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  • 14.12.2001 · IWW-Abrufnummer 011518

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 19.10.2001 – VI R 131/00

    Mietet der Arbeitgeber einen Raum als Außendienst-Mitarbeiterbüro von seinem Arbeitnehmer an, sind die Mietzahlungen dann nicht dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen, wenn der Arbeitgeber gleichlautende Mietverträge auch mit fremden Dritten abschließt und die Anmietung des Raumes im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt. Dieses ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer über keinen weiteren Arbeitsplatz in einer Betriebsstätte des Arbeitgebers verfügt.


    Gründe:

    I.

    Streitig ist die lohnsteuerliche Behandlung der Zahlungen, die die L-GmbH (Klägerin und Revisionsklägerin --Klägerin--) an einzelne Arbeitnehmer dafür erbracht hat, dass diese der Klägerin Räume vermietet haben, die als Außendienst-Mitarbeiterbüros genutzt wurden.

    Die Klägerin ist eine regional tätige Steuerberatungsgesellschaft mit ca. 250 Arbeitnehmern. Um eine Betreuung ihrer Mandanten vor Ort gewährleisten zu können, hat die Klägerin bereits seit Mitte der 70er-Jahre u.a. von ihren Arbeitnehmern Räume angemietet, in denen die Klägerin Außendienst-Mitarbeiterbüros eingerichtet hat. In den betreffenden Räumen befinden sich von der Klägerin gestellte Büro- und Einrichtungsgegenstände wie z.B. PC einschließlich sämtlicher Zusatzgeräte, ISDN-Telefon- und Fax-Anschluss, Schreibtisch, Besprechungstisch, Stühle, Regale usw. Ferner werden in diesen Räumen alle Unterlagen über die von dem jeweiligen Arbeitnehmer der Klägerin betreuten Mandanten in Aktenordnern aufbewahrt. Die Miete beträgt unabhängig von Ort, Lage, Ausstattung und Größe der fraglichen 20 bis 25 qm großen Räume einheitlich 200 DM monatlich als Warmmiete, d.h. einschließlich aller Nebenkosten wie Heiz- und Warmwasserkosten, Grundsteuer, umlagefähige Versicherungsprämien, Wasser- und Abwasserkosten, Hausreinigungskosten usw. Die Instandhaltung der vermieteten Räume obliegt dem Vermieter, der auch die Kosten der Schönheitsreparaturen zu tragen hat. Im Innenverhältnis übernimmt die Klägerin als Mieterin "keine öffentlichen Verpflichtungen an dem betroffenen Grundstück". Das Mietverhältnis ist auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann von jedem Teil auf den Schluss eines Kalenderjahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Der Mieterin ist jederzeit zu dem Büroraum, zusammen mit dem Mitarbeiter, der diesen Raum benutzt, Zutritt zu gewähren. Der Mietvertrag enthält keine Koppelung an das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters mit der Klägerin. Die Mieterin darf die Mieträume allerdings nur mit vorheriger Zustimmung des Vermieters untervermieten. Dasselbe gilt für eine Gebrauchsüberlassung an dritte Personen, auch soweit kein Untermietverhältnis gegründet wird. Hinsichtlich der vermieteten als Außendienst-Mitarbeiterbüros genutzte Räume gibt es sechs verschiedene Gruppen von Vermietern, wobei im Folgenden die Zahl der im Januar 2000 bestehenden Mietverhältnisse angegeben ist:

    Fallgruppe 1: Arbeitnehmer der Klägerin als (Allein-)Vermieter (54 Mietverhältnisse),

    Fallgruppe 2: Arbeitnehmer der Klägerin und dessen Ehegatte als Vermieter in den Fällen, in denen Miteigentum der Ehegatten an den vermieteten Räumen besteht (39 Mietverhältnisse),

    Fallgruppe 3: Ehegatte des Arbeitnehmers der Klägerin als Vermieter in den Fällen, in denen die vermieteten Räume im Alleineigentum des Ehegatten stehen (11 Mietverhältnisse),

    Fallgruppe 4: Eltern des Arbeitnehmers der Klägerin als Vermieter (26 Mietverhältnisse),

    Fallgruppe 5: Fremde Dritte als Vermieter (18 Mietverhältnisse),

    Fallgruppe 6: Sonderfälle (16 Mietverhältnisse).

    Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hatte der Klägerin mit Schreiben vom 23. Februar 1995 mitgeteilt, "dass hinsichtlich der Nutzung der Arbeitszimmer Mietverhältnisse begründet wurden. Die hierfür gewährte Vergütung gehört daher nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit". Mit Schreiben vom 21. Juli 1998 hat das FA diese Auskunft widerrufen. Es vertritt nunmehr nach Weisung der vorgesetzten Dienstbehörde die Auffassung, die Mietzahlungen seien nach § 21 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zum steuerpflichtigen Arbeitslohn zu rechnen. Dementsprechend forderte das FA die Klägerin auf, die "Büropauschale" ab dem 1. Januar 1999 in den Fallgruppen 1 bis 3 (Arbeitnehmer, Arbeitnehmer und Ehegatte sowie Ehegatte des Arbeitnehmers als Vermieter) steuerlich als Arbeitslohn zu behandeln. In der Lohnsteuer-Anmeldung für Januar 2000 erfasste die Klägerin entsprechend der Aufforderung des FA in den Fallgruppen 1 bis 3 die Mietzahlungen als Arbeitslohn und unterwarf sie dem Lohnsteuerabzug.

    Der dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren gerichteten Klage hat das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 360 veröffentlichten Gründen teilweise stattgegeben. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus: Aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise stelle die Zahlung der Klägerin von monatlich 200 DM in der Fallgruppe 1 (Arbeitnehmer als Vermieter) keine Miete i.S. des § 21 EStG, sondern eine pauschale, dem Lohnsteuerabzug unterliegende Aufwandsentschädigung für den Einsatz der eigenen Räume für Zwecke des Arbeitgebers dar. Bei der Fallgruppe 2 (Arbeitnehmer und dessen Ehegatte als Vermieter) sei der auf den Arbeitnehmer-Ehegatten entfallende hälftige Teil der Entschädigung für die Benutzung der Mietsache der Lohnsteuer zu unterwerfen. Dagegen könne der Nichtarbeitnehmer-Ehegatte nicht die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 i.V.m. § 19 EStG erfüllen. Deshalb sei die andere Hälfte der Miete bei dem Nichtarbeitnehmer-Ehegatten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Entsprechendes gelte für die Fallgruppe 3 (Arbeitnehmer-Ehegatte als alleiniger Vermieter).

    Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die Mietzahlungen seien nicht nach § 21 Abs. 3 EStG in Arbeitslohnzahlungen umzuqualifizieren. Das Urteil des FG sei insoweit widersprüchlich, als das FG hinsichtlich der Fallgruppe 1 das Vorliegen von Mietverträgen verneint, hinsichtlich der Fallgruppe 2 jedoch in Bezug auf die Nichtarbeitnehmer-Ehegatten eine Vermietung angenommen habe. Folgte man der Auffassung des FG, müsse die Klägerin auf die an ihre Arbeitnehmer gezahlten Mieten Sozialversicherungsbeiträge einbehalten und abführen.

    Ergänzend trägt die Klägerin vor, sie habe die Lohnsteuer für das Jahr 2000 entsprechend der Rechtsauffassung des FA bzw. nach Maßgabe des FG-Urteils abgeführt und ihren Arbeitnehmern entsprechende Lohnbescheinigungen (§ 41b Abs. 1 Satz 2 EStG) erteilt. Hinsichtlich der monatlichen Lohnsteuer-Anmeldungen für das Jahr 2001 habe das FA in Höhe der streitigen Beträge hingegen die Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt.

    Die Klägerin beantragt festzustellen, dass die Lohnsteuer-Anmeldung Januar 2000 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2000 insoweit rechtswidrig ist, als das FA die von der Klägerin an ihre Arbeitnehmer gezahlten Mieten der Lohnsteuer unterworfen hat.

    Das FA beantragt, die Revision aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids als unbegründet zurückzuweisen.

    II.

    Die Revision ist zulässig und begründet.

    1. Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO). Die Erledigung kann auch nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils eingetreten sein (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Juni 1992 VII R 35/90, BFH/NV 1993, 46; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 100 Rz. 59, m.w.N.).

    a) Im Streitfall hat sich die einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehende Lohnsteuer-Anmeldung Januar 2000 während des Revisionsverfahrens erledigt. Die von der Klägerin zunächst beantragte Herabsetzung der sich aus der Lohnsteuer-Anmeldung Januar 2000 ergebenden Lohnsteuer ist infolge Zeitablaufs nicht mehr möglich. Nach § 42b Abs. 3 Satz 1 EStG darf der Arbeitgeber den Lohnsteuer-Jahresausgleich nicht später durchführen als bei der Lohnabrechnung für den Lohnzahlungszeitraum, der im Monat März des dem Ausgleichsjahr folgenden Kalenderjahrs endet. Damit kann die Klägerin hinsichtlich der im Januar 2000 an ihre Arbeitnehmer geleisteten Mietzahlungen, die die Klägerin dem Lohnsteuerabzug unterworfen hat, nach Ablauf des Monats März 2001 keinen Lohnsteuer-Jahresausgleich mehr durchführen. Zudem hat die Klägerin ihren Arbeitnehmern Lohnbescheinigungen (§ 41b Abs. 1 Satz 2 EStG) für das Jahr 2000 erteilt, in denen auch die Lohnsteuer ausgewiesen ist, die die Klägerin auf die Mietzahlungen an ihre Arbeitnehmer einbehalten und an das FA abgeführt hat. Diese Lohnbescheinigungen kann die Klägerin nicht mehr korrigieren. Die Lohnsteuer-Anmeldungsschuld der Klägerin besteht deshalb nach der Erteilung der Lohnbescheinigungen fort (vgl. Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort: Lohnsteuer-Anmeldung Rz. 24, für den Fall der vom Arbeitgeber versehentlich zuviel einbehaltenen, abgeführten und dem Arbeitnehmer bescheinigten Lohnsteuer).

    b) Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Lohnsteuer-Anmeldung Januar 2000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2000 insoweit rechtswidrig ist, als die Klägerin die Mietzahlungen an ihre Arbeitnehmer der Lohnsteuer unterworfen hat. Für das berechtigte Interesse genügt jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1986 VIII R 123/86, BFHE 148, 426, BStBl II 1987, 248; Gräber/ von Groll, a.a.O., § 100 Rz. 60). Es genügt z.B. die Möglichkeit, dass das FA die Meinung, die das Gericht im erledigten Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren bekundet, im anschließenden Veranlagungsverfahren respektiert (BFH-Beschluss vom 1. Dezember 1993 X R 99/91, BFHE 173, 9, BStBl II 1994, 305), sofern der Sachverhalt unverändert bleibt. Ganz allgemein wird Feststellungsinteresse i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO vor allem durch Wiederholungsgefahr indiziert, sofern diese als hinreichend konkret einzuschätzen ist. Die Auffassung, die der erkennende Senat im Streitfall in der Frage vertritt, ob es sich bei den Mietzahlungen um Arbeitslohn handelt, werden die für die Veranlagung der Arbeitnehmer der Klägerin zuständigen Finanzämter voraussichtlich respektieren. Zudem besteht Wiederholungsgefahr. Entsprechend dem finanzgerichtlichen Urteil behandelt die Klägerin in ihren monatlichen Lohnsteuer-Anmeldungen die fraglichen Mietzahlungen als Arbeitslohn, wenn auch das FA insoweit ab Januar 2001 die Vollziehung ausgesetzt hat.

    2. Die Revision ist begründet.

    Die Lohnsteuer-Anmeldung Januar 2000 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2000 ist insoweit rechtswidrig, als darin die Mietzahlungen der Klägerin an die Arbeitnehmer der Lohnsteuer unterworfen worden sind.

    a) Nach § 41a Abs. 1 Satz 1 EStG hat der Arbeitgeber spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums dem FA, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte befindet, eine Steuererklärung einzureichen, in der er die Summe der im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum einzubehaltenden und zu übernehmenden Lohnsteuer angibt. Vom laufenden Arbeitslohn wird die Lohnsteuer jeweils mit dem auf den Lohnzahlungszeitraum fallenden Teilbetrag der Jahreslohnsteuer erhoben, der sich bei Umrechnung des laufenden Arbeitslohns auf einen Jahresarbeitslohn ergibt (§ 38a Abs. 3 Satz 1 EStG). Bei den Zahlungen, die die Klägerin aufgrund von ihr mit ihrem Arbeitnehmern geschlossenen Mietverträge erbracht hat, handelte sich jedoch nicht um Arbeitslohn, sondern um Mietzahlungen i.S. des § 21 EStG, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterlagen.

    b) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 EStG unterliegen der Einkommensteuer die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sind demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand der Einkunftserzielung (= Vermietertätigkeit) erfüllt. Das ist zunächst derjenige, in dessen Namen die Gegenstände vermietet oder verpachtet werden. Die Zahlung muss sich ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach als Gegenleistung für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung des überlassenen Gegenstandes darstellen (Ausnahme § 21 Abs. 1 Nr. 4 EStG).

    c) Nach § 21 Abs. 3 EStG sind Einkünfte der in § 21 Abs. 1 und 2 EStG bezeichneten Art Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören. § 21 EStG gilt damit subsidiär. Vor Anwendung des § 21 EStG ist stehts zu prüfen, ob die Miet- und Pachteinnahmen im Rahmen einer anderen Einkunftsart angefallen sind (vgl. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 20. Aufl., § 21 Rz. 135). § 21 Abs. 3 EStG regelt die Zuordnungsfrage für den Fall, dass die Einkünfte ihrer Art nach mehreren Einkunftsarten unterfallen (vgl. Trzaskalik in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 21 Rdnr. D 29).

    d) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, bei denen nach § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 38a EStG die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben wird (Lohnsteuer), gehören dagegen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Ein Vorteil wird dann für eine Beschäftigung gewährt, wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst ist. Das ist dann der Fall, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird, und wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 25. Mai 2000 VI R 195/98, BFHE 192, 299, BStBl II 2000, 690).

    e) Arbeitslohn liegt dagegen dann nicht vor, wenn eine Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen (z.B. Zinsen aus stehen gelassenem und in ein Darlehen umgewandeltem Lohn; später fällig werdende verzinsliche Gratifikation, BFH-Urteil vom 31. Oktober 1989 VIII R 210/83, BFHE 160, 11, BStBl II 1990, 532) oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bewirkt wird (Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 19 Rz. 29). Auch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer können neben dem Dienstverhältnis gesonderte Rechtsbeziehungen bestehen. Sie sind dann steuerlich grundsätzlich getrennt zu beurteilen. Einkünfte, die auf diesen Rechtsbeziehungen beruhen (z.B. auf einem Mietvertrag) sind der in Betracht kommenden Einkunftsart (§ 2 Abs. 1 EStG) zuzurechnen. Voraussetzung hierzu ist lediglich, dass zu gleichen Bedingungen, unabhängig davon, ob ein Dienstverhältnis besteht, auch mit Dritten ein derartiges Vertragsverhältnis zustande kommt (vgl. Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 19 EStG Anm. 19).

    f) Im Streitfall erweisen sich die Mietzahlungen der Klägerin an ihre Arbeitnehmer auch nicht im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft. Die Klägerin hat die fraglichen Zahlungen an ihre Arbeitnehmer nicht mit Rücksicht auf deren Dienstverhältnisse erbracht, sondern allein im Hinblick auf den jeweiligen zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitnehmer geschlossenen Mietvertrag. In den Fällen in denen die Klägerin die als Außendienst-Mitarbeiterbüros genutzten Räume von fremden Dritten angemietet hat, weil die Arbeitnehmer nicht über geeignete Räume verfügen, erfolgten nur Zahlungen an die jeweiligen Vermieter und nicht an Arbeitnehmer oder diesen nahestehenden Personen.

    g) Die Vorrangregelung des § 21 Abs. 3 EStG greift entgegen der Auffassung des FA nicht ein. Im Streitfall sind die Mietzahlungen der Klägerin an die Arbeitnehmer nicht in Arbeitslohnzahlungen umzuqualifizieren. Die Mietzahlungen erfolgten allein im Hinblick auf die bestehenden Mietverträge. Ein auch nur mittelbarer Zusammenhang mit den jeweiligen Arbeitsverhältnissen bestand nicht. Die Klägerin hat über vergleichbare Räume gleichlautende Mietverträge auch mit fremden, den Arbeitnehmern nicht nahestehenden dritten Personen abgeschlossen. Darauf, ob die Arbeitnehmer der Klägerin die fraglichen, in ihrer Wohnung gelegenen Räume auch an fremde Dritte vermietet hätten, kommt es nicht an.

    h) In dem Abschluss der Mietverträge zwischen der Klägerin und ihren Arbeitnehmern liegt kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 der Abgabenordnung --AO 1977--). Die Klägerin hat diese Räume --auch von ihren Arbeitnehmern-- ausschließlich deshalb angemietet, um diesen für die Ausübung ihrer Tätigkeit einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu können. Die Zurverfügungstellung eines geeigneten Arbeitsplatzes fällt --jedenfalls im Grundsatz-- in den Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Die fraglichen Arbeitnehmer der Klägerin verfügten neben den Außendienst-Mitarbeiterbüros über keinen weiteren Arbeitsplatz in einer Betriebsstätte der Klägerin. Darin unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von den Fällen, in denen der Arbeitgeber von seinem Arbeitnehmer einen Raum anmietet, in dem sich das häusliche Arbeitszimmer befindet, und dieses nachfolgend dem Arbeitnehmer, der bereits über einen Arbeitsplatz in einer Betriebsstätte des Arbeitgebers verfügt, zusätzlich zur Verfügung stellt. Im Streitfall erfolgte die Anmietung der fraglichen Räume zudem erkennbar im eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin (vgl. dazu Oberfinanzdirektion Kiel, Verfügung vom 13. Dezember 1999, Deutsches Steuerrecht 2000, 632, zur steuerlichen Anerkennung von Mietverträgen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über häusliche Arbeitszimmer bei Heimarbeitern oder Telearbeitsplätzen). Durch den Abschluss von Mietverträgen erhielt die Klägerin die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, welchen Raum ihre Mitarbeiter als Außendienst-Mitarbeiterbüro nutzten; zugleich erhielt sie das Recht, den fraglichen Raum betreten zu dürfen. Entsprechende Befugnisse hätten der Klägerin nicht zugestanden, wenn sie mit ihren Arbeitnehmern keine Mietverträge abgeschlossen, sondern lediglich ein pauschales Aufwandsentgelt für einen Büroraum gezahlt hätte.

    i) Die von der Klägerin als Außendienst-Mitarbeiterbüros zur Verfügung gestellten Räume vermittelten den Arbeitnehmern keinen dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfenden geldwerten Vorteil. Bei der Überlassung der betreffenden Räume an die Arbeitnehmer handelte es sich nicht um einen Sachbezug i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Fraglich erscheint bereits, ob die Zurverfügungstellung der betreffenden Außendienst-Mitarbeiterbüros an die Arbeitnehmer für diese überhaupt einen Vorteil mit sich brachte. Jedenfalls erfolgte die Zurverfügungstellung der Büroräume im eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin.

    RechtsgebieteEStG, FGO, AO 1977VorschriftenVorschriften: EStG § 19 EStG § 21 Abs. 1 EStG § 21 Abs. 3 EStG § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG § 38a EStG § 41a Abs. 1 Satz 1 EStG § 41b Abs. 1 Satz 1 EStG § 41b Abs. 1 Satz 2 EStG § 42b Abs. 3 Satz 1 FGO § 100 Abs. 1 Satz 4 AO 1977 § 42 Verfahrensgang: FG Baden-Württemberg