27.10.2010 | Steuererlass aus Billigkeitsgründen
Persönlicher Erlassgrund bei drohendem Verlust der Anwaltszulassung
Das Ermessen des FA ist stark eingeschränkt, sodass es dem Erlass einer Steuerschuld im Rahmen eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplans zustimmen muss, wenn sonst die berufliche und wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen durch den Verlust der Anwaltszulassung bedroht wäre (FG Düsseldorf 24.2.10, 4 K 212/10 AO, Abruf-Nr. 103252).
Eine Rechtsanwältin war durch die Geschäftstätigkeit ihres Vaters, eines Arztes und Geschäftsführers eines nunmehr insolventen Altenpflegeheims, unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten. Aufgrund der Insolvenz nahm u.a. das FA die Klägerin für die Steuerschulden der Gesellschaft in die Haftung. Die Rechtsanwältin bot allen Schuldnern einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan an, dem nur das FA nicht zustimmte, da es auf einen Teil seiner Forderungen hätte verzichten müssen.
Zu Unrecht, wie das FG Düsseldorf feststellte; denn sie hatte einen Anspruch darauf, dass das FA zustimmt, da die Voraussetzungen für einen Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen vorlagen. Das Ermessen des FA sei nämlich derart eingeschränkt, dass wegen des mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit drohenden Widerrufs der Zulassung ihre berufliche und wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel stünden, wenn die Haftungsforderung beigetrieben wird. Bei sachgerechter Abwägung zwischen dem hohen öffentlichen Interesse an der Durchsetzung der Haftungsforderung und dem nicht minder gewichtigen Interesse der Klägerin an der Erhaltung ihrer beruflichen und wirtschaftlichen Existenz gebühre diesem Interesse jedenfalls im Streitfall wegen des verfassungsrechtlichen Gewichts der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Vorrang.