07.04.2016 · IWW-Abrufnummer 146739
Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 27.01.2015 – 8 K 345/14
Die Begrenzung der Entfernungspauschale bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unterliegt keinen Bedenken.
Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.01.2015
Az.: 8 K 345/14
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um die Höhe der als Werbungskosten zu berücksichtigenden Aufwendungen des Klägers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
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Der Kläger wohnt in R und arbeitet in W. Im Streitjahr 2012 fuhr er an 140 Tagen mit dem eigenen Pkw zu seiner 126 km entfernten Dienststelle. In seiner Einkommensteuererklärung für 2012 machte er den tatsächlichen Aufwand in Höhe von 0,52 € pro Entfernungskilometer als Werbungskosten geltend. Dies entspricht einem Betrag von 9.217 €. Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte lediglich 0,30 € pro Entfernungskilometer, mithin 5.294 €.
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Hiergegen wendet sich der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. Er ist der Ansicht, dass auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der tatsächliche Aufwand als Werbungskosten zu berücksichtigen sei. Dies gelte jedenfalls dann, wenn - wie hier - der im Gesetz genannte Betrag von 4.500 € im Jahr überstiegen werde. Eine andere Gesetzesauslegung verstoße gegen das objektive Nettoprinzip, da 0,30 € pro Entfernungskilometer den tatsächlichen Aufwand nicht annähernd zutreffend abbilde. Im Übrigen verstoße die gesetzliche Differenzierung nach Art des Verkehrsmittels gegen den Gleichheitssatz nach Art. 2 und 3 des Grundgesetzes (GG).
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Der Kläger beantragt,
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den Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 19. Juli 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. September 2014 dahingehend abzuändern, dass weitere Werbungskosten von 3.925 € bei der Einkommensteuerfestsetzung berücksichtigt werden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hält an seiner in der Einspruchsentscheidung geäußerten Rechtsauffassung fest.
Entscheidungsgründe
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I. Die Klage ist bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit jedenfalls unbegründet. Insoweit kann dahinstehen, ob der Kläger durch den Einwurf eines an das Finanzgericht adressierten Briefumschlags am 6. Oktober 2014 gegen die ihm am 6. September 2014 zugestellte Einspruchsentscheidung rechtzeitig Klage erhoben hat.
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Denn die Klage ist jedenfalls unbegründet. Der angefochtene Steuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FA hat für die Fahrten des Klägers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu Recht nur einen Betrag von 5.294 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit berücksichtigt.
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1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz 2012 (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG auch Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die regelmäßige Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte von 0,30 € anzusetzen, höchstens jedoch 4.500 € im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4.500 € ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.
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Nach dieser Vorschrift sind als Werbungskosten im Streitjahr 5.292 € zu berücksichtigen (140 Tage x 126 km x 0,30 € je km). Da der Kläger seinen eigenen Pkw nutzt, ist die Begrenzung auf den gesetzlich genannten Höchstbetrag von 4.500 € nicht durchzuführen. Eine weitergehende Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen kommt jedoch nicht in Betracht, da durch die Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten sind, die durch die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte veranlasst sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 EStG).
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2. Dieser pauschalierte Ansatz verstößt auch nicht gegen verfassungsrechtliche Vorgaben, da der Gesetzgeber bei den hier in Rede stehenden Massenphänomen einen Entscheidungsspielraum zum Ansatz von Pauschalen hat, der durch die vorliegenden Regelungen nicht überschritten wird (vgl. BVerfG vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210; BFH-Beschluss vom 11. September 2012 VI B 43/12, BFH/NV 2012, 2023 m. w. N.).
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Wegen der weiteren Begründung wird gemäß § 105 Abs. 5 FGO auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
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II. 1. Das Gericht konnte in der Sache entscheiden, obwohl weder der Kläger noch sein Prozessbevollmächtigter zur mündlichen Verhandlung erschienen waren, da auf die Zulässigkeit einer Entscheidung trotz Ausbleibens eines Beteiligten in der Ladung hingewiesen wurde (§ 91 Abs. 2FGO).
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Ein Ruhen des Verfahrens kam nicht in Betracht, da der Beklagte mit Schriftsatz vom 22. Januar 2014 erklärt hatte, einem Ruhen des Verfahrens nicht zuzustimmen. Das Verfahren war auch nicht nach § 74 FGO auszusetzen, da der vom Kläger eingelegte Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 2013 kein vorgreifliches Rechtsverhältnis i.S.d. § 74 FGO darstellt.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.