jahr der Investition vorzunehmende Herabsetzung der Investitionskosten um bis zu 40 v.H. ist auch bei geringwertigen Wirtschaftsgütern i.S. von § 6 Abs. 2 EStG und bei der ab dem VZ 2008 vorzunehmenden Bildung eines Sammelpostens nach § 6 Abs. 2a EStG (Verteilung der Anschaffungskosten eines Jahres über fünf Jahre bei Anschaffungskosten von mehr als 150 bis 1.000 EUR) entsprechend zu berücksichtigen. Sinken daher durch den gewinnmindernden Abzug die maßgeblichen Anschaffungskosten unter 150 EUR, ist ein Sofortabzug nach § 6 Abs. 2 EStG vorzunehmen, insoweit besteht kein Wahlrecht. Bei einem Kaufpreis bzw. Herstellungskosten von bis zu 250 EUR kann der Investitionsabzugsbetrag nach § 7 g EStG dazu genutzt werden, dass die für einen Sofortabzug erforderliche Grenze von 150,01 EUR unterschritten wird. 

     

    Beispiel

    Künstler K beabsichtigt im VZ 09, in nächster Zeit eine Digitalkamera für betriebliche Zwecke zu erwerben, voraussichtliche Aufwendungen hierfür: 250 EUR.  

     

    Lösung: Es sollten im VZ 2008 40 v.H. der voraussichtlichen Anschaffungskosten als Investitionsabzugsbetrag gewinnmindernd abgezogen werden. Im Jahr der Anschaffung (2009) muss der Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 100 EUR (= 40 v.H. x 250 EUR) direkt als Minderung geltend gemacht werden. Nach § 6 Abs. 2 EStG sind die verbleibenden Anschaffungskosten des geringwertigen Wirtschaftsgutes (150 EUR) sofort abzuschreiben.  

     

    § 6 Abs. 2 und Abs. 2a EStG gelten nur bei selbstständiger Nutzbarkeit des Wirtschaftsgutes. Dies trifft auf PC-Zubehör wie Drucker etc. regelmäßig nicht zu, sodass insoweit normale Abschreibungen vorzunehmen sind. 

     

    Selbstständig nutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit Anschaffungskosten zwischen 150 EUR und 1.000,01 EUR sind demgegenüber in einem jahresbezogenen Sammelposten einzustellen, der über fünf Jahre abzuschreiben ist. Insoweit kann es – insbesondere bei Wirtschaftsgütern mit einer Nutzungsdauer von weniger als fünf Jahren wie bei einem PC – zweckmäßig sein, die Anwendung des § 6 Abs. 2a EStG zu vermeiden und auf eine (volle) Herabsetzung der Anschaffungskosten nach § 7g Abs. 2 S. 2 EStG zu verzichten, sodass die Anschaffungskosten 1.000 EUR übersteigen und die AfA über weniger als fünf Jahre vorgenommen werden können. 

    3. Bewertung

    Die EÜR bietet Vor- und Nachteile gegenüber der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich. Wesentliche Vorteile sind die einfache und kostengünstige Erstellung und Liquiditätsvorteile über die Steuerung des Zuflusses. Nachteilig wirkt, dass Schwankungen von Einnahmen und Ausgaben mangels Periodisierung von Erträgen und Aufwendungen nicht verteilt werden und der Steuerpflichtige weder Rückstellungen noch Teilwertabschreibungen vornehmen kann. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Wahlrechte rechtzeitig zu planen und auszuüben sind. 

    Quelle: Ausgabe 08 / 2008 | Seite 197 | ID 120690