08.12.2016 · IWW-Abrufnummer 190446
Oberlandesgericht München: Urteil vom 22.06.2016 – 20 U 171/16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht München
Urt. v. 22.06.2016
Az.: 20 U 171/16
In dem Rechtsstreit
1) ...
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältin ...
2) ...
- Drittwiderbeklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
gegen
...
- Beklagter und Drittwiderkläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
wegen Forderung
erlässt das Oberlandesgericht München - 20. Zivilsenat - durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.06.2016 folgendes
Endurteil:
Tenor:
I.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München II vom 22.10.2015, Az. 1 O 2034/13, in Ziffer 1 dahingehend abgeändert, dass die Zahlung von "weiteren 361,17 €" durch die Zahlung von "weiteren 169,99 €" ersetzt wird.
II.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
IV.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts, soweit die Berufung zurückgewiesen wurde, sind vorläufig vollstreckbar.
V.
Die Revision wird nicht zugelassen.
VI.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.570,90 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Darstellung eines Tatbestandes bedarf es nicht, denn der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000 € nicht (§ 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO). Nach herrschender Meinung ist § 313a ZPO, auf den § 540 Abs. 2 ZPO ausdrücklich verweist, auch auf Berufungsurteile anwendbar (Thomas/Putzo, ZPO, 37. Auflage 2016, § 313a Rn. 2; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Auflage 2015, § 313a Rn. 2).
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nur bezüglich eines Teils der Inkassokosten begründet, da die Klägerin diese nur in Höhe von 169,99 € und nicht in Höhe der vom Landgericht erstinstanzlich zugesprochenen 361,17 € ersetzt verlangen kann. Im Übrigen hat die Berufung, mit der der Beklagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Abweisung der Klage insgesamt und die Rückzahlung von 2.213,52 € im Wege der Drittwiderklage begehrt, keinen Erfolg.
1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung des restlichen Honorars für die durchgeführte zahnärztliche Behandlung in Höhe von 1.357,38 € aus §§ 611, 612, 398 i.V.m. § 4 Abs. 2 GOZ und der geschlossenen Honorarvereinbarung zu. Ein Anspruch auf Rückzahlung des bereits geleisteten Honorars in Höhe von 2.213,52 € besteht nicht.
Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass der Vertrag über zahnärztliche Leistungen als Dienstvertrag mit dem Praxisinhaber, d.h. dem Drittwiderbeklagten Dr. med. Anton M. zustande gekommen ist und dieser als eigene Leistungen (§ 4 Abs. 2 Satz 1 GOZ) auch ärztliche Leistungen durch genehmigte Assistenten bzw. angestellte Zahnärzte gemäß §§ 32, 32b Zahnärzte-ZV abrechnen konnte. Diese Rechtsauffassung wird bestätigt durch die Kommentierung bei Liebold/Raff/Wissing, Kommentar zur GOZ, Stand Februar 2012, § 4 Rn. 2, in der bezüglich des unverändert gebliebenen § 4 Abs. 2 Satz 1 GOZ nochmals deutlicher als in der bereits von der Klagepartei vorgelegten Vorauflage (Bl. 49 ff. d.A.) Folgendes ausgeführt wird:
"Abgerechnet werden können grundsätzlich nur eigene Leistungen des Zahnarztes. Dazu zählen zunächst solche, die von ihm selbst höchstpersönlich erbracht worden sind, im Weiteren aber auch solche Leistungen, die für den Zahnarzt von anderen Zahnärzten erbracht werden, ohne dass diese selbständig abrechnungsberechtigt sind. Dies trifft insbesondere auf angestellte Zahnärzte zu, die ohne eigene Liquidationsrecht in der Praxis des anstellenden Zahnarztes für diesen zahnärztliche Leistungen erbringen. In diesem Fall hat der anstellende Zahnarzt bereits berufsrechtlich eine entsprechende Anleitung und Überwachung des angestellten Zahnarztes durchzuführen."
Die Leistungen des zulässigerweise als Vorbereitungsassistent beschäftigten Zahnarztes Dr. Max M. (vgl. Anlage K 4) konnten mithin vom Drittwiderbeklagten gegenüber dem Beklagten abgerechnet werden. Weiterer klägerischer Vortrag über die Beschäftigung von Dr. Max M. als approbierter angestellter Zahnarzt hinaus ist zur Frage der Aufsicht und fachlichen Weisung nicht erforderlich.
Unabhängig davon geht der Senat auch davon aus, dass es vorliegend zulässig war, Herrn Dr. Max M. die geschuldete ärztliche Leistung auch im Kernbereich als Vertreter des Drittwiderbeklagten zur selbständigen Erledigung zu übertragen und die hierfür erforderliche Einwilligung des Beklagten aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers auch vorlag. So hat nach dem eigenen Vortrag des Beklagten der Drittwiderbeklagte bei einem der ersten streitgegenständlichen Behandlungstermine mitgeteilt, dass ihn sein Sohn zwischenzeitlich "unterstütze" (Bl. 37, 59 d.A.). Nachdem eine höchstpersönliche Leistungserbringung des Drittwiderbeklagten nicht schriftlich vereinbart war und weder zu diesem Zeitpunkt noch zu einem späteren Zeitpunkt ein Widerspruch des Beklagten gegen die Behandlung durch Dr. med. Max M. erfolgt ist, konnte und durfte der Drittwiderbeklagte von einem Einverständnis des Beklagten mit der Durchführung der Behandlung durch seinen Sohn ausgehen. Auch aus etwaigen Bemerkungen des Beklagten gegenüber dem Drittwiderbeklagten bei früheren Behandlungen, wonach er auf die Person des Behandlers äußersten Wert lege, kann vor diesem Hintergrund keine mündliche Vereinbarung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung abgeleitet werden. Dem Beklagten hätte es jederzeit freigestanden, der Fortführung der Behandlung durch Dr. med. Max M. zu widersprechen, falls er mit einer "Unterstützung" des Praxisinhabers durch diesen - unter die ohne weiteres auch die Leistungserbringung als Vorbereitungsassistent gefasst werden kann - nicht (mehr) einverstanden gewesen wäre. Zwar ist Schweigen grundsätzlich keine Willenserklärung, jedoch kann dieses dennoch Erklärungswirkung haben. Dies ist dann der Fall, wenn der Schweigende nach den Gesamtumständen nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen wäre, seinen gegenteiligen Willen zum Ausdruck zu bringen (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Auflage 2016, Einf v § 116, Rn. 8). So liegt der Fall hier. Der Kläger kann nicht einerseits die Behandlung durch Dr. Max M. in Anspruch nehmen, andererseits aber im Fall der Abrechnung erklären, hiermit eigentlich nicht einverstanden gewesen zu sein. In einem solchen Fall ist das Schweigen zwar immer noch keine tatbestandliche Willenserklärung, steht aber in seinen Rechtswirkungen einer Willenserklärung gleich.
Vor diesem Hintergrund verfängt auch der Hinweis des Beklagten auf § 613 Satz 1 BGB nicht. Dieser ist als Auslegungsregel abdingbar (vgl. Palandt/Weidenkaff a.a.O., § 613 Rn. 1), wovon hier den Umständen nach - wie vorstehend dargelegt - auszugehen ist.
Eine Entscheidung des Landgerichts entgegen der "nahezu einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur" - wie vom Beklagten gerügt - ist nicht ersichtlich. Insbesondere betreffen die vom Beklagten zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2012, 1377 [BGH 25.01.2012 - 1 StR 45/11]) und des Oberlandesgerichts Frankfurt (GesR 2011, 680) völlig anders gelagerte Sachverhaltskonstellationen:
In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es um die von einem Arzt vorgenommene Abrechnung einerseits von nicht selbst erbrachten Laborleistungen, die nur von einem Speziallabor erbracht und abgerechnet werden durften, sowie andererseits von in den Praxisräumen des Arztes erbrachten Behandlungen durch nicht approbierte/zugelassene Therapeuten. Im Zusammenhang mit der zweiten Fallkonstellation hat der Bundesgerichtshof sodann festgestellt (BGH a.a.O., [...] Rn. 61), "dassdie Patienten, die sich über die arbeitsrechtliche Einordnung der Herren B. und D. innerhalb der Praxis des Angeklagten keine näheren Gedanken gemacht haben, nicht mit dem Willen handelten, mit den Therapeuten einen Vertrag abzuschließen; in der schlichten (widerspruchslosen) Hinnahme der Vertreterleistung kann ein dahingehender Rechtsgeschäftswille nicht erblickt werden". Diese Aussage bezieht sich ausschließlich auf die Frage des Zustandekommens eines Vertrages mit den Therapeuten, die als Vertreter tätig geworden sind. Um diese Frage geht es hier allerdings bei dem zulässigerweise als Vorbereitungsassistent in der Praxis des Drittwiderbeklagten beschäftigten approbierten Zahnarzt Dr. med. Max M. nicht.
Das Oberlandesgericht Frankfurt wiederum hatte über eine schriftliche wahlärztliche Vereinbarung zur persönlichen Leistungserbringung mit dem Chefarzt einer Klinik und eine etwaige konkludente Änderung dieser Vereinbarung durch Entgegennahme der Vertreterleistung zu entscheiden.
Eine solche Fallkonstellation ist hier ebenfalls nicht streitgegenständlich.
Auch im Übrigen besteht aus Sicht des Senats kein Anlass, an den Feststellungen des Landgerichts zu zweifeln. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts, die für den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich bindend sind, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die vom Beklagten gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs wegen unzureichender Angabe der Fundstellen durch den Sachverständigen im Schreiben vom 05.03.2015 und unterbliebener Nachfrage durch das Gericht erscheint zweifelhaft. Nachdem aber das Gutachten auch in der Berufungsbegründung inhaltlich nicht angegriffen wird, fehlt es jedenfalls an der Entscheidungserheblichkeit des gerügten Mangels.
Das Landgericht hat mithin zu Recht einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung in Höhe von 1.357,38 € bejaht und die auf Rückzahlung des bereits gezahlten Honorars gerichtete Drittwiderklage abgewiesen.
2. Ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der geltend gemachten Inkassokosten gemäß §§ 280, 286 BGB besteht nur in Höhe von 169,99 €, so dass sich die Berufung des Beklagten bezüglich eines überschießenden Betrages von 191,18 € als begründet erweist.
Inkassokosten kann jeder Gläubiger, auch ein Kaufmann ersetzt verlangen, soweit das beauftragte Inkassobüro Leistungen erbringt, die über die Erstmahnung hinausgehen (vgl. Palandt/Grüneberg a.a.O., § 286 Rn. 46). Dies ist hier der Fall. Die Erstmahnung hat die Zessionarin noch selbst versandt (K 7) und erst danach mangels vollständiger Bezahlung die EOS S. Inkassodienst eingeschaltet, woraufhin eine weitere Teilzahlung des Beklagten in Höhe von 1.400 € erfolgt ist. Dass die Klägerin selbst ein Inkassounternehmen ist, steht der Erstattungspflicht der Kosten nicht entgegen. Auch ein Rechtsanwalt ist grundsätzlich nicht verpflichtet, sich selbst zu vertreten, sondern kann einen Kollegen beauftragen (vgl. Palandt/Grüneberg a.a.O., § 249 Rn. 57; MüKo/Oetker, BGB, 7. Auflage 2016, § 249 Rn. 180 ff.). Von einem rechtlich einfach gelagerten Fall kann hier nicht ausgegangen werden.
Nicht zu folgen vermag der Senat den Ausführungen des Beklagten in der Berufungsbegründung und im Schriftsatz vom 21.06.2016, soweit dieser einen unzureichenden Klagevortrag zum Anfall der Inkassokosten rügt. Die Klägerin hat in der Klageschrift die Beauftragung des Inkassounternehmens und eine durch dieses Unternehmen ausgesprochene weitere Mahnung des Beklagten, die zu einer Zahlung von weiteren 1.400 € geführt habe, vorgetragen. Des Weiteren wurden die geltend gemachten Inkassokosten mit 361,17 € beziffert (Bl. 12 d.A.). Dies reicht für einen substantiierten und zugleich schlüssigen Vortrag der Klägerin aus. Der Beklagte hat in der Klageerwiderung lediglich die Höhe der zu ersetzenden Inkassokosten bestritten (Bl. 39 d.A.), nicht aber die Einschaltung, das Tätigwerden des Inkassounternehmens sowie den Anfall von Kosten bei der Klägerin. Nachdem auch sonst im Verfahren erster Instanz kein diesbezügliches Bestreiten erfolgt ist, sind diese Tatsachen als zugestanden anzusehen (§ 138 Abs. 3 ZPO).
Im Hinblick auf die Höhe der zu ersetzenden Inkassokosten geht der Senat in Übereinstimmung mit dem Beklagten davon aus, dass diese angesichts der Schadensminderungspflicht des § 254 BGB durch die Sätze des RVG begrenzt sind, so dass Inkassokosten nur in Höhe der nicht auf die Prozessgebühr anrechenbaren RVG-Geschäftsgebühr verlangt werden können (§ 15a RVG; so auch Palandt/Grüneberg a.a.O., § 286 Rn. 46).
Bei einem Gegenstandswert von 2.757,38 € zum Zeitpunkt der Beauftragung des Inkassounternehmens ergibt sich auf Grundlage des damals geltenden RVG mithin ein erstattungsfähiger Betrag in Höhe von 169,99 € (0,65-Gebühr von 122,85 € + Post- und Telekommunikationspauschale von 20 € + Umsatzsteuer von 27,14 €) anstelle der erstinstanzlich zugesprochenen 361,17 €.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen dafür liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren bestimmt sich nach § 47, § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO. Die Inkassokosten sind als Nebenforderungen nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen.
Verkündet am 22.06.2016
Urt. v. 22.06.2016
Az.: 20 U 171/16
In dem Rechtsstreit
1) ...
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältin ...
2) ...
- Drittwiderbeklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
gegen
...
- Beklagter und Drittwiderkläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
wegen Forderung
erlässt das Oberlandesgericht München - 20. Zivilsenat - durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.06.2016 folgendes
Endurteil:
Tenor:
I.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München II vom 22.10.2015, Az. 1 O 2034/13, in Ziffer 1 dahingehend abgeändert, dass die Zahlung von "weiteren 361,17 €" durch die Zahlung von "weiteren 169,99 €" ersetzt wird.
II.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
IV.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts, soweit die Berufung zurückgewiesen wurde, sind vorläufig vollstreckbar.
V.
Die Revision wird nicht zugelassen.
VI.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.570,90 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Darstellung eines Tatbestandes bedarf es nicht, denn der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000 € nicht (§ 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO). Nach herrschender Meinung ist § 313a ZPO, auf den § 540 Abs. 2 ZPO ausdrücklich verweist, auch auf Berufungsurteile anwendbar (Thomas/Putzo, ZPO, 37. Auflage 2016, § 313a Rn. 2; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Auflage 2015, § 313a Rn. 2).
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nur bezüglich eines Teils der Inkassokosten begründet, da die Klägerin diese nur in Höhe von 169,99 € und nicht in Höhe der vom Landgericht erstinstanzlich zugesprochenen 361,17 € ersetzt verlangen kann. Im Übrigen hat die Berufung, mit der der Beklagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Abweisung der Klage insgesamt und die Rückzahlung von 2.213,52 € im Wege der Drittwiderklage begehrt, keinen Erfolg.
1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung des restlichen Honorars für die durchgeführte zahnärztliche Behandlung in Höhe von 1.357,38 € aus §§ 611, 612, 398 i.V.m. § 4 Abs. 2 GOZ und der geschlossenen Honorarvereinbarung zu. Ein Anspruch auf Rückzahlung des bereits geleisteten Honorars in Höhe von 2.213,52 € besteht nicht.
Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass der Vertrag über zahnärztliche Leistungen als Dienstvertrag mit dem Praxisinhaber, d.h. dem Drittwiderbeklagten Dr. med. Anton M. zustande gekommen ist und dieser als eigene Leistungen (§ 4 Abs. 2 Satz 1 GOZ) auch ärztliche Leistungen durch genehmigte Assistenten bzw. angestellte Zahnärzte gemäß §§ 32, 32b Zahnärzte-ZV abrechnen konnte. Diese Rechtsauffassung wird bestätigt durch die Kommentierung bei Liebold/Raff/Wissing, Kommentar zur GOZ, Stand Februar 2012, § 4 Rn. 2, in der bezüglich des unverändert gebliebenen § 4 Abs. 2 Satz 1 GOZ nochmals deutlicher als in der bereits von der Klagepartei vorgelegten Vorauflage (Bl. 49 ff. d.A.) Folgendes ausgeführt wird:
"Abgerechnet werden können grundsätzlich nur eigene Leistungen des Zahnarztes. Dazu zählen zunächst solche, die von ihm selbst höchstpersönlich erbracht worden sind, im Weiteren aber auch solche Leistungen, die für den Zahnarzt von anderen Zahnärzten erbracht werden, ohne dass diese selbständig abrechnungsberechtigt sind. Dies trifft insbesondere auf angestellte Zahnärzte zu, die ohne eigene Liquidationsrecht in der Praxis des anstellenden Zahnarztes für diesen zahnärztliche Leistungen erbringen. In diesem Fall hat der anstellende Zahnarzt bereits berufsrechtlich eine entsprechende Anleitung und Überwachung des angestellten Zahnarztes durchzuführen."
Die Leistungen des zulässigerweise als Vorbereitungsassistent beschäftigten Zahnarztes Dr. Max M. (vgl. Anlage K 4) konnten mithin vom Drittwiderbeklagten gegenüber dem Beklagten abgerechnet werden. Weiterer klägerischer Vortrag über die Beschäftigung von Dr. Max M. als approbierter angestellter Zahnarzt hinaus ist zur Frage der Aufsicht und fachlichen Weisung nicht erforderlich.
Unabhängig davon geht der Senat auch davon aus, dass es vorliegend zulässig war, Herrn Dr. Max M. die geschuldete ärztliche Leistung auch im Kernbereich als Vertreter des Drittwiderbeklagten zur selbständigen Erledigung zu übertragen und die hierfür erforderliche Einwilligung des Beklagten aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers auch vorlag. So hat nach dem eigenen Vortrag des Beklagten der Drittwiderbeklagte bei einem der ersten streitgegenständlichen Behandlungstermine mitgeteilt, dass ihn sein Sohn zwischenzeitlich "unterstütze" (Bl. 37, 59 d.A.). Nachdem eine höchstpersönliche Leistungserbringung des Drittwiderbeklagten nicht schriftlich vereinbart war und weder zu diesem Zeitpunkt noch zu einem späteren Zeitpunkt ein Widerspruch des Beklagten gegen die Behandlung durch Dr. med. Max M. erfolgt ist, konnte und durfte der Drittwiderbeklagte von einem Einverständnis des Beklagten mit der Durchführung der Behandlung durch seinen Sohn ausgehen. Auch aus etwaigen Bemerkungen des Beklagten gegenüber dem Drittwiderbeklagten bei früheren Behandlungen, wonach er auf die Person des Behandlers äußersten Wert lege, kann vor diesem Hintergrund keine mündliche Vereinbarung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung abgeleitet werden. Dem Beklagten hätte es jederzeit freigestanden, der Fortführung der Behandlung durch Dr. med. Max M. zu widersprechen, falls er mit einer "Unterstützung" des Praxisinhabers durch diesen - unter die ohne weiteres auch die Leistungserbringung als Vorbereitungsassistent gefasst werden kann - nicht (mehr) einverstanden gewesen wäre. Zwar ist Schweigen grundsätzlich keine Willenserklärung, jedoch kann dieses dennoch Erklärungswirkung haben. Dies ist dann der Fall, wenn der Schweigende nach den Gesamtumständen nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen wäre, seinen gegenteiligen Willen zum Ausdruck zu bringen (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Auflage 2016, Einf v § 116, Rn. 8). So liegt der Fall hier. Der Kläger kann nicht einerseits die Behandlung durch Dr. Max M. in Anspruch nehmen, andererseits aber im Fall der Abrechnung erklären, hiermit eigentlich nicht einverstanden gewesen zu sein. In einem solchen Fall ist das Schweigen zwar immer noch keine tatbestandliche Willenserklärung, steht aber in seinen Rechtswirkungen einer Willenserklärung gleich.
Vor diesem Hintergrund verfängt auch der Hinweis des Beklagten auf § 613 Satz 1 BGB nicht. Dieser ist als Auslegungsregel abdingbar (vgl. Palandt/Weidenkaff a.a.O., § 613 Rn. 1), wovon hier den Umständen nach - wie vorstehend dargelegt - auszugehen ist.
Eine Entscheidung des Landgerichts entgegen der "nahezu einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur" - wie vom Beklagten gerügt - ist nicht ersichtlich. Insbesondere betreffen die vom Beklagten zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2012, 1377 [BGH 25.01.2012 - 1 StR 45/11]) und des Oberlandesgerichts Frankfurt (GesR 2011, 680) völlig anders gelagerte Sachverhaltskonstellationen:
In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es um die von einem Arzt vorgenommene Abrechnung einerseits von nicht selbst erbrachten Laborleistungen, die nur von einem Speziallabor erbracht und abgerechnet werden durften, sowie andererseits von in den Praxisräumen des Arztes erbrachten Behandlungen durch nicht approbierte/zugelassene Therapeuten. Im Zusammenhang mit der zweiten Fallkonstellation hat der Bundesgerichtshof sodann festgestellt (BGH a.a.O., [...] Rn. 61), "dassdie Patienten, die sich über die arbeitsrechtliche Einordnung der Herren B. und D. innerhalb der Praxis des Angeklagten keine näheren Gedanken gemacht haben, nicht mit dem Willen handelten, mit den Therapeuten einen Vertrag abzuschließen; in der schlichten (widerspruchslosen) Hinnahme der Vertreterleistung kann ein dahingehender Rechtsgeschäftswille nicht erblickt werden". Diese Aussage bezieht sich ausschließlich auf die Frage des Zustandekommens eines Vertrages mit den Therapeuten, die als Vertreter tätig geworden sind. Um diese Frage geht es hier allerdings bei dem zulässigerweise als Vorbereitungsassistent in der Praxis des Drittwiderbeklagten beschäftigten approbierten Zahnarzt Dr. med. Max M. nicht.
Das Oberlandesgericht Frankfurt wiederum hatte über eine schriftliche wahlärztliche Vereinbarung zur persönlichen Leistungserbringung mit dem Chefarzt einer Klinik und eine etwaige konkludente Änderung dieser Vereinbarung durch Entgegennahme der Vertreterleistung zu entscheiden.
Eine solche Fallkonstellation ist hier ebenfalls nicht streitgegenständlich.
Auch im Übrigen besteht aus Sicht des Senats kein Anlass, an den Feststellungen des Landgerichts zu zweifeln. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts, die für den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich bindend sind, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die vom Beklagten gerügte Verletzung rechtlichen Gehörs wegen unzureichender Angabe der Fundstellen durch den Sachverständigen im Schreiben vom 05.03.2015 und unterbliebener Nachfrage durch das Gericht erscheint zweifelhaft. Nachdem aber das Gutachten auch in der Berufungsbegründung inhaltlich nicht angegriffen wird, fehlt es jedenfalls an der Entscheidungserheblichkeit des gerügten Mangels.
Das Landgericht hat mithin zu Recht einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung in Höhe von 1.357,38 € bejaht und die auf Rückzahlung des bereits gezahlten Honorars gerichtete Drittwiderklage abgewiesen.
2. Ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der geltend gemachten Inkassokosten gemäß §§ 280, 286 BGB besteht nur in Höhe von 169,99 €, so dass sich die Berufung des Beklagten bezüglich eines überschießenden Betrages von 191,18 € als begründet erweist.
Inkassokosten kann jeder Gläubiger, auch ein Kaufmann ersetzt verlangen, soweit das beauftragte Inkassobüro Leistungen erbringt, die über die Erstmahnung hinausgehen (vgl. Palandt/Grüneberg a.a.O., § 286 Rn. 46). Dies ist hier der Fall. Die Erstmahnung hat die Zessionarin noch selbst versandt (K 7) und erst danach mangels vollständiger Bezahlung die EOS S. Inkassodienst eingeschaltet, woraufhin eine weitere Teilzahlung des Beklagten in Höhe von 1.400 € erfolgt ist. Dass die Klägerin selbst ein Inkassounternehmen ist, steht der Erstattungspflicht der Kosten nicht entgegen. Auch ein Rechtsanwalt ist grundsätzlich nicht verpflichtet, sich selbst zu vertreten, sondern kann einen Kollegen beauftragen (vgl. Palandt/Grüneberg a.a.O., § 249 Rn. 57; MüKo/Oetker, BGB, 7. Auflage 2016, § 249 Rn. 180 ff.). Von einem rechtlich einfach gelagerten Fall kann hier nicht ausgegangen werden.
Nicht zu folgen vermag der Senat den Ausführungen des Beklagten in der Berufungsbegründung und im Schriftsatz vom 21.06.2016, soweit dieser einen unzureichenden Klagevortrag zum Anfall der Inkassokosten rügt. Die Klägerin hat in der Klageschrift die Beauftragung des Inkassounternehmens und eine durch dieses Unternehmen ausgesprochene weitere Mahnung des Beklagten, die zu einer Zahlung von weiteren 1.400 € geführt habe, vorgetragen. Des Weiteren wurden die geltend gemachten Inkassokosten mit 361,17 € beziffert (Bl. 12 d.A.). Dies reicht für einen substantiierten und zugleich schlüssigen Vortrag der Klägerin aus. Der Beklagte hat in der Klageerwiderung lediglich die Höhe der zu ersetzenden Inkassokosten bestritten (Bl. 39 d.A.), nicht aber die Einschaltung, das Tätigwerden des Inkassounternehmens sowie den Anfall von Kosten bei der Klägerin. Nachdem auch sonst im Verfahren erster Instanz kein diesbezügliches Bestreiten erfolgt ist, sind diese Tatsachen als zugestanden anzusehen (§ 138 Abs. 3 ZPO).
Im Hinblick auf die Höhe der zu ersetzenden Inkassokosten geht der Senat in Übereinstimmung mit dem Beklagten davon aus, dass diese angesichts der Schadensminderungspflicht des § 254 BGB durch die Sätze des RVG begrenzt sind, so dass Inkassokosten nur in Höhe der nicht auf die Prozessgebühr anrechenbaren RVG-Geschäftsgebühr verlangt werden können (§ 15a RVG; so auch Palandt/Grüneberg a.a.O., § 286 Rn. 46).
Bei einem Gegenstandswert von 2.757,38 € zum Zeitpunkt der Beauftragung des Inkassounternehmens ergibt sich auf Grundlage des damals geltenden RVG mithin ein erstattungsfähiger Betrag in Höhe von 169,99 € (0,65-Gebühr von 122,85 € + Post- und Telekommunikationspauschale von 20 € + Umsatzsteuer von 27,14 €) anstelle der erstinstanzlich zugesprochenen 361,17 €.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen dafür liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren bestimmt sich nach § 47, § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO. Die Inkassokosten sind als Nebenforderungen nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen.
Verkündet am 22.06.2016