20.05.2016 · IWW-Abrufnummer 186000
Sozialgericht München: Urteil vom 10.03.2016 – S 15 R 1782/15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SG München
10.03.2016 - S 15 R 1782/15
Tenor:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Beklagte trägt 20 %, die Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2. gesamtschuldnerisch 80 % der außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand
Streitig sind der sozialversicherungsrechtliche Status des Klägers und die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Die Klägerin zu 1. (nunmehr nur noch Klägerin) betreibt ein Krankenhaus in A-Stadt mit internistischer Belegabteilung und Hauptabteilungen in den "operierenden" Fachgebieten Chirurgie, HNO und Orthopädie. Die streitgegenständliche Tätigkeit des im Jahre 1978 geborenen Klägers zu 2. (nunmehr nur noch Kläger) für die Klägerin ist die eines Honorararztes auf dem Gebiet der Anästhesie für stationäre Patienten der Klägerin.
Der Kläger sowie die Klägerin stellten am 01.09.2014 Antrag auf Feststellung des sozial- versicherungsrechtlichen Status. Der Kläger gab dort an, dass er nur für die Klägerin tätig sei, dass die Jahresarbeitsentgeltgrenze für 2012 und 2013 überschritten wurde und im Jahr 2014 voraussichtlich überschritten werden wird. Dementsprechend wurde der Kläger von der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht befreit (Bescheid der AOK Bayern vom 22.02.2007).
Auf Nachfrage der Beklagten führte die Verwaltungsdirektorin der Klägerin am 10.10.2014 aus, dass die Klägerin eine Belegklinik sei und zur anästhesiologischen Betreuung der Patienten werktäglich von 16:00 Uhr bis 19:00 Uhr eine Anästhesiesprechstunde zur Prämedikation der zur Operation vorgesehenen Patienten abgehalten würde. Der Kläger teile der Klägerin mit, an welchen Tagen er in der Sprechstunde tätig werden könne. Der Kläger behandle die prämedizierten Patienten auch anschließend im Rahmen der Operation anästhesiologisch (Narkose). Der genaue zeitliche Umfang der belegärztlichen Tätigkeit sei unterschiedlich. Die Tätigkeit richte sich nach dem Gesamtarbeitsaufkommen und den zeitlichen Ressourcen des Klägers. Der Kläger biete ca. zwei bis drei Wochen im Voraus freie Zeitfenster an, die die Klägerin annehmen bzw. belegen könne. Umgekehrt könne der Kläger auch angebotene Aufträge ablehnen.
Eine Arbeitszeitregelung gebe es nicht. Der Rahmen werde durch die Anästhesiesprech- stunde einerseits und andererseits durch die operativ tätigen Belegärzte vorgegeben, da die operierenden Belegärzte an unterschiedlichen Tagen (OP-Zeitfenster) tätig seien. Es würden deshalb auch keine Dienst- und Schichteinteilungen existieren. Wenn der Kläger verhindert sein sollte, würden der Vorstand der Klägerin bzw. dessen Stellvertretung auf Verwaltungsebene informiert. Der Kläger würde dann seine Stellvertretung regeln, in dem er als Ersatzkraft einen anderen mit der Klägerin assoziierten belegärztlich tätigen Anästhesisten vorschlagen würde. Die Klägerin entscheide dann darüber, ob die Ersatzkraft akzeptiert oder die Dienstleistung anderweitig vergeben werde.
Der Kläger habe keine Verpflichtung zur Urlaubs- oder Krankheitsvertretung. Dement- sprechend gebe es auch keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bzw. auf Urlaubsvergütung. Im Rahmen der anästhesiologischen Versorgung müsse jederzeit ein Facharzt für Anästhesie kurzfristig einsatzbereit sein. Diese sogenannte Rufbereitschaft werde in Umfang und Zeitrahmen innerhalb der belegärztlich tätigen Anästhesistengruppe autonom geregelt.
Festangestellte Mitarbeiter der Anästhesie würde die Klägerin nicht haben. Lediglich im Rahmen der eigentlichen Narkosetätigkeit am Patienten arbeite der Kläger mit dem Pflegepersonal der Klägerin zusammen. In diesem Umfang sei er auch fachlich weisungsberechtigt. Im Hinblick auf seine eigene OP-Tätigkeit nehme er keine Weisungen von Mitarbeitern der Klägerin entgegen. Hier habe der Kläger das fachliche Letztentscheidungsrecht. Der Kläger sorge selbst für die Einhaltung des Facharztstandards. Eine dezidierte Kontrolle durch die Klägerin würde nur bei Haftungsfällen oder bei offensichtlich mangelhafter Patientenversorgung eingeleitet werden. Der Kläger trage für den Haftungsfall die Kosten einer eigenen Haftpflichtversicherung.
Im OP trage der Kläger aus Hygienegründen die von der Klägerin gestellte Arbeitskleidung, ansonsten seinen eigenen Arztkittel. Der Kläger sei an den Betriebskosten der Klägerin über einen pauschalen Kostenbeitrag, der von der Zahl der behandelten Patienten abhängig sei, beteiligt. Der Kläger selbst bringe als Betriebsmittel seinen Arztkittel, sein Stethoskop, für die Narkosen notwendige Medikamente und Infusionen ein.
Für die Patienten außerhalb des OP-Bereichs sei es erkennbar, dass der Kläger Belegarzt ist. Eine Einbindung in die kontinuierliche Patientenversorgung durch das Krankenhaus bestehe nicht. Es erfolge auch keine Supervision. Auch nehme der Kläger nicht an Dienstbesprechungen oder Teambesprechungen teil.
Die Vergütung erfolge nicht zeitabhängig, sondern nach erbrachter ärztlicher Leistung. Die Abrechnungsgrößen würden sich nach der Ärztlichen Gebührenordnung (GOÄ) sowie nach dem DRG-Katalog richten. Die Abrechnung erfolge zeitverzögert. Der Kläger rechne gegenüber Privatpatienten seine Leistungen selbst ab.
Gemäß der Belegarzt-Vereinbarung vom 13.08.2013 ist der Kläger Anästhesist und behandelt im Krankenhaus der Klägerin stationär Patienten. Der ärztliche Leiter der Klägerin kann gegenüber dem Kläger organisatorische Anweisungen erteilen (§ 2 Abs. 2), was wiederum nicht die ärztliche Unabhängigkeit des Klägers berührt. Der Kläger richtet die Behandlung seiner Patienten so ein, dass sich seine Tätigkeit sinnvoll in die Aufgaben und in den Arbeitsablauf der Klinik eingliedert und die wirtschaftliche Betriebsführung des Hauses gewährleistet ist (§ 2 Abs. 3). Der Kläger hat weiter für den einwandfreien Zustand der medizinischen Einrichtungen, Apparate und Instrumente, die er im Rahmen seiner Tätigkeit benutzt, zu sorgen. Der Kläger muss Mängel an der Apparatur der Klägerin unverzüglich anzeigen (§ 2 Abs. 5). Gegenüber dem zur Verfügung gestellten Personal ist der Kläger fachlich weisungsberechtigt (§ 2 Abs. 6) und weiterhin zu Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Dies bedeutet insbesondere, dass nur Leistungen verordnet werden dürfen, die zur Linderung der Krankheitsfolgen oder zur Erzielung des Heilerfolgs notwendig sind. Bei Abwesenheit wird seine Stellvertretung im Benehmen mit der Klägerin und seinen ebenfalls am Krankenhaus der Klägerin tätigen Fachkollegen geregelt. Urlaubspläne und die Absicht zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen (ab einer Woche Dauer) sind der Klägerin schnellstmöglich schriftlich mitzuteilen. Bei den Planungen von Urlaub und Fortbildungen ist den Vertretungsverhältnissen im Krankenhaus der Klägerin Rechnung zu tragen. Auch andere Verhinderungen (ab einer Woche Dauer) sind der Klägerin unverzüglich anzuzeigen (§ 3 Abs. 1). Die Rufbereitschaft wird von den Anästhesisten unter sich geregelt, wobei diese verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass die getroffene Regelung der Klägerin immer bekannt ist (§ 3 Abs. 2). Der Kläger ist zur Kooperation und zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Vorstand, der Leitung sowie den Mitarbeitern der Klägerin verpflichtet (§ 4 Abs. 2). Diese Verpflichtung gilt auch für die Zusammenarbeit mit den Belegärzten anderer Fachrichtungen (§ 4 Abs. 3). Schließlich ist der Kläger verpflichtet, in zumutbarem Umfang an der Fortbildung des ärztlichen, pflegerischen und medizinisch- technischen Klinikpersonals mitzuwirken. Die Haftung wird in einer gesonderten Freistellungsvereinbarung geregelt (§ 6).
Das Vertragsverhältnis beginnt am 01.01.2014 und kann mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden (§ 7 Abs. 1). Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung ist das Tätigwerden des Klägers in einem anderen Krankenhaus ohne schriftliche Zustimmung der Klägerin trotz vorheriger schriftlicher Abmahnung (§ 7 Abs. 4). Der Vertrag endet ohne Kündigung mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers (§ 7 Abs. 6). Die Klägerin legte monatliche Rechnungen des Klägers für den Zeitraum von Januar 2014 bis August 2014 in Höhe von 4774,90 EUR-9594,01 EUR vor. Hierbei wurde nach Fällen abgerechnet, wobei der Wert des Falls in den Rechnungen differiert, ohne dass der Grund für die Differenz ausgewiesen wird. Zusätzlich rechnet der Kläger noch eine vereinbarungsgemäße Pauschale von 35 EUR pro Patient quartalsweise ab.
Der Kläger führte mit Schriftsatz vom 01.10.2014 über die Angaben der Klägerin hinausgehend aus, dass nach einer durchgeführten Narkose in der Regel auch noch eine Visite zur Nachkontrolle nötig sei. Bei komplexeren Behandlungen könnten auch mehrere Visiten notwendig werden, etwa für Verbandswechsel oder die Kontrolle von Spritzenpumpensystemen. Hierfür arbeite er aber nicht mit Personal der Klägerin zusammen.
Die Zuweisung der Patienten erfolge regelmäßig dadurch, dass die im Klinikum der Klägerin belegärztlich tätigen Operateure ihre zur Operation vorgesehenen Patienten für die Anästhesiesprechstunden anmelden. Organisatorische Rahmenbedingungen des Krankenhauses würden den Anteil der OP-Tätigkeit zeitlich beeinflussen, so dass die Arbeitsleistung des Klägers je nach OP-Aufkommen und -umfang in Anspruch genommen werde. Auch die zu festen Zeiten stattfindenden Sprechstunden würden einen Rahmen vorgeben. Der Kläger sei aber ärztlich und auch haftungsrechtlich (im Hinblick auf die ärztliche Leistung) alleinverantwortlich für die Behandlungen. Er akquiriere Patienten durch mündliche Bekanntmachung im Kollegenkreis.
Die Abrechnung von gesetzlichen Versicherten gegenüber den Krankenkassen erfolge seitens der Klägerin. Die Abrechnung gegenüber Privatpatienten mache der Kläger selbst; hierbei würden auch Auslagen für Narkosemedikamente und Materialien in Rechnung gestellt.
Der Kläger ist nach seinen Angaben zudem kein niedergelassener Arzt, sondern als angestellter Arzt im der Klägerin angegliederten (vgl. http://www.josephinum.de/fachabteilungen/integriertepraxen/) Medizinischen Versorgungszentrum mit einem Umfang von 20 Wochenstunden tätig. Die Einkünfte aus dem zu beurteilenden Vertragsverhältnis würden etwa die Hälfte des derzeitigen Einkommens ausmachen, seien demnach nicht untergeordnet. Er sei von der Klägerin bisher in ausreichender Menge mit Aufträgen bedacht worden, so dass keine weiteren ähnlichen Auftragsverhältnisse aufgenommen worden seien. Er gedenke dies jedoch in den nächsten Monaten aus Gründen der Diversifizierung zu tun.
Nach Anhörung vom 14.04.2015 wurde mit Bescheid vom 02.06.2015 festgestellt, dass der Kläger die Tätigkeit als Facharzt für Anästhesie im Klinikum der Klägerin seit dem 01.01.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausüben würde. Es bestehe Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Für eine abhängige Beschäftigung würde sprechen, dass der Kläger die stationär aufgenommenen Patienten der Klägerin behandeln und damit ihren Betriebszweck erfüllen würde. Die Tätigkeit werde in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation ausgeübt, wobei eigene Patienten nicht behandelt, diese dem Kläger vielmehr zugeteilt werden würden. Der Kläger habe ein Weisungsrecht hinsichtlich der auszuführenden Tätigkeiten gegenüber Mitarbeitern der Klägerin und würde selbst in organisatorischer Hinsicht dem Weisungsrecht des Ärztlichen Leiters der Klägerin unterliegen. Es bestehe Rufbereitschaft und es werde ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft erwartet. Mit der Auftragserteilung werde die Arbeitszeit vorgegeben, so dass eine individuelle Gestaltung der Arbeitszeit nach eigenem Gutdünken nach Auftragsannahme nicht erfolgen könne. Der Kläger sei verpflichtet, den Auftraggeber über seine Urlaubspläne oder Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, die länger als eine Woche andauerten, zu informieren. Er trage kein eigenes unternehmerisches Risiko oder setze eigenes Kapital in nennenswertem Umfang ein. Zudem sei der Kläger verpflichtet, an der Fortbildung des ärztlichen, pflegerischen und medizinisch-technischen Klinikpersonals mitzuwirken.
Als Merkmale für eine selbständige Tätigkeit sieht die Beklagte die eigene Berufshaftpflichtversicherung des Klägers und die Möglichkeit, eine Beauftragung abzulehnen.
In einer Gesamtwürdigung aller relevanten Tatsachen würden die überwiegenden Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen. Es stehe außer Zweifel, dass Ärzte in ihren eigentlichen ärztlichen Tätigkeiten keinen Weisungen unterliegen würden. Daher komme es entscheidend darauf an, inwieweit der Arzt in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert sei. Die Weisungsgebundenheit werde dann bei Diensten höherer Art zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess des Arbeitgebers verfeinert. Der Kläger könne faktisch nicht frei über seine Arbeitszeit verfügen, da diese ihm durch die vereinbarte Dienstzeit vorgegeben sei. Als Tätigkeitsort sei der Betriebssitz des Auftraggebers bestimmt, so dass auch hinsichtlich des Arbeitsortes keine freie Wahl bestehen würde. Der Auftraggeber sei in der vereinbarten Dienstzeit dem Kläger gegenüber in gleicher Weise fachlich weisungsberechtigt, wie er es gegenüber den vergleichbaren angestellten Mitarbeitern ist. Der Kläger unterliege daher dem Weisungs- und Direktionsrecht der Klägerin. Zusätzlich würde der Kläger mit Personal der Klägerin zusammenarbeiten und die Dienstleistung im Namen der Klägerin erbringen. Er werde daher von Außenstehenden nicht als selbstständig Tätiger wahrgenommen.
Der Kläger sei in den Betriebsablauf der Klinik eingegliedert, da nach den von ihm und der Klägerin verfolgten Zwecken und Interessen die verbleibenden Varianten der Ausführung der Leistung einseitig durch die Klägerin bestimmt würden. Es bestehe daher persönliche Abhängigkeit zur Klägerin.
Die Klägerin weist darauf hin, dass sie als Belegkrankenhaus organisiert sei, so dass der Kläger nicht ihre Patienten, sondern die der niedergelassenen Belegärzte behandeln würde. Die Klägerin würde nur die Infrastruktur zur Verfügung stellen und die Abrechnung der DRGs übernehmen. Die Arbeit werde bei Anästhesisten immer in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation ausgeübt, da die Hauptleistung der hauptverantwortliche Arzt (in der Regel der Operateur) erbringen würde. Dem Kläger würden auch Patienten zugeteilt, weil er nur auf medizinisch begründeter Veranlassung anderer Fachärzte tätig werden könne. Der Kläger würde nur im Rahmen seiner Narkosetätigkeit gegenüber dem Pflegepersonal fachlich weisungsberechtigt sein. Er trage dem Personal aber keine bestimmten Arbeiten an, sondern stelle nur sicher, dass seine eigenen ärztlichen Leistungen korrekt erfüllt werden. Die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit dem Pflegepersonal und ärztlichen Kollegen würde sich aus der Natur der Tätigkeit ergeben. Daraus folge auch die Notwendigkeit der Kooperationsbereitschaft und die Unmöglichkeit der individuellen Gestaltung der Arbeitszeit. Aus der Notwendigkeit der Zusammenarbeit des Klägers mit Pflegepersonal und anderen Fachärzten resultiere das Erfordernis der frühzeitigen Bekanntgabe von Urlaubsplänen oder von längeren Abwesenheiten.
Die Klägerin könne ihrer Verpflichtung zur Notfallversorgung auch dadurch gerecht werden, dass Honorarärzte diese Pflicht erfüllen, so dass dieses Kriterium zur Abgrenzung zwischen abhängiger und selbständiger Tätigkeit nicht geeignet sei.
Schließlich würde auch eine unternehmerische Leistung beim Kläger vorliegen, da er zum einen selbst entscheide, ob er seine Leistung der Klägerin überhaupt anbiete und zum anderen mit Privatpatienten eigenständig abrechne. Des Weiteren trage er ein unternehmerisches Risiko: Sofern die betroffenen Belegärzte mit seinen Leistungen nicht zufrieden wären, könnten diese andere Anästhesisten beauftragen. Der Kläger habe sich gegen Vergütung verpflichtet, Aufgaben der Fortbildung zu übernehmen. Dies schaffe aber kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, weil die regelmäßige Fortbildung zu den ärztlichen Verpflichtungen im Rahmen der Berufsausübung gehören würde.
Nach Widerspruch vom 01.07.2015 wurde dieser mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2015 ohne weitere Ausführungen in der Sache zurückgewiesen, da der Widerspruch selbst nicht begründet wurde.
Die Klägerin und der Kläger ließen am 20.08.2015 Klage zum Sozialgericht München erheben. Hierbei wurden im Wesentlichen die Ausführungen in der Stellungnahme zur Anhörung wiederholt. Neuer Sachvortrag erfolgte nicht.
In der mündlichen Verhandlung wurde seitens des Vorstands der Klägerin erläutert, dass die Klägerin nicht reine Belegklinik sei, sondern Belegbetten lediglich im internistischen Bereich bestehen würden. In den operierenden Fachabteilungen (Chirurgie, HNO-Heilkunde, Orthopädie) würden hingegen Hauptabteilungen bestehen, so dass die ursprüngliche Aussage, dass die Klägerin eine reine Belegklinik sei, relativiert wurde. Lediglich in der internistischen Fachabteilung würden Belegärzte arbeiten, die im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nach Einheitlichem Bewertungsmaßstab (EBM) und im Bereich der privaten Krankenversicherung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abrechnen würden. Im Bereich der operierenden Fachabteilungen bestünden hingegen Hauptabteilungen. Die Leistungen des Krankenhauses in diesem Bereich würden nach Hauptabteilungs-DRGs ohne 20-prozentigen Abzug (§ 18 Abs. 3 KHEntgG) abgerechnet. Der Kläger sei kein Belegarzt, da dieser weder über eine Kassenarztzulassung noch über eine belegärztliche Anerkennung verfügen würde. Er sei mithin als Honorararzt tätig. Der Kläger würde 6 % der Hauptabteilungs-DRGs der Klägerin für seine ärztlichen Leistungen in Rechnung stellen. Die Operateure, die ebenfalls als Honorarärzte tätig seien, würden 19 % der jeweiligen Hauptabteilungs-DRGs erhalten. Eine schriftliche Fixierung dieser Verabredung würde nicht vorliegen; es sei eine Vereinbarung "auf Handschlag".
Der Kläger räumte auf Nachfrage ein, dass er die Abrechnung nicht selbst vornehmen würde, sondern diese ihm von der Verwaltung der Klägerin vorgelegt würde. Der Rechnung beigelegt sei eine Aufstellung der DRG, die abgerechnet wurde, und die Berechnung des 6%-Anteils. Weshalb er diesen Teil der Rechnung weder der Beklagten noch dem Gericht vorgelegt habe, konnten weder er noch der Vorstand der Klägerin erklären. Die Klägerin sei nach wie vor seine einzige Auftraggeberin.
Der Vorstand der Klägerin führte weiter aus, dass die Gesundheitsleistungen der Klägerin so organisiert seien, dass die A.-Stiftung ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) als GmbH ausgegründet habe und der Klinikbetrieb in die aAG (d.h. in die Klägerin) aufgenommen worden sei. Das MVZ würde einen Kassenarztsitz im Bereich der Anästhesie (verteilt auf drei angestellte Anästhesisten, wobei die beiden anderen Anästhesisten jeweils 10 Stunden pro Woche tätig sind) sowie einen Kassenarztsitz im Bereich der Chirurgie innehaben. Das MVZ habe auch eine Belegarztanerkennung.
Der Kläger ergänzte, dass er mit einem Umfang von 20 Stunden pro Woche beim MVZ der Klägerin als angestellter Anästhesist tätig sei. Er sei auch Geschäftsführer der MVZ GmbH. Zusätzlich wäre er als Honorararzt ca. 10-20 Stunden pro Woche (abhängig von der Bedarfslage) für die Klägerin tätig. Er gab an, dass er die Patienten im Voraus nicht kennen würde. Es sei auch in der Regel nicht so, dass sich die operierenden Honorarärzte den Kläger als Anästhesisten aussuchen würden. Vielmehr wären die operierenden Honorarärzte in der Regel mit der Betreuung durch denjenigen Anästhesisten einverstanden, der nach dem Dienstplan ausgewiesen wird. Die drei als Honorarärzte tätigen Anästhesisten hätten alle die gleiche hochwertige Ausbildung, so dass hier in der Regel eine höchstpersönliche Betreuung nicht verlangt würde. Der Vorstand der Klägerin gab hierzu weiter an, dass die Dienstpläne ca. drei Wochen im Voraus aushängen würden und die operierenden Ärzte daher sehen würden, von welchem Anästhesisten sie betreut würden. Teilweise würde es vorkommen, dass ein Operateur mit einem bestimmten Anästhesisten zusammenarbeiten möchte (etwa im Bereich der Kinderheilkunde). Dann würde er seinen OP-Plan so verlegen, dass er mit dem Dienstplan des gewünschten Anästhesisten übereinstimmt und Operateur und Anästhesist so zusammenkämen.
Aufgrund des BGH-Urteils vom 16.10.2014 (III ZR 85/14) sei es nicht mehr möglich, Wahlleistungen von Honorarärzten abzurechnen. Der BGH habe entschieden, dass eine Wahlleistungsvereinbarung nur mit angestellten oder beamteten Ärzten möglich sei (§ 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG). Aus diesem Grund sei es den operierenden Honorarärzten und den auf Honorarbasis tätigen Anästhesisten nicht mehr möglich gewesen, eine Wahlleistungsvereinbarung mit den Patienten abzuschließen. Daher habe man den Kläger ab dem 01.12.2014 auf der Basis von 6,5 Stunden pro Woche angestellt (Arbeitsvertrag vom 28.11.2014). Diese 6,5 Stunden würden ungefähr dem Anteil der Behandlung von Privatpatienten entsprechen. Das gleiche Modell bestehe auch mit den operierenden Honorarärzten (jedoch gegebenenfalls mit einem anderen Stundenumfang). Der Kläger würde für diese Leistung arbeitsvertraglich mit mindestens 1000 EUR brutto pro Monat vergütet werden. Soweit die Wahlleistungshonorare, die der Kläger als angestellter Arzt mit den Privatpatienten selbst liquidieren dürfe, höher sind als die 1000 EUR brutto (was regelmäßig der Fall sei), werde dieser Betrag als Bruttogehalt definiert.
Auf Nachfrage des Vorsitzenden, ob sich denn die Behandlung der Privatpatienten und die Behandlung der Kassenpatienten unterscheiden würde, antwortete der Kläger, dass dies in Bezug auf die medizinischen Leistungen nicht der Fall sei und auch rechtlich gar nicht der Fall sein dürfe. Er sei verpflichtet, alle gleich zu behandeln. Lediglich die Nachsorge und die medizinischen Erläuterungen seien vielleicht bei Privatpatienten etwas umfangreicher. Auf die Nachfrage des Vorsitzenden, ob denn jeder Privatpatient auch eine Wahlleistungsvereinbarung unterzeichnen würde, antwortete der Vorstand der Klägerin, dass diese Wahlleistungsvereinbarung bereits beim behandelnden (ambulanten) Arzt mit vorgelegt und in der Regel unterzeichnet würde. Sofern der jeweilige Patient eine Wahlleistungsvereinbarung (was regelmäßig der Fall sei) unterzeichnet habe, würde der Kläger auf den 6-prozentigen Anteil an der Hauptabteilungs-DRG verzichten. Dies gelte auch für die operierenden Honorarärzte. Sofern der Patient hingegen keine Wahlleistungsvereinbarung unterzeichnen würde, bliebe es bei der normalen Regelung (6 % der Hauptabteilungs-DRG).
Der Beklagtenvertreter ergänzte, dass wegen dieses neu gegründeten Anstellungsverhältnisses eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab dem 01.12.2014 ausgestellt worden sei. Allerdings habe bereits ein Antrag zur Befreiung im Februar 2014 im Hinblick auf das Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin und im Hinblick auf das Beschäftigungsverhältnis beim MVZ vorgelegen. Im Hinblick auf letzteres sei der Kläger mit Bescheid vom 19.03.2014 mit Wirkung ab dem 01.01.2014 von der Rentenversicherungspflicht befreit worden. Die Befreiung im Hinblick auf das Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin sei damals wegen des Statusverfahrens zurückgestellt worden. Irrtümlicherweise sei der Kläger dann aber für die 6,5 h-Anstellung unter Missachtung des Statusverfahrens befreit worden (Bescheid vom 23.02.2015). Da ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vorliegen würde, sei der Kläger bereits ab dem 01.01.2014 zu befreien (unter Heranziehung des Antrags vom 10.02.2015).
Die Beteiligten haben daraufhin den Streit im Hinblick auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für erledigt erklärt.
Der Beklagtenvertreter übergab dem Gericht noch ein Schreiben des Klägers vom 23.02.2014, wonach die Tätigkeit für das MVZ letztlich dieselbe Tätigkeit wie die honorarärztliche sei, nämlich die Betreuung der ambulanten und stationären Patienten der Belegabteilungen.
Die Kläger beantragen:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 16.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2015 verurteilt, den Bescheid vom 02.06.2015 zurückzunehmen und festzustellen, dass keine Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht und die Tätigkeit des Klägers als Honorararzt der Klägerin nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis seit dem 01.01.2014 ausgeübt wird.
Die Beklagte beantragt:
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eindeutig eine abhängige Beschäftigung vorliegen würde, da ein einheitliches Rechtsverhältnis nicht zugleich abhängig (in Bezug auf 6,5 h pro Woche) und selbständig (in Bezug auf die übrige geleistete Tätigkeit) sein könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im Hinblick auf den noch zu entscheidenden Streitgegenstand nicht begründet.
Der Bescheid vom 16.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2015 ist insoweit rechtmäßig und beschwert die Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -. Ein Anspruch auf Zurücknahme des Bescheids vom 02.06.2015 besteht im Hinblick auf den umrissenen Streitgegenstand nicht. Der Kläger war bei der Klägerin als Honorararzt für Anästhesie abhängig beschäftigt und unterliegt daher ab dem 01.01.2014 der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dem gegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich daraus ergebene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 8; BSG SozR 3-2400 § 7 Nrn. 13 und 15). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird, und die praktische Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist.
Die praktisch ausgeübte Beziehung ist bereits rechtlich nicht zulässig. Der Kläger ist entgegen der ursprünglichen Darstellung der Kläger kein Belegarzt. Hierfür fehlt es bereits an einer vertragsärztlichen Zulassung und an einer belegärztlichen Anerkennung (vgl. § 18 Abs. 1 KHEntgG). Der Kläger ist mithin als Honorararzt tätig. Die selbständige Tätigkeit eines Honorarztes im Krankenhaus wird von der Rechtsordnung nicht gedeckt und ist damit unzulässig. Die erkennende Kammer folgt insoweit der überzeugenden Rechtsprechung des LSG Stuttgart (Urteil vom 17.04.2013, Az. L 5 R 3755/11, Rn. 87 bis 141; a.A. SG Berlin, Urteil vom 26.02.2014, S 208 KR 2118/12, wobei hier entscheidend auf den Belegarzt-Honorarvertrag abgestellt wird, welches aber gegen die Einbindung eines selbständigen Honorararztes spricht - vgl. hierzu gleich unten; kritisch zum Urteil des SG Berlin Prof. Dr. Walter, jurisPR-MedizinR 4/2014 Anm. 4), die sie sich zu eigen macht.
Den vom LSG Stuttgart dargelegten Gründen ist zu folgen. Insbesondere ist nach der Auffassung der erkennenden Kammer in Übereinstimmung mit dem LSG Stuttgart die Formulierung in § 2 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG "auch durch nicht fest angestellte Ärztinnen und Ärzte" nicht dahingehend zu verstehen, dass das von der Klägerin praktizierte Honorararztmodell bei gleichzeitiger Abrechnung von Hauptabteilungs-DRGs (in voller Höhe) rechtskonform ist (a.A. Hanau, MedR 2015, 33: 77, 78). Hiergegen spricht bereits die mit Wirkung vom 25.03.2009 eingeführte Regelung von § 18 Abs. 3 KHEntgG, die vom Reformgesetzgeber (bezüglich der Einfügung des oben genannten Halbsatzes) zum 01.01.2013 unverändert geblieben ist. Denn der Gesetzgeber normierte für den Beleghonorarvertrag einen Abschlag von 20 % bezüglich der Hauptabteilungs-DRG (allerdings nicht wegen der Herausrechnung der ärztlichen Leistung, denn diese ist in der verminderten Fallpauschale enthalten, sondern um die günstigeren Kostenstrukturen der belegärztlichen Versorgung abzubilden, vgl. Spickhoff, Medizinrecht, § 18 KHEntgG, Rn. 7), weshalb das Modell in der Praxis kaum Anwendung findet (Spickhoff, a.a.O.). Würde § 2 Abs. 1 KHEntgG einen Honorarvertrag mit jeglichem selbstständigen Arzt - unabhängig davon, ob eine vertragsärztliche Zulassung und eine Belegarztanerkennung bestehen oder nicht - ohne die Rechtsfolge eines 20-prozentigen Abschlags auf die Hauptabteilungs-Fallpauschale ermöglichen, würden die Regelungen von §§ 18 Abs. 3 KHEntgG, 121 Abs. 5 SGB V leerlaufen.
Die Kläger wären daher gehalten gewesen, nach Erwerb eines Kassenarztsitzes durch den Kläger und der Anerkennung als Belegarzt den (rechtlich möglichen) Beleghonorarvertrag im Sinne von §§ 18 Abs. 3 KHEntgG, 121 Abs. 5 SGB V abzuschließen. Nach Auskunft des Klägers wäre es auch selbst für A-Stadt relativ einfach, einen Kassenarztsitz im Fachbereich Anästhesie zu erhalten. Nicht ausreichend es jedenfalls, dass der Kläger angestellter Arzt des MVZ ist, welches nach Auskunft des Vorstands der Klägerin wiederum einen Vertragsarztsitz im Fachgebiet Anästhesie und eine Belegarztanerkennung besitzt. Denn in dieser Konstellation ist abrechnungsbefugt nur das MVZ, obwohl die belegärztliche Leistung für das MVZ durch den benannten angestellten Arzt erfolgt (BSG, Urteil vom 23.03.2011, B 6 KA 15/10, Rn. 20, [...]). Die Belegarzt-Vereinbarung hätte damit richtigerweise zwischen dem MVZ und der Klägerin geschlossen werden müssen.
Die Argumentation (vgl. SG Braunschweig, Urteil vom 25. Juli 2014 - S 64 KR 206/12 -, Rn. 28 ff., 30, [...]), dass sich ein möglicher Verstoß des Honorararztes gegen Berufsrecht nur auf die Zulassung des Honorararztes auswirken würde und darüber im Statusverfahren nicht entschieden werden müsse, bzw. dass es unerheblich wäre, wenn das Krankenhaus aufgrund des Einkaufs von ärztlichen Leistungen auf dem freien Markt mit der Zulassung als Vertragskrankenhaus spielen würde (a.a.O., Rn. 28), verkennt hingegen, dass nach der o.g. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine selbständige Tätigkeit nur im Rahmen des rechtlich Erlaubten möglich ist (abweichend hierzu allerdings eine ältere Entscheidung des BSG vom 14.09.1989, 12 RK 64/87, wonach die Möglichkeit, die Kassenzulassung für eine krankengymnastische Praxis zu verlieren, allenfalls Indizwirkung entfaltet). Die weite Verbreitung dieser "honorarärztlichen" Vertragsgestaltungen ist jedenfalls als solches kein Rechtsargument, zumal die Honorararzt-Vertragsgestaltungen relativ neu sind (Hanau, MedR 2015, 33: 77) und eine höchstrichterliche Klärung der sozialversicherungsrechtlichen Zulässigkeit noch aussteht.
Aufgrund der divergierenden Rechtsauffassungen in Rechtsprechung und Literatur zu den oben genannten Fragen wäre eine höchstrichterliche Klärung der vom LSG Stuttgart (a.a.O.) aufgeworfenen Problemen im Hinblick auf die Anerkennung eines selbständigen Honorararztes im Krankenhaus wünschenswert gewesen. Soweit ersichtlich, wurde gegen das Urteil des LSG Stuttgart jedoch keine Revision eingelegt. Es ist zweifelhaft, ob sich der vorliegende Fall für die Klärung dieser Fragen eignet, da unabhängig von der Frage der rechtlichen Zulässigkeit des selbstständigen Honorararztes im Krankenhaus unter Würdigung aller tatsächlichen Umstände abhängige Beschäftigung vorliegt.
Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Beteiligten selbst von einer Beschäftigung ausgehen. Denn im Hinblick auf das Beschäftigungsverhältnis des Klägers bei der Klägerin wurde ein Arbeitsvertrag begründet, wenn auch nur in einem Umfang von 6,5 Stunden pro Woche. Dies wurde auch nach außen mit dem Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung dokumentiert. Die Beweisaufnahme hat weiter ergeben, dass sich die praktische Handhabe des Vertragsverhältnisses im Hinblick auf die Betreuung von Privatpatienten (weshalb die 6,5 Stunden "ausgegliedert" wurden) und im Hinblick auf die Betreuung von Kassenpatienten nahezu nicht unterscheidet (abgesehen von einer etwas ausführlicheren Nachbetreuung der Privatpatienten durch den Kläger, d.h. dass diesen privilegierten Patienten etwas mehr erklärt wird als den Kassenpatienten). Auch wurde seitens des Klägers im Schreiben vom 23.02.2014 angegeben, dass die (abhängige) Beschäftigung für das MVZ inhaltsgleich sei mit der Honorararzttätigkeit.
Ein einheitlich gelebtes Vertragsverhältnis kann aber nicht zugleich abhängig und selbstständig sein (so auch Hanau, MedR (2015) 33: 77,78). Auch wenn der Grund für die Schaffung des "offiziellen" Arbeitsverhältnisses die Rechtsprechung des BGH zur Abrechnung von Wahlleistungen (Urteil vom 16.10.2014, a.a.O.) war, so kann nicht unterstellt werden, dass die Beteiligten in Wahrheit davon ausgehen, dass auch die Betreuung der Privatpatienten selbständig ist. Denn dies würde bedeuten, dass betrügerisches Verhalten gegenüber den privaten Krankenkassen vorliegen würde, da eine Abrechnungsfähigkeit (aufgrund des Anstellungsverhältnisses) vorgespiegelt würde, welche in Wahrheit nicht besteht (aufgrund der tatsächlich vorliegenden selbständigen Tätigkeit).
Vor diesem Hintergrund ist es nicht mehr schlüssig, wenn der Kläger die geltend gemachte fehlende Abhängigkeit in seiner Rechtsbeziehung zur Klägerin auch damit begründet, dass er bei privaten Patienten nach GOÄ liquidiert. Denn die Beweisaufnahme hat ergeben, dass eine (eigene) Liquidation des Klägers nach GOÄ nur bei Wahlleistungen möglich ist. Doch gerade die Wahlleistungen sollen nach dem Parteiwillen ja in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis (bezogen auf das Rechtsverhältnis zwischen den Klägern) erbracht werden.
Die Vertragspartner (d.h. die Klägerin und der Kläger) sind sich daher einig, dass Selbstständigkeit nur im Hinblick auf die Betreuung der Kassenpatienten vorliegt. Hiergegen spricht aber über die nicht mögliche Aufspaltung des einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses hinaus die tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass ein Dienstplan besteht, wonach für jeden Operateur einige Wochen vorher einsehbar ist, welcher Anästhesist die Behandlung übernimmt. Grundsätzlich wird der behandelnde Anästhesist nicht vom Operateur ausgesucht, sondern vom Dienstplan der Klägerin vorgegeben. Dieser Dienstplan bestimmt letztlich auch, welche Patienten behandelt werden. D.h. entgegen der Angaben des Klägerbevollmächtigten bestimmen nicht die Operateure (die auch - entgegen der ursprünglichen Angabe - auch keine Belegärzte sind, sondern Honorarärzte mit "Beschäftigungsstatus für Privatpatienten", für die die obigen Ausführungen entsprechend gelten) den Patientenfluss, sondern die Klägerin.
Der Kläger ist mithin in die Organisationsstruktur der Klägerin unmittelbar über einen Dienstplan eingebunden; welcher der sechs Anästhesisten (vgl. http://www. A ...de/fachabteilungen/anaesthesie/) bei der Operation zuarbeitet, wird allein durch das Organisationsgefüge der Klägerin bestimmt. In dieses Organisationsgefüge ist der Kläger auch insoweit eingebunden, als er verpflichtet ist, Urlaubspläne, die Absicht zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen sowie andere Verhinderungen ab einer Woche Dauer der Klägerin schriftlich anzuzeigen. Der Kläger ist zudem vertraglich verpflichtet, bei den Planungen von Urlaub und Fortbildungen den Vertretungsverhältnissen im Krankenhaus Rechnung zu tragen, d.h. die Planungen der fünf anderen Anästhesie-Kollegen zu berücksichtigen. Hieraus wird deutlich, dass eine dezidierte Vertretung und Abstimmung der Fehlzeiten gelebt wird, wie dies für ein Arbeitsverhältnis typisch ist. Zudem zeigt sich aus diesen Regelungen, dass eine ständige Anwesenheit vertraglich vorausgesetzt wird, da ansonsten eine längere Abwesenheit im Vorfeld nicht angegeben werden müsste. Dies entspricht aber gerade nicht dem Typus eines selbstständigen Auftragsverhältnisses, da die Anwesenheit des Selbstständigen gerade nicht vorausgesetzt werden kann, sondern erfragt werden muss. Es wird demnach in der "Belegarzt-Vereinbarung" inzident vorausgesetzt, dass der Kläger ein ständiges Mitglied der Arbeitsorganisation der Klägerin ist. Dem entspricht auch die Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass er regelmäßig zweimal in der Woche an wechselnden Tagen von Montag bis Donnerstag Anästhesiesprechstunden abhält.
Entsprechend wurde auch der Außenauftritt der Klägerin (http://www. A ...de/fachabteilungen/anaesthesie/) gestaltet, wonach in der Fachabteilung für Anästhesie sechs Anästhesisten wie Arbeitnehmer aufgelistet werden, d.h. es fehlt jeglicher Hinweis darauf, dass diese sechs Anästhesisten "derzeit" bei der Klägerin tätig sind oder dass es sich um ein Auftragsverhältnis handelt. Vielmehr wird der Eindruck erweckt, dass die sechs Ärzte ständiges Personal der Klägerin sind.
Wie bei eigenem Personal übernimmt die Klägerin auch die "Lohnbuchhaltung" für den Kläger, d.h. die Verwaltung der Klägerin kreiert die Rechnungen, die formal der Kläger der Klägerin stellt. Wie in einem typischen Angestelltenverhältnis bedient sich der Kläger der Betriebsmittel der Klägerin und ist als leitender Arzt fachlich weisungsbefugt gegenüber dem pflegerischen Personal der Klägerin, soweit dies für die Tätigkeit erforderlich ist.
Es kann auch nicht dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten gefolgt werden, dass keine Weisungsbefugnis seitens der Klägerin bestehen würde. Unabhängig davon, dass diese Weisungsbefugnis (gerade im Kontext von leitenden Ärzten) zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein kann (kritisch hierzu Hanau, a.a.O., 77,85), ist vertraglich festgeschrieben, dass der ärztliche Leiter der Klägerin dem Kläger organisatorische Anweisungen erteilen kann. Zu dieser Regelung wurde ausgeführt, dass der Kläger selbst das fachliche Letztentscheidungsrecht habe. Dieser sorge für die Einhaltung des Facharztstandards. Eine dezidierte Kontrolle durch die Klägerin würde nur bei Haftungsfällen und bei offensichtlich mangelhafter Patientenversorgung eingeleitet werden. Dies zeigt, dass das Verständnis der Kläger bezüglich ihres Vertragsverhältnisses dergestalt ist, dass bei Mängeln eine dezidierte Kontrolle möglich ist. Auch dies entspricht einem Anstellungsverhältnis, wie dies bei leitenden Ärzten üblich ist. Dem entspricht auch § 3 des Arbeitsvertrags zwischen den Klägern vom 28.11.2014, wonach der Kläger seine ärztlichen Leistungen selbstständig und höchstpersönlich erbringt und in Diagnostik und Therapie unabhängig und nur dem Gesetz verpflichtet ist. D.h. die fachliche Weisungsfreiheit ist dem Vertragsverhältnis zwischen den Klägern, wie dies auch in einem dezidiert so bezeichneten Arbeitsverhältnis gelebt wird, immanent und damit kein taugliches Abgrenzungskriterium für Selbständigkeit bzw. Abhängigkeit. Die Ausführungen der Klinikleitung der Klägerin zeigen aber, dass unter einem organisatorischen Weisungsrecht, wie dies im "Belegarzt-Vertrag" festgelegt worden ist, letztlich auch ein disziplinarisches Weisungsrecht zu verstehen ist. Dass dies mangels Anlass noch nicht ausgeübt worden ist, ist rechtlich unerheblich, da es nur auf die Rechtsmacht des Arbeitgebers und nicht auf deren tatsächliche Ausübung ankommt (vgl. hierzu die "Schönwetter-Rechtsprechung" des BSG: BSG, Urteil vom 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, Rn. 32 unter [...]; ebenso Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2013 - L 4 KR 3725/11 - [...] Rn. 35).
Weiter ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger in die Rufbereitschaft der Klägerin eingegliedert ist. Zwar regeln die Anästhesisten diese weitgehend autonom, sie müssen aber dafür sorgen, dass die Klägerin über die vereinbarten Bereitschaftsdienste jederzeit Kenntnis hat. Eine Rufbereitschaft ist als wesentliches Indiz für die Eingliederung in die Organisation der Klägerin aufgrund der engen sachlichen, örtlichen und personellen Verzahnung anzusehen (vergleiche LSG Stuttgart, Urteil vom 20.08.2015, Az. L 4 R 1001/15). Schließlich hat der Kläger keinerlei unternehmerisches Risiko zu tragen und kann fristlos gekündigt werden, wenn er ohne Genehmigung durch die Klägerin bei einem anderen Krankenhaus arbeitet: Umstände, die die enge Anbindung des Klägers an die Klägerin aufzeigen.
Nach allem sprechen die weit überwiegenden Umstände für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Alleine die weitgehende zeitliche Dispositionsbefugnis, was die Annahme des "Einzelauftrags" angeht, d.h. die Entscheidung darüber, an welchen zwei von vier Wochentagen der Kläger arbeitet, spricht für eine selbständige Tätigkeit. Aber auch dieses Kriterium ist sehr relativ, da auch in modernen Teilzeit-Arbeitsverhältnissen häufig eine erhebliche zeitliche Flexibilität vereinbart wird.
Das von der Klägerin erstellte Modell eines geteilten Beschäftigungsverhältnisses ist demnach rechtlich und tatsächlich sehr kritisch zu sehen und sollte auch in Bezug auf die anderen betroffenen (operierenden) Ärzte auf den Prüfstand kommen. Wünschenswert wäre darüber hinaus eine grundsätzliche Klärung nach der rechtlich möglichen selbstständigen Tätigkeit eines Honorararztes im Krankenhaus. Soweit ersichtlich und wie der Klägerbevollmächtigte zu Recht festgestellt hat, wird dieser in der Judikatur der ordentlichen Gerichtsbarkeit (wohl) akzeptiert (vgl. BGH, a.a.O.), so dass eine grundsätzliche Klärung im Hinblick auf sozialrechtliche Fragestellungen wünschenswert wäre.
Der Streit ist beschränkt auf die Frage nach einer Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung. Wie das LSG Stuttgart zu Recht festgestellt hat (a.a.O. Rn. 144 ff., [...]), gibt es bei Vorliegen eines Rahmenvertrags und einer regelmäßigen Tätigkeit in Ausfüllung dieses Rahmenvertrags keinen Anhalt für eine unständige Beschäftigung, so dass hier bei Erfüllung dieser Kriterien Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
Nach allem war die Klage im noch streitigen Umfang abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193, 194 S. 2 SGG, da beide Kläger kostenprivilegiert sind. Legen gegen ein Urteil mehrere Beteiligte Rechtsmittel ein, von denen einer zum kostenrechtlich begünstigten Personenkreis des § 183 SGG gehört und ein anderer nicht, so richtet sich die Kostenentscheidung in dem Rechtszug für alle Beteiligten einheitlich nach § 193 SGG (BSG, Beschluss vom 29. Mai 2006 - B 2 U 391/05 B -, SozR 4-1500 § 193 Nr 3, SozR 4-1500 § 197a Nr 3). Dies gilt entsprechend für die Klageerhebung einer kostenprivilegierten Person, die Streitgenosse einer nicht kostenprivilegierten Person ist. Das Streitverhältnis konnte gegenüber den Klägern nur einheitlich entschieden werden, so dass die Kosten insoweit als Gesamtschuldner aufzuerlegen waren.
Die Quotelung ergibt sich aus der Vereinbarung der Beteiligten vom 10.03.2016.
10.03.2016 - S 15 R 1782/15
Tenor:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Beklagte trägt 20 %, die Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2. gesamtschuldnerisch 80 % der außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand
Streitig sind der sozialversicherungsrechtliche Status des Klägers und die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Die Klägerin zu 1. (nunmehr nur noch Klägerin) betreibt ein Krankenhaus in A-Stadt mit internistischer Belegabteilung und Hauptabteilungen in den "operierenden" Fachgebieten Chirurgie, HNO und Orthopädie. Die streitgegenständliche Tätigkeit des im Jahre 1978 geborenen Klägers zu 2. (nunmehr nur noch Kläger) für die Klägerin ist die eines Honorararztes auf dem Gebiet der Anästhesie für stationäre Patienten der Klägerin.
Der Kläger sowie die Klägerin stellten am 01.09.2014 Antrag auf Feststellung des sozial- versicherungsrechtlichen Status. Der Kläger gab dort an, dass er nur für die Klägerin tätig sei, dass die Jahresarbeitsentgeltgrenze für 2012 und 2013 überschritten wurde und im Jahr 2014 voraussichtlich überschritten werden wird. Dementsprechend wurde der Kläger von der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht befreit (Bescheid der AOK Bayern vom 22.02.2007).
Auf Nachfrage der Beklagten führte die Verwaltungsdirektorin der Klägerin am 10.10.2014 aus, dass die Klägerin eine Belegklinik sei und zur anästhesiologischen Betreuung der Patienten werktäglich von 16:00 Uhr bis 19:00 Uhr eine Anästhesiesprechstunde zur Prämedikation der zur Operation vorgesehenen Patienten abgehalten würde. Der Kläger teile der Klägerin mit, an welchen Tagen er in der Sprechstunde tätig werden könne. Der Kläger behandle die prämedizierten Patienten auch anschließend im Rahmen der Operation anästhesiologisch (Narkose). Der genaue zeitliche Umfang der belegärztlichen Tätigkeit sei unterschiedlich. Die Tätigkeit richte sich nach dem Gesamtarbeitsaufkommen und den zeitlichen Ressourcen des Klägers. Der Kläger biete ca. zwei bis drei Wochen im Voraus freie Zeitfenster an, die die Klägerin annehmen bzw. belegen könne. Umgekehrt könne der Kläger auch angebotene Aufträge ablehnen.
Eine Arbeitszeitregelung gebe es nicht. Der Rahmen werde durch die Anästhesiesprech- stunde einerseits und andererseits durch die operativ tätigen Belegärzte vorgegeben, da die operierenden Belegärzte an unterschiedlichen Tagen (OP-Zeitfenster) tätig seien. Es würden deshalb auch keine Dienst- und Schichteinteilungen existieren. Wenn der Kläger verhindert sein sollte, würden der Vorstand der Klägerin bzw. dessen Stellvertretung auf Verwaltungsebene informiert. Der Kläger würde dann seine Stellvertretung regeln, in dem er als Ersatzkraft einen anderen mit der Klägerin assoziierten belegärztlich tätigen Anästhesisten vorschlagen würde. Die Klägerin entscheide dann darüber, ob die Ersatzkraft akzeptiert oder die Dienstleistung anderweitig vergeben werde.
Der Kläger habe keine Verpflichtung zur Urlaubs- oder Krankheitsvertretung. Dement- sprechend gebe es auch keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bzw. auf Urlaubsvergütung. Im Rahmen der anästhesiologischen Versorgung müsse jederzeit ein Facharzt für Anästhesie kurzfristig einsatzbereit sein. Diese sogenannte Rufbereitschaft werde in Umfang und Zeitrahmen innerhalb der belegärztlich tätigen Anästhesistengruppe autonom geregelt.
Festangestellte Mitarbeiter der Anästhesie würde die Klägerin nicht haben. Lediglich im Rahmen der eigentlichen Narkosetätigkeit am Patienten arbeite der Kläger mit dem Pflegepersonal der Klägerin zusammen. In diesem Umfang sei er auch fachlich weisungsberechtigt. Im Hinblick auf seine eigene OP-Tätigkeit nehme er keine Weisungen von Mitarbeitern der Klägerin entgegen. Hier habe der Kläger das fachliche Letztentscheidungsrecht. Der Kläger sorge selbst für die Einhaltung des Facharztstandards. Eine dezidierte Kontrolle durch die Klägerin würde nur bei Haftungsfällen oder bei offensichtlich mangelhafter Patientenversorgung eingeleitet werden. Der Kläger trage für den Haftungsfall die Kosten einer eigenen Haftpflichtversicherung.
Im OP trage der Kläger aus Hygienegründen die von der Klägerin gestellte Arbeitskleidung, ansonsten seinen eigenen Arztkittel. Der Kläger sei an den Betriebskosten der Klägerin über einen pauschalen Kostenbeitrag, der von der Zahl der behandelten Patienten abhängig sei, beteiligt. Der Kläger selbst bringe als Betriebsmittel seinen Arztkittel, sein Stethoskop, für die Narkosen notwendige Medikamente und Infusionen ein.
Für die Patienten außerhalb des OP-Bereichs sei es erkennbar, dass der Kläger Belegarzt ist. Eine Einbindung in die kontinuierliche Patientenversorgung durch das Krankenhaus bestehe nicht. Es erfolge auch keine Supervision. Auch nehme der Kläger nicht an Dienstbesprechungen oder Teambesprechungen teil.
Die Vergütung erfolge nicht zeitabhängig, sondern nach erbrachter ärztlicher Leistung. Die Abrechnungsgrößen würden sich nach der Ärztlichen Gebührenordnung (GOÄ) sowie nach dem DRG-Katalog richten. Die Abrechnung erfolge zeitverzögert. Der Kläger rechne gegenüber Privatpatienten seine Leistungen selbst ab.
Gemäß der Belegarzt-Vereinbarung vom 13.08.2013 ist der Kläger Anästhesist und behandelt im Krankenhaus der Klägerin stationär Patienten. Der ärztliche Leiter der Klägerin kann gegenüber dem Kläger organisatorische Anweisungen erteilen (§ 2 Abs. 2), was wiederum nicht die ärztliche Unabhängigkeit des Klägers berührt. Der Kläger richtet die Behandlung seiner Patienten so ein, dass sich seine Tätigkeit sinnvoll in die Aufgaben und in den Arbeitsablauf der Klinik eingliedert und die wirtschaftliche Betriebsführung des Hauses gewährleistet ist (§ 2 Abs. 3). Der Kläger hat weiter für den einwandfreien Zustand der medizinischen Einrichtungen, Apparate und Instrumente, die er im Rahmen seiner Tätigkeit benutzt, zu sorgen. Der Kläger muss Mängel an der Apparatur der Klägerin unverzüglich anzeigen (§ 2 Abs. 5). Gegenüber dem zur Verfügung gestellten Personal ist der Kläger fachlich weisungsberechtigt (§ 2 Abs. 6) und weiterhin zu Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Dies bedeutet insbesondere, dass nur Leistungen verordnet werden dürfen, die zur Linderung der Krankheitsfolgen oder zur Erzielung des Heilerfolgs notwendig sind. Bei Abwesenheit wird seine Stellvertretung im Benehmen mit der Klägerin und seinen ebenfalls am Krankenhaus der Klägerin tätigen Fachkollegen geregelt. Urlaubspläne und die Absicht zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen (ab einer Woche Dauer) sind der Klägerin schnellstmöglich schriftlich mitzuteilen. Bei den Planungen von Urlaub und Fortbildungen ist den Vertretungsverhältnissen im Krankenhaus der Klägerin Rechnung zu tragen. Auch andere Verhinderungen (ab einer Woche Dauer) sind der Klägerin unverzüglich anzuzeigen (§ 3 Abs. 1). Die Rufbereitschaft wird von den Anästhesisten unter sich geregelt, wobei diese verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass die getroffene Regelung der Klägerin immer bekannt ist (§ 3 Abs. 2). Der Kläger ist zur Kooperation und zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Vorstand, der Leitung sowie den Mitarbeitern der Klägerin verpflichtet (§ 4 Abs. 2). Diese Verpflichtung gilt auch für die Zusammenarbeit mit den Belegärzten anderer Fachrichtungen (§ 4 Abs. 3). Schließlich ist der Kläger verpflichtet, in zumutbarem Umfang an der Fortbildung des ärztlichen, pflegerischen und medizinisch- technischen Klinikpersonals mitzuwirken. Die Haftung wird in einer gesonderten Freistellungsvereinbarung geregelt (§ 6).
Das Vertragsverhältnis beginnt am 01.01.2014 und kann mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden (§ 7 Abs. 1). Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung ist das Tätigwerden des Klägers in einem anderen Krankenhaus ohne schriftliche Zustimmung der Klägerin trotz vorheriger schriftlicher Abmahnung (§ 7 Abs. 4). Der Vertrag endet ohne Kündigung mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers (§ 7 Abs. 6). Die Klägerin legte monatliche Rechnungen des Klägers für den Zeitraum von Januar 2014 bis August 2014 in Höhe von 4774,90 EUR-9594,01 EUR vor. Hierbei wurde nach Fällen abgerechnet, wobei der Wert des Falls in den Rechnungen differiert, ohne dass der Grund für die Differenz ausgewiesen wird. Zusätzlich rechnet der Kläger noch eine vereinbarungsgemäße Pauschale von 35 EUR pro Patient quartalsweise ab.
Der Kläger führte mit Schriftsatz vom 01.10.2014 über die Angaben der Klägerin hinausgehend aus, dass nach einer durchgeführten Narkose in der Regel auch noch eine Visite zur Nachkontrolle nötig sei. Bei komplexeren Behandlungen könnten auch mehrere Visiten notwendig werden, etwa für Verbandswechsel oder die Kontrolle von Spritzenpumpensystemen. Hierfür arbeite er aber nicht mit Personal der Klägerin zusammen.
Die Zuweisung der Patienten erfolge regelmäßig dadurch, dass die im Klinikum der Klägerin belegärztlich tätigen Operateure ihre zur Operation vorgesehenen Patienten für die Anästhesiesprechstunden anmelden. Organisatorische Rahmenbedingungen des Krankenhauses würden den Anteil der OP-Tätigkeit zeitlich beeinflussen, so dass die Arbeitsleistung des Klägers je nach OP-Aufkommen und -umfang in Anspruch genommen werde. Auch die zu festen Zeiten stattfindenden Sprechstunden würden einen Rahmen vorgeben. Der Kläger sei aber ärztlich und auch haftungsrechtlich (im Hinblick auf die ärztliche Leistung) alleinverantwortlich für die Behandlungen. Er akquiriere Patienten durch mündliche Bekanntmachung im Kollegenkreis.
Die Abrechnung von gesetzlichen Versicherten gegenüber den Krankenkassen erfolge seitens der Klägerin. Die Abrechnung gegenüber Privatpatienten mache der Kläger selbst; hierbei würden auch Auslagen für Narkosemedikamente und Materialien in Rechnung gestellt.
Der Kläger ist nach seinen Angaben zudem kein niedergelassener Arzt, sondern als angestellter Arzt im der Klägerin angegliederten (vgl. http://www.josephinum.de/fachabteilungen/integriertepraxen/) Medizinischen Versorgungszentrum mit einem Umfang von 20 Wochenstunden tätig. Die Einkünfte aus dem zu beurteilenden Vertragsverhältnis würden etwa die Hälfte des derzeitigen Einkommens ausmachen, seien demnach nicht untergeordnet. Er sei von der Klägerin bisher in ausreichender Menge mit Aufträgen bedacht worden, so dass keine weiteren ähnlichen Auftragsverhältnisse aufgenommen worden seien. Er gedenke dies jedoch in den nächsten Monaten aus Gründen der Diversifizierung zu tun.
Nach Anhörung vom 14.04.2015 wurde mit Bescheid vom 02.06.2015 festgestellt, dass der Kläger die Tätigkeit als Facharzt für Anästhesie im Klinikum der Klägerin seit dem 01.01.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausüben würde. Es bestehe Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Für eine abhängige Beschäftigung würde sprechen, dass der Kläger die stationär aufgenommenen Patienten der Klägerin behandeln und damit ihren Betriebszweck erfüllen würde. Die Tätigkeit werde in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation ausgeübt, wobei eigene Patienten nicht behandelt, diese dem Kläger vielmehr zugeteilt werden würden. Der Kläger habe ein Weisungsrecht hinsichtlich der auszuführenden Tätigkeiten gegenüber Mitarbeitern der Klägerin und würde selbst in organisatorischer Hinsicht dem Weisungsrecht des Ärztlichen Leiters der Klägerin unterliegen. Es bestehe Rufbereitschaft und es werde ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft erwartet. Mit der Auftragserteilung werde die Arbeitszeit vorgegeben, so dass eine individuelle Gestaltung der Arbeitszeit nach eigenem Gutdünken nach Auftragsannahme nicht erfolgen könne. Der Kläger sei verpflichtet, den Auftraggeber über seine Urlaubspläne oder Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, die länger als eine Woche andauerten, zu informieren. Er trage kein eigenes unternehmerisches Risiko oder setze eigenes Kapital in nennenswertem Umfang ein. Zudem sei der Kläger verpflichtet, an der Fortbildung des ärztlichen, pflegerischen und medizinisch-technischen Klinikpersonals mitzuwirken.
Als Merkmale für eine selbständige Tätigkeit sieht die Beklagte die eigene Berufshaftpflichtversicherung des Klägers und die Möglichkeit, eine Beauftragung abzulehnen.
In einer Gesamtwürdigung aller relevanten Tatsachen würden die überwiegenden Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen. Es stehe außer Zweifel, dass Ärzte in ihren eigentlichen ärztlichen Tätigkeiten keinen Weisungen unterliegen würden. Daher komme es entscheidend darauf an, inwieweit der Arzt in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert sei. Die Weisungsgebundenheit werde dann bei Diensten höherer Art zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess des Arbeitgebers verfeinert. Der Kläger könne faktisch nicht frei über seine Arbeitszeit verfügen, da diese ihm durch die vereinbarte Dienstzeit vorgegeben sei. Als Tätigkeitsort sei der Betriebssitz des Auftraggebers bestimmt, so dass auch hinsichtlich des Arbeitsortes keine freie Wahl bestehen würde. Der Auftraggeber sei in der vereinbarten Dienstzeit dem Kläger gegenüber in gleicher Weise fachlich weisungsberechtigt, wie er es gegenüber den vergleichbaren angestellten Mitarbeitern ist. Der Kläger unterliege daher dem Weisungs- und Direktionsrecht der Klägerin. Zusätzlich würde der Kläger mit Personal der Klägerin zusammenarbeiten und die Dienstleistung im Namen der Klägerin erbringen. Er werde daher von Außenstehenden nicht als selbstständig Tätiger wahrgenommen.
Der Kläger sei in den Betriebsablauf der Klinik eingegliedert, da nach den von ihm und der Klägerin verfolgten Zwecken und Interessen die verbleibenden Varianten der Ausführung der Leistung einseitig durch die Klägerin bestimmt würden. Es bestehe daher persönliche Abhängigkeit zur Klägerin.
Die Klägerin weist darauf hin, dass sie als Belegkrankenhaus organisiert sei, so dass der Kläger nicht ihre Patienten, sondern die der niedergelassenen Belegärzte behandeln würde. Die Klägerin würde nur die Infrastruktur zur Verfügung stellen und die Abrechnung der DRGs übernehmen. Die Arbeit werde bei Anästhesisten immer in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation ausgeübt, da die Hauptleistung der hauptverantwortliche Arzt (in der Regel der Operateur) erbringen würde. Dem Kläger würden auch Patienten zugeteilt, weil er nur auf medizinisch begründeter Veranlassung anderer Fachärzte tätig werden könne. Der Kläger würde nur im Rahmen seiner Narkosetätigkeit gegenüber dem Pflegepersonal fachlich weisungsberechtigt sein. Er trage dem Personal aber keine bestimmten Arbeiten an, sondern stelle nur sicher, dass seine eigenen ärztlichen Leistungen korrekt erfüllt werden. Die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit dem Pflegepersonal und ärztlichen Kollegen würde sich aus der Natur der Tätigkeit ergeben. Daraus folge auch die Notwendigkeit der Kooperationsbereitschaft und die Unmöglichkeit der individuellen Gestaltung der Arbeitszeit. Aus der Notwendigkeit der Zusammenarbeit des Klägers mit Pflegepersonal und anderen Fachärzten resultiere das Erfordernis der frühzeitigen Bekanntgabe von Urlaubsplänen oder von längeren Abwesenheiten.
Die Klägerin könne ihrer Verpflichtung zur Notfallversorgung auch dadurch gerecht werden, dass Honorarärzte diese Pflicht erfüllen, so dass dieses Kriterium zur Abgrenzung zwischen abhängiger und selbständiger Tätigkeit nicht geeignet sei.
Schließlich würde auch eine unternehmerische Leistung beim Kläger vorliegen, da er zum einen selbst entscheide, ob er seine Leistung der Klägerin überhaupt anbiete und zum anderen mit Privatpatienten eigenständig abrechne. Des Weiteren trage er ein unternehmerisches Risiko: Sofern die betroffenen Belegärzte mit seinen Leistungen nicht zufrieden wären, könnten diese andere Anästhesisten beauftragen. Der Kläger habe sich gegen Vergütung verpflichtet, Aufgaben der Fortbildung zu übernehmen. Dies schaffe aber kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, weil die regelmäßige Fortbildung zu den ärztlichen Verpflichtungen im Rahmen der Berufsausübung gehören würde.
Nach Widerspruch vom 01.07.2015 wurde dieser mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2015 ohne weitere Ausführungen in der Sache zurückgewiesen, da der Widerspruch selbst nicht begründet wurde.
Die Klägerin und der Kläger ließen am 20.08.2015 Klage zum Sozialgericht München erheben. Hierbei wurden im Wesentlichen die Ausführungen in der Stellungnahme zur Anhörung wiederholt. Neuer Sachvortrag erfolgte nicht.
In der mündlichen Verhandlung wurde seitens des Vorstands der Klägerin erläutert, dass die Klägerin nicht reine Belegklinik sei, sondern Belegbetten lediglich im internistischen Bereich bestehen würden. In den operierenden Fachabteilungen (Chirurgie, HNO-Heilkunde, Orthopädie) würden hingegen Hauptabteilungen bestehen, so dass die ursprüngliche Aussage, dass die Klägerin eine reine Belegklinik sei, relativiert wurde. Lediglich in der internistischen Fachabteilung würden Belegärzte arbeiten, die im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nach Einheitlichem Bewertungsmaßstab (EBM) und im Bereich der privaten Krankenversicherung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abrechnen würden. Im Bereich der operierenden Fachabteilungen bestünden hingegen Hauptabteilungen. Die Leistungen des Krankenhauses in diesem Bereich würden nach Hauptabteilungs-DRGs ohne 20-prozentigen Abzug (§ 18 Abs. 3 KHEntgG) abgerechnet. Der Kläger sei kein Belegarzt, da dieser weder über eine Kassenarztzulassung noch über eine belegärztliche Anerkennung verfügen würde. Er sei mithin als Honorararzt tätig. Der Kläger würde 6 % der Hauptabteilungs-DRGs der Klägerin für seine ärztlichen Leistungen in Rechnung stellen. Die Operateure, die ebenfalls als Honorarärzte tätig seien, würden 19 % der jeweiligen Hauptabteilungs-DRGs erhalten. Eine schriftliche Fixierung dieser Verabredung würde nicht vorliegen; es sei eine Vereinbarung "auf Handschlag".
Der Kläger räumte auf Nachfrage ein, dass er die Abrechnung nicht selbst vornehmen würde, sondern diese ihm von der Verwaltung der Klägerin vorgelegt würde. Der Rechnung beigelegt sei eine Aufstellung der DRG, die abgerechnet wurde, und die Berechnung des 6%-Anteils. Weshalb er diesen Teil der Rechnung weder der Beklagten noch dem Gericht vorgelegt habe, konnten weder er noch der Vorstand der Klägerin erklären. Die Klägerin sei nach wie vor seine einzige Auftraggeberin.
Der Vorstand der Klägerin führte weiter aus, dass die Gesundheitsleistungen der Klägerin so organisiert seien, dass die A.-Stiftung ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) als GmbH ausgegründet habe und der Klinikbetrieb in die aAG (d.h. in die Klägerin) aufgenommen worden sei. Das MVZ würde einen Kassenarztsitz im Bereich der Anästhesie (verteilt auf drei angestellte Anästhesisten, wobei die beiden anderen Anästhesisten jeweils 10 Stunden pro Woche tätig sind) sowie einen Kassenarztsitz im Bereich der Chirurgie innehaben. Das MVZ habe auch eine Belegarztanerkennung.
Der Kläger ergänzte, dass er mit einem Umfang von 20 Stunden pro Woche beim MVZ der Klägerin als angestellter Anästhesist tätig sei. Er sei auch Geschäftsführer der MVZ GmbH. Zusätzlich wäre er als Honorararzt ca. 10-20 Stunden pro Woche (abhängig von der Bedarfslage) für die Klägerin tätig. Er gab an, dass er die Patienten im Voraus nicht kennen würde. Es sei auch in der Regel nicht so, dass sich die operierenden Honorarärzte den Kläger als Anästhesisten aussuchen würden. Vielmehr wären die operierenden Honorarärzte in der Regel mit der Betreuung durch denjenigen Anästhesisten einverstanden, der nach dem Dienstplan ausgewiesen wird. Die drei als Honorarärzte tätigen Anästhesisten hätten alle die gleiche hochwertige Ausbildung, so dass hier in der Regel eine höchstpersönliche Betreuung nicht verlangt würde. Der Vorstand der Klägerin gab hierzu weiter an, dass die Dienstpläne ca. drei Wochen im Voraus aushängen würden und die operierenden Ärzte daher sehen würden, von welchem Anästhesisten sie betreut würden. Teilweise würde es vorkommen, dass ein Operateur mit einem bestimmten Anästhesisten zusammenarbeiten möchte (etwa im Bereich der Kinderheilkunde). Dann würde er seinen OP-Plan so verlegen, dass er mit dem Dienstplan des gewünschten Anästhesisten übereinstimmt und Operateur und Anästhesist so zusammenkämen.
Aufgrund des BGH-Urteils vom 16.10.2014 (III ZR 85/14) sei es nicht mehr möglich, Wahlleistungen von Honorarärzten abzurechnen. Der BGH habe entschieden, dass eine Wahlleistungsvereinbarung nur mit angestellten oder beamteten Ärzten möglich sei (§ 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG). Aus diesem Grund sei es den operierenden Honorarärzten und den auf Honorarbasis tätigen Anästhesisten nicht mehr möglich gewesen, eine Wahlleistungsvereinbarung mit den Patienten abzuschließen. Daher habe man den Kläger ab dem 01.12.2014 auf der Basis von 6,5 Stunden pro Woche angestellt (Arbeitsvertrag vom 28.11.2014). Diese 6,5 Stunden würden ungefähr dem Anteil der Behandlung von Privatpatienten entsprechen. Das gleiche Modell bestehe auch mit den operierenden Honorarärzten (jedoch gegebenenfalls mit einem anderen Stundenumfang). Der Kläger würde für diese Leistung arbeitsvertraglich mit mindestens 1000 EUR brutto pro Monat vergütet werden. Soweit die Wahlleistungshonorare, die der Kläger als angestellter Arzt mit den Privatpatienten selbst liquidieren dürfe, höher sind als die 1000 EUR brutto (was regelmäßig der Fall sei), werde dieser Betrag als Bruttogehalt definiert.
Auf Nachfrage des Vorsitzenden, ob sich denn die Behandlung der Privatpatienten und die Behandlung der Kassenpatienten unterscheiden würde, antwortete der Kläger, dass dies in Bezug auf die medizinischen Leistungen nicht der Fall sei und auch rechtlich gar nicht der Fall sein dürfe. Er sei verpflichtet, alle gleich zu behandeln. Lediglich die Nachsorge und die medizinischen Erläuterungen seien vielleicht bei Privatpatienten etwas umfangreicher. Auf die Nachfrage des Vorsitzenden, ob denn jeder Privatpatient auch eine Wahlleistungsvereinbarung unterzeichnen würde, antwortete der Vorstand der Klägerin, dass diese Wahlleistungsvereinbarung bereits beim behandelnden (ambulanten) Arzt mit vorgelegt und in der Regel unterzeichnet würde. Sofern der jeweilige Patient eine Wahlleistungsvereinbarung (was regelmäßig der Fall sei) unterzeichnet habe, würde der Kläger auf den 6-prozentigen Anteil an der Hauptabteilungs-DRG verzichten. Dies gelte auch für die operierenden Honorarärzte. Sofern der Patient hingegen keine Wahlleistungsvereinbarung unterzeichnen würde, bliebe es bei der normalen Regelung (6 % der Hauptabteilungs-DRG).
Der Beklagtenvertreter ergänzte, dass wegen dieses neu gegründeten Anstellungsverhältnisses eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab dem 01.12.2014 ausgestellt worden sei. Allerdings habe bereits ein Antrag zur Befreiung im Februar 2014 im Hinblick auf das Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin und im Hinblick auf das Beschäftigungsverhältnis beim MVZ vorgelegen. Im Hinblick auf letzteres sei der Kläger mit Bescheid vom 19.03.2014 mit Wirkung ab dem 01.01.2014 von der Rentenversicherungspflicht befreit worden. Die Befreiung im Hinblick auf das Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin sei damals wegen des Statusverfahrens zurückgestellt worden. Irrtümlicherweise sei der Kläger dann aber für die 6,5 h-Anstellung unter Missachtung des Statusverfahrens befreit worden (Bescheid vom 23.02.2015). Da ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vorliegen würde, sei der Kläger bereits ab dem 01.01.2014 zu befreien (unter Heranziehung des Antrags vom 10.02.2015).
Die Beteiligten haben daraufhin den Streit im Hinblick auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für erledigt erklärt.
Der Beklagtenvertreter übergab dem Gericht noch ein Schreiben des Klägers vom 23.02.2014, wonach die Tätigkeit für das MVZ letztlich dieselbe Tätigkeit wie die honorarärztliche sei, nämlich die Betreuung der ambulanten und stationären Patienten der Belegabteilungen.
Die Kläger beantragen:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 16.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2015 verurteilt, den Bescheid vom 02.06.2015 zurückzunehmen und festzustellen, dass keine Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht und die Tätigkeit des Klägers als Honorararzt der Klägerin nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis seit dem 01.01.2014 ausgeübt wird.
Die Beklagte beantragt:
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eindeutig eine abhängige Beschäftigung vorliegen würde, da ein einheitliches Rechtsverhältnis nicht zugleich abhängig (in Bezug auf 6,5 h pro Woche) und selbständig (in Bezug auf die übrige geleistete Tätigkeit) sein könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im Hinblick auf den noch zu entscheidenden Streitgegenstand nicht begründet.
Der Bescheid vom 16.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2015 ist insoweit rechtmäßig und beschwert die Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -. Ein Anspruch auf Zurücknahme des Bescheids vom 02.06.2015 besteht im Hinblick auf den umrissenen Streitgegenstand nicht. Der Kläger war bei der Klägerin als Honorararzt für Anästhesie abhängig beschäftigt und unterliegt daher ab dem 01.01.2014 der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dem gegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich daraus ergebene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 8; BSG SozR 3-2400 § 7 Nrn. 13 und 15). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird, und die praktische Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist.
Die praktisch ausgeübte Beziehung ist bereits rechtlich nicht zulässig. Der Kläger ist entgegen der ursprünglichen Darstellung der Kläger kein Belegarzt. Hierfür fehlt es bereits an einer vertragsärztlichen Zulassung und an einer belegärztlichen Anerkennung (vgl. § 18 Abs. 1 KHEntgG). Der Kläger ist mithin als Honorararzt tätig. Die selbständige Tätigkeit eines Honorarztes im Krankenhaus wird von der Rechtsordnung nicht gedeckt und ist damit unzulässig. Die erkennende Kammer folgt insoweit der überzeugenden Rechtsprechung des LSG Stuttgart (Urteil vom 17.04.2013, Az. L 5 R 3755/11, Rn. 87 bis 141; a.A. SG Berlin, Urteil vom 26.02.2014, S 208 KR 2118/12, wobei hier entscheidend auf den Belegarzt-Honorarvertrag abgestellt wird, welches aber gegen die Einbindung eines selbständigen Honorararztes spricht - vgl. hierzu gleich unten; kritisch zum Urteil des SG Berlin Prof. Dr. Walter, jurisPR-MedizinR 4/2014 Anm. 4), die sie sich zu eigen macht.
Den vom LSG Stuttgart dargelegten Gründen ist zu folgen. Insbesondere ist nach der Auffassung der erkennenden Kammer in Übereinstimmung mit dem LSG Stuttgart die Formulierung in § 2 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG "auch durch nicht fest angestellte Ärztinnen und Ärzte" nicht dahingehend zu verstehen, dass das von der Klägerin praktizierte Honorararztmodell bei gleichzeitiger Abrechnung von Hauptabteilungs-DRGs (in voller Höhe) rechtskonform ist (a.A. Hanau, MedR 2015, 33: 77, 78). Hiergegen spricht bereits die mit Wirkung vom 25.03.2009 eingeführte Regelung von § 18 Abs. 3 KHEntgG, die vom Reformgesetzgeber (bezüglich der Einfügung des oben genannten Halbsatzes) zum 01.01.2013 unverändert geblieben ist. Denn der Gesetzgeber normierte für den Beleghonorarvertrag einen Abschlag von 20 % bezüglich der Hauptabteilungs-DRG (allerdings nicht wegen der Herausrechnung der ärztlichen Leistung, denn diese ist in der verminderten Fallpauschale enthalten, sondern um die günstigeren Kostenstrukturen der belegärztlichen Versorgung abzubilden, vgl. Spickhoff, Medizinrecht, § 18 KHEntgG, Rn. 7), weshalb das Modell in der Praxis kaum Anwendung findet (Spickhoff, a.a.O.). Würde § 2 Abs. 1 KHEntgG einen Honorarvertrag mit jeglichem selbstständigen Arzt - unabhängig davon, ob eine vertragsärztliche Zulassung und eine Belegarztanerkennung bestehen oder nicht - ohne die Rechtsfolge eines 20-prozentigen Abschlags auf die Hauptabteilungs-Fallpauschale ermöglichen, würden die Regelungen von §§ 18 Abs. 3 KHEntgG, 121 Abs. 5 SGB V leerlaufen.
Die Kläger wären daher gehalten gewesen, nach Erwerb eines Kassenarztsitzes durch den Kläger und der Anerkennung als Belegarzt den (rechtlich möglichen) Beleghonorarvertrag im Sinne von §§ 18 Abs. 3 KHEntgG, 121 Abs. 5 SGB V abzuschließen. Nach Auskunft des Klägers wäre es auch selbst für A-Stadt relativ einfach, einen Kassenarztsitz im Fachbereich Anästhesie zu erhalten. Nicht ausreichend es jedenfalls, dass der Kläger angestellter Arzt des MVZ ist, welches nach Auskunft des Vorstands der Klägerin wiederum einen Vertragsarztsitz im Fachgebiet Anästhesie und eine Belegarztanerkennung besitzt. Denn in dieser Konstellation ist abrechnungsbefugt nur das MVZ, obwohl die belegärztliche Leistung für das MVZ durch den benannten angestellten Arzt erfolgt (BSG, Urteil vom 23.03.2011, B 6 KA 15/10, Rn. 20, [...]). Die Belegarzt-Vereinbarung hätte damit richtigerweise zwischen dem MVZ und der Klägerin geschlossen werden müssen.
Die Argumentation (vgl. SG Braunschweig, Urteil vom 25. Juli 2014 - S 64 KR 206/12 -, Rn. 28 ff., 30, [...]), dass sich ein möglicher Verstoß des Honorararztes gegen Berufsrecht nur auf die Zulassung des Honorararztes auswirken würde und darüber im Statusverfahren nicht entschieden werden müsse, bzw. dass es unerheblich wäre, wenn das Krankenhaus aufgrund des Einkaufs von ärztlichen Leistungen auf dem freien Markt mit der Zulassung als Vertragskrankenhaus spielen würde (a.a.O., Rn. 28), verkennt hingegen, dass nach der o.g. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine selbständige Tätigkeit nur im Rahmen des rechtlich Erlaubten möglich ist (abweichend hierzu allerdings eine ältere Entscheidung des BSG vom 14.09.1989, 12 RK 64/87, wonach die Möglichkeit, die Kassenzulassung für eine krankengymnastische Praxis zu verlieren, allenfalls Indizwirkung entfaltet). Die weite Verbreitung dieser "honorarärztlichen" Vertragsgestaltungen ist jedenfalls als solches kein Rechtsargument, zumal die Honorararzt-Vertragsgestaltungen relativ neu sind (Hanau, MedR 2015, 33: 77) und eine höchstrichterliche Klärung der sozialversicherungsrechtlichen Zulässigkeit noch aussteht.
Aufgrund der divergierenden Rechtsauffassungen in Rechtsprechung und Literatur zu den oben genannten Fragen wäre eine höchstrichterliche Klärung der vom LSG Stuttgart (a.a.O.) aufgeworfenen Problemen im Hinblick auf die Anerkennung eines selbständigen Honorararztes im Krankenhaus wünschenswert gewesen. Soweit ersichtlich, wurde gegen das Urteil des LSG Stuttgart jedoch keine Revision eingelegt. Es ist zweifelhaft, ob sich der vorliegende Fall für die Klärung dieser Fragen eignet, da unabhängig von der Frage der rechtlichen Zulässigkeit des selbstständigen Honorararztes im Krankenhaus unter Würdigung aller tatsächlichen Umstände abhängige Beschäftigung vorliegt.
Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Beteiligten selbst von einer Beschäftigung ausgehen. Denn im Hinblick auf das Beschäftigungsverhältnis des Klägers bei der Klägerin wurde ein Arbeitsvertrag begründet, wenn auch nur in einem Umfang von 6,5 Stunden pro Woche. Dies wurde auch nach außen mit dem Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung dokumentiert. Die Beweisaufnahme hat weiter ergeben, dass sich die praktische Handhabe des Vertragsverhältnisses im Hinblick auf die Betreuung von Privatpatienten (weshalb die 6,5 Stunden "ausgegliedert" wurden) und im Hinblick auf die Betreuung von Kassenpatienten nahezu nicht unterscheidet (abgesehen von einer etwas ausführlicheren Nachbetreuung der Privatpatienten durch den Kläger, d.h. dass diesen privilegierten Patienten etwas mehr erklärt wird als den Kassenpatienten). Auch wurde seitens des Klägers im Schreiben vom 23.02.2014 angegeben, dass die (abhängige) Beschäftigung für das MVZ inhaltsgleich sei mit der Honorararzttätigkeit.
Ein einheitlich gelebtes Vertragsverhältnis kann aber nicht zugleich abhängig und selbstständig sein (so auch Hanau, MedR (2015) 33: 77,78). Auch wenn der Grund für die Schaffung des "offiziellen" Arbeitsverhältnisses die Rechtsprechung des BGH zur Abrechnung von Wahlleistungen (Urteil vom 16.10.2014, a.a.O.) war, so kann nicht unterstellt werden, dass die Beteiligten in Wahrheit davon ausgehen, dass auch die Betreuung der Privatpatienten selbständig ist. Denn dies würde bedeuten, dass betrügerisches Verhalten gegenüber den privaten Krankenkassen vorliegen würde, da eine Abrechnungsfähigkeit (aufgrund des Anstellungsverhältnisses) vorgespiegelt würde, welche in Wahrheit nicht besteht (aufgrund der tatsächlich vorliegenden selbständigen Tätigkeit).
Vor diesem Hintergrund ist es nicht mehr schlüssig, wenn der Kläger die geltend gemachte fehlende Abhängigkeit in seiner Rechtsbeziehung zur Klägerin auch damit begründet, dass er bei privaten Patienten nach GOÄ liquidiert. Denn die Beweisaufnahme hat ergeben, dass eine (eigene) Liquidation des Klägers nach GOÄ nur bei Wahlleistungen möglich ist. Doch gerade die Wahlleistungen sollen nach dem Parteiwillen ja in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis (bezogen auf das Rechtsverhältnis zwischen den Klägern) erbracht werden.
Die Vertragspartner (d.h. die Klägerin und der Kläger) sind sich daher einig, dass Selbstständigkeit nur im Hinblick auf die Betreuung der Kassenpatienten vorliegt. Hiergegen spricht aber über die nicht mögliche Aufspaltung des einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses hinaus die tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass ein Dienstplan besteht, wonach für jeden Operateur einige Wochen vorher einsehbar ist, welcher Anästhesist die Behandlung übernimmt. Grundsätzlich wird der behandelnde Anästhesist nicht vom Operateur ausgesucht, sondern vom Dienstplan der Klägerin vorgegeben. Dieser Dienstplan bestimmt letztlich auch, welche Patienten behandelt werden. D.h. entgegen der Angaben des Klägerbevollmächtigten bestimmen nicht die Operateure (die auch - entgegen der ursprünglichen Angabe - auch keine Belegärzte sind, sondern Honorarärzte mit "Beschäftigungsstatus für Privatpatienten", für die die obigen Ausführungen entsprechend gelten) den Patientenfluss, sondern die Klägerin.
Der Kläger ist mithin in die Organisationsstruktur der Klägerin unmittelbar über einen Dienstplan eingebunden; welcher der sechs Anästhesisten (vgl. http://www. A ...de/fachabteilungen/anaesthesie/) bei der Operation zuarbeitet, wird allein durch das Organisationsgefüge der Klägerin bestimmt. In dieses Organisationsgefüge ist der Kläger auch insoweit eingebunden, als er verpflichtet ist, Urlaubspläne, die Absicht zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen sowie andere Verhinderungen ab einer Woche Dauer der Klägerin schriftlich anzuzeigen. Der Kläger ist zudem vertraglich verpflichtet, bei den Planungen von Urlaub und Fortbildungen den Vertretungsverhältnissen im Krankenhaus Rechnung zu tragen, d.h. die Planungen der fünf anderen Anästhesie-Kollegen zu berücksichtigen. Hieraus wird deutlich, dass eine dezidierte Vertretung und Abstimmung der Fehlzeiten gelebt wird, wie dies für ein Arbeitsverhältnis typisch ist. Zudem zeigt sich aus diesen Regelungen, dass eine ständige Anwesenheit vertraglich vorausgesetzt wird, da ansonsten eine längere Abwesenheit im Vorfeld nicht angegeben werden müsste. Dies entspricht aber gerade nicht dem Typus eines selbstständigen Auftragsverhältnisses, da die Anwesenheit des Selbstständigen gerade nicht vorausgesetzt werden kann, sondern erfragt werden muss. Es wird demnach in der "Belegarzt-Vereinbarung" inzident vorausgesetzt, dass der Kläger ein ständiges Mitglied der Arbeitsorganisation der Klägerin ist. Dem entspricht auch die Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass er regelmäßig zweimal in der Woche an wechselnden Tagen von Montag bis Donnerstag Anästhesiesprechstunden abhält.
Entsprechend wurde auch der Außenauftritt der Klägerin (http://www. A ...de/fachabteilungen/anaesthesie/) gestaltet, wonach in der Fachabteilung für Anästhesie sechs Anästhesisten wie Arbeitnehmer aufgelistet werden, d.h. es fehlt jeglicher Hinweis darauf, dass diese sechs Anästhesisten "derzeit" bei der Klägerin tätig sind oder dass es sich um ein Auftragsverhältnis handelt. Vielmehr wird der Eindruck erweckt, dass die sechs Ärzte ständiges Personal der Klägerin sind.
Wie bei eigenem Personal übernimmt die Klägerin auch die "Lohnbuchhaltung" für den Kläger, d.h. die Verwaltung der Klägerin kreiert die Rechnungen, die formal der Kläger der Klägerin stellt. Wie in einem typischen Angestelltenverhältnis bedient sich der Kläger der Betriebsmittel der Klägerin und ist als leitender Arzt fachlich weisungsbefugt gegenüber dem pflegerischen Personal der Klägerin, soweit dies für die Tätigkeit erforderlich ist.
Es kann auch nicht dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten gefolgt werden, dass keine Weisungsbefugnis seitens der Klägerin bestehen würde. Unabhängig davon, dass diese Weisungsbefugnis (gerade im Kontext von leitenden Ärzten) zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein kann (kritisch hierzu Hanau, a.a.O., 77,85), ist vertraglich festgeschrieben, dass der ärztliche Leiter der Klägerin dem Kläger organisatorische Anweisungen erteilen kann. Zu dieser Regelung wurde ausgeführt, dass der Kläger selbst das fachliche Letztentscheidungsrecht habe. Dieser sorge für die Einhaltung des Facharztstandards. Eine dezidierte Kontrolle durch die Klägerin würde nur bei Haftungsfällen und bei offensichtlich mangelhafter Patientenversorgung eingeleitet werden. Dies zeigt, dass das Verständnis der Kläger bezüglich ihres Vertragsverhältnisses dergestalt ist, dass bei Mängeln eine dezidierte Kontrolle möglich ist. Auch dies entspricht einem Anstellungsverhältnis, wie dies bei leitenden Ärzten üblich ist. Dem entspricht auch § 3 des Arbeitsvertrags zwischen den Klägern vom 28.11.2014, wonach der Kläger seine ärztlichen Leistungen selbstständig und höchstpersönlich erbringt und in Diagnostik und Therapie unabhängig und nur dem Gesetz verpflichtet ist. D.h. die fachliche Weisungsfreiheit ist dem Vertragsverhältnis zwischen den Klägern, wie dies auch in einem dezidiert so bezeichneten Arbeitsverhältnis gelebt wird, immanent und damit kein taugliches Abgrenzungskriterium für Selbständigkeit bzw. Abhängigkeit. Die Ausführungen der Klinikleitung der Klägerin zeigen aber, dass unter einem organisatorischen Weisungsrecht, wie dies im "Belegarzt-Vertrag" festgelegt worden ist, letztlich auch ein disziplinarisches Weisungsrecht zu verstehen ist. Dass dies mangels Anlass noch nicht ausgeübt worden ist, ist rechtlich unerheblich, da es nur auf die Rechtsmacht des Arbeitgebers und nicht auf deren tatsächliche Ausübung ankommt (vgl. hierzu die "Schönwetter-Rechtsprechung" des BSG: BSG, Urteil vom 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, Rn. 32 unter [...]; ebenso Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2013 - L 4 KR 3725/11 - [...] Rn. 35).
Weiter ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger in die Rufbereitschaft der Klägerin eingegliedert ist. Zwar regeln die Anästhesisten diese weitgehend autonom, sie müssen aber dafür sorgen, dass die Klägerin über die vereinbarten Bereitschaftsdienste jederzeit Kenntnis hat. Eine Rufbereitschaft ist als wesentliches Indiz für die Eingliederung in die Organisation der Klägerin aufgrund der engen sachlichen, örtlichen und personellen Verzahnung anzusehen (vergleiche LSG Stuttgart, Urteil vom 20.08.2015, Az. L 4 R 1001/15). Schließlich hat der Kläger keinerlei unternehmerisches Risiko zu tragen und kann fristlos gekündigt werden, wenn er ohne Genehmigung durch die Klägerin bei einem anderen Krankenhaus arbeitet: Umstände, die die enge Anbindung des Klägers an die Klägerin aufzeigen.
Nach allem sprechen die weit überwiegenden Umstände für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Alleine die weitgehende zeitliche Dispositionsbefugnis, was die Annahme des "Einzelauftrags" angeht, d.h. die Entscheidung darüber, an welchen zwei von vier Wochentagen der Kläger arbeitet, spricht für eine selbständige Tätigkeit. Aber auch dieses Kriterium ist sehr relativ, da auch in modernen Teilzeit-Arbeitsverhältnissen häufig eine erhebliche zeitliche Flexibilität vereinbart wird.
Das von der Klägerin erstellte Modell eines geteilten Beschäftigungsverhältnisses ist demnach rechtlich und tatsächlich sehr kritisch zu sehen und sollte auch in Bezug auf die anderen betroffenen (operierenden) Ärzte auf den Prüfstand kommen. Wünschenswert wäre darüber hinaus eine grundsätzliche Klärung nach der rechtlich möglichen selbstständigen Tätigkeit eines Honorararztes im Krankenhaus. Soweit ersichtlich und wie der Klägerbevollmächtigte zu Recht festgestellt hat, wird dieser in der Judikatur der ordentlichen Gerichtsbarkeit (wohl) akzeptiert (vgl. BGH, a.a.O.), so dass eine grundsätzliche Klärung im Hinblick auf sozialrechtliche Fragestellungen wünschenswert wäre.
Der Streit ist beschränkt auf die Frage nach einer Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung. Wie das LSG Stuttgart zu Recht festgestellt hat (a.a.O. Rn. 144 ff., [...]), gibt es bei Vorliegen eines Rahmenvertrags und einer regelmäßigen Tätigkeit in Ausfüllung dieses Rahmenvertrags keinen Anhalt für eine unständige Beschäftigung, so dass hier bei Erfüllung dieser Kriterien Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
Nach allem war die Klage im noch streitigen Umfang abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193, 194 S. 2 SGG, da beide Kläger kostenprivilegiert sind. Legen gegen ein Urteil mehrere Beteiligte Rechtsmittel ein, von denen einer zum kostenrechtlich begünstigten Personenkreis des § 183 SGG gehört und ein anderer nicht, so richtet sich die Kostenentscheidung in dem Rechtszug für alle Beteiligten einheitlich nach § 193 SGG (BSG, Beschluss vom 29. Mai 2006 - B 2 U 391/05 B -, SozR 4-1500 § 193 Nr 3, SozR 4-1500 § 197a Nr 3). Dies gilt entsprechend für die Klageerhebung einer kostenprivilegierten Person, die Streitgenosse einer nicht kostenprivilegierten Person ist. Das Streitverhältnis konnte gegenüber den Klägern nur einheitlich entschieden werden, so dass die Kosten insoweit als Gesamtschuldner aufzuerlegen waren.
Die Quotelung ergibt sich aus der Vereinbarung der Beteiligten vom 10.03.2016.