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  • 01.12.2005 | Praxisbewertung

    Die Arztpraxis richtig bewerten

    von WP StB Dr. Rolf Leuner und StB Dr. Oliver Lehmeier, beide Nürnberg

    Für den Arzt stellt seine Praxis regelmäßig einen bedeutenden Vermögensbestandteil dar. Je nach Bewertungsmethode ergeben sich allerdings unterschiedliche Praxiswerte. Obwohl das Ertragswertverfahren seit Jahren Standard der Betriebswirtschaftslehre ist und auch bei der Wertermittlung von gewerblichen Unternehmen regelmäßig angewendet wird, findet bei der Wertermittlung von Arztpraxen in der Bewertungspraxis regelmäßig die Ärztekammermethode Anwendung. Diese ist mit zahlreichen methodischen Defiziten behaftet (Leuner/Lehmeier, PFB 05, 147). Unabhängig davon, dass auf Grund der starken Personenbezogenheit der ärztlichen Tätigkeit Unterschiede zwischen einer Arztpraxis und einem gewerblichen Unternehmen bestehen, sollte primär die Ertragswertmethode vorgezogen werden. Denn den Besonderheiten der ärztlichen Tätigkeit lässt sich bei der Bewertung ohne weiteres über eine Modifikation des Ertragswertverfahrens Rechnung tragen. In der Literatur finden sich hierzu nur vereinzelt Ansätze (Küntzel, DStR 00, 1103). Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit dieser Problematik und zeigt auf, welche Anpassungen vorgenommen werden müssen. 

    1. Anlass der Praxisbewertung

    Die Wertermittlung einer Arztpraxis oder eines Anteils kann aus vielerlei Gründen notwendig sein – beispielsweise bei der Aufnahme eines neuen Arztes in die Arztpraxis oder bei Ausscheiden eines Arztes wegen Ruhestand, Krankheit oder Tod. Auch ist eine Bewertung durch den Gesetzgeber zur Berechnung des Zugewinnausgleichs bei Scheidung (§ 1372 BGB) oder Erbteilsanspruch (§ 2303 BGB) zwingend vorgegeben. Haben sich Ärzte zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in einer Gemeinschaftspraxis zusammengeschlossen, wird zur Vermeidung späterer Streitigkeiten beim Ausscheiden eines Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag oftmals eine Bewertungsmethode vorgegeben.  

     

    Beachte: Auch der BGH (24.10.90, Az. XII-ZR-101/89) schließt bei der Festlegung einer Bewertungsmethode die Anwendung des Ertragswertverfahrens zumindest nicht aus. 

    2. Auftrag zur Praxisbewertung

    Der Auftrag zur Bewertung kann sowohl von dem Erwerber als auch vom Verkäufer einer Arztpraxis erteilt werden. In diesen Fällen wird ein subjektiver Entscheidungswert ermittelt, mit dem der Auftraggeber in Verhandlungen geht. Bei der Ermittlung des subjektiven Entscheidungswerts werden individuelle Alternativen der Auftraggeber zum Praxiskauf/-verkauf mit in das Bewertungskalkül einbezogen. Denkbar ist auch, dass Käufer und Verkäufer gemeinsam ein Praxiswertgutachten in Auftrag geben. In diesen Fällen handelt es sich um einen objektivierten Praxiswert.  

    Hinweis: Dieser Wert wird auch dann ermittelt, wenn der Bewertungsauftrag durch ein Gericht (beispielsweise zur Ermittlung des Zugewinnausgleichs) erteilt wird. In diesen Fällen bewertet der Gutachter die Arztpraxis unter der Annahme einer Fortführung der Praxis mit unverändertem Konzept (vgl. Küntzel, DStR 00, 1105). 

    3. Konzeption des Ertragswertverfahrens