05.11.2015 · IWW-Abrufnummer 145707
Sozialgericht Marburg: Urteil vom 02.09.2015 – S 16 KA 531/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
S 16 KA 531/13
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Abrechnungen für die drei Quartale II/2003, III/2003 sowie I/2005 in Höhe von insgesamt noch 33.471,84 EUR netto wegen der Beschäftigung einer Assistentin.
Die Klägerin ist als Fachärztin für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Die Klägerin hatte eine befristete Genehmigung zur Beschäftigung der Frau Dr. C. als Entlastungsassistentin für den Zeitraum 16.04.1999 bis 15.11.1999.
Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 17.12.2003 die Beschäftigung der Frau D. als Weiterbildungsassistentin für den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2004, ferner mit Bescheid vom 29.03.2005 die Beschäftigung der Frau Dr. E. als Weiterbildungsassistentin für den Zeitraum 01.04.2005 bis 31.07.2007 halbtags, die zum 31.06.2006 das Weiterbildungsverhältnis bei der Klägerin beendete.
Die Beklagte setzte in den Quartalen I/2002 bis IV/2003 und I/2005 das Honorar der Klägerin durch Honorarbescheid, wogegen die Klägerin jeweils Widerspruch einlegte, wie folgt fest:
Quartal I/2002 II/2002 III/2002 IV/2002
Honorarbescheid vom 08.09.2002 22.10.2002 21.01.2003 18.07.2003
Nettohonorar gesamt in EUR 51.135,83 47.812,76 46.556,59 50.579,94
Bruttohonorar PK + EK in EUR 50.623,60 48.124,19 46.474,89 49.766,68
Fallzahl PK + EK 1.186 1.081 1.078 1.135
Quartal I/03 II/03 III/03 IV/03
Honorarbescheid vom 19.07.2003 25.10.2003 16.03.2004 17.06.2004
Nettohonorar gesamt in EUR 50.579,94 48.051,52 47.976,29 50.408,20
Bruttohonorar PK + EK in EUR 49.766,68 47.629,07 47.693,22 50.379,10
Fallzahl PK + EK 1.135 1.096 1.253 1.128
Quartal I/05
Honorarbescheid vom 26.07.2005
Nettohonorar gesamt in EUR 47.967,66
Bruttohonorar PK + EK in EUR 47.670,04
Fallzahl PK + EK 1.112
Die Beklagte führte für die Quartale II/2002, II/2003 und III/2003 eine Plausibilitätsprüfung durch und übersandte der Klägerin unter dem Datum des 01.11.2005 die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse für diese Quartale unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile.
Nach einem Aktenvermerk der Beklagten vom 20.12.2005 trug die Klägerin im Rahmen einer Akteneinsicht vor, sie habe seinerzeit einen "nicht genehmigten Assistenten" beschäftigt. Ihr sei vor Jahren durch die Beklagte mündlich gesagt worden, dass eine schriftliche Genehmigung in diesem Fall nicht zwingend von Nöten sei. Die Klägerin erklärte in einer persönlichen Anhörung am 15.02.2006 erneut, sie habe seinerzeit einen "nicht genehmigten Assistenten" beschäftigt. Der Plausibilitätsausschuss gab das Verfahren daher zur Durchführung einer sachlich-rechnerischen Prüfung ab.
Die Klägerin trug mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten unter Datum vom 03.05.2006 vor, nach Mitteilung der Beklagten sei das Plausibilitätsprüfungsverfahren als erledigt anzusehen.
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten unter Datum vom 07.07.2006 trug sie weiter vor, Frau Dr. E. habe sie bereits im Zeitraum 01.01.2005 bis 31.03.2005 beschäftigt. Möglicherweise sei versäumt worden, einen entsprechenden Antrag zu stellen.
Die Versäumung des Antrags sei aber historisch begründet. Sie habe im Februar 1999 einen Skiunfall erlitten, der einen stationären Klinikaufenthalt nach sich gezogen habe. Es sei dann Frau Dr. C. als genehmigte Assistentin beschäftigt worden. Sie habe erst im Mai 1999 wieder in der Praxis mitarbeiten können.
Es habe sich dann der Bedarf für weitere Assistententätigkeiten ergeben. Ende 2000 sei über die Frage der Beschäftigung von Assistentinnen ein Gespräch mit Herrn F., Bezirksstelle B-Stadt, geführt worden. Von diesem sei ihr gegenüber mitgeteilt worden, dass eine Entlastungsassistentin beschäftigt werden könne, sie solle es "einfach so weiterlaufen lassen". Die Aussage sei wohl daraus resultiert, dass auch vorher eine entsprechende Genehmigung für die Beschäftigung einer Entlastungsassistentin erlassen worden sei.
Für den hier fraglichen Zeitraum 01.01.2005 bis 31.03.2005 sei die Klägerin davon ausgegangen, dass es keines gesonderten Antrags bedurft hätte. Auch wenn dies möglicherweise rechtlich unzutreffend sei, sei hieraus ersichtlich, dass sie nicht in Verdeckungsabsicht gehandelt habe. Es sei insbesondere auch nicht eine unzulässige Ausdehnung der Praxis damit beabsichtigt worden.
Die Tätigkeit von Frau Dr. E. habe auch dazu gedient, dass sie, die Klägerin, die notwendige Weiterbildungserlangen der Zusatzbezeichnung Psychotherapie habe durchführen können. Frau Dr. E. sei nur Dienstagvormittag und Mittwochvormittag tätig gewesen. Dienstagvormittag habe sie einige Hausbesuche ausgeführt, mittwochvormittags teilweise in der Sprechstunde mitgearbeitet. Die Klägerin sei aber auch Mittwochvormittag persönlich in der Praxis anwesend gewesen.
In den streitbefangenen Quartalen habe es eine Fallzahl- und eine Volumenbegrenzung gegeben, sodass in wirtschaftlicher Hinsicht kein "zusätzlicher Gewinn" entstanden sei.
Ein prozentuales Verhältnis der Tätigkeit der Assistentin könne sie nicht angeben. Es handele sich nur um untergeordnete Zeiträume.
Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 26.02.2008 die strittige Honorarkürzung vor.
Wegen der Beschäftigung einer nicht genehmigten Assistentin im Quartal II/2002 und den streitgegenständlichen Quartal II/2003, III/2003 sowie I/2005 setzte sie folgende Kürzungen nach Abzug der Verwaltungskosten fest:
Quartal Honorarkürzung
II/2002 11.910,92
Quartal Honorarkürzung
II/2003 11.981,67
III/2003 11.954,50
I/2005 9.535,67
Gesamt 33.471,84 EUR netto
Die Klägerin habe mit der Abgabe der Abrechnung in einer Sammelerklärung/Quartalsabrechnung bestätigt, dass die zur Abrechnung eingereichten Leistungen nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen sowie nach den Vorgaben der Honorarverteilung erbracht worden seien, notwendig gewesen seien und die eingereichte Abrechnung richtig und vollständig sei. Ihre Befugnis zur Honorarberichtigung erfasse auch die Fallgestaltung, in denen der Vertragsarzt Leistungen und unter Verstoß gegen Vorschriften über formal und inhaltliche Voraussetzungen Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet habe.
Die Klägerin habe keine ausreichenden Auskünfte zum Umfang der Beschäftigung der Assistentinnen gegeben. Es liege daher im Schätzungsermessen der Beklagten, die Schadenshöhe festzustellen. Sie reduziere die Fallzahl für die Quartale II/2002, II/2003 und III/2003 um jeweils 25 %, für das Quartal I/2005 um 20 %. Die abzusetzenden Fälle multipliziere sie mit dem jeweils durchschnittlichen Fallwert.
Hiergegen hat die Klägerin am 15.10.2013 die Klage erhoben. Sie bezieht sich auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, sie rüge die unterschiedliche Kürzung.
Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass Frau Dr. E. als Assistentin praktisch den gleichen Umsatz erwirtschaftet habe wie sie als Praxisinhaberin.
Ferner seien Honorarbegrenzungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Die Beklagte hätte von der Berechnung im Rahmen des Plausibilitätsverfahrens ausgehen müssen. Für das Quartal II/2003 habe sich seinerzeit ein Betrag in Höhe von 1.673,58 Euro ergeben.
Sie habe zum 01.03.2000 ihre Praxis nach B-Stadt verlegt. Zuvor hatte Frau Dr. G. halbtagsweise vor allem bei Hausbesuchen ihr nach ihrem Unfall geholfen. Diese habe eine andere Praxis übernommen. Für sie sei Frau Dr. H. gekommen.
Als diese eine Praxis in H-Stadt habe übernehmen können, habe sie Frau Dr. E. um Unterstützung auch für ihren Notdienst gebeten. Dies habe sich Frau Dr. E. nicht zugetraut, weshalb sie gebeten habe, nach 15-jähriger Berufspause wegen dreier Kinder erst einmal hospitieren zu dürfen. Sie habe sich schnell gut eingearbeitet, so dass sie sie als Nachfolgerin für Frau Dr. H. in die Praxis habe nehmen wollen als freie Mitarbeiterin, stundenweise zur Entlastung.
Herr F., Stellvertreter des Geschäftsführers der damaligen Bezirksstelle, habe ihr versichert, sie brauche keinen schriftlichen Antrag zu stellen, da das ja in der Fortsetzung von Frau Dr. H. Tätigkeit zu ihrer Entlastung diene, man dürfe nur keine regelmäßige Angestelltenposition daraus machen.
Durch die Beschäftigung von Frau Dr. I. sei die Beklagte auf sie zugekommen und habe sie aufgefordert, Frau Dr. E. Position neu zu klären. Sie habe dann die Genehmigung als Weiterbildungsassistentin beantragt.
Als dann 2006 Herr Dr. J. als Jobsharing-Assist mit Praxisübernahmeabsichten in die Praxis eingetreten sei, habe Frau Dr. E. aus persönlichen Gründen die Praxis verlassen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 28.02.20008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2013 aufzuheben, soweit er die Quartale II/03, III/03 sowie I/05 betrifft.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Klägerin habe in den streitgegenständlichen Quartalen gegen die vertragsärztlichen Abrechnungsvorgaben in § 15 Abs. 1 BMV-Ä bzw. gegen § 14 Abs. 1 EKV verstoßen, weil sie in ihrer Praxis eine Assistentin ohne Genehmigung beschäftigt habe und somit nicht von ihr persönlich erbrachte Leistungen abgerechnet habe.
Die Klägerin habe auch zumindest grob fahrlässig gehandelt. Mit der Abgabe der Honorarabrechnung habe sie ausdrücklich erklärt, dass ihre Abrechnung ordnungsgemäß erfolgt sei.
Die Unrichtigkeit der Sammelerklärung habe den Übergang des Honorarrisikos auf den Arzt zur Folge, wenn die unrichtigen Angaben zumindest grob fahrlässig erfolgt seien.
Die Berechnung des Rückforderungsbetrages sei ebenso wenig zu beanstanden, wie die Ausübung ihres Schätzungsermessens.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Behördenvorgänge sowie der Gerichtsakten. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat gem. § 12 Abs. 3 Satz 2 SGG in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden, auch ist das Sozialgericht Marburg zuständig.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Denn der Bescheid vom 28.02.20008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2013 ist, soweit er hier angefochten ist, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Berichtigung ist § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V in der Fassung vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2477, gültig ab 01.01.2004) i.V.m. § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) sowie § 50 SGB X.
Zuständig hierfür ist die Beklagte. Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen.
Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Eine solche stellt dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids. Die oben angeführten, auf § 82 Abs. 1 SGB V beruhenden bundesmantelvertraglichen Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Aufhebung des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, der Grundnorm des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für den gesamten Bereich des Sozialrechts, eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2005, B 6 KA 17/05 R m.w.N.)
Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts, mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honorarforderung auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage besteht danach nicht nur im Falle rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern erfasst auch Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat.
Dementsprechend erfolgt eine sachlich-rechnerische Richtigstellung auch bei Leistungen eines nicht genehmigten Assistenten sowie bei der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs mit Hilfe eines Assistenten (SG Marburg, Gerichtsbescheid vom 15.10.2014, S 12 KA 588/12 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 23.06.2010, B 6 KA 7/09 R und SG Marburg, Urteil vom 26.11.2008, S 12 KA 459/07 mwN).
Die Beklagte hat die Berichtigung in nicht zu beanstandender Weise durchgeführt, weil für die Tätigkeit der jeweiligen Assistenten in der Praxis der Klägerin keine Genehmigungen vorlagen, jedoch deren Leistungen gegenüber der Beklagten abgerechnet wurden.
Grundsätzlich ist der Vertragsarzt nach den Honorarverteilungsverträgen und nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV verpflichtet, die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben.
Allerdings eröffnet § 32 Ärzte-ZV unter anderem die Möglichkeit, Assistenten zu beschäftigen. Nach Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift bedarf die Beschäftigung von Assistenten zur Aus- und Weiterbildung der Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung. Nach Satz 2 der Vorschrift darf der Vertragsarzt einen Assistenten im Übrigen nur beschäftigen, 1. wenn dies im Rahmen der Aus- oder Weiterbildung oder aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erfolgt, 2. während Zeiten der Erziehung von Kindern bis zu einer Dauer von 36 Monaten, wobei dieser Zeitraum nicht zusammenhängend genommen werden muss, und 3. während der Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung bis zu einer Dauer von sechs Monaten. Auch für die Beschäftigung eines Vertreters oder Assistenten aus diesen Gründen ist nach Satz 4 der Vorschrift die vorherige Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung erforderlich.
Die von Assistenten einschl. Weiterbildungsassistenten erbrachten Leistungen sind den vom Vertragsarzt persönlich erbrachten Leistungen gleichgestellt und werden dementsprechend auch in gleicher Höhe vergütet (vgl. etwa BSG, Urteil vom 17.03.2010, B 6 KA 13/09 R). Nach § 32 Abs. 3 Ärzte-ZV darf die Beschäftigung eines Assistenten aber nicht der Vergrößerung der Kassenpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs dienen.
Auf ihren Vortrag, sie habe die Namen der jeweiligen Assistenten jeweils auf den Sammelerklärungen vermerkt, kann die Klägerin keine Rechtsposition stützen. Dieser Vortrag war nämlich, wie sich in der mündlichen Verhandlung durch Inaugenscheinnahme der Sammelerklärungen zeigte unwahr.
Hierauf kam es für diesen Prüfungspunkt allerdings ohnehin nicht an. Eine Benennung solcher Personen auf den Sammelerklärungen hätte der Klägerin nämlich keine anspruchsbegründende Rechtsposition verschafft Die Berechtigung zur Abrechnung der durch die Assistenten erbrachten Leistungen fußt auf der formellen Grundlage der vorherigen Genehmigung. Wie der oben zitierte § 32 Ärzte-ZV zeigt handelt es sich nach der gesetzgeberischen Konzeption um eine Regelfall-Ausnahme-Situation, die engen Vorgaben unterliegt. Die Überwachungsfunktion der Beklagten und das System der Gesamtvergütung würde ich nicht mehr zu vertretender Weise untergraben, wenn Vertragsärzte durch die Schaffung von Tatsachen eine Honorarvergütung unter Umgehung von Vorschriften erzwingen könnten.
Diesbezüglich bedurfte es auch keiner Vernehmung des potentiellen Zeugen F. Denn nach den Grundsätzen der Zusicherung bedarf es zur Begründung einer verbindlichen Rechtsposition einer in schriftlicher Form erteilten Zusage, vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Verlässt sich ein Betroffener auf mündliche Zusagen, ist er allenfalls auf den Rechtsweg der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu verweisen, um einen entstandenen Schaden im Wege des Staatshaftungsrechts zu kompensieren.
Das Bundessozialgericht weist der Abrechnungs-Sammelerklärung des Vertragsarztes eine grundlegende Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 17.09.1997, 6 RKa 86/95). Mit ihr garantiere der Vertragsarzt demzufolge, dass die Angaben auf den von ihm eingereichten Datenträgern zutreffen. Weil die Richtigkeit der Angaben nur in engen Grenzen überprüft werden könne und Kontrollen mit erheblichem Aufwand und unsicheren Ergebnissen verbunden seien, beruhe das System der Abrechnung in weitem Maße auf Vertrauen. Erweisen sich die Angaben über erbrachte Leistungen als falsch, erfülle die Erklärung ihre Garantiewirkung nicht mehr. Die Beklagte ist dieser Rechtsprechung zufolge sodann berechtigt, den entsprechenden Honorarbescheid aufzuheben und das Honorar neu festzusetzen.
Um eine angemessene Risikoverteilung und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu gewährleisten, macht das Gericht eine Ausnahme in den Fällen schlichten Versehens durch den Vertragsarzt. Es beschränkt die Rechtsfolge der vollständigen Aufhebung und Neufestsetzung in Anlehnung an die Vorschriften des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X und des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X auf die Fälle, in denen die unrichtige Angaben zumindest grob fahrlässig erfolgt sind. Nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Nach der Rechtsprechung muss der Betroffene hierfür bereits einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellen und auch das nicht beachten, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (LSG Hessen, Urteil v. 10.02.2012, L 5 R 207/11 und Urteil v. 26.8.2011, L 7 AL 156/09 ZVW; BSG, Urteil v. 8.2.2001, B 11 AL 21/00 R, jeweils m.w.N.). Hierbei ist ein subjektiver Maßstab anzulegen. Das Maß der Fahrlässigkeit ist insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit sowie dem Einsichtsvermögen des Beteiligten zu beurteilen (LSG Hessen, Beschluss v. 5.12.2012, L 2 R 80/12 und Urteil v. 21.05.2010, L 7 AL 54/10, jeweils m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dessen lag bei der Klägerin grobe Fahrlässigkeit vor. Denn als Vertragsärztin hat sie die ihrer Berufsausübung zugrunde liegenden Rechtsvorschriften zu kennen und zu beachten (ständige Rspr., vgl. etwa BSG, Urteil vom 20.03.2013, B 6 KA 17/12 R). Dies gilt im Besonderen für die Vorschriften zur Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit, hier also des § 32 Ärzte-ZV. In ihrer Beratung ist die Kammer nach dem persönlichen Eindruck der Klägerin in der mündlichen Verhandlung im Wege der freien Beweiswürdigung zu der zweifelsfreien Überzeugung gelangt, dass sie positive Kenntnis der Genehmigungspflicht hinsichtlich der Tätigkeit von Assistenten hatte. Dieser Eindruck wird gestützt durch die objektive Tatsache, dass die Klägerin vor den streitgegenständlichen Quartalen, nämlich vor dem 16.04.1999 bereits ein Genehmigungsverfahren durchgeführt hatte und auch nach den hier relevanten Verfahren, noch vor der Plausibilitätsprüfung, wiederum zwei weitere Genehmigungsverfahren durchgeführt hatte. Das gegenteilige Vorbringen bewertete die Kammer als nicht glaubhaft. Die Glaubwürdigkeit der Klägerin hielt das Gericht nach dem persönlichen Eindruck und unter Heranziehung der Tatsache, dass sie im Verfahren falsche Angaben zu den handschriftlichen Vermerken auf den Sammelerklärungen gemacht hatte, für gering.
Es bedurfte auch für diesen Aspekt nicht der klägerseits geforderten Beweiserhebung durch eine Vernehmung des potentiellen Zeugen F. Denn selbst für den Fall, dass die Kammer den Vortrag der Klägerin über die Aussage des potentiellen Zeugen als wahr unterstellt, folgt hieraus keine andere Rechtsfolge. Der Vorsitzende hatte bereits mit Ladung des potentiellen Zeugen gegenüber den Beteiligten mitgeteilt, dass die Kammer zu dieser Rechtsauffassung gelangen könnte (Bl. 62 der Gerichtsakte).
Der potentielle Zeuge soll nach Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren Ende des Jahres 2000 gesagt haben, sie solle es (womit die Beschäftigung einer Assistentin gemeint gewesen sein soll) einfach so weiterlaufen lassen. Diesen Vortrag wechselte die Kl ägerin dann im Klageverfahren aus und teilte mit, zunächst habe ein Gespräch mit Herrn A. im November 1999 stattgefunden um zu klären, wie das Assistentenverhältnis mit Frau Dr. E. gestaltet werden müsse. Er habe hier mitgeeilt, dass nichts schriftlich gemacht werden müsse, da es sich nur um unregelmäßige Vertretungen/stundenweise Vertretungen handeln würde. Dann habe ein Gespräch Ende 2001 mit ihm stattgefunden, in dem geklärte werden sollte, wie nach Ablauf der Hospitationszeit die weitere Tätigkeit von Frau Dr. E. gehandhabt werden wollten. Herr F. habe daraufhin erklärt, dass es einige rechtliche Änderungen geben würde, die Klägern solle nichts schriftlich beantragen. Sie solle es so wie bisher laufen lassen.
Der vorliegende Rechtsstreit bezieht sich auf die Beschäftigung von Assistenten in den Quartalen II/2003, III/2003 und I/2005. Nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die von der Kammer weder belegbar noch widerlegbar waren, handelte es sich in allen Fällen um Frau Dr. E. Frau Dr. E. wurde nach Angaben der Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.03.2014 erstmalig im Februar 2001 für die Klägerin tätig. Nach Angaben der Klägerin waren im Jahr 2000 zunächst Frau Dr. G. und später Frau H. für sie tätig.
Die unterstellte Aussage des potentiellen Zeugen A. Ende des Jahres 1999 kann sich also allenfalls entweder auf Frau Dr. G. oder Frau H. bezogen haben. Die unterstellte Aussage, wahlweise Ende 2000 (Angaben im Verwaltungsverfahren) oder Ende 2001 (Angabe im Gerichtsverfahren) hätte sich dann auf Frau Dr. E. bezogen.
Die unterstellten Aussagen mögen dazu führen, dass der Klägerin für das Jahr 2002 kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden kann. Angesichts der Tatsache, dass sich der vorliegende Rechtsstreit um Zeiträume dreht, die mindestens ein Jahr und vier Monate später stattfanden, vermag die unterstellte Aussage des potentiellen Zeugen F. dies sodann nicht mehr zu bewirken. Eine Vertrags ärztin, die wie oben dargelegt, in der Vergangenheit bereits mit dem Genehmigungsverfahren betraut war, kann nicht darauf vertrauen, dass sie dauerhaft Assistenten ohne jegliche formelle Grundlage beschäftigen kann. Insbesondere im Hinblick darauf, dass der potentielle Zeuge F. – unterstellt – rechtliche Änderungen angekündigt hatte und seine Aussage darauf gestützt hat, hätte die Klägerin nach Überzeugung der Kammer spätestens nach Ablauf eines Jahres zumindest weitere Erkundigungen bei der Beklagten einholen müssen, ob es nach wie vor keines Genehmigungsverfahrens oder sonstiger Formalitäten bedarf.
Die Rückforderung des insoweit überzahlten Honorars erfolgt aufgrund des bereits benannten § 50 SGB X. Denn eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige Teilaufhebung des Honorarbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (vgl. SG Marburg, Urteil vom 26.11. 2008, S 12 KA 459/07, unter Verweis auf BSG, Urteil vom 22.03.2006, B 6 KA 76/04 R).
Schließlich ist auch gegen die Höhe der Rückforderungssumme, die die Beklagte im Wege der Schätzung ermittelt hat, ist nichts einzuwenden.
Nachdem die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 10.05.2006 und 21.09.2006 um Angaben zum Tätigkeitsumfang der Assistenten gebeten hatte, diese hierauf aber nicht reagiert hatte, verblieb der Beklagten nur die Schätzung. Diese hat sie in nicht zu beanstandender Weise vorgenommen.
Die Beklagte geht hinsichtlich der Quartale II/2003 und III/2003 in vertretbarer Weise davon aus, dass ein Assistent als weiterer Behandler tatsächlich 25 % des Praxisumfangs erbringen kann. Bei der Beschäftigung eines Entlastungs-, Weiterbildungs- oder Vorbereitungsassistenten kann ein unterstellter Punktmengenzuwachs von bis zu 25 % angenommen werden. Diese Überlegung beruht auf der Regelung des § 85 Abs. 4b Satz 4 SGB V, der lautet "Die Punktmengen erhöhen sich um 25 vom Hundert für Entlastungs-, Weiterbildungs- und Vorbereitungsassistenten" und zwar den zahnärztlichen Bereich betrifft, aber in Ermangelung von Anhaltspunkten für abweichende Verhältnisse im ärztlichen Bereich auch für diesen aussagekräftig ist. Diese für den Punktmengenzuwachs getroffene Regelung kann unbedenklich auch auf den Fallzahlzuwachs angewendet werden (vgl. BSG, Urteil vom 28.09.2005, B 6 KA 14/04 R).
Für das Quartal I/2005 hat sie die Angaben der Klägerin, die Assistentin Frau E. sei vor Beginn ihrer Zeit als genehmigte Weiterbildungsassistentin in der Praxis der Klägerin an zwei Vormittagen beschäftigt gewesen, zugrunde gelegt und gelangte so – gegenüber der Schätzung in den anderen betroffenen Quartalen zugunsten der Klägerin – zu der Annahme eines Fallzahl-Tätigkeitsumfangs von 20%, nämlich ausgehend aus zwei von zehn halben Tagen der Arbeitswoche. Auch dies ist nicht zu beanstanden.
Unberücksichtigt bleiben konnte hierbei der im Klageverfahren ergänzte Vortrag der Klägerin, ihre Assistentin habe nicht den gleichen Umsatz erwirtschaftet wie sie selbst. Bei der Anfechtungsklage kommt es nämlich auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Verwaltungsaktes bzw. des Widerspruchsbescheides an (BSG in ständiger Rspr., statt vieler: Urteil vom 22.09.2009, B 2 U 32/08 R).
Nach § 106a Abs. 2 Satz 6 SGB V ist bei den Prüfungen von dem durch den Vertragsarzt angeforderten Punktzahlvolumen unabhängig von honorarwirksamen Begrenzungsregelungen auszugehen, weswegen schließlich auch das klägerische Argument, Honorarbegrenzungsmaßnahmen seien zu berücksichtigen, nicht zutrifft. Diese Regelung ist keine spezielle Regelung nur für die Plausibilitätsprüfung. Sie gilt für alle sachlich-rechnerischen Richtigstellungen (BSG, Urteil vom 11.03.2009, B 6 KA 62/07 R).
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.