27.07.2001 · IWW-Abrufnummer 010942
Bundesfinanzhof: Urteil vom 02.05.2001 – VIII R 32/00
BUNDESFINANZHOF
Erbringt ein wesentlich beteiligter Gesellschafter einer GmbH an deren Sitz unentgeltlich Dienstleistungen für die GmbH, dann sind seine Aufwendungen für die Fahrten dorthin in der Regel Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen und keine nachträglichen Anschaffungskosten seiner Beteiligung.
EStG § 9 Abs. 1, § 17, § 20 Abs. 1 Nr. 1
Urteil vom 2. Mai 2001 - VIII R 32/00 -
Vorinstanz: FG Düsseldorf (EFG 2000, 995)
Gründe
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) machte bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen für das Streitjahr 1995 Fahrtkosten in Höhe von 16 380 DM als Werbungskosten geltend. Dazu trug er vor:
Er habe im Jahr 1994 Geschäftsanteile in Höhe von insgesamt 37,5 v.H. an der D-GmbH mit Sitz in X erworben. Zu diesem Zeitpunkt sei die D-GmbH rechnerisch überschuldet gewesen. Deshalb hätten er und die übrigen Anteilseigner der D-GmbH Darlehen zur Verfügung gestellt und den Rangrücktritt erklärt. Man habe im Streitjahr 1995 keinen geeigneten Betriebsleiter finden können und wegen der vielfach aufgetretenen technischen Probleme habe er als Ingenieur die Überwachung der Auftragsarbeiten übernommen. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage der D-GmbH habe er auf jede Vergütung verzichtet, man habe aber die Frage der Entlohnung später noch einmal aufgreifen wollen. Auch die ihm entstandenen Reisekosten in Form von Fahrtkosten mit seinem privaten PKW von seinem Wohnsitz in Y nach X, und zwar einmal wöchentlich, seien ihm nicht erstattet worden.
Auch die übrigen Gesellschafter hätten Beiträge erbracht: Eine Gesellschafterin habe die Geschäftsführung übernommen, ein weiterer Gesellschafter, sein Bruder, habe den Vertrieb überwachen sollen. Der vierte Gesellschafter habe keine Aufgabe übernehmen können, sei aber Eigentümer des von der D-GmbH genutzten Grundbesitzes gewesen und habe teilweise auf Mieten verzichtet. Diese Aufgabenteilung sei nicht schriftlich festgehalten worden. Er, der Kläger, habe diese Aufwendungen in Kauf genommen, weil er sich für die Zukunft Einnahmen aus Kapitalvermögen in Form von Dividenden, zumindest aber einen Veräußerungsgewinn nach Maßgabe des § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erhofft habe.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte die Fahrtkosten unter Hinweis auf das Abzugsverbot des § 12 EStG und das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. August 1952 IV 448/51 U (BFHE 56, 690, BStBl III 1952, 265) nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen an. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es ließ dahingestellt, ob dem Kläger die geltend gemachten Fahrtkosten mit seinem eigenen PKW tats ächlich entstanden seien. Denn es handele sich nicht um Aufwendungen, die nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG im Rahmen des § 20 als Werbungskosten abziehbar seien. Selbst wenn man den Sachvortrag des Klägers als richtig unterstelle, dass er die D-GmbH durch Darlehen und unentgeltliche Dienstleistungen unterstützt habe, um in einem absehbaren Zeitraum Dividenden zu erhalten, werde der dann vorliegende wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den Reisekosten und den Einkünften aus Kapitalvermögen überlagert durch den weitaus engeren Zusammenhang mit den Einkünften aus § 17 EStG. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 995 veröffentlicht.
Der Kläger rügt mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts.
Er beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die geltend gemachten Reisekosten von 16 380 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz handelt es sich bei den Aufwendungen für die Fahrten des Klägers zum Sitz der D-GmbH nicht um nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung i.S. des § 17 Abs. 2 EStG, sondern dem Grunde nach um Werbungskosten (§ 9 EStG) bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
1. Der vom Kläger begehrte Werbungskostenabzug setzt zunächst voraus, dass es sich bei seiner Beteiligung an der D-GmbH überhaupt um eine Kapitalanlage i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG handelt. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn der Kläger nicht die für eine Verwirklichung des Tatbestands des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erforderliche Überschusserzielungsabsicht gehabt hätte. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Absicht im Streitfall fehlte.
Bei einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 17 Abs. 1 EStG steht die --selbst vorrangige oder ausschließliche-- Erwartung einer Wertsteigerung dem Abzug von Aufwendungen im Zusammenhang mit dieser Beteiligung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht entgegen. Wie der BFH in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (Urteile vom 21. Juli 1981 VIII R 154/76, BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37; vom 8. Oktober 1985 VIII R 234/84, BFHE 145, 335, BStBl II 1986, 596), ist in die Renditebetrachtung einer wesentlichen Beteiligung im Rahmen des § 20 EStG auch die Wertsteigerung einzubeziehen. Der Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG und das Ausschüttungsverhalten der Kapitalgesellschaft stehen in einer Wechselwirkung in der Weise, dass thesaurierte Gewinne regelmäßig den Veräußerungsgewinn erhöhen und Ausschüttungen ihn ermäßigen. Für den Werbungskostenabzug ist unerheblich, dass der Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt. Denn § 17 und § 20 EStG ergänzen sich insoweit, als § 17 EStG sicherstellt, dass nicht ausgeschüttete Gewinne und damit die nicht von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfassten Erträge gleichwohl einkommensteuerlich erfasst werden.
Erweist sich die Ertragserwartung des wesentlich Beteiligten sowohl im Hinblick auf Ausschüttungen als auch auf eine Wertsteigerung der Beteiligung als unrichtig, kann hieraus nicht ohne weiteres auf eine fehlende Einkünfteerzielungsabsicht geschlossen werden; dies ist vielmehr bis zum Zeitpunkt der Veräußerung der Beteiligung oder der Auflösung der Gesellschaft nur unter den gleichen Voraussetzungen möglich, die für Gewerbetreibende maßgeblich sind (BFH in BFHE 145, 335, BStBl II 1986, 596, unter 2. d der Gründe; zur Abgrenzung vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 27. November 1995 VIII B 16/95, BFH/NV 1996, 406, m.w.N.).
Das bedeutet, dass es konkreter Anhaltspunkte dafür bedarf, dass aufgrund der individuellen Verhältnisse der Kapitalgesellschaft und/oder ihrer Gesellschafter auch langfristig mit einem Überschuss einschließlich einer Wertsteigerung nicht zu rechnen ist (BFH-Urteile vom 9. August 1983 VIII R 276/82, BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29, 30, re. Sp., m.w.N.; vom 30. März 1999 VIII R 70/96, BFH/NV 1999, 1323) oder dass rein persönliche Gesichtspunkte, wie freundschaftliche oder verwandtschaftliche Beziehungen, für die Beteiligung bestimmend waren (BFH-Urteile vom 23. Mai 1985 IV R 198/83, BFHE 144, 53, BStBl II 1985, 517, unter 2.; in BFHE 145, 335, BStBl II 1986, 596, unter 2. d, m.w.N.; in BFH/NV 1999, 1323).
Danach können Anlaufverluste der D-GmbH --und dementsprechend fehlende Ausschüttungen an die Gesellschafter-- allein kein Maßstab für die Beurteilung der Einkunftserzielungsabsicht der Gesellschafter sein. Deshalb ist im Streitfall --auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG und vorbehaltlich gegenteiliger Feststellungen im zweiten Rechtsgang-- von einer Überschusserzielungsabsicht des Klägers auszugehen.
2. Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG sind die Fahrtkosten des Klägers von seiner Wohnung zum Sitz der D-GmbH und zurück dem Grunde nach bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) als Werbungskosten (§ 9 EStG) abziehbar.
a) Nach ständiger Rechtsprechung sind Werbungskosten --über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus-- alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger und im Rahmen der Überschusseinkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG) zu erfassender Einnahmen veranlasst sind, d.h. zu einer dieser Einkunftsarten in einem steuerrechtlich anzuerkennenden Zurechnungszusammenhang stehen (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 823). Zwischen den Aufwendungen, die einem Gesellschafter im Zusammenhang mit unentgeltlichen Dienstleistungen für die GmbH entstehen, und den angestrebten Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG besteht in der Regel ein solcher Zurechnungszusammenhang:
aa) Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86 (BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348, m.w.N., unter C. I. 3. c, vgl. auch BFH-Urteil vom 24. Mai 1989 I R 45/85, BFH/NV 1989, 697, 698) können Aufwendungen im Zusammenhang mit der zinslosen Überlassung von Darlehen durch Gesellschafter an ihre Kapitalgesellschaft dann, wenn sich die Beteiligung im Privatvermögen der Gesellschafter befindet, Werbungskosten bei den Einkünften der Gesellschafter aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG sein. Zwischen den eigenen Aufwendungen der Gesellschafter und den angestrebten Einnahmen kann ein wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen, weil die von den Gesellschaftern gewährten unentgeltlichen Nutzungsvorteile den Gewinn der Kapitalgesellschaft erhöhen und die Gesellschafter an ihm nach Maßgabe der Gewinnausschüttung teilnehmen (vgl. auch Senatsurteile in BFH/NV 1999, 1323; vom 25. Juli 2000 VIII R 35/99, BFHE 193, 264). Dieser Grundsatz gilt nach dem BFH-Urteil vom 14. März 1989 I R 8/85 (BFHE 156, 452, BStBl II 1989, 633; vgl. dazu Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, 2. Aufl., S. 183) entsprechend für Aufwendungen im Zusammenhang mit unentgeltlichen Dienstleistungen eines Gesellschafters an seine Kapitalgesellschaft; danach stellen die aus Anlass eines solchen Erfolgsbeitrages beim Gesellschafter anfallenden tatsächlichen Aufwendungen Werbungskosten (Betriebsausgaben) auf die Beteiligung dar.
bb) Der allgemeine Werbungskostenbegriff wird für die Einkünfte aus Kapitalvermögen eines wesentlich beteiligten Gesellschafters nicht etwa durch § 17 EStG eingeschränkt. Denn als nachträgliche Anschaffungskosten i.S. des § 17 EStG sind nachträgliche Aufwendungen, die einem wesentlich beteiligten Gesellschafter im Zusammenhang mit seiner Beteiligung entstehen, nur dann zu behandeln, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten gemäß §§ 9, 20 EStG noch Veräußerungskosten gemäß § 17 EStG sind (vgl. BFH-Urteile vom 27. Oktober 1992 VIII R 87/89, BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340; vom 8. Dezember 1992 VIII R 99/90, BFH/NV 1993, 654; BFH-Beschluss vom 9. Februar 1998 VIII B 2/97, BFH/NV 1998, 955; BFH-Urteile vom 8. April 1998 VIII R 21/94, BFHE 186, 194, BStBl II 1998, 660; vom 10. November 1998 VIII R 6/96, BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348). Die Behandlung als nachträgliche Anschaffungskosten setzt also voraus, dass die vorrangige Frage, ob ein Abzug als Werbungskosten zulässig ist, verneint wird.
Dementsprechend sind von der Rechtsprechung stets auch nur solche Aufwendungen oder Vermögenseinbußen als nachträgliche Anschaffungskosten behandelt worden, bei denen die Voraussetzungen für einen Werbungskostenabzug nicht vorlagen, wie z.B. bei den Anschaffungs- oder Veräußerungskosten der Beteiligung (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 27. Juni 1989 VIII R 30/88, BFHE 157, 541, BStBl II 1989, 934; vom 17. April 1997 VIII R 47/95, BFHE 184, 275, BStBl II 1998, 102) sowie dem Verlust des Kapitals selbst (BFH-Urteil vom 16. April 1991 VIII R 100/87, BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234). Gleiches gilt für Vermögenseinbußen, die zwar durch die Beteiligung mitveranlasst, aber vorrangig einer anderen Einkunftsart zuzuordnen und bei dieser nicht zu berücksichtigen sind, wie der Ausfall des Anspruchs auf Rückgewähr eines der Kapitalgesellschaft gewährten Darlehens (BFH-Urteil vom 20. Juni 2000 VIII R 37/99, BFH/NV 2000, 1342, m.w.N.; vgl. dazu näher Gschwendtner, Deutsches Steuerrecht, Beihefter zu Heft 32/1999, S. 3 ff., m.w.N.), oder für Aufwendungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft (vgl. BFH-Urteil in BFHE 186, 194, BStBl II 1998, 660, m.w.N.), die im Rahmen der Besteuerung eines für die Bürgschaftsübernahme geschuldeten Entgelts ebenfalls unbeachtlich sind (vgl. dazu die Nachweise bei Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 20 Rz. 230 "Bürgschafts-, Beteiligungs- und Darlehensverluste" und § 22 Rz. 150 "Risikogeschäfte").
Ausnahmsweise liegen die Voraussetzungen für einen Abzug als Werbungskosten auch dann nicht mehr vor, wenn die Aufwendungen zu einem Zeitpunkt getätigt werden, zu dem die Auflösung der Gesellschaft bereits beschlossen worden ist und zu dem mit Ausschüttungen der Kapitalgesellschaft und mit Wertsteigerungen der Beteiligung nicht mehr gerechnet werden kann; derartige Aufwendungen können nur noch im Rahmen des § 17 EStG berücksichtigt werden (vgl. u.a. BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 955; BFH-Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 52/93, BStBl II 2001, 286, unter II. der Gründe; vgl. auch --zu nachträglichen Schuldzinsen-- BFH-Beschluss in BFH/NV 1996, 406, m.w.N.). Werden die Aufwendungen jedoch getätigt, bevor die Auflösung beschlossen ist, kann ihr Abzug als Werbungskosten entgegen der Auffassung des FG nicht allein mit dem Hinweis versagt werden, dass sie gleichzeitig auch dazu dienen, den Konkurs der Kapitalgesellschaft abzuwenden. Denn in diesem Fall soll mit den Maßnahmen zur Abwendung des Konkurses die Beteiligung als Einkunftsquelle gesichert werden, es sei denn, es lägen konkrete Anhaltspunkte für das Gegenteil vor.
cc) Schließlich steht auch der Einwand der Vorinstanz, bei der Zuweisung von Aufwendungen zu § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder zu § 17 EStG könne es keinen Unterschied machen, ob der Steuerpflichtige den Anspruch auf Aufwendungsersatz (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--) von vornherein abbedungen oder aber erst später auf ihn verzichtet habe, der Qualifizierung der Aufwendungen als Werbungskosten nicht entgegen. Denn die Aufwendungen sind auch im Falle eines späteren Verzichts auf den entstandenen Ersatzanspruch Werbungskosten bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Sie werden nämlich auch dann, wenn dem Steuerpflichtigen ein Anspruch auf Ersatz zusteht, getätigt, um Einnahmen zu erzielen (vgl. dazu Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 9 Rz. 4, m.w.N.). Die spätere Erstattung der Aufwendungen führt dann zu Einnahmen bei der entsprechenden Einkunftsart (vgl. BFH-Urteile vom 23. März 1993 IX R 67/88, BFHE 171, 183, BStBl II 1993, 748; vom 22. September 1994 IX R 13/93, BFHE 175, 546, BStBl II 1995, 118; Schmidt/Drenseck, a.a.O, § 9 Rz. 65, m.w.N.; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 11 Rz. 8, m.w.N.).
Dem FG ist zwar zuzugeben, dass dann, wenn der Gesellschafter später auf seinen bereits entstandenen Anspruch verzichtet, dieser Forderungsverzicht zu einer verdeckten Einlage in die Kapitalgesellschaft führen kann (vgl. BFH-Urteile in BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234; vom 7. Juli 1992 VIII R 24/90, BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333; vom 29. Juli 1997 VIII R 57/94, BFHE 184, 63, BStBl II 1998, 652, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307). Der Forderungsverzicht bewirkt, soweit mit ihm eine verdeckte Einlage erbracht wird, einen Zufluss (§ 11 Abs. 1 EStG) beim Gesellschafter in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307, unter Abschn. C. II. 1. b der Gründe). Decken sich die Höhe der Forderung des Gesellschafters und ihre Werthaltigkeit im Zeitpunkt des Verzichts und liegen die Entstehung des Aufwands und der Forderungsverzicht im selben Kalenderjahr, erweist sich der Vorgang bei einer Beteiligung im Privatvermögen für diesen Veranlagungszeitraum im Ergebnis als steuerneutral. Der Gesellschafter kann die verdeckte Einlage erst später im Falle der Veräußerung seiner wesentlichen Beteiligung oder der Auflösung der Gesellschaft als nachträgliche Anschaffungskosten gemäß § 17 Abs. 2 EStG steuermindernd abziehen (vgl. BFH-Urteile vom 12. Februar 1980 VIII R 114/77, BFHE 130, 378, BStBl II 1980, 494; in BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348; in BStBl II 2001, 286).
Sollte sich der Einwand des FG, die unterschiedliche Zuordnung der Aufwendungen im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Dienstleistung im Falle eines vorherigen oder nachträglichen Verzichts sei nicht einleuchtend, in Wirklichkeit gegen die dargestellten Rechtsfolgen im Falle eines nachträglichen Forderungsverzichts richten, wäre er ebenfalls nicht begründet. Es ist wirtschaftlich betrachtet und deshalb auch für die steuerliche Beurteilung ein Unterschied, ob ein Gesellschafter von vornherein in vollem Umfang einen unentgeltlichen Beitrag zum Gesellschaftszweck mit der Folge erbringt, dass keine Forderung gegenüber der Gesellschaft entsteht, über die er verfügen könnte, oder ob er gegen Entgelt für seine Gesellschaft tätig wird, so dass er Inhaber einer Forderung wird, über die er frei verfügen kann, und zwar auch in der Weise, dass er durch eine verdeckte Einlage dieses Wirtschaftsguts in die Gesellschaft eine Umschichtung seines Vermögens erreicht (vgl. BFH in BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307, unter Abschn. C. II. 1. b der Gründe).
b) Danach können die dem Kläger anlässlich seiner Dienstleistungen für die D-GmbH entstandenen Fahrtkosten dem Grunde nach als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden. Die Aufwendungen für die Fahrten sind im Zusammenhang mit einem unentgeltlich erbrachten Beitrag des Klägers zum Gesellschaftszweck --der Überwachung der Produktionsabläufe im Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebs-- entstanden. Sie betreffen ihrer Art nach nicht die einkommensteuerrechtlich unbeachtliche "private" Vermögensphäre des Klägers; vielmehr wären sie dann, wenn der Kläger seine Dienstleistung entgeltlich mit Überschusserzielungsabsicht für die D-GmbH erbracht hätte, entweder Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 4 EStG) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder im Falle eines selbständigen entgeltlichen Tätigwerdens als Ingenieur Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG). Sie stehen auch in keinem Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Veräußerung der Beteiligung oder der Auflösung der Gesellschaft. Es spielt auch keine Rolle, dass der Kläger im Streitjahr keine Einnahmen aus seiner wesentlichen Beteiligung erzielt hat. Denn Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage können auch dann Werbungskosten sein, wenn noch keine mit den Aufwendungen zusammenhängenden Einnahmen erzielt werden, vorausgesetzt, dass ein klar erkennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und den angestrebten Einnahmen besteht (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juni 1988 VIII R 252/82, BFHE 154, 72, BStBl II 1988, 992).
3. Die Vorentscheidung ist von anderen Voraussetzungen ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif, da das FG --von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht-- keine Feststellungen zur Höhe der Aufwendungen getroffen hat. Das FG wird wegen der Höhe der als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen festzustellen haben, wie oft der Kläger im Streitjahr tatsächlich an den Sitz der D-GmbH zur Überwachung der Produktionsabläufe gefahren ist. Dabei wird ggf. auch zu entscheiden sein, ob sich eine Begrenzung der geltend gemachten Kosten für die Fahrten mit dem PKW aus § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 EStG ergibt. Die Voraussetzungen für die in § 9 Abs. 3 EStG angeordnete entsprechende Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 20 EStG) lägen dann vor, wenn der Sitz der GmbH im Falle einer Vergütung der Tätigkeit des Klägers als seine --ggf. zweite-- regelmäßige Arbeitsstätte zu beurteilen wäre.
Das FG wird im Hinblick darauf, dass einer der Gesellschafter ein Bruder des Klägers ist, auch der Frage nachzugehen haben, ob die nach den vorstehenden Grundsätzen ermittelten Fahrtkosten ungekürzt abgezogen werden können oder ob zu dem Prozentsatz der Beteiligung des Bruders eine Zuwendung an diesen vorliegt. Es wird feststellen müssen, ob der Vortrag des Klägers zutrifft, dass auch die übrigen Gesellschafter vergleichbare unentgeltliche Beiträge zum Gesellschaftszweck geleistet haben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Werbungskostenabzugs bei einem disquotalen Gesellschafterbeitrag verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine Urteile vom 28. März 2000 VIII R 68/96 (BFHE 191, 505) und in BFHE 193, 264.