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  • 25.01.2010 | Künstlerbesteuerung

    Wer ist selbstständig künstlerisch tätig?

    von RAin Kornelia Reinke und RA Matthias Pruns, beide Bonn

    Was ist Kunst? - Wer ist Künstler? Was hat das alles mit dem Steuerrecht zu tun? Sehr viel! Für den Künstler ist es nicht unerheblich, ob er von seinem Finanzamt als selbstständiger, freiberuflicher Künstler angesehen wird oder nicht, denn nur dann kommt er in den Genuss der Buchführungserleichterung sowie der Befreiung von der Gewerbesteuer (Wacker in: Schmidt, EStG, 28. Aufl. 09, § 18 Rn. 1 ff.). Der Beitrag wirft daher einen Blick auf die Kennzeichnungsversuche der künstlerischen Tätigkeit der Rechtsprechung anhand typischer Fälle zu § 18 Abs. 1 EStG. Im Anschluss wird auf den Katalog der steuerfreien Einnahmen des Künstlers nach § 3 EStG eingegangen.  

    1. Der Kunstbegriff

    Häufig landen Streitigkeiten über die Frage, wer eine selbstständige künstlerische Tätigkeit im Sinne des Steuerrechts ausübt, zwischen dem (vermeintlichen) Künstler und der Finanzverwaltung vor den Finanzgerichten. Diese haben dann z.B darüber zu entscheiden, ob Sprecher oder Schauspieler von Werbespots im Rundfunk Künstler sind oder sie müssen sich mit solch kurios anmutenden Fragestellungen wie der nach der Künstlereigenschaft eines in historischem Kostüm auftretenden Nachtwächters beschäftigen (vgl. PFB 10, 2).  

     

    Grundsätzlich ist festzuhalten: Der Begriff „Kunst“ lässt sich nicht allgemeinverbindlich definieren. In jeder Epoche gibt es, von den jeweiligen historischen und gesellschaftlichen Bedingungen abhängige, eigene Maßstäbe. Man denke nur an die „Fettecke“ oder die „Badewanne“ von Josef Beuys oder das Unverständnis und den Spott den die ersten Ausstellungen impressionistischer Malerei im 19. Jahrhundert bei Kritik und Publikum auslösten. Gleichwohl wird der Begriff der Kunst oder der künstlerischen Tätigkeit vom Gesetzgeber verwendet. Gerichte müssen also Wertungen anstellen und bei der Anwendung der Gesetze darüber entscheiden, ob sie es mit Kunst zu tun haben oder nicht ohne dabei in „staatliches Kunstrichtertum“ zu verfallen, wie immer wieder formuliert wird.  

     

    Darüber hinaus gibt es keinen allgemeinen Kunstbegriff im Steuerrecht (vgl. Wacker, in: Schmidt, EStG, 28. Aufl. 09, § 18 Rn. 66), was die Arbeit der Finanzgerichte zusätzlich erschwert. Im Zweifel müssen sich deshalb sogar Sachverständige mit der Frage auseinandersetzen, wann ein Steuerpflichtiger eine künstlerische Tätigkeit ausübt. Die Rechtsprechung versucht zwar immer wieder, das Wesen künstlerischer Tätigkeit zu umschreiben, doch können solche Kennzeichnungen wohl schon wegen der Natur der Sache nicht über allgemeine Beschreibungen hinausgehen. Es verwundert deshalb nicht, dass sich eine von Einzelfallentscheidungen geprägte Judikatur entwickelt hat.