10.10.2014 · IWW-Abrufnummer 142933
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 18.07.2014 – 1 K 2552/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 K 2552/11
In dem Finanzrechtsstreit
des Herrn
- Kläger -
prozessbevollmächtigt: Rechtsanwalt
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
wegen Gewerbesteuermessbetrag
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 1. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18. Juli 2014 durch XXX für Recht erkannt:
I. Die Bescheide für 2001 bis 2003 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 8. Februar 2011 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 28. November 2011 werden aufgehoben.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger mit seiner Tätigkeit als Fußballschiedsrichter ein Gewerbe betrieben hat und inwieweit die Einkünfte aus dieser Tätigkeit – gegebenenfalls – in Deutschland der Gewerbesteuer unterliegen.
Der Kläger war in den Streitjahren als ... selbständig tätig. Daneben wurde er als Fußballschiedsrichter sowohl bei nationalen als auch bei internationalen Wettbewerben eingesetzt. ...
In seinen Einkommensteuererklärungen der Streitjahre erklärte der Kläger aus der Schiedsrichtertätigkeit sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Beklagte veranlagte zunächst erklärungsgemäß.
In der Zeit von August 2008 bis Dezember 2010 fand beim Kläger eine Außenprüfung u.a. für die Streitjahre statt. Im Prüfungsbericht vom 22. Dezember 2010 erhöhte die Prüferin die Einkünfte des Klägers aus der Schiedsrichtertätigkeit im Wege der Schätzung um die bei internationalen Einsätzen erzielten Einnahmen, nachdem sie sich mit dem Kläger zuvor auf deren Höhe im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung geeinigt hatte. Außerdem qualifizierte sie diese Einkünfte nunmehr als Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSv § 15 EStG. Zur Begründung führte sie aus, Zahlungen und Aufwandsentschädigungen an Schiedsrichter seien regelmäßig als sonstige Einkünfte iSv § 22 Nr. 3 EStG zu erfassen, wenn der Einsatz der Schiedsrichter ausschließlich auf nationaler Ebene von ihrem Verband (DFB einschließlich der Landes- und Regionalverbände) bestimmt werde. Schiedsrichter, die darüber hinaus auch international für die UEFA oder die FIFA oder in anderen ausländischen Ligen eingesetzt würden, erzielten hingegen aus ihrer gesamten Schiedsrichtertätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSv § 15 EStG. Soweit Gelder von der FIFA bzw. der UEFA mit Sitz jeweils in der Schweiz ausgezahlt worden seien, sei das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung von Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 11. August 1971 idF des Revisionsprotokolls vom 12. März 2002 (DBA Schweiz) anzuwenden. Da nach Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts im Urteil vom 24. November 2004 (EFG 2005, 766) die Einkünfte eines Schiedsrichters nicht unter Art. 17 des OECD-Musterabkommens (OECD-MA) fielen, sei Art. 17 DBA Schweiz nicht anzuwenden. Gemäß Art. 7 und Art. 21 DBA Schweiz unterlägen diese Einkünfte mangels einer Betriebsstätte in der Schweiz grundsätzlich der deutschen Besteuerung, da nur der Ansässigkeitsstaat sie besteuern dürfe. Dementsprechend ging die Prüferin für die Streitjahre von gewerbesteuerpflichtigen Gewinnen des Klägers aus (Tz. 1.1 und 2.1. des Prüfungsberichts vom 22. Dezember 2010, Bl. 7 ff. d. Bp.-Berichtsakten).
Der Beklagte folgte der Auffassung der Prüferin und erließ unter dem 8. Februar 2011 entsprechende erstmalige Bescheide für 2001 bis 2003 über den Gewerbesteuermessbetrag.
Hiergegen legte der Kläger am 4. März 2011 jeweils Einsprüche ein, zu deren Begründung er sich im Wesentlichen gegen die Einordnung seiner Tätigkeit als gewerblich wandte, da es an den Tatbestandsmerkmalen der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr und der Selbständigkeit iSv § 15 Abs. 2 EStG mangele. Darüber hinaus argumentierte der Kläger, er sei als „Sportler“ iSv Art. 17 Abs. 1 DBA Schweiz einzustufen, so dass seine Einkünfte aus den Spielleitungen im Ausland jedenfalls nicht der Besteuerung in Deutschland unterlägen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28. November 2011 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der Kläger erziele aus seiner Schiedsrichtertätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSv § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr iSv § 15 Abs. 2 EStG sei gegeben, da bei internationalen Einsätzen eines Schiedsrichters im Rahmen von FIFA-Wettbewerben (Weltmeisterschaften und Qualifikationsspiele) und UEFA-Wettbewerben (Europameisterschaften und Qualifikationsspiele, Europa und Champions League) die FIFA/UEFA sowohl die Einsatzplanung als auch die Honorarabrechnung unmittelbar vornehme und demzufolge die Schiedsrichter neben dem DFB für weitere Verbände tätig würden. Für die Einkünftequalifikation sei entscheidend, ob ein internationaler Einsatz für einen weiteren Verband stattgefunden habe. Aus diesem Grund erzielten Schiedsrichter erstmalig gewerbliche Einkünfte bei Nominierung durch einen weiteren Verband (neben dem DFB) und Leitung eines Spiels für diesen Verband. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Schiedsrichter – wie ein Tennisschiedsrichter – seine Verträge mit dem jeweiligen Veranstalter abschließe oder von einem Sportverband für die Spielleitung benannt werde.
Ein Fehlen von Unternehmerrisiko und -initiative sei im Streitfall ebenfalls nicht festzustellen. Die Tatsache, dass ein Schiedsrichter selbst bestimmen könne, ob er eine ihm zugeteilte Spielpaarung auch tatsächlich leiten wolle, stelle bereits eine Unternehmerinitiative dar. Ein Schiedsrichter könne zwar keine Preisverhandlungen mit den Verbänden über seine Entlohnung führen, dies schließe jedoch ein Unternehmerrisiko nicht aus. Damit liege auch das Tatbestandsmerkmal der Selbständigkeit vor.
Schließlich könne auch der Auffassung des Klägers, er sei Sportler im Sinne des Art. 17 OECD-MA bzw. des Art. 17 Abs. 1 DBA Schweiz, nicht gefolgt werden. Dass ein Fußballschiedsrichter bei der Leitung eines Spiels immer auf Ballhöhe sein sollte und daher eine starke Laufleistung erbringen müsse, die er durch stetiges Training erhalten bzw. steigern müsse, mache ihn noch nicht zum Sportler. Er nehme mit der Spielleitung auch nicht an einem Wettbewerb teil; soweit seine Leistungen durch Dritte beurteilt würden, treffe dies auf die berufliche Leistung der meisten Berufstätigen zu, wobei es sich dabei auch nicht um einen sportlichen Wettbewerb der jeweils Beurteilten untereinander handele.
Mit der hiergegen am 23. Dezember 2011 erhobenen Klage führt der Kläger im Wesentlichen aus, entgegen der Ansicht des Beklagten könne nicht von einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gesprochen werden. Soweit die Finanzverwaltung eine solche aus der Tatsache schließe, dass ein national und international tätiger Schiedsrichter sowohl im Auftrag des DFB als auch der UEFA bzw. der FIFA Fußballspiele leite und damit die Tätigkeit gegenüber zwei Anbietern erbringe, lasse sie vollständig außer acht, dass die Schiedsrichter ihre Dienste nicht allgemein anböten und auch keine Werbung für ihre Tätigkeit machten. Sie würden vielmehr in einem von den Fußballverbänden streng reglementierten und nach außen geschlossenen System ausgebildet, geprüft und in der ihrer Qualifikation entsprechenden Spielklasse eingesetzt. Unter Berücksichtigung dieser besonderen Bedingungen könne nicht von einer Tätigkeit gesprochen werden, die am Markt und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten werde. Ein Schiedsrichter setze zudem kein eigenes Personal ein und benötige keinen in irgendeiner Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb, um seiner Tätigkeit nachgehen zu können. Auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung von Art und Charakter eines Gewerbebetriebes liege die Einordnung der Tätigkeit eines Schiedsrichters als Tätigkeit aus Gewerbebetrieb eher fern. Ohne weitergehende Bedeutung sei schließlich die Tatsache, dass ein Schiedsrichter sowohl national als auch international tätig sei, da der Zugang zum internationalen Fußballspielbetrieb über eine Benennung durch den DFB erfolge, wobei die „Geschäftsbedingungen“ des Auftragsverhältnisses ausschließlich durch die Fußballverbände definiert und reglementiert würden.
Außerdem fehle es für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit am Tatbestandsmerkmal der Selbständigkeit iSv § 15 Abs. 2 EStG. Ein Bundesligaschiedsrichter verwirkliche weder das hierfür erforderliche Unternehmerrisiko noch eine Unternehmerinitiative. Die Einsatzplanung für die Bundesligaspiele obliege den einschlägigen Organen des DFB. Ort, Zeitpunkt und Vergütung der Schiedsrichtertätigkeit seien eindeutig festgelegt und nicht Gegenstand von Verhandlungen. Ein Unternehmerrisiko bestehe insofern nur, soweit ein Schiedsrichter wegen fehlender körperlicher Voraussetzungen oder wegen konstanter Schlechtleistungen aus dem Pool der Bundesligaschiedsrichter gestrichen werden könne. Unternehmerinitiative könne ein Schiedsrichter nur insoweit ausüben, als er im Fall von Terminkollisionen die Einsetzung bei bestimmten Begegnungen ablehnen müsse.
Im Übrigen handele es sich bei der Schiedsrichtertätigkeit des Klägers um eine Tätigkeit als Sportler iSv Art. 17 OECD-MA bzw. Art. 17 DBA Schweiz. Das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 24. November 2004, auf welches der Beklagte seine abweichende Rechtsauffassung stütze, betreffe die steuerliche Einordnung der Tätigkeit eines international tätigen Tennisschiedsrichters. Die Tätigkeit eines Tennisschiedsrichters unterscheide sich von der eines Fußballschiedsrichters zum einen wesentlich dadurch, dass dieser regelmäßig Verträge mit einzelnen Veranstaltern abschließe, während der Fußballschiedsrichter durch einen Fußballverband benannt werde, und zum anderen dadurch, dass es sich um eine sitzende Tätigkeit handele, so dass es für die Ausübung der Tätigkeit mehr auf die Kenntnisse der Spielregeln und ein sicheres Auge ankomme, während beim Fußballschiedsrichter die körperliche Fitness die wesentliche Komponente seiner Tätigkeit sei. Es sei zwar richtig, dass auch ein Fußballschiedsrichter über die Einhaltung der Spielregeln durch die Fußballer wache und er anders als die Fußballer nicht unmittelbar an einem Wettbewerb teilnehme. Unzutreffend sei allerdings die weitere Annahme des Beklagten, dass seine Leistungsfähigkeit sich vornehmlich nach der durch Prüfung erworbenen Lizenz und nicht – wie bei einem Sportler – nach der durch regelmäßiges Training steigerbaren Leistung bestimme. Regelkunde sei nicht das bedeutendste Qualifikationsmerkmal für einen international tätigen Schiedsrichter; von größerer Bedeutung für den internationalen Erfolg eines Schiedsrichters sei die durch ständige Betätigung und Schulung gewonnene Fähigkeit, im Bruchteil von Sekunden entsprechend den allgemein bekannten Regeln zu entscheiden. Dazu sei auch erforderlich, dass ein Schiedsrichter immer „auf der Höhe des Balles“ sei, wozu gerade im hochklassigen Bereich eine körperliche Fitness erforderlich sei, die nur durch permanentes, mit nicht unerheblichem Zeitaufwand zu betreibendes körperliches Training zu erreichen sei. Hinzu komme, dass Schiedsrichter in der Kategorie des Klägers sich permanent in einem Wettbewerb mit ihren Berufskollegen befänden, da sie durch sog. „Beobachter“ beurteilt würden, was zu einem Ranking der Schiedsrichter führe, welches auch für zukünftige Einsätze von Bedeutung sei.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide für 2001 bis 2003 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 8. Februar 2011 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 28. November 2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger mit seinen Einkünften aus der Tätigkeit als Fußballschiedsrichter der Gewerbesteuer unterliegt.
1. Nach § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter einem Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen.
Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht der Gewinnerzielung unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Außerdem muss als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal hinzu kommen, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (st. Rspr. d. BFH, vgl. z.B. Urteil vom 11. Oktober 2012 IV R 32/10, BFHE 239, 248, BStBl II 2013, 538, m.w.N.).
2. Ausgehend hiervon unterliegt der Kläger mit seinen Einkünften als Fußballschiedsrichter nicht der Gewerbesteuer, da er sich nicht iSv § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt hat.
a) Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert eine Tätigkeit, die gegen Entgelt am Markt erbracht und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten wird (BFH, Urteil vom 30. September 2010 IV R 44/08, BFHE 233, 28, BStBl II 2011, 645, m.w.N.).
b) Der Kläger hat seine Schiedsrichtertätigkeit zwar für Dritte erkennbar ausgeübt; insoweit genügt bereits die Erkennbarkeit für die beteiligten Kreise (BFH, Beschluss vom 10. März 2005 X B 182/03, BFH/NV 2005, 1068, m.w.N.).
Er ist jedoch nach Überzeugung des Senats nicht „am Markt“ tätig geworden, da ein „Markt“ für Fußballschiedsrichter nicht existiert. Vielmehr werden Fußballschiedsrichter in den einzelnen Wettbewerben (Bundesliga, Welt- und Europameisterschaften usw.) durch die jeweils ausschließlich zuständigen – nationalen (DFB) und internationalen (FIFA, UEFA) – Verbände für die Leitung von Spielen nominiert. Die Möglichkeit, seine Leistung einem anderen Abnehmer anzubieten, besteht für einen Fußballschiedsrichter von vornherein nicht. Es fehlt damit unbeschadet der Tatsache, dass für die Leitung eines Fußballspiels eine Vielzahl von Schiedsrichtern in Betracht kommt, an einem weiteren wesentlichen Merkmal eines „Marktes“, nämlich der Existenz mehrerer (potentieller) Abnehmer für die angebotene Leistung.
Der Ansicht des Beklagten, für die Einkünftequalifikation sei entscheidend, ob ein internationaler Einsatz für einen weiteren Verband (neben dem DFB) stattgefunden habe, weshalb Schiedsrichter bei Nominierung durch einen weiteren Verband und Leitung eines Spiels für diesen Verband erstmalig gewerbliche Einkünfte erzielten, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar geht der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Geschäftsbeziehungen mit mehreren, womöglich ständig wechselnden Kunden im Allgemeinen deutlicher für das erforderliche Teilhaben am Marktgeschehen sprechen als Leistungen an nur einen Abnehmer. Er betont jedoch auch, dass die Merkmale des § 15 Abs. 2 EStG den "typischen" Unternehmer im Blick haben, der als Händler, Produzent oder Dienstleistender seine Leistungen "am Markt" erbringt (BFH, Urteil vom 22. Januar 2003 X R 37/00, BFHE 201, 264, BStBl II 2003, 464, m.w.N.). Maßgeblich sei, ob die zu beurteilende Tätigkeit nach Art und Umfang dem Bild einer unternehmerischen Marktteilnahme entspreche (BFH, Beschlüsse vom 2. Juli 2008 X B 104/08, BFH/NV 2008, 1671, und vom 10. März 2005, aaO, jeweils m.w.N.). Der Steuerpflichtige müsse nach außen hin in Erscheinung treten und sich mit seinem Angebot an eine – wenn auch begrenzte – Allgemeinheit richten (BFH, Urteil vom 13. Dezember 1995 XI R 43-45/89, BFHE 179, 353, BStBl II 1996, 232; BFH, Urteil vom 24. Januar 1990 X R 44/88, BFH/NV 1990, 798). Insbesondere müsse er – bei nur einem Abnehmer – bereit sein, zu vergleichbaren Bedingungen auch an andere Abnehmer zu leisten (BFH, Urteil vom 20. März 2013 X R 15/11, BFH/NV 2013, 1548; BFH, Urteil vom 30. September 2010, aaO), was nach Ansicht des Senats denknotwendig voraussetzt, dass überhaupt ein „Markt“ mit mehr als einem Abnehmer existiert, da nur unter dieser Voraussetzung eine Teilnahme am „allgemeinen Verkehr“ iSv § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG vorliegen kann (BFH, Urteil vom 9. Juli 1986 I R 85/83, BFHE 147, 245, BStBl II 1986, 851).
Soweit der Kläger aufgrund seiner internationalen Schiedsrichtertätigkeit für mehrere Abnehmer (Verbände) tätig wurde, kommt darin unter den besonderen Umständen des Streitfalls keine derartige Teilhabe an einem Marktgeschehen zum Ausdruck; denn die jeweiligen Fußballverbände treten als Ausrichter verschiedener Wettbewerbe, für deren Organisation sie jeweils ausschließlich zuständig sind, nicht zueinander in Wettbewerb und sind damit selbst keine Marktteilnehmer. Insofern unterscheidet sich die Tätigkeit des Fußballschiedsrichters grundlegend z.B. von derjenigen des international tätigen Tennisschiedsrichters, der nicht von einem Verband, sondern von den jeweiligen – als Marktteilnehmer untereinander konkurrierenden – Turnierveranstaltern beauftragt wird (vgl. dazu Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24. November 2004 9 K 147/00, EFG 2005, 766).
Die streitgegenständliche Tätigkeit des Klägers entspricht auch im Übrigen bei einer an der Verkehrsanschauung orientierten Gesamtbetrachtung nicht dem Bild einer unternehmerischen Marktteilnahme (vgl. hierzu ausführlich BFH, Urteil vom 15. Dezember 1999 I R 16/99, BFHE 191, 45, BStBl II 2000, 404). So muss ein Fußballschiedsrichter seine Vergütung nicht – wie im Verhältnis zwischen Unternehmer und Auftraggeber üblich – mit den jeweiligen Verbänden im Einzelnen aushandeln, sondern erhält für die Leitung von Spielen feste Aufwandsentschädigungen (vom DFB erhalten Fußballschiedsrichter z.B. für die Leitung eines Spiels der 1. Bundesliga derzeit 3.800,00 €; vgl. http://www.dfb.de/?id=11292). Ferner sind die Bedingungen, unter denen er tätig wird, durch die Statuten des jeweiligen Verbands im Einzelnen verbindlich geregelt. Des Weiteren werden sportliche Vergehen der Schiedsrichter im Zuständigkeitsbereich des DFB z.B. nicht durch die ordentlichen Gerichte, sondern von den Rechtsorganen des DFB geahndet, was ebenfalls die Ansicht des Klägers bestätigt, dass Schiedsrichter nicht in markttypischer Weise, sondern in einem „streng reglementierten und nach außen geschlossenen System“ tätig werden. Anders als die meisten „normalen“ Gewerbetreibenden benötigt ein Fußballschiedsrichter auch kein eigenes Personal und keinen eingerichteten Geschäftsbetrieb, um seiner Tätigkeit nachgehen zu können. Darüber hinaus kann er den Erfolg seiner Tätigkeit nicht durch marktübliche Aktivitäten (Werbung, Preisnachlässe u.ä.) beeinflussen.
2. Darüber hinaus hat der Senat auch erhebliche Zweifel an der Auffassung des Beklagten, es handele sich bei der Schiedsrichtertätigkeit des Klägers um eine selbständige Betätigung iSv § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG.
Zwar müssen Fußballschiedsrichter die ihnen entstehenden Aufwendungen selbst tragen; zudem haben sie weder Anspruch auf bezahlten Urlaub noch auf Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall oder sonstige Sozialleistungen. Insofern besteht, da sie bei persönlicher Verhinderung keine Einnahmen erzielen können, ein gewisses Unternehmerrisiko. Andererseits erhalten Fußballschiedsrichter jedoch für die Leitung von Spielen feste – von der Güte ihrer Leistung unabhängige – Vergütungen. Davon abgesehen steht das Fehlen von Ansprüchen auf Urlaub, Lohnfortzahlung, Überstundenvergütung und sonstige Sozialleistungen der Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht in jedem Fall entgegen (vgl. zu Sanitätshelfern: BFH, Urteil vom 4. August 1994 VI R 94/93, BFHE 175, 276, BStBl II 1994, 944).
Wesentliche Bedeutung dürfte für die Beurteilung der Frage, ob Fußballschiedsrichter eine selbständige Betätigung iSv § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ausüben, dem Umstand beizumessen sein, dass sie keine nennenswerte Unternehmerinitiative entfalten, da sie sich für die Leitung bestimmter Spiele nicht bewerben können, sondern von den jeweiligen Verbänden für Spielleitungen eingesetzt werden. Eine Steigerung ihrer Einkünfte können Fußballschiedsrichter wegen der vorgegebenen festen Vergütungen – jedenfalls soweit sie auf dem Niveau des Klägers tätig werden – letztlich nur dadurch erreichen, dass sie sich durch konstant gute Leistungen für weitere bzw. eine höhere Anzahl von Spielleitungen empfehlen. Hinzu kommt, dass sie insoweit weisungsgebunden sind, als Ort und Zeit ihrer Tätigkeit ausschließlich durch den jeweiligen Verband festgelegt werden. Auch inhaltlich sind Fußballschiedsrichter bei der Ausübung ihrer Tätigkeit an die Vorgaben des jeweiligen Verbands gebunden (z.B. an die vom DFB normierten „Fußball-Regeln 2014/2015“; http://www.dfb.de/fileadmin/user_upload/2014/07/Regelheft_2014-15-DFB.pdf); über einen eigenen Beurteilungsspielraum verfügen sie lediglich im Rahmen dieser Vorgaben. Zudem sind Fußballschiedsrichter auch insoweit in die Organisation des Verbands eingegliedert, als sie z.B. von diesem aus- und fortgebildet werden und sog. Schiedsrichterbeobachter, die wiederum durch die Schiedsrichterausschüsse der Verbände (z.B. des DFB) angesetzt werden, ihre Leistung beurteilen. Schließlich darf nicht verkannt werden, dass der Kläger – zumindest bezüglich seines „Hauptauftraggebers“ DFB – nicht nur vorübergehend, sondern vielmehr über mehrere Jahre und damit dauerhaft in den Verbandsbetrieb eingebunden war und daneben lediglich vereinzelt für andere Verbände (FIFA, UEFA) tätig wurde.
4. Ergänzend und weiter vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die Klage selbst dann voraussichtlich zum Teil Erfolg gehabt hätte, wenn die Tätigkeit des Klägers – entgegen hier vertretener Auffassung – als gewerblich einzustufen wäre:
Zwar dürfte mit dem Beklagten davon auszugehen sein, dass der Kläger als Fußballschiedsrichter keine Einkünfte als „Sportler“ iSv Art. 17 Abs. 1 des OECD-MA bzw. Art. 17 Abs. 1 DBA Schweiz bezieht. Der Senat neigt insoweit der Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts im Urteil vom 24. November 2004 zu, wonach für eine sportliche Betätigung in der Regel die aktive Teilnahme an einem Wettkampf erforderlich ist und es an dieser Voraussetzung bei einem Schiedsrichter mangelt (aaO); für einen Fußballschiedsrichter dürfte insoweit nichts anderes gelten als für einen Tennisschiedsrichter.
Der Gewerbesteuer unterliegt ein Gewerbebetrieb jedoch nur, soweit er im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Im Inland betrieben wird ein Gewerbebetrieb, soweit für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG). Insofern hat der Beklagte zumindest die Einkünfte des Klägers aus den Spielleitungen im Ausland zu Unrecht der Gewerbesteuer unterworfen. Denn selbst wenn man annähme, dass es sich bei der Wohnung des Klägers im Inland um eine Betriebsstätte iSv § 12 Satz 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) handelte, könnten die Einkünfte aus den Spielleitungen im Ausland nach Auffassung des Senats dieser inländischen Betriebsstätte nicht iSv § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG zugerechnet werden.
Der Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO stattzugeben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO iVm §§ 708 Nr. 10, 713 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung
Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.
Für die Einlegung und Begründung der Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof besteht Vertretungszwang. Zur Vertretung der Beteiligten vor dem Bundesfinanzhof berechtigt sind Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer; zur Vertretung berechtigt sind auch Gesellschaften im Sinne des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch solche Personen handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Hinweis:
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite www.bundesfinanzhof.de lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S.3091) einzuhalten ist.