25.09.2009 | Honorarrückforderung
Gestaltungsmissbrauch und Verordnungsregress
von RA Dr. Lars Lindenau, Nürnberg
Zwei jüngere Entscheidungen zu der Frage, ob die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Honorare zurückfordern darf, sind es wert, hier näher betrachtet zu werden, da die zugrunde liegenden Sachverhalte keinesfalls Einzelfälle darstellen. Es geht dabei um einen tatsächlich angestellten Partner einer Gemeinschaftspraxis und um einen Arzt, der in seiner Verordnungspraxis übermäßig vom Fachgruppendurchschnitt abwich.
1. Gestaltungsmissbrauch
Eine radiologische Gemeinschaftspraxis sollte für fünf Jahre ca. 880.000 EUR zurückzahlen, weil ein vermeintlicher Partner der Gemeinschaftspraxis tatsächlich nur angestellt war. Das LSG Niedersachsen-Bremen (17.12.08, L 3 KA 316/04, [Rev. BSG B 6 KA 7/09 R]) entschied:
- Die KV ist im Falle eines Gestaltungsmissbrauchs berechtigt, die Honorarabrechnungen zu korrigieren und überzahltes Honorar zurückzufordern.
- Eine ordnungsgemäße Abrechnung von Leistungen einer Gemeinschaftspraxis setzt unabdingbar voraus, dass jedes Mitglied einer Gemeinschaftspraxis seine vertragsärztliche Tätigkeit selbstständig und nicht in abhängiger Beschäftigung ausübt.
- Ein wesentliches Indiz für ein verdecktes Angestelltenverhältnis ist, wenn ein Mitglied weder am Betriebsvermögen noch am Gewinn beteiligt ist, keine Stimmrechte hat oder von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist.
- Die KV hat die Wahl, ob sie Honorarrückforderungen gegen die frühere Gemeinschaftspraxis richtet oder einen bzw. alle ehemaligen Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als Gesamtschuldner aus ihrem persönlichen Vermögen in Anspruch nimmt.
Zu den ersten beiden Leitsätzen hat das BSG wiederholt entschieden, dass eine Gemeinschaftspraxis nur besteht, wenn die konstitutiv und statusbegründend wirkende Genehmigung des Zulassungsausschusses vorliegt, sich zudem die Vertragsärzte tatsächlich zur gemeinsamen und gemeinschaftlichen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit verpflichtet haben und diese auch tatsächlich gemeinsam ausüben. Dies gilt auch für die rechtliche Anerkennung von Honorarforderungen. Im Falle eines Gestaltungsmissbrauchs ist die KV daher zur Rückforderung von überzahltem Honorar berechtigt.
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