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  • 26.11.2013

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 24.10.2013 – 6 K 1301/10

    Einnahmen aus der Gestaltung von Baumarktprospekten unterliegen
    der Gewerbesteuer, wenn sie nicht die notwendige Gestaltungshöhe
    für die Annahme einer künstlerischen Tätigkeit
    aufweisen.


    Ein nachträglicher Wechsel des Steuerpflichtigen von
    der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung
    zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zum
    Zweck der Bildung von Gewerbesteuerrückstellungen ist nicht
    zulässig.


    Tatbestand

    Streitig ist, ob die Klägerin gewerblich oder freiberuflich
    tätig ist.


    Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen
    Rechts, an der im Streitjahr Frau S. A. und Herr C. S. zu je 50% beteiligt
    waren. Die Klägerin ist im Bereich der visuellen Kommunikation
    tätig. Sie konzipiert und gestaltet Erscheinungsbilder,
    Imagebroschüren und Geschäftsberichte und setzt
    Sachverhalte visuell um. Ein Schwerpunkt der Tätigkeit
    liegt in der Gestaltung von Angebots- und Prospektwerbung für
    Handelsunternehmen. Arbeitsbeispiele finden sich auf Bl. 47 ff.
    der Feststellungsakte und der Internetseite der Klägerin
    (www...de).


    Die Gesellschafterin Frau S. A. studierte von 1987 bis 1991 an
    der Merz-Akademie in Stuttgart Grafik-Design und erwarb den Abschluss „Dipl.
    Grafik-Designerin (FH)”. Anschließend war sie
    von 1991 bis 1993 als angestellte Grafik-Designerin tätig,
    bevor sie sich 1993 selbständig machte und im Jahr 1997 zusammen
    mit Herrn C. S. die Klägerin gründete (Bl. 15
    d. Vertragsakte).


    Der Gesellschafter Herr C. S. studierte von 1984 bis 1986 Photo-Design
    an der früheren Bayerischen Staatslehranstalt für
    Photographie, die zwischenzeitlich in die Fachhochschule München
    integriert ist. Nach einer Assistenzzeit von 1986 bis 1987 arbeitete
    er seit 1987 selbständig mit einem eigenen Atelier für Photo-Design,
    bevor er im Jahr 1997 die Klägerin gründete (Bl.
    15 d. Vertragsakte).


    Die Klägerin ermittelte im Streitjahr ihren Gewinn nach
    Einnahmen-Überschuss-Rechnung und erklärte Einkünfte
    aus selbständiger Tätigkeit nach § 18 EStG.


    Hauptkunde der Klägerin ist eine europaweit agierende
    Baumarktkette, die Firma X AG. Für sie erstellt die Klägerin
    das Grafik-Design zur gesamten Prospektwerbung innerhalb Deutschlands
    wie z.B. Beilagen in Tageszeitungen. Arbeitsbeispiele finden sich
    auf Blatt 57 ff. d. Feststellungsakte und auf Blatt 14 d. Außenprüfungs-Handakte
    Band III. Daneben erstellt sie graphische Grundkonzepte für
    die Prospektwerbung des X-Konzerns europaweit. Die Klägerin
    gestaltet die Prospekte anhand der Fotos, Texte und Preisangaben
    der zu bewerbenden Waren. Die technische Weiterverarbeitung, insbesondere
    die Bildbearbeitung, die Einhaltung drucktechnischer Vorgaben und
    die Abwicklung mit der Druckerei erfolgt über eine andere
    Firma, die Firma D. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Arbeitsbeschreibung
    der Klägerin für die Erstellung von X-Handzetteln
    auf Bl. 70 d. BpA verwiesen. Eine Tochtergesellschaft der X AG mit
    Sitz in der Schweiz, die Firma C Werbeagentur AG, veranlasst den
    Druck der Werbeprospekte. Über sie erfolgt zugleich die Auftragsdurchführung
    und Rechnungsbegleichung (Bl. 94 d. BpA).


    Die anteiligen Umsätze, die die Klägerin mit
    der Fa. D Werbagentur AG tätig, belaufen sich im Streitjahr
    auf 363.708,00 Euro und damit 94 % der Umsätze der
    Klägerin. Der Rest der Umsätze entfällt
    auf die Gestaltung von Broschüren und Druckvorlagen für
    andere Unternehmen wie z.B. die Y AG. In den Jahren nach 2004 stiegen
    die Umsätze im Zusammenhang mit der X-Werbung stetig an,
    im Jahr 2008 auf 642.650 Euro (Bl. 36 d. Feststellungsakte).


    Der Beklagte führte vom 21. April 2009 bis 1. Oktober
    2009 eine Betriebsprüfung für die Jahre 2004 bis
    2006 durch. Im Rahmen der Betriebsprüfung kamen der Prüferin
    Zweifel, ob die Klägerin mit ihren für die X AG
    getätigten Arbeiten wie erklärt Einkünfte
    aus Selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb erzielt.
    Sie übersandte daher Unterlagen an den Künstlerausschuss
    der Oberfinanzdirektion Rheinland-Pfalz in Mainz, der in seiner
    Sitzung am 19. Juni 2009 einstimmig folgenden Beschluss fasste (Bl.
    178 d. Akte „Vorgänge Bp” - BpA):


    „Die Künstlereigenschaft im Sinne des § 18
    Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz konnte für die Gestaltung
    der X-Prospekte nicht anerkannt werden, da eine kommerzielle und
    nicht freischaffend künstlerische Tätigkeit betrieben
    wird.”


    Der Künstlerausschuss entschied in folgender Besetzung
    (Bl. 195 d. BpA):



    Vorsitz: A

    ehem. Vorsteher FA ...

    Prof. em. B

    Universität ... (Bildende Kunst)

    Prof. C

    Fachhochschule ... (Design)

    Prof. D

    Fachhochschule ... (Design)

    Prof. E

    Fachhochschule ... (Design)

    Prof. F

    Fachhochschule ... (Design)
    Auf entsprechende Bitte der Klägerin folgte am 18. Oktober
    2009 eine ausführliche Stellungnahme des Vorsitzenden des „Künstlerausschusses
    OFD Rheinland-Pfalz” zu seiner Entscheidung (Bl. 195 d.
    BpA). Für die Beurteilung sei entscheidend, ob die Tätigkeit
    der Klägerin in ihrem Entstehungsprozess, in ihrer Zielrichtung
    und im Ergebnis einer freien künstlerischen Tätigkeit
    vergleichbar sei. In ihr wird ausgeführt, dass schon in
    der Laiensphäre Übereinstimmung darüber
    bestehe dürfte, dass prima vista eine X-Werbung der vorgelegten
    Art nicht als „künstlerisch” zu beurteilen
    sei. Gegen eine freie Gestaltung spreche das dauerhafte Vertragsverhältnis,
    das innerhalb eines vorgegebenen Rahmens mit enger Bindung an die
    Ziele und Wünsche des Auftragsgebers ein immer ähnliches
    dem Prinzip des Corporate Identity unterworfenes Produkt hervorbringe,
    wobei eine gewisse Entwicklung und vorsichtige Variation des Layouts
    entsprechend den Zeitströmen dieser Beurteilung nicht entgegenstehe,
    sondern diese geradezu verdeutliche. Die X-AG beschäftige
    sogar eine Diplom Designerin, Frau S., um die Vorstellungen des Unternehmens
    an die Klägerin zu vermitteln. Nach der Ausbildung und
    der Weisungsbefugnis sei Frau S. die eigentliche Sachverständige
    während Frau A. und Herr S. ausführten, wenn auch
    mit mehr oder weniger großem Gestaltungsspielraum (Bl.
    196 d. PrA.). Ziel der Tätigkeit sei nicht die „künstlerische Gestaltung” der
    Prospekte, sondern die möglichst nüchterne Vermittlung
    der Angebotspalette mit dem groß platzierten Hinweis auf
    günstige Preise. Eine künstlerische Gestaltung
    der Werbung durch Verfremdung, Überhöhung und Ästhetisierung
    könne diesem Zweck geradewegs zuwider laufen. Die Rechtsprechung
    stelle auch auf eine entsprechende Vorbildung ab, also auf das Vorliegen
    eines abgeschlossenen Hochschulstudiums für Design als
    Indiz für künstlerische Gestaltungshöhe.
    Beide Mitgesellschafter der Klägerin verfügten nicht über
    diese Voraussetzung. Dieses Kriterium sei vorliegend jedoch auch unbedeutend,
    weil es hier nicht auf den Nachweis von besonderen Fähigkeiten einer
    künstlerischen Gestaltung ankomme. Eine solche sei bei
    der Art der Tätigkeit gar nicht erst gewollt. Soweit in
    den Unterlagen noch ein Prospekt über den Golfclub S enthalten
    sei, sei unklar, was damit zum Ausdruck gebracht werden solle, da
    das Design ausweislich der Umschlagseite von Bernhard Langer stamme
    und nicht von der Klägerin.


    Die Prüferin erkannte ausweislich des Betriebsprüfungsberichts
    vom 27. Oktober 2009 die Künstlereigenschaft nicht an (Bl.
    90 d. BpA). Der Beklagte erließ in der Folge am 22. Dezember
    2009 Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2002 bis
    2007 und geänderte Bescheide für die gesonderte
    und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für
    die Jahre 2004 bis 2007. In dem hier streitgegenständlichen
    Gewerbesteuermessbescheid 2004 setzte sie den Gewerbesteuermessbetrag
    auf 11.720 Euro fest (Bl. 4a d. Gewerbesteuerakte).


    Am 15. Januar 2010 erhob die Klägerin Einspruch gegen
    die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
    2004 bis 2007 vom 22. Dezember 2009 und gegen die Bescheide über
    den Gewerbesteuermessbetrag 2002 bis 2007 vom 22. Dezember 2009
    (Bl. 33 d. Feststellungsakte). Sie führte aus, bereits
    seit 1997 Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärt
    zu haben. Der Grundsatz von Treu und Glauben stehe einer Umqualifizierung
    der Einkünfte entgegen (Bl. 34 d. Feststellungsakte). Der
    Künstlerausschuss habe sich nur oberflächlich
    und fahrlässig mit dem Gesamtsachverhalt auseinandergesetzt (Bl.
    35 d. Feststellungsakte). So sei das Prospekt des Golfclubs S sehr
    wohl von der Klägerin „designed” worden,
    lediglich der Golfplatz selbst, also die Ausrichtung der Löcher,
    Grüns und Bunker sei von Herrn Bernhard Langer erfolgt. Soweit
    der Vorsitzende des Künstlerausschusses die berufliche
    Qualifikation der Gesellschafter bezweifle, wird auf das abgeschlossene
    Grafikstudium von Frau A. und das Studium von Herrn S. an der Bayerischen
    Staatslehranstalt für Photographie verwiesen. Entgegen
    der Ansicht der Ausführungen in der Stellungnahme des Künstlerausschusses
    werde unter Verweis auf das Urteil des FG Köln vom 15.
    Februar 2006 eine künstlerische Tätigkeit nicht
    dadurch ausgeschlossen, dass Grafikdesigner ihre Leistung in den
    Dienst der Werbung stellen. Entscheidend sei, dass die Arbeit ohne
    Rücksicht auf ihren gewerblichen Verwendungszweck einen
    künstlerischen Charakter aufweise. Um die Gewerblichkeit
    zu vermeiden, hätte sich die Klägerin bewusst
    auf die reine Gestaltung konzentriert und keine Druckaufträge
    angenommen. Die künstlerische Gestaltungshöhe
    zeige sich auch in der Wertschätzung der Kunden. Die X
    AG zahle ab 1.400 Euro für die reine Gestaltung einer Doppelseite.
    Dies werde für eine einfache „Fließband-
    oder Setzkastenarbeit” nicht gezahlt.


    Die Klägerin fügte ihrer Einspruchsbegründung
    ein Schreiben der Abteilungsleiterin für Werbung der X
    AG, Frau G. S., vom 13. Januar 2010 bei (Bl. 46 d. Feststellungsakte).
    Letztere wendet sich hierin u.a. gegen die Beschreibung ihrer Aufgaben
    in den Ausführungen des Vorsitzenden des Künstlerausschusses und
    führt aus, dass die Arbeit der Klägerin weit über
    eine bloße handwerkliche Erstellung des periodisch erscheinenden
    Handzettels hinausgehe. Die Klägerin habe bei der Entwicklung
    völlig freie Hand. Die gestalterische Qualität
    im Bereich der Handelswerbung werde selbst von branchenfremden Fachleuten immer
    wieder unterschätzt.


    Die Klägerin führte in ihrer Einspruchsbegründung
    weiterhin aus, dass hilfsweise im Fall der Annahme von gewerblichen
    Einkünften die Klägerin nach § 141 Abgabenordnung
    zur Bilanzierung verpflichtet sei und ihr hier die Bildung einer
    Gewerbesteuerrückstellung in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen
    zu gewähren sei (Bl. 37 d. Feststellungsakte).


    Die Klägerin beantragte im Rahmen ihrer Begründung
    des Einspruchs gegen die geänderten Feststellungsbescheide
    2004 bis 2007 und die Gewerbesteuermessbescheide 2002 bis 2007 aus
    Kostengründung zunächst eine Entscheidung über
    den Einspruch für den Veranlagungszeitraum 2004 (Bl. 37
    d. Feststellungsakte). Für die Veranlagungszeiträume
    beantragte sie das Ruhen des Verfahrens 2002, 2003, 2005 bis 2007.


    Mit Schreiben vom 22. Januar 2010 wies der Beklagte die Klägerin
    u.a. darauf hin, dass beabsichtigt sei, dem Wunsch der Klägerin
    zu entsprechen und zunächst nur über den Einspruch
    bezüglich des Gewerbesteuermessbescheids 2004 zu entscheiden
    und die übrigen Einspruchsverfahren antragsgemäß ruhen zu
    lassen (Bl. 70 d. Feststellungsakte).


    Mit Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2010 wies der Beklagte
    den Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2004 als unbegründet
    zurück (Bl. 74 d. PrA.). Entsprechend des sog. Abschnittsprinzips
    sei das Finanzamt berechtigt, jederzeit Angaben in Steuererklärungen
    zu überprüfen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse
    zu verwerten. Der Klägerin sei auch keine Auskunft oder
    eine verbindliche Zusage erteilt worden, so dass der Vorwurf der Treuverletzung
    haltlos sei. Das Urteil des Finanzgerichts Köln sei eine
    Einzelfallentscheidung, die nicht generell angewendet werden könne.
    Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung erbringe die
    Klägerin die kreative Gestaltung der X Prospekte nach den
    Vorgaben der Firma. Bei den Prospekten für X falle auch
    bei laienhafter Betrachtung auf, dass sie sich im Wesentlichen nicht
    von der Vielzahl der Werbeprospekte anderer Firmen unterscheide
    oder in besonderer Weise davon abhebe. Bei dieser Massenwerbung
    stehe der Verkauf von Waren im Vordergrund. Der gestalterische Stil
    müsse zwar anregend und deshalb ansprechend gestaltet sein,
    dürfe aber nicht so sehr dominieren, dass die Warenpalette
    dadurch in den Hintergrund rücke. Die Vorgaben der werbenden Firma
    seien dabei wohl streng zu beachten, da diese - wenn es sich wie
    vorliegend um ein festes Vertragsverhältnis handele - stets
    die Herrschaft über das Projekt behalten wolle (Bl. 82
    d. Feststellungsakte). Da sich der Erkennungswert des X-Prospektes
    darüber hinaus zu einem großen Teil über
    Schriftstil und Farbe definiere, könnten bereits in diesen
    Bereichen keine großen Abweichungen vorgenommen werden.


    Die Klägerin könne auch nicht rückwirkend
    durch einen Wechsel zum Bestandsvergleich eine Gewerbesteuerrückstellung
    bilden (Bl. 83 d. Feststellungsakte). Die Klägerin habe
    bei freiberuflichen Einkünften die Wahl zwischen Einnahme-Überschuss-Rechnung
    und Bestandsvergleich. Sie habe sich vorliegend für die
    Einnahme-Überschuss-Rechnung entschieden. An die einmal wirksam
    getroffene Wahl der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung
    sei sie gebunden. Selbst wenn sie zur Buchführung verpflichtet
    gewesen sei, dies aber nicht getan habe, könne sie nach § 141
    Abs. 2 Abgabenordnung nicht rückwirkend von der Einnahme-Überschussrechnung zur
    Buchführung wechseln (Bl. 84 d. Feststellungsakte).


    In ihrer Klagebegründung trägt die Klägerin
    unter Verweis auf Rechtsprechung vor, dass die künstlerische
    Tätigkeit nicht dadurch ausgeschlossen werde, dass Grafikdesigner
    ihre Leistung in den Dienst der Werbung stellen. Es sei eine präsente
    Herausforderung, über viele Doppelseiten der Handzettel
    mittels Farbgebung, Größenkontrasten und teilweise
    beruhigenden rhythmischen Elementen einen Spannungsbogen zu erzeugen,
    die nicht „fliesbandmäßig” erledigt
    werden könne (Bl. 76 d. PrA.). Der Künstlerausschuss
    habe sich nicht nachvollziehbar mit der Tätigkeit der Klägerin
    auseinandergesetzt. Die für die künstlerische
    Gestaltungshöhe erforderliche Sachkunde liege vor. Diese schlage
    sich auch in der Höhe der Vergütung durch die
    X AG nieder.


    Hilfsweise beruft sich die Klägerin auf Gewährung
    von Vertrauensschutz (Bl. 151 d. PrA.). Die Verwaltung habe die
    Klägerin im Glauben gelassen, freiberufliche Einkünfte
    zu erzielen, und ihre Ermittlungspflicht nach § 88 Abgabenordnung
    verletzt. Die Zweifel der Außenprüferin könnten
    daher nicht in die Vergangenheit wirken (Bl. 152 d. PrA.); eine
    rückwirkende Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrages
    sei nicht zulässig.


    Zu beachten sei zudem, dass im Fall der Annahme von gewerblichen
    Einkünften die Klägerin aufgrund der erzielten
    Gewinne verpflichtet sei, Bücher zu führen. Ein
    Wahlrecht zwischen den Gewinnermittlungsarten nach § 4
    Abs. 3 EStG bzw. § 5 EStG bestehe gerade nicht. Wäre
    der Beklagte von Anfang an seiner Ermittlungspflicht nachgekommen,
    hätte die Klägerin Gewerbesteuerrückstellungen
    bilden können (Bl. 153 d. PrA.).


    Die Klägerin beantragt sinngemäß,

    den Gewerbesteuermessbescheid
    für das Jahr 2004 vom 22. Dezember 2009 in Gestalt der
    Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2010 aufzuheben.


    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte weist darauf hin, dass die Abgrenzung von gewerblichen
    zu freiberuflichen Einkünften stets eine Einzelfallbeurteilung
    sei und insofern das Urteil des FG Köln vom 15. Februar
    2006 (14 K 7867/98 )
    nicht herangezogen werden könne. Im Streitjahr liege eine gemischte
    Tätigkeit der Klägerin vor (Bl. 146 d. PrA.).
    Da die Arbeiten hinsichtlich des X-Prospektes als nicht künstlerisch
    anzusehen seien, und diese Einkünfte 94% der erzielten
    Einkünfte ausmachten, sei die Tätigkeit nach § 15 Abs.
    3 Nr. 1 EStG insgesamt gewerblich. Im Übrigen habe der
    Beklagte in seiner Entscheidung über den Einspruch gegen
    den Gewerbesteuermessbescheid 2004 auch Ausführungen zur
    rückwirkenden Bilanzierung getroffen, da dies auch Auswirkungen
    auf den Gewerbeertrag habe (Bl. 170 d. PrA.). Für die Klägerin
    sei hinsichtlich der Bilanzierung § 141 Abgabenordnung
    einschlägig (Bl. 171 d. PrA.). Entscheidend sei damit nicht
    allein das objektive Vorliegen der Merkmale des § 141 Abs.
    1 Abgabenordnung, sondern auch die förmliche Mitteilung
    der Finanzbehörde (Bl. 171 f. d. PrA.). Eine solche Aufforderung
    bzw. Mitteilung sei bislang gegenüber der Klägerin
    nicht ergangen.


    Mit Beweisbeschluss vom 8. November 2012 (Bl. 94 d. PrA.) ist
    die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens
    angeordnet worden zu der Frage, ob die Arbeiten der Klägerin
    im Bereich der Angebots- und Prospektwerbung nach ihrem Gesamtbild
    eigenschöpferisch sind und über eine hinreichende
    Beherrschung der Technik hinaus eine bestimmte künstlerische Gestaltungshöhe
    erreichen.


    Mit der Gutachtenerstellung ist Herr W. B., Geschäftsführer
    der Akademie ..., beauftragt worden.


    Am 5. Juni 2013 hat Herr B. sein schriftliches Sachverständigengutachten erstattet
    (Bl. 131 ff. d. PrA.). Auf das Gutachten wird Bezug genommen. Die Beteiligten
    haben zu den gutachterlichen Ausführungen Stellung genommen und
    halten an ihren jeweiligen Anträgen und Begründungen
    fest.


    Gründe

    Die zulässige Klage führt in der Sache nicht
    zum Erfolg. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die
    Klägerin einen Gewerbebetrieb im Sinne § 2 Abs.
    1 S. 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 1 EStG betreibt und ihre
    Einkünfte insgesamt nach § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG
    i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG der Gewerbesteuer unterliegen.


    I.

    1. Nach § 2 Abs. 1 GewStG
    unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit
    er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches
    Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen.


    Gewerbebetrieb ist nach § 15 Abs. 2 S. 1 EStG jede selbständige
    nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu
    erzielen, unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen
    wirtschaftlichen Verkehr darstellt und weder als Ausübung
    von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien
    Berufs bzw. als eine andere selbständige Arbeit anzusehen
    ist. Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehört nach § 18
    Abs. 1 Nr. 1 EStG u.a. die selbständig ausgeübte
    künstlerische Tätigkeit. Eine Personengesellschaft
    wie vorliegend die Gesellschaft bürgerlichen Rechts entfaltet
    nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur
    dann eine Tätigkeit, die die Ausübung eines freien
    Berufs im Sinne des § 18 EStG darstellt, wenn sämtliche Gesellschafter
    die Merkmale eines freien Berufs erfüllen (BFH Urteil vom 10.
    Oktober 2012, VIII
    R 42/10 , BStBl. II 2013, 79 ).


    Entgegen der Auffassung der Klägerin sind ihre Gesellschafter
    nicht hauptsächlich künstlerisch tätig,
    so dass die Einnahmen aus der Tätigkeit für die Baumarktkette
    X nicht zu den aus dem Anwendungsbereich des § 15 Abs.
    2 S.1 EStG ausgenommenen Einkünften aus selbständiger,
    künstlerischer Arbeit gehören.


    a. Eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des § 18
    Abs. 1 Nr. 1 EStG liegt vor, wenn der Steuerpflichtige eine eigenschöpferische
    Leistung vollbringt, in der seine individuelle Anschauungsweise
    und Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt und die über eine
    hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine gewisse Gestaltungshöhe
    erreicht (BFH Urteil vom 15. Oktober 1998, IV R 1/97 , BFH/NV
    1999, 465 ). Dabei ist es unerheblich, aus welcher Zielsetzung
    heraus der Künstler sein Werk schafft und wozu das von
    ihm Geschaffene verwendet wird. Eine künstlerisch gestaltete
    Leistung verliert daher nicht allein dadurch die Eigenschaft einer
    künstlerischen Leistung, dass sie dem gewerblichen Zweck
    der Werbung dient (BFH Urteil vom 14. Dezember 1976, VIII R 76/75 , BStBl. II 1977,
    474 ; BFH Urteil vom 15. Oktober 1998, IV R 1/97 , BFH/NV
    1999, 465 ). Entscheidend ist, ob die Arbeiten ohne Rücksicht
    auf ihre Verwendung künstlerischen Charakter aufweisen. Dazu
    ist nach der Rechtsprechung erforderlich, dass die Arbeiten nicht
    das Produkt handwerksmäßig erlernter bzw. erlernbarer
    Tätigkeit darstellen, sondern darüber hinaus etwas
    Eigenschöpferisches enthalten und eine künstlerische
    Gestaltungshöhe aufweisen. Andererseits ist eine künstlerische Tätigkeit
    dann nicht gegeben, wenn sich der Steuerpflichtige an ins einzelne gehende
    Angaben und Weisungen seines Auftraggebers zu halten hat und ihm
    infolgedessen kein oder kein genügender Spielraum für
    eine eigenschöpferische Leistung bleibt (BFH Urteil vom
    15. Oktober 1998, IV
    R 1/97 , BFH/NV 1999, 465 ). An der
    künstlerischen Eigenschaft von Werbefotos fehlt es nach
    Ansicht des Bundesfinanzhofs, wenn der Fotograph die genauen Angaben
    oder die Grundgedanken für seine Aufnahmen von den auftraggebenden Firmen
    erhält und nur die praktische Ausgestaltung durchzuführen
    hat (BFH Urteil vom 14. Dezember 1976, VIII R 76/75 , BStBl. II 1977,
    474 ).


    Ob die Voraussetzungen einer künstlerischen Tätigkeit
    gegeben sind, ist von den tatsächlichen Verhältnissen
    im Einzelfall abhängig, die das Gericht nach seiner freien Überzeugung
    zu beurteilen hat (BFH Beschluss vom 24. April 1996, XI B 118/95 , BFH/NV
    1996, 806 ). Die subjektive Vorstellung des Steuerpflichtigen
    ist unbeachtlich (BFH Urteil vom 15. Oktober 1998, IV R 1/97 , BFH/NV
    1999, 465 ). Der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit
    der Besteuerung erfordert vielmehr einen objektiven Kunstbegriff,
    der eine allgemein nachvollziehbare Abgrenzung der künstlerischen
    von der gewerblichen Betätigung aufgrund einer konkreten
    Definition ermöglicht (BFH Urteil vom 15. Oktober 1998, IV R 1/97 , BFH/NV
    1999, 465 ). Die Rechtsprechung misst daher der allgemeinen
    Verkehrsauffassung bei der Beurteilung dessen, was als künstlerisch
    einzustufen ist, besonderes Gewicht bei (BFH Beschluss vom 24. April
    1996, XI B 118/95 , BFH/NV
    1996, 806 ; BFH Urteil vom 15. Oktober 1998, IV R 1/97 , BFH/NV
    1999, 465 ).


    Unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls hat die Rechtsprechung
    die Arbeiten eines Webdesigners (FG Münster, Urteil vom
    19. Juni 2008, 8
    K 4272/06 , EFG 2008, 1975 ), und eines Werbegrafikers
    und Werbedesigners (FG Köln, Urteil vom 15. Februar 2006, 14 K 7867/98 , DStRE 2007, 1312 )
    als künstlerische Tätigkeiten angesehen. Demgegenüber
    wurden die Arbeiten eines Grafikers zu Werbezwecken (FG Düsseldorf,
    Urteil vom 5. November 2004, 1 K 3118/02 , EFG 2007, 197 ;
    FG Nürnberg, Urteil vom 25. April 1995, I 66/94 ,
    juris-Dokument), die Tätigkeit eines Werbesprechers im
    Radio (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. April 2008, 3 K 2240/04 , EFG 2008, 1292 ),
    das Entwerfen von Schnittmuster für Bekleidung im Kundenauftrag
    (FG München, Urteil vom 27. Januar 2012, 8 K 4021/08 , EFG 2012, 2282 )
    und die Arbeiten eines „Verpackungsdesigners” (FG
    Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. September 2002, 6 K 2279/00 )
    als nicht künstlerisch und damit als gewerblich eingestuft.


    Für die Beurteilung der Frage, ob die Tätigkeit
    eigenschöpferisch ist und eine künstlerische Gestaltungshöhe
    erreicht, ist es nicht erforderlich, dass jedes einzelne vom Steuerpflichtigen
    im Streitjahr geschaffene Werk daraufhin untersucht wird, ob es
    ein Kunstwerk darstellt oder nicht (FG Köln, Urteil vom
    15. Februar 2006, 14
    K 7867/98 , DStRE 2007, 1312 ). Es ist vielmehr die
    vom Steuerpflichtigen im Streitzeitraum ausgeübte Tätigkeit
    insgesamt zu beurteilen.


    b. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Sachverständige
    B. eine Auswahl von Arbeiten der Klägerin beurteilt und
    auf dieser Grundlage festgestellt, dass einzelne Arbeiten der Klägerin
    eine eigenschöpferische Leistung darstellen und eine gewisse
    künstlerische Gestaltungshöhe erreichen, dass aber
    die Arbeiten im Zusammenhang mit der X-Werbung, die über
    90% der Umsätze der Kläger ausmachen,
    nicht die notwendige Gestaltungshöhe aufweisen. Er führt
    insoweit in seiner Schlussbeurteilung aus (Bl. 138 d. PrA.):


    „Für mich
    liegt die Grenze, ab der man von einer bestimmten Gestaltungshöhe
    sprechen kann, da, wo die Merkmale künstlerischer Tätigkeit überwiegen
    und die handwerkliche Tätigkeit überstrahlt. Das
    bedeutet Gestaltungsmittel wie Farbe- und Formkontraste, Farbwirkung,
    Raum, Perspektive, verschiedene Gestaltungsebenen, Reduzieren, Überhöhen, Verfremdungen,
    Bildzitate u.ä. müssen nicht nur erkennbar sein,
    sie müssen sich auf zu etwas Nichtsichtbaren wie Stimmung,
    Anmutung, Gefühl, Empfindung verdichten.


    Dies ist bei den 4 Doppelseiten X (Punkt 12, Blatt 58, 59, 60,
    61) nicht der Fall. Hier überwiegt, bei allen Bemühungen
    den geringen Freiraum künstlerisch auszufüllen,
    die sauber gemachte, handwerkliche Arbeit. Die Typografie, die auf
    Grund des großen Textanteils einen breiten Raum einnimmt,
    ist sachlich, nüchtern und langweilig. Die Kompositionen
    der Seiten sind ohne Spannung. Grund sind die durch die Praxis gegebenen Bedingungen,
    die zu wenig Freiraum lassen.”


    Der Senat schließt sich diesen in sich schlüssigen
    und nachvollziehbaren Ausführungen an. Die Klägerin
    erhält von X die sachlichen Grundbestandteile wie Bilder,
    Texte und Produktpreise. Bei der Gestaltung der Handzettel greifen
    ihre Gesellschafter auf das Visuelle Konzept des X zurück,
    d.h. sie sind an die Farbgebung und Schriftart etc. gebunden. Die
    künstlerische Freiheit beschränkt sich vorliegend
    auf die Komposition der einzelnen Seiten mit Blick auf die Anordnung
    der zu bewerbenden Ware. Ein Abstrahieren oder Verfremden ist nur
    in sehr eingeschränktem Maße möglich.
    Im Mittelpunkt steht nicht der persönliche Stil der Klägerin
    bzw. ihrer Gesellschafter, sondern der Werbegegenstand als Abbild
    der Wirklichkeit. Eigene Aussagen der Klägerin bzw. ihrer
    Gesellschafter können in den Handzetteln nicht getroffen
    werden.


    Ob die Entwicklung des Grundkonzepts der Handzettel eine künstlerische Tätigkeit
    darstellt, konnte vorliegend jedoch dahinstehen, da diese unstreitig nicht
    in das Streitjahr fiel, sondern nach dem Vortrag der Klägerin „nur” weiterentwickelt
    wurde. Die sich an die Gestaltung des Grundkonzepts anschließende
    Ausführung weist jedoch für den Durchschnittsbetrachter
    nicht die Gestaltungshöhe einer künstlerischen
    Arbeit auf. Die Klägerin bzw. ihre Gesellschafter haben
    keine „freie Hand” mehr mit Blick auf die Anzahl
    der Bilder und der zu bewerbenden Produkte und auf ihre Gestaltung.
    Die Klägerin führt insofern selbst aus, dass die
    Handzettelerstellung im Streitjahr nach einem selbst auferlegten
    Konzept erfolgt sei.


    2. Auch wenn der Gutachter zu dem Ergebnis
    kommt, dass Arbeiten der Klägerin, die nicht im Zusammenhang
    mit der X-Werbung stehen, durchaus als künstlerisch einzustufen
    sind, sind vorliegend alle Einkünfte der Klägerin
    als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren.


    Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG unterliegt auch die mit
    Einkünfteerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit
    einer nur zum Teil gewerblich tätigen Personengesellschaft
    der Gewerbesteuer. Eine solche Tätigkeit gilt nach § 15
    Abs. 3 Nr. 1 EStG in vollem Umfang als gewerblich. Als Personengesellschaft
    in diesem Sinne ist auch eine Gesellschaft bürgerlichen
    Rechts anzusehen wie vorliegend die Klägerin.


    Da die Klägerin nicht nur geringfügig gewerblich
    tätig ist, sondern über 90% der Einnahmen
    auf der gewerblichen Tätigkeit beruhen, greift die Abfärberegelung
    des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ein.


    3. Die Klägerin kann sich nicht unter
    dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben auf eine Gewerbesteuerfreiheit
    für das Streitjahr berufen. Der Grundsatz von Treu und
    Glauben gebietet es, dass im Steuerrechtsverhältnis jeder
    auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht
    nimmt und sich mit seinem früheren Verhalten, auf das der
    andere vertraut und aufgrund dessen er in einer irreparablen Weise
    disponiert hat, nicht in Widerspruch setzt (BFH Urteil vom 21. Juli
    1988, V R 97/83 , BFH/NV
    1989, 356 ). Die Finanzbehörden sind verpflichtet,
    die für die Entstehung und den Umfang des Steueranspruchs
    maßgebenden Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen durchzuführen.
    Nur ausnahmsweise können sie nach dem Grundsatz von Treu
    und Glauben gehindert sein, Besteuerungsgrundlagen in der dem Gesetz
    entstehenden Höhe festzustellen. Ein solcher Fall ist gegeben,
    wenn ein Finanzamt einem Steuerpflichtigen zusagt, einen Sachverhalt
    bei der Feststellung von Besteuerungsrundlagen in einem bestimmten
    Sinne zu beurteilen (BFH Urteil vom 21. Juli 1988, V R 97/83 , BFH/NV
    1989, 356 ).


    Eine Bindung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben
    besteht jedoch nicht, wenn das Finanzamt jahrelang eine andere Einordnung
    ohne bindende Zusage vorgenommen hat bzw. wenn bestandskräftigen
    Feststellungen der Vorjahre eine Betriebsprüfung vorausging,
    anlässlich derer die Einordnung der Einkünfte
    nicht beanstandet wurden (BFH Urteil vom 11. Februar 1981, I R 128/77 , BStBl. II 1981,
    448 ).


    Vorliegend hat das Finanzamt der Klägerin keine Zusage
    erteilt und keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, so dass auch
    der Grundsatz von Treu und Glauben dem Erlass des angefochtenen
    Gewerbesteuermessbescheides nicht entgegensteht.


    4. Der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid
    2004 geht auch zutreffend von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in
    Höhe von 282.965,00 Euro aus (Bl. 4a d. Gewerbesteuerakte).
    Dies entspricht dem nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Gewinn
    der Klägerin (Bl. 61 d. Gewinnermittlungsakte). Entgegen
    der Auffassung der Klägerin war der Gewinn nicht um etwaige
    Gewerbesteuerrückstellungen zu mindern, da deren Bildung
    im Rahmen der Einnahme-Überschusseinkünfte nicht
    zulässig sind (BFH Urteil vom 19. Juni 2007, VIII R 100/04 , BStBl. II 2007, 930 ),
    und ein nachträglicher Wechsel auf die Gewinnermittlung
    durch Betriebsvermögensvergleich nicht zulässig
    war.


    Die Klägerin hat vorliegend keine Bücher geführt
    und Abschlüsse gemacht. Der Beklagte hat ihr auch unbeschadet
    des Vorliegens der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des § 141
    Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Abgabenordnung die Verpflichtung zur Buchführung
    nicht mitgeteilt. Die Klägerin ging vielmehr davon aus,
    Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu erzielen
    und ein Wahlrecht zwischen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich
    und durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4
    Abs. 3 EStG zu haben.


    Einem solchen Wahlrecht steht zwar entgegen, wenn ein Steuerpflichtiger von
    der Erzielung bloßer Überschusseinkünfte
    ausgeht (BFH Urteil vom 8. Oktober 2008, VIII R 74/05 , BStBl. II 2009, 238 ).
    Die Ausübung des Wahlrechts kann jedoch nicht bereits deshalb
    verneint werden, weil der Steuerpflichtige sich wie vorliegend über
    die genaue Zuordnung zu einer bestimmten Gewinneinkunftsart nicht
    im Klaren gewesen ist (BFH Urteil vom 8. Oktober 2008, VIII R 74/05 , BStBl. II 2009,
    238 ). Insofern führt der Beklagte zutreffend
    aus, dass die Klägerin ihr Wahlrecht zugunsten der Einnahmen-Überschussrechnung
    ausgeübt hat. Ein rückwirkender Wechsel zur Gewinnermittlung
    durch Betriebsvermögensvergleich ist nicht zulässig, zumal
    die Klägerin nicht zu Beginn des streitigen Wirtschaftsjahres
    Maßnahmen zur Durchführung desselben in Gestalt
    von Eröffnungsbilanz und Einrichten einer ordnungsgemäßen
    kaufmännischen Buchführung getroffen hat (BFH
    Beschluss vom 8. September 2005, IV B 107/04 , BFH/NV
    2006, 276 ; BFH Beschluss vom 9. Dezember 2003, IV B 68/02 , BFH/NV
    2004, 633 ). Hat ein Steuerpflichtiger wirksam die Einnahme-Überschussrechnung
    als Gewinnermittlungsmethode gewählt, kann er nicht später
    für das betreffende Wirtschaftsjahr diese Wahl rückgängig
    machen und die Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich wählen
    (BFH Urteil vom 20. Dezember 2012, III R 33/12 , BFH/NV
    2013, 816 ).


    Entgegen der Auffassung der Klägerin war diese auch
    trotz Überschreitens der Umsatzschwellen des § 141
    Abs. 1 Abgabenordnung nicht verpflichtet, Bücher zu führen.
    Die Frage, ab wann der Steuerpflichtige nach § 141 Abgabenordnung
    Bücher führen muss und Abschlüsse zu
    machen hat, wird nicht nach dem objektiven Überschreiten
    der in § 141 Abgabenordnung genannten Bezugsgrößen
    beurteilt. Die Buchführungspflicht setzt vielmehr zwingend die
    Mitteilung der Finanzbehörde an den Steuerpflichtigen über
    die Buchführungspflicht durch einen selbständigen
    und rechtsgestaltenden Verwaltungsakt voraus (Schwarz, in Kommentar
    zu AO, § 141 Rn. 36). Dieser Verwaltungsakt hat konstitutive
    Wirkung. Die nachträgliche Feststellung, dass eine Buchführungsgrenze überschritten
    ist, kann nicht zurückbezogen werden (FG Berlin, Urteil
    vom 26. April 2001, 4
    K 4005/99 , EFG 2001, 1311 ).


    II.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Gründe
    für die Zulassung der Revision liegen nach § 115
    Abs. 2 FGO nicht vor.

    Vorschriften§ 2 Abs. 1 GewStG, EStG §§ 15 Abs. 1, 18 Abs. 1, 4 Abs. 3, AO § 141 Abs. 1 u. 2