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  • 16.03.2007

    Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 24.08.2006 – 1 K 30035/02

    Ein niedergelassener Zahnarzt, der einen einzigen weiteren approbierten Zahnarzt beschäftigt, kann noch eigenverantwortlich i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG tätig sein. Das Berufsbild, welches vor allem durch das Erscheinungsbild der Betätigung nach außen geprägt wird, ist maßgebend für die Beurteilung, ob ein Freiberufler noch eigenverantwortlich tätig wird (Ausführungen zum Berufsbild eines niedergelassenen Arztes/Zahnarztes; Abgrenzung zum Laborarzt).


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt – 1. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. August 2006 durch den Präsidenten des Finanzgerichts … als Vorsitzenden, die Richterin am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht …, die ehrenamtliche Richterin … den ehrenamtlichen Richter …

    für Recht erkannt:

    Die Gewerbesteuermessbescheide 1995 bis 1997 vom 29. September 2000 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 20. Dezember 2001 werden aufgehoben.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Tatbestand

    Der Kläger wehrt sich gegen die Qualifikation seiner zahnärztlichen Tätigkeit als gewerblich.

    Er ist seit 1991 als Zahnarzt in der Ortschaft tätig. Einen weiteren Zahnarzt gibt es in nicht. Vom 01. März 1993 bis zum 28. Feb. 1995 war als Ausbildungsassistent bei ihm beschäftigt, vom 01. März 1995 bis zum 30. Nov. 1997 – in dem streitigen Zeitraum – als approbierter Zahnarzt. Gestaltet war dies als Arbeitsverhältnis; entsprechend wurde Lohnsteuer abgeführt. In der Folgezeit hatte der Kläger weitere angehende Zahnärzte als Ausbildungsassistenten beschäftigt, jedoch nicht mehr als approbierte Zahnärzte. Die Weiterbeschäftigung des nach dessen Zeit als Ausbildungsassistent beruhte auf Schwierigkeiten, die dieser bei der Gründung einer eigenen Praxis hatte.

    Die Arbeitszeiten des folgten den Öffnungszeiten der Praxis und damit denen des Klägers. Der Patient hatte die Wahl, ob er sich von dem Kläger oder von behandeln lassen wollte. war befugt, die Patienten selbst zu untersuchen, Befunde zu erheben, Heil- und Kostenpläne zu erstellen, abzuzeichnen und entsprechend zu behandeln, und führte dies auch selbständig durch. Der Kläger kontrollierte die Befunderhebung und die Behandlung in einzelnen, schwierigeren Fällen.

    Eine bei dem Kläger im Jahre 2000 durchgeführte Betriebsprüfung kam zu der Auffassung, wegen der Beschäftigung eines weiteren, Behandlungen teilweise selbständig durchführenden Berufsträgers habe der Kläger keine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit nach § 18 EStG, sondern gewerbliche Einkünfte nach § 15 EStG erzielt.

    Dem folgend setzte der Beklagte mit Bescheiden vom 29. September 2000 Gewerbesteuermessbeträge von

    DM 4.160 für 1995

    DM 10.955 für 1996 und

    DM 7.815 für 1997

    fest. Hiergegen richtete sich der am 11. Oktober 2000 eingegangene Einspruch, der erfolglos blieb. Gegen den Einspruchsbescheid vom 20. Dezember 2001 richtet sich die am 18. Januar 2002 eingegangene Klage.

    Der Kläger ist der Auffassung, er habe Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielt.

    Er sei zahnärztlich tätig gewesen. Eine Umqualifikation in gewerbliche Einkünfte sei nur möglich, wenn er sich

    der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bediene und

    deshalb nicht mehr auf Grund von eigenen Fachkenntnissen leitend und eigenverantwortlich tätig sei.

    Es fehle schon an der Voraussetzung zu a. Abgesehen davon, dass nicht mehrere, sondern nur eine fachlich vorgebildete Person bei ihm tätig gewesen sei, was die Umqualifikation schon grundsätzlich in Frage stelle, habe er sich nicht der „Mithilfe” eines Dritten im Sinne der Vorschrift bedient, da … eigenständig gearbeitet habe. Er habe deshalb keine „Arbeitskraft” beschäftigt. Die Merkmale des § 1 Abs. 1 LStDV seien nicht erfüllt.

    … habe eine selbständige Tätigkeit frei von Weisungen ausgeübt; nur eine solche Gestaltung sei auch standesrechtlich zulässig. Tatsächlich liege daher kein Arbeitsverhältnis vor, sondern, was maßgebend sei, eine gesellschaftsrechtliche Rechtsbeziehung, bei der der vermeintliche Arbeitslohn als feste Gewinnzuweisung qualifiziert werden müsse.

    Soweit es die Eigenverantwortung des Klägers betreffe – die Voraussetzung zu b. –, seien seine Auskünfte von berufsständischer Sicht geprägt gewesen und ließen nur bedingt Schlüsse auf die steuerrechtliche Beurteilung zu. Bei nur einem weiteren Berufsträger sei es dem Betriebsinhaber durchaus möglich, diesen laufend zu überprüfen und dessen Tätigkeiten zu überschauen; tatsächlich sei … auch nicht völlig eigenständig tätig geworden. Den meisten Arbeiten habe der Praxisinhaber durch seine fachliche Einschaltung und seine intensiven Gespräche mit … über dessen Arbeiten durchaus noch „seinen Stempel” aufdrücken können. Auch bei der Abrechnung der ärztlichen Leistungen, in allen Schriftstücken, in der einheitlich geführten Patientenkartei und im Erscheinungsbild der Praxis gegenüber den Patienten trete der Praxisinhaber in Erscheinung, so dass die Arbeiten von … dem Betriebsinhaber zuzuordnen seien. Allein die Überlassung standardisierter Behandlungsmethoden und die Anwendung technisch vereinfachter Verfahren an einen qualifizierten Mitarbeiter müsse nicht die Aufgabe der Eigenständigkeit zur Folge haben.

    Weiter gehe auch das Vertragsarztrecht davon aus, dass ein Zahnarzt einen anderen Zahnarzt anstellen dürfe, ohne dass er damit gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung und der freiberuflichen, selbständigen und eigenverantwortlichen Tätigkeit verstoße. Nach der Berufsordnung sei auch der angestellte Arzt eigenverantwortlich tätig, während er nach dem Anstellungsvertrag unter der persönlichen Aufsicht des Praxisinhabers stehe, der letztlich die medizinische Verantwortung trage. Die Kontrolle des angestellten Arztes sei nicht beliebig, sondern Ausfluss gesetzlich verankerter Verantwortlichkeit. Nach dem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung sei es sachgerecht, eine Tätigkeit, die im Vertragsarztrecht als freiberuflich qualifiziert werde, im Steuerrecht ebenso zu behandeln.

    Die Umqualifikation des Beklagten widerspreche schließlich auch dem Gesamtbild der Verhältnisse. Er, der Kläger, sei „echter” Zahnarzt geblieben und sei als einziger Zahnarzt in … auch, wie er in der mündlichen Verhandlung ausführte, gewissermaßen „Platzhirsch” am Orte. Die bisherigen Entscheidungen des BFH über die Umqualifikation ärztlicher Tätigkeiten beträfen Großlabore, bei denen die ärztliche Tätigkeit in den Hintergrund trete. Auch Entscheidungen über die Tätigkeit der Krankenpflegedienste seien nicht übertragbar.

    Der Kläger beantragt,

    die Gewerbesteuermessbescheide 1995 bis 1997 vom 29. September 2000 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 20. Dezember 2001 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte meint, der Kläger erziele Einkünfte aus Gewerbebetrieb, soweit der angestellte Zahnarzt … tätig geworden sei.

    Merkmale freiberuflicher Tätigkeit seien die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Freiberuflers. Auch bei Mitarbeit fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte müsse der Berufsträger weiterhin leitend und eigenverantwortlich tätig sein. Ersteres sei zu bejahen, letzteres zu verneinen.

    Gegenstand eigenverantwortlicher Tätigkeit sei das eigene Werk bzw. die eigene Dienstleistung, für das/ die der Steuerpflichtige die bürgerlich-rechtliche und vor allem auch die fachliche und persönliche Verantwortung trage. Dabei genüge Verantwortung nach außen nicht. Vielmehr müsse die Ausführung jeden einzelnen Auftrages ihm selbst und nicht dem qualifizierten Mitarbeiter, technischen Hilfsmitteln oder dem Unternehmen als Ganzem zuzuordnen sein. Er müsse so an der praktischen Arbeit beteiligt sein, dass er die von ihm persönlich erwartete Arbeit erbringen könne.

    Bei einem Arzt bedeute das, dass er eine persönliche Untersuchung zu dem Zeitpunkt vornehmen müsse, in dem die Behandlung noch zu beeinflussen sei. Andernfalls sei die erforderliche persönliche Verantwortung unmöglich. Wie in einer Gemeinschaftspraxis üblich, habe der Kläger hier nur Kontrolle in Einzelfällen ausgeübt. Das genüge nicht. Die eigenständige Behandlung durch … zeige sich auch an den von ihm unterzeichneten Heil- und Kostenplänen. Die einheitliche Patientenkartei habe nur Bedeutung für die Abrechnung, treffe aber keine Aussage über die praktische Arbeit.

    Wenn der Kläger argumentiere, … sei – wie berufsrechtlich geboten – frei und eigenverantwortlich tätig geworden, so könne nicht gleichzeitig der Kläger als Berufsträger in Bezug auf dieselbe Behandlung eigenverantwortlich tätig geworden sein. Für die Annahme, es habe tatsächlich kein Arbeitsverhältnis, sondern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und damit eine Praxisgemeinschaft vorgelegen, bestünden keine Anhaltspunkte. Es habe einen Arbeitsvertrag gegeben, wenn dieser auch nicht auffindbar sei. Nach außen sei keine Praxisgemeinschaft aufgetreten. Die von Klägerseite angeführte feste Gewinnzuweisung sei mangels Vertrages nicht nachvollziehbar.

    Dem Gericht haben ein Auszug der Betriebsprüfungsakte und die Einspruchsheftung vorgelegen.

    Entscheidungsgründe

    I.

    Die Klage ist zulässig und begründet.

    Die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1, 2 Gewerbesteuergesetz – GewStG unterliegt der Gewerbesteuer das im Inland betriebene gewerbliche Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes – EStG –, mithin das Unternehmen, das Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG erzielt. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG liegt ein Gewerbebetrieb unter anderem dann nicht vor, wenn die Betätigung als Ausübung eines freien Berufs oder als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, 2 EStG wiederum sind Einkünfte aus selbständiger Arbeit unter anderem die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, zu der auch die selbständige Berufstätigkeit der Zahnärzte gehört.

    Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG wiederum ist ein Angehöriger eines freien Berufs im Sinne der Sätze 1 und 2 auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Dies war hier der Fall.

    1. Unter den verschiedenen höchstrichterlichen Entscheidungen zu der Abgrenzung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit im Umfeld ärztlicher und pflegerischer Berufe ist im Anschluss an das Urteil vom 01. Februar 1990 (IV R 140/ 88, BStBl. 1990 II 507) und in dessen inhaltlicher Fortsetzung das Urteil des BFH vom 21. März 1995 (XI R 85/ 93, BStBl. 1995 II 732; bestätigt unter anderem durch Beschluss vom 31. August 2005, IV B 205/ 03, BFH/ NV 2006, 48) von grundlegender Bedeutung.

    Streitig war die Qualifikation der Einkünfte eines Facharztes für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, gleichzeitig Biochemiker, der mit erheblichem finanziellem Aufwand und persönlichem Arbeitseinsatz ein Labor errichtet hatte, in dem er mit 50 bis 55 Arbeitnehmern (medizinisch-technische Assistentinnen, kein Facharzt) pro Jahr etwa 160.000 Untersuchungen und ca. 1.450 Einzeluntersuchungen täglich erledigte. Nach Auffassung des BFH handelte es sich um einen Gewerbebetrieb:

    Wesentliches Merkmal der freiberuflichen Tätigkeit sei die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung, auch bei Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte. Dem historisch gewachsenen Begriff des freien Berufes entsprechend fordere das unmittelbaren persönlichen Einsatz des Berufsträgers bei der Bewältigung der ihm übertragenen Aufgaben. Im Gesetzgebungsverfahren habe man zunächst noch zur Klarstellung in § 18 EStG einen weiteren Satz einfügen wollen, demzufolge eine freiberufliche Tätigkeit nicht vorliege, wenn nach dem Gesamtbild der Berufstätigkeit eine eigenverantwortliche fachliche Leitung nicht mehr gewährleistet sei. Davon habe man Abstand genommen, weil nach Auffassung des Finanzausschusses das Kriterium „Gesamtbild der Berufstätigkeit” schon ausreichend berücksichtigt sei.

    Bei dem Merkmal „eigenverantwortlich” genüge Eigenverantwortlichkeit nach außen nicht. Die Ausführung jedes einzelnen Auftrages müsse dem Berufsträger selbst und nicht einem qualifizierten Mitarbeiter, Hilfskräften, technischen Hilfsmitteln oder dem Unternehmen im Ganzen zuzurechnen sein. Bei einem Arzt für Laboratoriumsmedizin trete der das Berufsbild des Arztes prägende „persönliche, individuelle Dienst am Patienten” in den Hintergrund, da er besonders auf technische und persönliche Zuarbeit angewiesen sei.

    Um seine Tätigkeit als eigenverantwortlich zu werten, müsse er jeden einzelnen Untersuchungsauftrag zur Kenntnis nehmen, die Bearbeitung durch die zuständigen Abteilungen sowie die Auswahl und Anwendung der Untersuchungsmethode kontrollieren und die Plausibilität des Ergebnisses (Befunderhebung und Befundauswertung) nachprüfen. Daher hänge die Eigenverantwortlichkeit wesentlich von der Anzahl der Aufträge, nämlich den Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit, ab. Wenn der technische Fortschritt dazu führe, dass die persönliche, individuelle Dienstleistung durch die EDV ersetzt werde, dann handele es sich nicht mehr um die die Ausübung des freien Berufs prägende eigenverantwortliche Tätigkeit, mit der der Arzt dem einzelnen Auftrag „den Stempel seiner persönlichen Arbeit aufdrücken” könne.

    2. Der Beklagte hat den in dem letzten Absatz wiedergegebenen Umfang der Beteiligung des Praxisinhabers an jedem einzelnen Auftrag von der Erteilung des Untersuchungsauftrages bis hin zur Überprüfung des Ergebnisses wörtlich zutreffend wiedergegeben und auch zutreffend festgestellt, dass dieser Umfang hier nicht gegeben ist.

    Das hat letztlich auch der Kläger nicht bestritten. Auch wenn in mehr oder minder umfassender Weise mit dem Kläger über Behandlungen sprach, hat er doch mindestens Teile der zahnärztlichen Arbeit selbständig vorgenommen, so dass der Kläger, der zeitgleich seiner eigenen Arbeit nachging, schon deswegen nicht mehr in jedem (auch leichten) Einzelfall die Entscheidung über die Behandlung als solche und deren Ausführung kontrollieren konnte.

    Soweit der Kläger Ausführungen über die Zurechnung der zahnärztlichen Tätigkeit an ihn und seine Verantwortung in Bezug auf die Behandlungen durch … gemacht hat, beziehen diese sich auf eine auch berufsrechtliche Letztverantwortung für die zahnmedizinische Leistung insgesamt. Dass … nicht ohne Aufsicht arbeitete und keinerlei Entscheidung alleine traf, hat der Kläger selbst nicht behauptet.

    3. Der Senat hält es jedoch für falsch, den Begriff „eigenverantwortlich” in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG allgemein über die dargestellte Beteiligung des Arztes an jedem einzelnen Auftrag zu definieren, wie es der Beklagte unternimmt.

    Dies führte bei konsequenter Anwendung zu offensichtlich sachwidrigen Ergebnissen. Nach Überzeugung des Senats würde damit diese Definition in unzulässiger Weise aus ihrem Zusammenhang herausgelöst und die Rechtsprechung des BFH fehlinterpretiert.

    a. Wollte man die in dem genannten Urteil gestellten Anforderungen an die Beteiligung des Arztes an jedem einzelnen Auftrag wörtlich auf alle Ärzte übertragen, wie es der Beklagte unternimmt, so gäbe es kaum noch Ärzte mit Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit. Das entspräche weder den allgemeinen Vorstellungen noch den Wertungen des Gesetzgebers.

    aa. Beschäftigt ein Arzt auch nur einen Mitarbeiter, dessen Tätigkeit über reine Sekretariatsarbeiten oder Hausmeister- und ähnliche Hilfsdienste hinausgeht, sondern einen medizinischen Bezug besitzt, so erzielte er, wäre das Verständnis des Beklagten richtig, bereits deswegen gewerbliche Einkünfte.

    Wenn ein Arzt jeden einzelnen Untersuchungsauftrag zur Kenntnis nimmt, die Bearbeitung, die Auswahl und Anwendung der Untersuchungsmethode kontrolliert und die Plausibilität des Ergebnisses nachprüft, hat er sämtliche Arbeitsschritte der Untersuchung und Behandlung begleitet. Das bedeutet praktisch, dass er seinen Mitarbeiter kaum einen Handgriff selbständig tätigen lassen dürfte, sondern ihn beständig im Auge behalten und überwachen müsste. Abgesehen davon, dass unter solchen Bedingungen die Anstellung eines Mitarbeiters, mit der der Arzt sich eigentlich entlasten will, weitgehend zwecklos wäre, ist eine derartige Verfahrensweise auch gänzlich unüblich.

    Selbst wenn Angestellte nicht selbst Berufsträger sind, sondern Arzt- bzw. Zahnarzthelfer, medizinisch-technische Assistenten oder Angehörige ähnlicher Berufe, erledigen diese einen Teil der in einer Praxis anfallenden Aufgaben eigenständig. Sie tun das selbstverständlich auch in eigener Verantwortung, stehen nämlich für ihre Arbeit persönlich gerade. In aller Regel verrichtet derartiges Personal vielfältige medizinische Hilfsdienste, ohne während dieser Arbeiten beständig von dem meist in einem anderen Behandlungsraum befindlichen Arzt oder Zahnarzt überwacht zu werden. Zu diesen Hilfsdiensten gehören beispielsweise die Blutdruckmessung, die Blutabnahme, biochemische und bakteriologische Untersuchungen von Blutproben, Gewebeproben, mit technischen Hilfsmitteln vorzunehmende Überprüfungen der Augen, der Lungenfunktion, des Hörvermögens, Allergietests, Röntgenaufnahmen und dergleichen mehr.

    All diese Maßnahmen gehören genau genommen zu der angewandten Untersuchungsmethode, die der Arzt nach dem Verständnis des Beklagten kontrollieren müsste. Nimmt der Arzt aber – wie regelmäßig – nur das Ergebnis zur Kenntnis, ist das keine Kontrolle in jedem Einzelfall. Wenn die Beschäftigung eines Mitarbeiters ihm eine nennenswerte Entlastung und Hilfe sein soll, muss er sich grundsätzlich auf diese Zuarbeiten verlassen können und kann lediglich stichprobenartig Kontrollen vornehmen. In der Praxis erwartet niemand, dass der behandelnde Arzt diese begleitenden Maßnahmen in allen Schritten verfolgt und begleitet; das geschieht auch nicht.

    Wenn aber bereits die allgemein übliche Beschäftigung von Arzthelfern dazu führte, dass der Arzt gewerbliche Einkünfte erzielt, hätte fast jeder Arzt nur noch gewerbliche Einkünfte. Das wäre ein merkwürdiges Ergebnis. Davon geht, soweit der Senat dies zu übersehen vermag, die Finanzverwaltung auch selbst nicht aus; es wäre aber bei durchgängiger Anwendung der von dem Beklagten angesetzten Maßstäbe nur folgerichtig.

    bb.

    Auch § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG verbietet dem Arzt nicht jede Beschäftigung von Angestellten. Das Gegenteil ist der Fall.

    Wenn die Vorschrift klarstellt, dass die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte unschädlich sein soll, muss sie davon ausgehen, dass auch die dort beispielhaft aufgezählten Freiberufler, zu denen auch Ärzte und Zahnärzte gehören, Arbeitskräfte beschäftigen können und gleichwohl Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielen. Fachlich vorgebildete Arbeitskräfte einzustellen, ist aber nur dann sinnvoll, wenn diese Arbeitskräfte auch fachliche Arbeiten selbständig erledigen können. Das sind gerade diejenigen Arbeiten, die zum medizinischen Tätigkeitsspektrum des Arztes gehören und für die er die medizinische Verantwortung trägt. Wenn er diese Arbeiten so engmaschig kontrollierte, wie er es nach dem Verständnis des Beklagten müsste, um weiterhin eigenverantwortlich tätig zu sein, verbrächte er einen erheblichen Teil seiner eigenen Arbeitszeit mit der Kontrolle dieser Arbeit, könnte sie statt dessen auch selbst erledigen und sich so die Anstellung (er)sparen.

    Wenn mithin das Verständnis des Beklagten richtig wäre, so führte bereits die Einstellung einer Arzthelferin als fachlich vorgebildeter Arbeitskraft und eine sinnvolle Delegation einzelner Arbeiten zur Gewerblichkeit, so dass § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG sich selbst seinen Anwendungsbereich genommen hätte. Das kann keine zutreffende Auslegung des Gesetzes sein.

    Dem ließe sich allenfalls entgegenhalten, dass § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG zwar die Beschäftigung fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte zulasse, aber nicht von weiteren Berufsträgern, weil diese schon aus standesrechtlichen Gründen im Zweifel größere Selbständigkeit besitzen als ein nichtärztlicher Angestellter. Eine derartiges einengendes Verständnis von „fachlich vorgebildeter Arbeitskraft” vermag der Senat allerdings weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung zu entnehmen.

    b. Nicht zuletzt aus diesen Gründen geht der Senat davon aus, dass die Anforderung an die Beteiligung des Arztes an jedem einzelnen Auftrag, die der BFH anlässlich eines Laboratoriumsarztes zur Definition des Begriffes der Eigenverantwortlichkeit entwickelt hat, nur vor dem Hintergrund derartiger atypischer ärztlicher Tätigkeiten zu verstehen ist und auch nur für solche Geltung beansprucht. Damit löst sich auch das Problem auf, wie Ärzte überhaupt noch Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit haben können.

    Hier geht es um die Frage, ob ein Berufsträger, der einen einzigen weiteren Berufsträger beschäftigt, noch eigenverantwortlich tätig ist. Das Berufsbild eines solchen niedergelassenen Arztes oder Zahnarztes ist ein gänzlich anderes als das des Betreibers eines Großlabors. Dieses Berufsbild ist maßgebend für die Beurteilung, ob der Freiberufler noch eigenverantwortlich tätig wird.

    aa.

    Auch die Ausführungen des BFH kreisen immer wieder um die Frage des Berufsbildes; es ist Leitgedanke für alle weiteren Überlegungen.

    Der BFH geht von einem historisch gewachsenen Begriff der freiberuflichen Tätigkeit aus und umschreibt diesen mit dem unmittelbaren persönlichen Einsatz, dem persönlichen Dienst am Patienten, der den „Stempel der persönlichen Arbeit” trage und auf Grund dessen der Arzt die persönliche, individuelle Verantwortung für seine fachliche Leistung trage. Dies alles präge das Berufsbild des Arztes- und trete bei einem Facharzt für Laboratoriumsmedizin in den Hintergrund. Letztlich entscheidet danach nicht die Einordnung und Durchführung einzelner medizinischer Maßnahmen, sondern das gewachsene Berufsbild des Arztes über die Einstufung seiner Tätigkeit als freiberuflich oder gewerblich.

    Der unmittelbare persönliche Dienst am Patienten, der eigentlich das Berufsbild des Arztes oder Zahnarztes prägt, fehlt ohne Zweifel bei dem Betreiber eines hochtechnisierten Großlabors, um das es in dem seinerzeit entschiedenen Fall ging. Der Betriebsinhaber war oder ist unter anderem Facharzt für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie und hatte damit bereits Facharztqualifikationen, von denen wenigstens die ersten beiden einen Schwerpunkt auf der wissenschaftlichen Hintergrundarbeit der Medizin haben. Dem entsprechend hatte der Steuerpflichtige eine weitere Qualifikation als Biochemiker. Alle drei Facharztbereiche weisen einen engen Bezug zur Biochemie auf. In seinem Betrieb standen nicht persönliche Dienstleistungen im Vordergrund. Es handelte sich in der Sache um einen auf Zuarbeit zu der eigentlichen Patientenbehandlung spezialisierten biochemischen Betrieb, dessen technische Prozesse zahlreiche Mitarbeiter, die medizinisch-technischen Assistenten, unterstützten und bedienten. Kaum ein Patient besucht einen derartigen Betrieb oder nimmt gar persönlichen Kontakt mit dem Betriebsinhaber auf, um ihm, wie es der klassischen Vorstellung eines Arztes entspricht, seine gesundheitlichen Probleme anzuvertrauen.

    Folgerichtig hat auch der BFH seine Anforderungen an die Beteiligung des Arztes an jedem einzelnen Auftrag nach den einleitenden Worten „bei einem Facharzt für Laboratoriumsmedizin” formuliert. Wenn er dort hohe (praktisch kaum erfüllbare) Anforderungen an die Freiberuflichkeit stellt, sieht der Senat darin einen Ausfluss des Umstandes, dass ein solcher Arzt grundsätzlich nicht dem Berufsbild des freiberuflichen Arztes entspricht und deswegen Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nur in Ausnahmefällen, im Zweifel hingegen nicht erzielen kann. Im Verhältnis zu dem „normalen” niedergelassenen Arzt muss deshalb bei Laborärzten und ähnlichen atypisch tätigen Ärzten ein umgekehrtes Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Selbständigkeit und Gewerblichkeit bestehen.

    Das bedeutet, dass die Anforderungen an die Eigenverantwortlichkeit unter dem beherrschenden Begriff „Berufsbild” stehen. Das Berufsbild ist deshalb eigentlich maßgebendes Kriterium für die Frage, ob der Steuerpflichtige selbständig oder gewerblich tätig ist. Das Merkmal „eigenverantwortlich” ist im Lichte dieses Berufsbildes zu interpretieren; die weiteren zur Definition von „eigenverantwortlich” herangezogenen Umschreibungen wie „Zurechnung jeden Auftrages” oder „Stempel der persönlichen Arbeit” sind ebenfalls im Lichte des Berufsbildes zu verstehen.

    Dem Senat ist bewusst, dass Begriffe wie „Berufsbild” klaren Abgrenzungen nur bedingt zugänglich sind, was die praktische Rechtsanwendung erschwert. Dieses Problem ist allen Definitionen eigen, die sich auf historisch gewachsene Begriffe und damit vor allem auf das wenig griffige allgemeine Erfahrungs- und auch Vorurteilsspektrum des Rechtsanwenders stützen. Es ist aber bei einer Vorschrift wie § 18 EStG und der Folgefrage der Gewerbesteuerpflicht, die ihrerseits ihre innere Rechtfertigung vor allem in historisch gewachsenen Vorstellungen findet, unvermeidbar. Das Berufsbild beherrscht im übrigen auch die Frage, welche Berufe „ähnliche Berufe” im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG sind. Der Senat sieht sich dadurch in der Auffassung bestärkt, dass das Berufsbild des Freiberuflers über allen Tatbestandsmerkmalen des § 18 EStG schwebt und diese Merkmale seinerseits prägt und ausfüllt.

    bb.

    Konkret bedeutet das folgendes:

    Das Berufsbild des selbständigen, niedergelassenen Arztes ist vor allem durch Größe und Organisation der Praxis bestimmt. Der Praxisinhaber muss Bezugsperson und Anlaufstelle des Patienten bleiben. Im Bewusstsein des Patienten muss eine bestimmte Praxis einem bestimmten Arzt oder bei einer Gemeinschaftspraxis mehreren Ärzten gleichermaßen zugeordnet sein. Es muss dem Patienten ohne nähere Überlegung bewusst und eingängig sein, dass der Praxisinhaber der eigentliche Ansprechpartner ist, dass dieser für die medizinische Betreuung grundsätzlich immer zur Verfügung steht, auch dann, wenn er den einen oder anderen – nachgeordneten – Helfer in der Praxis hat, der ihm die ein oder andere Arbeit abnimmt. Dann wird der Patient alle in der Praxis erbrachten Leistungen, auch dann, wenn ein Mitarbeiter die konkrete Arbeit geleistet hat, ohne weiteres dem Praxisinhaber zurechnen und diesen positiv wie negativ für diese Arbeit persönlich zur Verantwortung ziehen. Der Praxisinhaber auf der anderen Seite, der das weiß, trägt deshalb schon im Eigeninteresse dafür Sorge, dass alle medizinischen Leistungen in seiner Praxis, sofern inhaltlich überhaupt Spielräume bestehen, nach seinen eigenen medizinischen und berufsethischen Grundsätzen durchgeführt werden.

    Anders läge es, wenn sich die Bindung des Patienten an den betreffenden Arzt als Bezugsperson löste. Wenn die typische Vertrauensstellung des niedergelassenen Arztes von dem Praxisinhaber auf einen Angestellten übergeht, wenn in der Vorstellung des Patienten die Behandlung nicht mehr in der Praxis des Inhabers, sondern von einem anderen Arzt ausgeübt und vor allem medizinisch verantwortet wird, wird die medizinische Leistung in der Praxis nicht mehr dem Praxisinhaber, sondern dem anderen Arzt zugeschrieben. Das geschieht unweigerlich, wenn die Praxis zu groß wird und sich dadurch Patientenkreise um diese anderen Ärzte herum verselbständigen.

    So lange allerdings aus Sicht der Patienten alles, was in der Praxis geschieht, in der Praxis des Praxisinhabers erledigt wird, so lange im Sprachgebrauch des Patienten das Aufsuchen des Praxisinhabers synonym für das Aufsuchen der betreffenden Praxis gebraucht wird, so lange sind im Vorstellungsbild des Patienten alle anderen Personen, die in der Praxis tätig sind, nur Helfer des Praxisinhabers und arbeiten nach dessen Geist und Stil. Das gilt auch dann, wenn ein anderer Arzt die Behandlung tatsächlich praktisch erledigt, aber aus dem Blickwinkel des Patienten gegenüber der führenden Position des Praxisinhabers im Status untergeordnet ist. Das wiederum tritt typischerweise zum einen bei erheblichen Altersdifferenzen, zum anderen bei nur vorübergehenden Beschäftigungsverhältnissen auf. In beiden Fällen treten gegenüber dem Patienten nicht mehrere Ärzte wie gleichberechtigte Partner in Erscheinung, sondern der die Praxis dominierende Inhaber und ein ihm zur Hand gehender Mitarbeiter. Das ist gänzlich unabhängig davon, inwieweit Standesrecht Weisungen erlauben kann und inwieweit in der praktischen Arbeit tatsächlich ein Weisungs- und Abhängigkeitsverhältnis besteht. Für das Berufsbild ist, wie der Wortbestandteil „Bild” anschaulich macht, vor allem das Erscheinungsbild der Betätigung nach außen maßgebend.

    Wenn in dieser Weise die Praxis nach außen mit dem Praxisinhaber identifiziert wird, bleibt der Praxisinhaber nicht nur zivilrechtlich, sondern auch gesellschaftlich und moralisch in der persönlichen Verantwortung gegenüber dem Patienten. Das ist wesentliches Element des historisch gewachsenen Berufsbildes des selbständigen, niedergelassenen Arztes. Unter diesen Umständen rechnet der Patient jede Behandlung dem Praxisinhaber zu. Sie trägt auch den „Stempel der persönlichen Arbeit” des Praxisinhabers, weil sie nach allgemeiner Vorstellung in dessen Sinn erfolgt. Damit ist den beiden typischen Merkmalen der Eigenverantwortlichkeit Rechnung getragen. Wenn der Praxisinhaber in der dargestellten Weise Bezugsperson des Patienten ist, so geht die daraus resultierende persönliche Verantwortung für die in der Praxis erbrachten Leistungen erheblich weiter als die schlichte, vornehmlich in zivilrechtlicher Haftung bestehende, Verantwortung nach außen, die für die Begründung freiberuflicher Tätigkeit nicht genügt.

    4.

    Mit dieser Maßgabe ist der Kläger trotz der Beschäftigung eines weiteren approbierten

    Zahnarztes Freiberufler geblieben.

    a.

    Das gilt allerdings unabhängig davon, ob ein Arbeitsverhältnis mit im Sinne von§ 1 LStDV bestand, wofür indes das meiste spricht. Es war unstreitig ein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden. Abgesehen davon, dass standesrechtliche Vorschriften keinen Beweis dafür erbringen, wie es sich tatsächlich verhielt, dürfte aber auch die standes-rechtlich gebotene Eigenverantwortung des Arztes dem Angestelltenverhältnis nicht entgegenstehen. Fachliche Selbständigkeit und Weisungsgebundenheit im geschäftlichen Organismus schließen sich nicht aus. Wenn, wovon der Senat ausgeht, ein gewisses bzw. das standesrechtlich gebotene Maß an Selbständigkeit des Beschäftigten noch nicht zwingend bei dem Praxisinhaber zu gewerblichen Einkünften führt, führt es deshalb auch nicht zwingend zum Misserfolg der Klage, wenn Arbeitskraft im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG war.

    b.

    In der Sache bestehen keine Zweifel, dass die Einwohner der Gemeinde und ggf. der umliegenden Ortschaften die einzige Zahnarztpraxis vor Ort auch in den Streitjahren lediglich als Praxis des Klägers verstanden haben und in ihrem Vorstellungsbild bei zahnärztlichem Behandlungsbedarf den Kläger und nicht etwa aufgesucht haben, auch wenn die konkrete Arbeit allein erledigte. Er erschien unabhängig von seiner Approbation und seiner persönlichen Qualifikation lediglich als Helfer des Klägers.

    Der Senat schließt das vor allem aus der Aufgabenverteilung. Weil einfache Behandlungen in einer lokal gebundenen Praxis ohne Spezialisierung naturgemäß den größten Anteil der Arbeit ausmachen, war es ohne weiteres möglich, damit einen Arbeitstag eines angestellten Zahnarztes zu füllen. Bei komplizierteren Angelegenheiten hat aber – dies ist unstreitig – den Kläger hinzugezogen. Der Kläger stand mithin für wirkliche oder vermeintliche Schwierigkeiten, die entweder oder der Patient sah, stets im Hintergrund zur Verfügung. Eine derartige Zuständigkeitsverteilung zwischen Arbeiten geringeren und höheren Schwierigkeitsgrades führt zwingend zu einer vorrangigen und die des anderen überlagernden Stellung und Verantwortung desjenigen, der die problematischeren Aufgaben wahrzunehmen hat. Weil jeder Patient diese Vorrangstellung des Klägers kannte, bedeutet das gleichzeitig, dass er ihm persönlich die zahnmedizinische Gesamtleistung einschließlich der von T erbrachten Leistungen zurechnete.

    Die Identifikation der Praxis mit dem Kläger allein folgt außerdem aus dem Umstand, dass die Beschäftigung des lediglich vorübergehender Natur war und außerdem aus einer Assistentenzeit heraus entstanden war. Es steht fest, dass in einem derartigen Ausbildungsverhältnis alle Arbeiten in der Praxis dem Inhaber allein zugerechnet werden, zumal der Ausbildungsassistent Behandlungen nicht selbständig durchführt. Auch bei einem Übergang von dem Ausbildungsverhältnis in ein Beschäftigungsverhältnis mit formal erheblich größerer Selbständigkeit ändert sich das Bild, das die Praxis nach außen abgibt, nicht sofort, wie auch die praktischen Kenntnisse und Fertigkeiten des jungen Zahnarztes nicht sprunghaft, sondern nach und nach wachsen. Zunächst bleibt der vormalige Ausbildungsassistent in der Vorstellung aller Beteiligten ein Helfer des Praxisinhabers, der nur allmählich in größere Eigenständigkeit und Selbständigkeit hineinwachsen kann und an dessen größere Selbständigkeit sich die Patienten auch erst gewöhnen müssen. Ein Zeitraum von zwei Jahren nach Beendigung der Ausbildungszeit ist zu kurz, um nach außen hin einen hinreichend unabhängigen Stand zu erlangen, der die Identifikation der Praxis mit der Person des Praxisinhabers allein in Frage stellte. Wie es sich verhalten hätte, wenn das Beschäftigungsverhältnis erheblich länger gedauert hätte, kann dahinstehen.

    Die örtlichen Verhältnisse schließlich stützen diese Feststellungen: Der Kläger betrieb die einzige Zahnarztpraxis in einer ländlich geprägten Gemeinde, die am 31. Dezember 2005 gerade 1.856 Einwohner aufwies. In einem derartigen sozialen Gefüge genießt ein bei dem örtlich ansässigen Zahnarzt angestellter junger Zahnarzt unabhängig von seinen tatsächlichen Leistungen gerade bei den Alteingesessenen besonders wenig Respekt und wird im allgemeinen erst nach vergleichsweise langer Zeit als vollwertiger Zahnarzt akzeptiert. Bis dahin schreibt die örtliche Bevölkerung alle zahnmedizinischen Leistungen und Fehlleistungen der Praxis dem Praxisinhaber persönlich zu.

    Insgesamt entsprach der Kläger nach alledem auch in den Streitjahren dem historisch gewachsenen Bild des selbständig tätigen Zahnarztes und erzielte daher keine Einkünfte aus gewerblicher, sondern aus selbständiger Tätigkeit.

    II.

    Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 135 Abs. 1, 151 Abs. 3 FGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 2 ZPO.

    VorschriftenEStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3, GewStG § 2 Abs. 1 S. 1, GewStG § 2 Abs. 1 S. 2, EStG § 15 Abs. 2, EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, LStDV § 1