08.09.2015 · IWW-Abrufnummer 145324
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 07.07.2015 – 10 K 546/12 E
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf
10 K 546/12 E
Tenor:
Unter Änderung des Bescheids vom 22.04.2015 wird die Einkommensteuer 2008 unter Berücksichtigung eines Auflösungsverlustes i.S.d. § 17 EStG i.H.v. xx € auf 0,00 € festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand:
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Streitig ist nur noch, ob der Kläger anlässlich der Auflösung der A-GmbH einen Verlust nach § 17 EStG erzielt hat.
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Der Kläger betreibt in B-Stadt eine Apotheke und erzielt hieraus Einkünfte aus selbständiger Arbeit.
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Mit notariellem Vertrag vom ….2006 gründete der Kläger als Alleingesellschafter die A-GmbH (im Folgenden kurz A-GmbH). Zweck der Gesellschaft war laut Gründungsvertrag der Betrieb eines Tauchsport-Fachgeschäfts. Zum Geschäftsführer wurden zum einen der Kläger und zum anderen Herr C bestellt, welcher mit Vertrag vom ….2006 zum ….2006 als Arbeitnehmer fest eingestellt wurde. Darüber hinaus wurden mit Verträgen vom ….2006 zwei weitere Festangestellte für den Verkauf beschäftigt (D / E).
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Mit Vertrag vom ….2006 mietete die A-GmbH zum ….2006 auf der F-Straße in G-Stadt ein Ladenlokal an, welches mit einem erheblichen Aufwand (erklärte Aufwendungen: netto xx €) zum Tauchsportgeschäft umgebaut wurde. Die A-GmbH nahm Anfang November 2006 ihre Geschäfte auf.
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Die GmbH erwirtschaftete in den Jahren 2006 bis 2008 einen Verlust i.H.v. xx €, der sich wie folgt zusammensetzt:
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…
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In einer am ….2008 durchgeführten Gesellschafterversammlung beschloss der Kläger, die Gesellschaft mit Ablauf des ….2008 aufzulösen. Zugleich bestellte sich der Kläger selbst zum Liquidator. Die Auflösung wurde am ….2008 im Handelsregister eingetragen (…) und die Gesellschaft wurde am ….2009 gelöscht. Den Arbeitnehmern D und E wurde im April 2008 zum ….2008 gekündigt und dem Geschäftsführer C im Mai 2008 zum ….2008. Die Ladeneinrichtung (Anschaffungskosten 2006: netto xx €) und der Warenbestand (Einkaufspreis netto xx €) wurden mit Rechnung vom ….2008 an die H-AG, B-Stadt, zu einem Kaufpreis von netto xx € veräußert.
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Im Rahmen seiner Einkommensteuer(ESt)-Erklärung 2008 erklärte der Kläger im Zusammenhang mit der A-GmbH einen Verlust aus § 17 EStG i.H.v. xx €. Der Beklagte folgte der Erklärung zunächst und setzte die ESt 2008 mit unter Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 03.03.2010 auf 0,00 € fest. Der Auflösungsverlust wurde dabei unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens mit xx € berücksichtigt.
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In der Folgezeit wurde bei dem Kläger eine Betriebsprüfung durchgeführt. Mit Betriebsprüfungsbericht vom ….2010 vertrat der Betriebsprüfer u.a. die Auffassung, dass der erklärte Auflösungsverlust der Höhe nach auf xx € zu mindern sei, allerdings auch dieser geminderte Betrag letztlich nicht als Verlust nach § 17 EStG zu berücksichtigen sei, da die Beteiligung an der A-GmbH nicht mit Einkünfteerzielungsabsicht erworben worden sei. Es sei davon auszugehen, dass die Entscheidung zur Neugründung der A-GmbH auf den persönlichen Interessen und Neigungen des Klägers, der in seiner Freizeit den Tauchsport ausübe, beruht habe, zumal die Gründung der A-GmbH ohne betriebswirtschaftliches Konzept erfolgt sei. Bereits die Fixkosten aus Löhnen und Raumkosten würden bei weitem nicht durch den Umsatz gedeckt. Unterlagen und Zahlen, die Umsatzprognosen und eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vor Gründung der A-GmbH belegen würden, seien auf Anforderung nicht vorgelegt und auch tatsächlich nicht durchgeführt worden. Berechnungen über Rohgewinnaufschlagsätze und Absatzvolumen seien nicht vorhanden. Die ersten Planungen zur Einstellung bzw. Liquidation der A-GmbH seien laut Kläger bereits in 2007 erfolgt. Dies zeige zusätzlich die fehlende Planung und Konzeption der Investitionen auf.
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Unter Auswertung der Ergebnisse der Betriebsprüfung erging am 19.01.2011 ein Änderungsbescheid, mit dem die ESt 2008 auf xx € festgesetzt wurde. Der erklärte Auflösungsverlust nach § 17 EStG blieb dabei außer Ansatz.
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Der Kläger legte gegen den Änderungsbescheid Einspruch ein. Dabei trug er u.a. vor, dass die Eröffnung des Tauchsportgeschäfts dem Ziel gedient habe, sich ein zweites Standbein zu schaffen. Die Einkünfte aus der Apotheke seien rückläufig gewesen.
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Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 11.01.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte hielt im Einspruchsverfahren an der Auffassung des Betriebsprüfers fest, dass sich der Kläger nicht mit Gewinnerzielungsabsicht an der A-GmbH beteiligt habe. Das Tauchsportgeschäft stelle nach objektiver Beurteilung von Beginn an keine Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuerrechts dar. Da der Kläger Hobbytaucher sei, liege die Vermutung nahe, dass das Tauchsportgeschäft eher aus privatem Interesse aufgebaut worden sei als dass es eine ernst gemeinte gewerbliche Betätigung habe darstellen sollen. Dass der Kläger nach eigener Auffassung lediglich Geldgeber gewesen sei und ansonsten kaum Berührungspunkte mit der A-GmbH gehabt habe, reiche für die Annahme einer Einkünfteerzielungsabsicht nicht aus. Wenn man derart viel Geld in eine Geschäftseröffnung investiere, an der man wirtschaftliches und kein privates Interesse habe, stelle man in der Regel eine Überschussprognose auf. Gerade wenn ernsthaft geplant gewesen wäre, durch das Tauchsportgeschäft ein zweites Standbein zu schaffen, dann hätten zwingend vorher eine Umsatzprognose und eine Wirtschaftlichkeitsberechnung durchgeführt werden müssen. Da sämtliche Fixkosten bekannt gewesen seien, habe man von vornherein erkennen können, dass ein auch nur kostendeckender Betrieb des Geschäfts sehr schwierig sein würde. Die Erzielung von Überschüssen sei quasi ausgeschlossen gewesen, d.h. der Betrieb sei von vornherein zur Erzielung eines Totalgewinns nicht in der Lage gewesen. Hinzu komme, dass auch die Führung des Geschäfts ein unternehmerisches Interesse nicht erkennen lasse. Die Aufzeichnungen und Zuordnungen bestimmter Kosten im Zusammenhang mit dem Umbau des Ladenlokals würden sich nicht nachvollziehen lassen. Unterlagen über die umfangreichen Modernisierungsarbeiten seien nicht vorgelegt worden.
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Der Kläger hat sodann Klage erhoben, die neben der Anerkennung eines Auflösungsverlustes von nunmehr xx € ursprünglich auch weitere Streitpunkte umfasste. Der Streit bezüglich der sonstigen Punkte wurde mit Änderungsbescheid vom 22.04.2015, mit dem die Einkommensteuer 2008 auf xx € herabgesetzt wurde, beigelegt. Unstreitig ist inzwischen zudem, dass der Auflösungsverlust nach § 17 EStG der Höhe nach wie beantragt xx € betragen würde und dass das Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 EStG i.V.m. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG) im Streitfall keine Anwendung findet. Streitig ist allein noch, ob der Auflösungsverlust dem Grunde nach zu berücksichtigen ist.
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Der Kläger trägt vor, dass er durchaus mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt habe. Er habe die A-GmbH gegründet, weil sich die Honorierung für rezeptpflichtige Arzneimittel im Jahr 2003 gravierend geändert habe, dadurch sein Umsatz aus der Apotheke deutlich zurückgegangen sei und er sich deshalb ein zweites Standbein habe aufbauen wollen. Den Geschäftszweck „Tauchsporthandel“ habe er gewählt, weil er in seiner Freizeit selbst tauche und sich mit dem Markt etwas auskenne. Er selbst sei allerdings nur als Kapitalgeber aufgetreten. U.a. habe er der A-GmbH für den Umbau des Ladenlokals und die Erstausstattung mit Ware rd. xx € zur Verfügung gestellt sowie weitere Beträge in den Jahren 2007 und 2008.
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Vor der Gründung der A-GmbH habe er sich durchaus Gedanken dazu gemacht, ob er mit diesem Geschäftsmodell genug Geld verdienen könne. Deswegen habe er das Geschäft auch nicht in B-Stadt eröffnet, sondern in G-Stadt in der Nähe einer Einkaufsstraße in guter Lauflage. Dass seine Überlegungen nicht ganz aus der Luft gegriffen seien, zeige sich auch daran, dass sich die I-Bank bereit erklärt habe, der A-GmbH ein Darlehen i.H.v. xx € zu gewähren. In Zusammenhang mit diesem Darlehen sei am ….2006 auch ein Businessplan erstellt worden (…).
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Das Ladenlokal sei von montags bis samstags während der üblichen Ladenöffnungszeiten geöffnet gewesen. Aufgrund der Anwesenheitspflicht für Apotheker habe er das operative Geschäft der A-GmbH nicht selbst führen können. Deshalb sei neben dem Verkaufspersonal auch Herr C als Geschäftsführer angestellt worden. Herr C sei in einem Tauchgeschäft in J-Stadt als Techniker und Verkäufer angestellt gewesen und habe ihn - den Kläger - dort mehrfach bedient. Deshalb sei ihm auch bekannt gewesen, dass Herr C von seinem bisherigen Arbeitgeber weg wollte.
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Die A-GmbH habe ihr Geschäft … 2008 wieder geschlossen. Grund hierfür sei gewesen, dass kein zufriedenstellender Umsatz erzielt worden sei und ihm - dem Kläger - auch die Geldmittel ausgegangen seien. Nach langwierigen, im Jahr 2007 begonnenen Verkaufsverhandlungen sei es ihm letztlich gelungen, zum ….2008 die Apotheke seines Vaters zu kaufen. Durch die hierfür erforderlichen weiteren Finanzierungen sowie durch die der A-GmbH bereits gewährten Darlehen sei er finanziell stark eingeschränkt gewesen.
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Er habe schon in 2007 überlegt, was er kurzfristig machen könne, um mit der A-GmbH in die Gewinnzone zu kommen. Der Grund dafür, dass er die A-GmbH nicht schon in 2007 liquidiert habe, liege darin, dass sich die Geschäftslage Ende 2007 etwas gebessert habe. Dies habe ihn zunächst hoffen lassen. Die Hoffnung habe sich jedoch nicht realisiert, weshalb er es in 2008 vorgezogen habe, einen Schlussstrich zu ziehen nach dem Motto „Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende“.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
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den ESt-Bescheid 2008 vom 22.04.2015 dahingehend zu ändern, dass die ESt unter Berücksichtigung eines Auflösungsverlustes i.S.d. § 17 EStG i.H.v. xx € niedriger festgesetzt wird.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Ansicht, dass es nicht die Aufgabe des Finanzamts sei, das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht nachzuweisen. Da der Kläger die Anerkennung eines Verlusts begehre, liege die Beweislast dafür, dass eine Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt worden sei, bei ihm. Dabei sei für den Streitfall zusätzlich zu beachten, dass es nicht darum gehe, ob die A-GmbH ihre Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt habe, sondern darum, ob der Kläger die Beteiligung an der A-GmbH mit Gewinnerzielungsabsicht erworben habe. Dies sei aus den bereits im Einspruchsverfahren dargelegten Gründen zu verneinen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
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Die Klage ist zulässig und begründet.
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Der Beklagte hat den geltend gemachten Auflösungsverlust zu Unrecht unberücksichtigt gelassen.
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Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war, wobei Veräußerungsgewinn grundsätzlich der Betrag ist, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Als Veräußerung im Sinne des Absatzes 1 gilt auch die Auflösung einer Kapitalgesellschaft ( § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG).
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Der Kläger war zu 100 % an der A-GmbH beteiligt, so dass durch die im Jahr 2008 erfolgte Auflösung der A-GmbH der Tatbestand des § 17 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 EStG grundsätzlich erfüllt wurde.
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Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr.1 bis 7 EStG – hier nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 17 EStG – liegen allerdings stets nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige die entsprechende Tätigkeit mit Einkünfteerzielungsabsicht ausübt. Fehlt es an der Absicht der Einkünfteerzielung, liegen keine steuerbaren Einkünfte vor. Bezogen auf § 17 EStG bedeutet dies, dass der wesentlich Beteiligte die Anteile an der Kapitalgesellschaft mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, erwerben und halten muss. Bei einer wesentlichen Beteiligung ist für das Streben nach einem Totalgewinn als Voraussetzung der Einkünfteerzielungsabsicht dabei nicht nur ein durch Wertsteigerung sich ergebender Veräußerungsgewinn zu berücksichtigen, sondern auch die laufenden Erträge aus Ausschüttungen (BFH, Urteil vom 29.06.1995 – VIII R 68/93, BStBl II 1995, 722).
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Erweist sich die Ertragserwartung des wesentlich Beteiligten sowohl im Hinblick auf Ausschüttungen als auch auf eine Wertsteigerung der Beteiligung als unrichtig, kann hieraus nicht ohne Weiteres auf eine fehlende Einkünfteerzielungsabsicht geschlossen werden. Dies ist vielmehr bis zum Zeitpunkt der Veräußerung der Beteiligung oder der Auflösung der Gesellschaft nur unter den gleichen Voraussetzungen möglich, die für Gewerbetreibende maßgeblich sind (BFH, Urteil vom 02.05.2001 – VIII R 32/00, BStBl II 2001, 668 m.w.N.).
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Hinsichtlich der Beurteilung, ob ein Gewerbetreibender seine Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausübt, sind folgende Grundsätze zu beachten: Als innere Tatsache lässt sich die Gewinnerzielungsabsicht nur anhand äußerer Umstände feststellen. In objektiver Hinsicht ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf Dauer geeignet ist, einen Gewinn zu erwirtschaften. Bei neu gegründeten Gewerbebetrieben spricht der Beweis des ersten Anscheins grundsätzlich für eine Gewinnerzielungsabsicht, es sei denn, die Art des Betriebs bzw. seine Bewirtschaftung sprächen von vornherein dagegen, weil das Unternehmen nach der Lebenserfahrung typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, persönlichen Neigungen des Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen (BFH, Urteil vom 02.08.1994 – VIII R 55/93, BFH/NV 1995, 866). Bei Tätigkeiten, die nicht typischerweise dazu bestimmt und geeignet sind, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen, lässt allein das Erzielen langjähriger Verluste noch keinen zwingenden Schluss auf das Nichtvorliegen der inneren Tatsache "Gewinnerzielungsabsicht" zu. Vielmehr muss bei längeren Verlustperioden aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich sein, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt. Bei der Gesamtwürdigung ist auch zu berücksichtigen, wie der Steuerpflichtige auf längere Verlustperioden reagiert. Nimmt der Steuerpflichtige betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen vor oder stellt er den Betrieb nach Erkennen der fehlenden Eignung zur Erzielung eines Totalgewinns ein, dann spricht dies für das Vorhandensein einer Gewinnerzielungsabsicht (vgl. BFH, Urteil vom 21.07.2004 – X R 33/03, BStBl II 2004, 1063).
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Bezogen auf den hier vorliegenden Fall der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft bedeutet das, dass es konkreter Anhaltspunkte dafür bedarf, dass aufgrund der individuellen Verhältnisse der Kapitalgesellschaft und/oder ihrer Gesellschafter auch langfristig mit einem Überschuss einschließlich einer Wertsteigerung nicht zu rechnen ist oder dass rein persönliche Gesichtspunkte, wie freundschaftliche oder verwandtschaftliche Beziehungen, für die Beteiligung bestimmend waren (BFH, Urteil vom 02.05.2001 – VIII R 32/00, BStBl II 2001, 668 m.w.N.).
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Solche Anhaltspunkte liegen im Streitfall nicht vor.
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Bei der Gesamtwürdigung war vorrangig zu beachten, dass der Handel mit Gegenständen - anders als z.B. die Vermietung von Segelyachten oder der Betrieb eines Gestüts - typischerweise nicht zu den Tätigkeiten gehört, die zur Befriedigung persönlicher Neigungen ausgeübt werden, sondern das klassische Betätigungsfeld eines Gewerbetreibenden darstellt. Dass mit Gegenständen des Freizeitbedarfs (hier: Tauchsportartikel) gehandelt wird, ändert daran grundsätzlich nichts.
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Um dem Kläger die Einkünfteerzielungsabsicht absprechen zu können, müssten mithin konkrete Beweisanzeichen dafür vorliegen, dass der Handel mit Tauchsportartikeln aus sonstigen (nicht der Gewinnerzielung dienenden) Gründen ausgeübt wurde. Dafür ist im Streitfall allerdings nichts ersichtlich. Insbesondere reicht es nicht aus, dass der Kläger als Alleingesellschafter in seiner Freizeit selbst taucht, denn es geht nicht um den Gesch äftszweck „Tauchen“ (z.B. Betätigung als Tauchlehrer), sondern um den Geschäftszweck „Handel“. Die Tauchaktivitäten des Klägers stellen lediglich insoweit den Auslöser der gewerblichen Tätigkeit dar, als dass als Gegenstand der Handelstätigkeit ein Bereich gewählt wurde, über den der Kläger in seiner Freizeit gewisse Kenntnisse erworben hat. Für eine neue Handelstätigkeit ein Marktsegment zu wählen, über das gewisse Kenntnisse vorhanden sind, entspricht grundsätzlich wirtschaftlich vernünftigem Denken. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Kläger irgendwelche sonstigen Vorteile durch die Aufnahme der Handelstätigkeit erlangt hat, zumal es ihm dadurch, dass die Rechtsform einer GmbH gewählt wurde, nicht möglich war, private Kosten in den betrieblichen Bereich zu verlagern.
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Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Kläger das Tauchsportgeschäft aufgrund der Anwesenheitspflicht in der Apotheke nicht selbst aktiv betreiben konnte, sondern das operative Geschäft durch eingestelltes Personal hat betreiben lassen. Der Umstand, dass fremde Dritte als Arbeitnehmer beschäftigt werden, spricht in der Regel für eine ernsthafte, mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit. Dass der Kläger Herrn C schon vor der Anstellung kannte, ist unschädlich, da es sich bei Herrn C nach Aktenlage nur um einen Bekannten, nicht aber um einen Verwandten oder engen Freund handelte, und persönliche Motive des Klägers insoweit nicht ersichtlich sind.
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Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers auch nicht deshalb zu verneinen, weil die vom Kläger vor Gründung der A-GmbH vorgenommenen Umsatz- und Gewinnprognosen nicht den Qualitätsanforderungen des Beklagten entsprechen. Denn bei Tätigkeiten, die typischerweise nicht dazu bestimmt und geeignet sind, persönlichen Neigungen des Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen, besteht nicht erst dann ein Beweis des ersten Anscheins für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht, wenn entsprechende Businesspläne erstellt wurden, sondern generell. Abgesehen davon hat sich der Kläger offensichtlich durchaus Gedanken über die Ertragsaussichten gemacht, was sich z.B. daran zeigt, dass er der Standortfrage besondere Aufmerksamkeit gewidmet hat und bewusst ein Ladenlokal in guter Lage ausgewählt hat. Auch wurde für die I-Bank ein – wenngleich auch rudimentärer – Businessplan erstellt. Dass sich die dort genannten Umsatz- und Gewinnvorstellungen nicht realisiert haben, ist kein Indiz gegen das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht.
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Nicht zuletzt war bei der Tatsachenwürdigung auch zu berücksichtigen, dass der Kläger die Tätigkeit der A-GmbH schon … 2008 eingestellt hat. Der Kläger hat damit letztlich genau das gemacht, was die steuerliche Rechtsprechung von Unternehmern regelmäßig verlangt, nämlich die verlustbringende Tätigkeit beendet. Dabei kann dem Kläger auch nicht der Vorwurf gemacht werden, dass er den Umstand, dass letztlich kein Totalgewinn zu erzielen war, noch früher habe erkennen müssen. Denn es ist zu berücksichtigen, dass neu gegründete Gewerbebetriebe typischerweise eine gewisse Zeitspanne benötigen, um sich auf dem Markt zu etablieren, und Anfangsverluste infolgedessen nicht ungewöhnlich sind. Eine noch kürzere Betriebslaufzeit als die hier vorliegenden 1,5 Jahre kann von einem Steuerpflichtigen allenfalls unter sehr ungewöhnlichen, hier nicht gegebenen Umständen verlangt werden.
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Letztlich ist mithin aufgrund der Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls davon auszugehen, dass der Kläger die A-GmbH mit der Absicht gegr ündet hat, dass die A-GmbH mit dem Tauchsportgeschäft Gewinne erwirtschaftet und der Kläger entsprechende Einkünfte aus seiner Beteiligung – sei es in Form von Ausschüttungen oder in Form eines Veräußerungsgewinns – erzielt.
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Dass statt eines Veräußerungsgewinns ein Auflösungsverlust von xx € entstanden ist, ist unstreitig. Ebenso ist unstreitig, dass das Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 EStG i.V.m. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG) im Streitfall keine Anwendung findet.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.