15.06.2016 · IWW-Abrufnummer 186604
Bundesfinanzhof: Urteil vom 16.02.2016 – IX R 20/13
Tenor:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 15. Mai 2013 4 K 1384/10 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
1
I. Streitig ist, ob dem Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) der Abzug eines Teils seiner auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung schon deshalb versagt werden kann, weil er das Arbeitszimmer auch für eine Tätigkeit nutzte, bei der es sich unstreitig um einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Liebhaberei handelt.
2
Die Grundstücksgemeinschaft A (Beigeladene), an der der Kläger und sein Sohn B jeweils zur Hälfte beteiligt sind, erzielte in den Streitjahren (2007 und 2008) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Grundstück C–Straße. In ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Jahr 2007 erklärte die Beigeladene gemeinschaftliche Einnahmen von 35.324 € und gemeinschaftliche Werbungskosten von 43.657 € und damit einen gemeinschaftlichen Verlust von 8.333 €. Darüber hinaus erklärte sie Sonderwerbungskosten für den Kläger in Höhe von 2.885,94 € und für den Sohn B in Höhe von 7.266,69 €. In den Sonderwerbungskosten des Klägers waren (anteilige) Kosten für die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers enthalten. Der Kläger nutzte das Arbeitszimmer nach seinen Angaben in den Streitjahren zeitanteilig zu 30 % für seine wissenschaftliche Tätigkeit, welche nach nunmehr übereinstimmender Auffassung der Beteiligten als einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Liebhaberei anzusehen ist, zu 45 % für die (allein die Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung betreffende) Hausverwaltung E–Straße (14 Wohneinheiten) und zu 25 % für die im Streitfall relevante Hausverwaltung C–Straße (fünf Wohneinheiten).
3
In dem Feststellungsbescheid für 2007 vom 29. Juli 2008 berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) bei den Sonderwerbungskosten des Klägers die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer in Höhe von 688 € nicht.
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In dem Feststellungsbescheid für 2008 vom 30. Oktober 2009 wich das FA insoweit von der Steuererklärung ab, als es bei den Sonderwerbungskosten des Klägers Aufwendungen für ein Arbeitszimmer in Höhe von 484 € nicht berücksichtigte.
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Hiergegen hat der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren erfolgreich Klage erhoben. Das Finanzgericht (FG) entschied mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1585 veröffentlichten Urteil, das FA habe einen Abzug in Höhe von 25 % der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer —soweit sie auf die Verwaltung des Grundstücks C–Straße entfielen— zu Unrecht versagt.
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Hiergegen richtet sich die Revision des FA; es vertritt die Aufassung, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) gestatte die Aufteilung von Aufwendungen nicht.
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Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Zu Unrecht hat das FG die Aufwendungen für das streitbefangene häusliche Arbeitszimmer teilweise zum Abzug zugelassen.
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1. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung den Gewinn nicht mindern. Das gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG). In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG). Dies gilt gemäß § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG entsprechend für den Werbungskostenabzug.
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Diese Regelung hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) im Beschluss vom 27. Juli 2015 GrS 1/14 (BFHE 251, 408) dahin ausgelegt, dass Aufwendungen für einen in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebundenen Raum, der sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch —in mehr als nur untergeordnetem Umfang— zu privaten Zwecken genutzt wird, insgesamt nicht abziehbar sind.
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2. Danach sind im Streitfall die Aufwendungen des Klägers für sein häusliches Arbeitszimmer insgesamt nicht als Werbungskosten abziehbar. Die wissenschaftliche Tätigkeit des Klägers, für die er das Arbeitszimmer zu 30 % nutzte, diente unstreitig nicht der Einkünfteerzielung. Die Nutzung des Arbeitszimmers für Zwecke einer nicht steuerbaren Tätigkeit ist einer privaten Nutzung gleichzustellen. Denn maßgeblich für das Vorliegen eines Arbeitszimmers ist nach den Vorgaben des Großen Senats des BFH die (nahezu) ausschließliche betriebliche/berufliche Nutzung, d.h. die Nutzung zur Einkünfteerzielung.
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3. Die Sache ist spruchreif. Über die Qualifizierung der wissenschaftlichen Tätigkeit des Klägers als Liebhaberei besteht zwischen den Beteiligten kein Streit mehr.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.