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  • 03.06.2014 · IWW-Abrufnummer 141603

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 11.04.2013 – 5 K 159/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Az.: 5 K 159/12

    rechtskräftig

    Tatbestand

    Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zu der sich eine Ärztin und drei Ärzte zum Betrieb einer Gemeinschaftspraxis zusammengeschlossen haben.

    Die Praxisräume in H., waren von einer X-GbR angemietet worden.

    Am 22.04.2004 schloss die Klägerin mit Dr. G. mit Wirkung zum 01.01.2004 einen Praxisgemeinschaftsvertrag.

    Zweck der Gemeinschaft war nach § 1 des Vertrages die gemeinsame Nutzung der Räumlichkeiten und des Inventars, sowie die gemeinsame Nutzung der technischen Betriebsführung und der medizinischen Geräte sowie des gemeinsamen Personals.

    Nach § 2 und 4 sollte die Gemeinschaftspraxis einerseits und Dr. G. andererseits ihre Tätigkeit nach Außen hin jeweils in eigenem Namen ausüben.
    Nach § 6 des Vertrages war Dr. G. berechtigt, die Räumlichkeiten der Gemeinschafspraxis zu nutzen, die Dienste des nichtärztlichen Personals der Gemeinschaftspraxis in Anspruch zu nehmen und die in der Gemeinschaftspraxis vorhandenen medizinischen Geräte zu nutzen (§ 10).

    Als Gegenleistungen hat Dr. G. 20 % der anfallenden Gesamtkosten der Praxis zu tragen. Hinsichtlich der Geschäftsführung der Praxisgemeinschaft war geregelt, dass diese durch den Geschäftsführer der Gemeinschaftspraxis erfolgen sollte. Hierfür hatte Dr. G. eine Pauschale i. H. v. xxxx € monatlich zu zahlen (§ 9).

    Die Klägerin ging hinsichtlich der Umsatzbesteuerung für das Streitjahr 2004 davon aus, dass mit dem Vertrag über die Errichtung der Praxisgemeinschaft eine gesellschaftsrechtliche Regelung getroffen worden sei und ein Leistungsaustausch zwischen der Gemeinschaftspraxis und Dr. G. nicht stattgefunden habe. Anlässlich einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Praxisgemeinschaft als reine Innengesellschaft nicht Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sei.

    Unternehmerin sei in diesem Fall die Gemeinschaftspraxis, die tatsächlich nach Außen erkennbar handelt. Der Prüfer ging deshalb von Leistungen der Gemeinschaftspraxis an Dr. G. aus, die steuerbar und nur teilweise nach § 4 Nr. 12 Umsatzsteuergesetz - UStG - als Vermietungsumsätze steuerfrei sei. Eine Steuerbefreiung der Leistung nach 4 Nr. 14 UStG sei nicht gegeben.

    Ausgehend von dieser Rechtsauffassung ermittelte der Prüfer die Umsatzsteuer 2004 mit xxxx,yy €. Die von Dr. G. insgesamt gezahlten Beträge in Höhe von xx.xxx,yy € behandelte er in Höhe von xx.xxx,yy € als nach § 4 Nr.12 UStG steuerfreie Umsätze und in Höhe von xx.xxx,yy € als steuerpflichtige Umsätze. An Vorsteuerbeträgen berücksichtigte er für das Streitjahr einen Betrag i. H. v. x.xxx,yy €.
    Das Finanzamt (FA) folgte dieser Auffassung und erteilte auf Grundlage der Prüfungsfeststellungen den Umsatzsteuerbescheid 2004 vom zzz. Den Einspruch wies das FA mit Einspruchsbescheid vom zzz als unbegründet zurück.

    Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung die Klägerin vorträgt:

    Die Rechtsbeziehungen der Gemeinschaftspraxis zu Dr. G. beruhten auf den Praxisgemeinschaftsvertrag, also gesellschaftsrechtliche Regelungen. In einer Praxisgemeinschaft kooperierten die Ärzte in der Weise, dass sie ihre ärztliche Tätigkeit nicht gemeinschaftlich ausübten und auch keine wirtschaftliche Abrechnungsgemeinschaft bildeten, sondern lediglich eine Kostengemeinschaft. Dass dieser Vertrag eine gesellschaftsrechtliche Regelung über die Zusammenarbeit darstelle, ergebe sich insbesondere aus § 10 des Praxisgemeinschaftsvertrages. Denn Dr. G. sei bei der Neu- oder Ersatzbeschaffung medizinischer Geräte und anderen Inventars ein Mitspracherecht eingeräumt worden. Ersatzbeschaffungen hätten durch die Praxisgemeinschaft erfolgen sollen. Die Rechtsbeziehungen zwischen der Gemeinschaftspraxis einerseits und Dr.G andererseits seien also im Rahmen des Praxisgemeinschaftsvertrages geregelt worden. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes hätten unmittelbare Leistungsbeziehungen zwischen der Gemeinschaftspraxis und Dr.G nicht bestanden.

    Selbst für den Fall, dass von einer Leistungsbeziehung ausgegangen werden sollte, wäre diese Leistung nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei. Denn die erbrachten Leistungen stünden unmittelbar im Zusammenhang mit der Erbringung der umsatzsteuerfreien ärztlichen Tätigkeit.

    Die Klägerin beantragt,
    den Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 04.07.2011 und den Einspruchsbescheid vom 09.05.2012 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Das FA ist der Auffassung, dass die Gemeinschaftspraxis an Dr. G. Leistungen erbracht habe, da nur sie nach Außen erkennbar handele und auftrete. Der Praxisgemeinschaftsvertrag enthalte keine Regelungen, die auf die Begründung eines gesellschaftsrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses hindeuteten. Die dort gewählten Formulierungen ließen nicht den Schluss zu, dass die an der Vereinbarung Beteiligten sich gegenseitig Gesellschaftsrechte einräumen wollten. Denn sowohl die Gemeinschaftspraxis als auch Dr.G hätten ihre jeweilige Tätigkeit nach außen hin jeweils selbständig weiter führen wollen.

    Die Klägerin habe an Dr.G Leistungen erbracht, in dem sie ihm Räumlichkeiten, Inventar und medizinisches Gerät und das nichtärztliche Personal Geld zur Verfügung gestellt hätte. Hierfür spreche insbesondere auch, dass die Praxisräume von der Klägerin gemietet worden seien und diese auch die Arbeitsverträge mit dem Personal abgeschlossen habe und Dr.G die von ihm zu leistenden Beträge auf ein Konto der Klägerin gezahlt habe.

    Die Leistungen seien auch nicht nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei. In Satz 2 dieser Vorschrift sei die Steuerfreiheit von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der in Satz 1 bezeichneten Berufe seien und deren Mitgliedern geregelt, soweit die Leistungen unmittelbar zur Ausführung von heilberuflichen Umsätzen verwendet werde. Da im Streitfall die Leistungen nicht von der Praxisgemeinschaft, sondern von der Klägerin erbracht worden seien, seien die Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt. Im Übrigen dienten die von der Klägerin erbrachten Leistungen auch nicht unmittelbar der Ausführung von Umsätzen aus freiberuflicher Tätigkeit durch Dr.G. Denn diese seien nur die Voraussetzungen für dessen ärztliche Tätigkeit. Von einem unmittelbaren Zusammenhang könne nur gesprochen werden, wenn die jeweilige Gemeinschaftsleistung selbst gegenüber den Patienten eingesetzt werde.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist nicht begründet.

    Die Klägerin hat im Streitjahr 2004 an Dr.G steuerbare, und soweit hier noch streitig, auch steuerpflichtige Leistungen erbracht.

    1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer.

    Die Klägerin hat an Dr.G Leistungen erbracht, indem sie ihm Praxisräume, Inventar und Geräte, sowie Personal überlassen hat. Grundlage für diese Leistung war der zwischen der Gemeinschaftspraxis und Dr.G abgeschlossene Praxisgemeinschaftsvertrag vom 22.04.2004. Leistungserbringerin ist die Klägerin und nicht etwa die Praxisgemeinschaft. Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Vereinbarung. So bestimmt § 6, dass die Gemeinschaftspraxis und nicht die Praxisgemeinschaft Dr.G das Recht zur Mitnutzung der Praxisräume und zur Inanspruchnahme der Dienste des nichtärztlichen Personals einräumt. Ähnliche Formulierungen finden sich in § 10 des Vertrages, in dem die Nutzung des Inventars und der medizinischen Geräte geregelt ist.

    Diese vertraglichen Regelungen entsprechen auch den wirtschaftlichen Gegebenheiten. Denn die Gemeinschaftspraxis und nicht die Praxisgemeinschaft war Mieterin der Praxisräume, Leasingnehmerin der medizinischen Geräte, Eigentümerin des Inventars und Arbeitgeberin des nichtärztlichen Personals der Praxis. Nur sie hatte das Nutzungsrecht über die Räume, Geräte und Inventar bzw. das Direktionsrecht gegenüber dem nichtärztlichen Personal.
    Entsprechend schuldete Dr.G den auf ihn entfallenden Anteil der Kosten nicht der Praxisgemeinschaft, sondern der Gemeinschaftspraxis.

    2. Die Leistung der Gemeinschaftspraxis ist nicht nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG umsatzsteuerfrei. Nach dieser Vorschrift in der für das Streitjahr geltenden Fassung sind Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt steuerfrei.

    Zu den umsatzsteuerfreien Heilbehandlungen gehören Tätigkeiten, die zum Zwecke der Diagnose, der Behandlung und - soweit möglich - der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen für bestimmte Patienten ausgeführt werden. Die entgeltliche Überlassung medizinischer Geräte, von Praxisräumen oder von Personal fällt nicht darunter.

    Die Leistungen der Klägerin sind auch nicht nach § 4 Nr. 14 Satz 2 UStG steuerfrei. Danach sind auch sonstige Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Ärzte sind, gegenüber ihren Mitgliedern steuerfrei, soweit diese Leistungen unmittelbar zur Ausführung einer Heilbehandlung dienen.

    Die Voraussetzungen dieser Befreiungsvorschrift sind nicht erfüllt, da der Kläger zwar Mitglied der Praxisgemeinschaft, nicht jedoch der Klägerin ist, die die Leistungen erbracht hat. Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt kommt nicht in Betracht (vgl. BFH-Beschluss vom 24.09.2004 V B 177/02, BFH/NV 2005, 258).

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -.