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  • 27.05.2010 | Strafverfahren

    Apotheker finanziert den Praxisumbau und gewährt Mietkostenzuschuss

    von RA Luis Fernando Ureta und RA Dr. Henning Rothe, Hannover*

    Das OLG Braunschweig kommt in einer aktuellen Entscheidung zu dem Ergebnis, dass Vertrags(zahn)ärzte sich nach § 299 StGB strafbar machen können. Hierbei handelt es sich um den sog. Korruptionsparagrafen. Das OLG vertritt die Auffassung, Vertragsärzte seien Beauftragte der Krankenkassen i. S. des § 299 StGB (OLG Braunschweig 23.2.10, Ws 17/10, Abruf-Nr. 101418).

     

    Sachverhalt

    Anlass der Entscheidung waren Absprachen zwischen einem Apotheker und zwei Arztpraxen. Der Apotheker hatte beiden Praxen Zuschüsse im sechsstelligen Eurobereich für die Einrichtung der Praxisräume zukommen lassen. Weiterhin zahlte er den Ärzten monatliche Mietkostenzuschüsse im vierstelligen Bereich. Die Staatsanwaltschaft war der Auffassung, dass es sich hierbei um Zuwendungen handelte, die nur darauf zielten, dass der Apotheker von den Ärzten Zuweisungen bzw. Aufträge erhielte, beispielsweise für die Herstellung von Zytostatika. Das OLG musste sich in dem fraglichen Beschluss mit der Frage befassen, ob die Eröffnung des Hauptverfahrens beim Landgericht Braunschweig möglich war oder nicht.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG bejaht zunächst die Anwendbarkeit des § 299 StGB und betrachtet den Vertragsarzt als Beauftragten der Krankenkasse i.S. des § 299 StGB. Das OLG stellt sich damit ausdrücklich gegen die wohl noch herrschende Auffassung in der Literatur und der Rechtsprechung. Im Weiteren lehnt das OLG jedoch die Eröffnung des Hauptsacheverfahrens ab. Ausreichende Anhaltspunkte für ein rechtswidriges Verhalten i.S. des. § 299 StGB seien nicht erkennbar. Dieser setzt eine unzulässige Bevorzugung eines Dritten voraus. Vorliegend hätte eine Unrechtsvereinbarung zwischen Arzt und Apotheker bestehen müssen, durch welche andere Mitbewerber benachteiligt werden. Ausdrücklich stellt das Gericht fest, dass alleine der Vorteil, der durch die Nähe einer Arztpraxis zu einer Apotheke entsteht, für sich genommen keine Unrechtsvereinbarung darstellt. Die mit der Ansiedlung einer Arztpraxis einhergehenden Vorteile für den Apotheker durch erhöhten Umsatz rezeptpflichtiger Medikamente beruhen auf dem Standortvorteil und der Entscheidung der Patienten, in gerade dieser Apotheke ihr Rezept einzulösen, dass ein Apotheker Interesse daran hat, in seiner Nähe möglichst viele Arztpraxen unterzubringen, erschließt sich von selbst. Die Staatsanwaltschaft hatte nicht ermittelt, in welcher Art und Weise die Ärzte auf ihre Patienten Einfluss genommen haben sollen bzw. inwieweit sie die Aufträge direkt der Apotheke zukommen ließen. Die Eröffnung des Hauptsacheverfahrens wurde daher abgelehnt.  

     

    Praxishinweis

    Bei der Beurteilung dieser Entscheidung muss zwischen zwei Punkten unterschieden werden. Einerseits ist festzustellen, dass nun erstmalig ein Obergericht die Anwendung des § 299 StGB bei Vertragsärzten ausdrücklich bejaht hat. Möglicherweise wollte das Gericht damit auch ein Signal setzen. Vertragsärzte müssen zukünftig nicht nur mit rechtlichen Sanktionen der Kammern und/oder der KV bzw. KZV rechnen. Sie müssen sich zudem darauf einstellen, dass ihnen ein strafbares Verhalten vorgeworfen wird, wenn sie in unzulässiger Weise auf ihre Patienten einwirken. Sofern in der Tagespresse jedoch der Eindruck erweckt wurde, die Zahlung von Mietkostenzuschüssen oder Einrichtungsbeihilfen eines Apothekers an Ärzte sei unzulässig, ist dies falsch. Im Gegenteil, das OLG Braunschweig hat es durchaus für zulässig erachtet, dass ein Apotheker möglichst viele Ärzte in seiner Nähe ansiedeln möchte. Die Strafbarkeit setzt vielmehr eine darüber hinausgehende Unrechtsvereinbarung („Zuweisung gegen Entgelt“) zwischen den Beteiligten voraus. Allein die Tatsache, dass ein Apotheker durch finanzielle Beihilfen Ärzte animiert, in der Nähe seiner Apotheke ihre Praxis zu betreiben, stellt keine solche Unrechtsvereinbarung dar. Diese setzt eine konkrete „Gegenleistung“ des Arztes voraus, z.B. die Einwirkung auf die Patienten, zu eben dieser Apotheke zu gehen. Manche Ärztekammern sehen dies mit Hinweis auf § 32 BO-Ärzte allerdings anders.  

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