13.10.2008 | Personengesellschaften
Infizierung und Ausgliederung
Auch nach der Einführung der Gewerbesteueranrechnung (§ 35 EStG) bereitet das Risiko der gewerblichen Infizierung von freiberuflichen Einkünften einer Personengesellschaft (so genannte „Abfärbetheorie“) vielen Steuerberatern „Kopfschmerzen“. Das liegt zum einen daran, dass die Gewerbesteueranrechnung häufig keine vollständige Entlastung von der Gewerbesteuer bringt; zum anderen werden bei der Umsetzung des vom BFH „empfohlenen“ Ausgliederungsmodells (BFH 8.12.94, BStBl II 96, 264; BFH 19.2.98, BStBl II 603) oft wesentliche Gestaltungsvoraussetzungen außer Acht gelassen. Der nachfolgende Beitrag fasst daher die praxisrelevanten Infektionsgefahren und Ausweichgestaltungen zusammen und gibt Hinweise zur Umsetzung der Vorgaben zum Ausgliederungsmodell in der steuerlichen Praxis. Dabei werden neben ertragsteuerlichen Auswirkungen auch Probleme des Umsatzsteuerrechts behandelt. Den Abschluss bilden Ausführungen zur aktuellen verfassungsrechtlichen Beurteilung der Abfärberegelung (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG).
1. Allgemeines
Ein Beispiel für eine fehlgeschlagene Ausgliederung zeigt nicht zuletzt das aktuelle Urteil des BFH vom 12.6.02 (BFH/NV 02, 1554). Im Streitfall wollten die Gesellschafter einer GbR, die den Betrieb einer Sauna und eines Massagebetriebs zum Gegenstand hatte, zur Vermeidung der Infizierung den (gewerblichen) Saunabetrieb auf eine nahezu beteiligungsidentische zweite GbR ausgliedern. Dazu gründeten sie eine zweite GbR, an die sie den Saunabetrieb veräußerten. Zur Umsetzung der Ausgliederung wurden zwar die Buchführungen des Sauna- und Massagebetriebs getrennt, jedoch ließ man die Räumlichkeiten unverändert. Das mit der Sache befasste FG nahm wegen festgestellter wirtschaftlicher und organisatorischer Verflechtung (gleiches Ladenlokal, gegenseitige Ergänzung und Unterstützung der Tätigkeitsbereiche, keine korrekte Zurechnung der Kasseneinnahmen) einen einheitlichen Gewerbebetrieb an. Im anschließenden Revisionsverfahren verwies der BFH den Fall an das FG zurück und gab für die Annahme einer gesonderten Personengesellschaft die folgenden Abgrenzungskriterien vor:
- War der Rechtsfolgewille der Gesellschafter auf die Begründung von zwei Gesellschaftsverhältnissen mit unterschiedlichen Zwecken gerichtet?
- Haben die Personengesellschaften unterschiedliches Gesellschaftsvermögen gebildet und voneinander abgrenzbare Tlätigkeiten entfaltet?
- Ist eine Aufteilung der Tätigkeitsbereiche auf zwei Personengesellschaften nach außen erkennbar geworden?
2. Infektionsgefahren
Die Gesellschafter einer Personengesellschaft unterliegen im Grundsatz nicht der Gewerbesteuer (§ 2 GewStG), sondern erzielen freiberufliche Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Sofern neben den freiberuflichen auch gewerbliche Einkünfte erzielt werden, besteht durch die gewerbliche Betätigung eine Infektionsgefahr der freiberuflichen Einkünfte. Bei einer Infektion werden die freiberuflichen Einkünfte als gewerbliche Einkünfte behandelt und unterliegen der Gewerbesteuer. Trotz der Infektionsgefahr wird das Abfärbeproblem in der Praxis nicht immer ausreichend wahrgenommen (hierzu Kreft, GStB 5/98, 29, 34; Herold, GStB 11/98, 3; ders. GStB 01, 413; ausführlich auch Hötten, GStB 01, 403 ff.). Als problematisch erweisen sich hierbei die nachfolgenden Fälle:
2.1 Betriebsaufspaltungen
Sofern die hinter einer GbR stehenden Gesellschafter in einer Betriebaufspaltung verwickelt sind, besteht das Risiko einer Infektion ihrer ansonsten freiberuflichen Einkünfte – so auch im vom BFH (BFH 13.11.97, BStBl II 98, 254) entschiedenen Fall.
Beispiel |
An einer kieferorthopädischen Praxis sind die Eheleute A und B – beide Kieferorthopäden – zu 50 v.H. beteiligt. Daneben halten A und B sämtliche Anteile an einer Labor-GmbH, die kieferorthopädische Geräte für die GbR und fremde Dritte herstellt. Das Grundstück, auf dem sowohl die GbR als auch die GmbH ihre Tätigkeit ausüben, steht im Eigentum von A und B. Die Laborräume werden an die GmbH vermietet. |
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