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  • 13.12.2016 · IWW-Abrufnummer 190584

    Finanzgericht Hamburg: Beschluss vom 01.08.2016 – 2 V 115/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FINANZGERICHT HAMBURG

    Aktz: 2 V 115/16

    01.08.2016

    Beschluss - Senat

    Rechtskraft: -

    Gründe

    I.

    Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen Hinzuschätzungen nach einer Außenprüfung.

    Die Antragstellerin betreibt seit 2006 das Restaurant A in Hamburg. Das Restaurant hat 40 Innenplätze sowie 20 Plätze in einem ... Wintergarten. Neben Pizza und Pasta bietet das Restaurant andere hochwertigere Fleisch- und Fischgerichte ... an. Für die Streitjahre 2009 bis 2012 ermittelte die Antragstellerin ihren Gewinn aus Gewerbebetrieb gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR).

    Ihren Einkommensteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuerjahreserklärungen legte die Antragstellerin dabei u. a. folgende Werte zugrunde:

                    2009        2010        2011        2012
    Gewinn            ... €        ... €        ... €        ... €
    Wareneinsatz        ... €        ... €        ... €        ... €
    Umsatz (netto)        ... €        ... €        ... €        ... €
    -zu 19 % (netto)        ... €        ... €        ... €        ... €
    -zu 7 % (netto)        ... €        ... €        ... €        ... €
    -zu 7 % (Partyservice)      - €          - €        ... €        ... €

    Der Antragsgegner folgte den Erklärungen und erließ Mitteilungen bzw. Steuerbescheide wie folgt:

                    2009        2010        2011        2012
    Umsatzsteuer        ... €        ... €        ... €        ... €
    Gewerbesteuermessbetrag                ... €          - €        ... €        ... €
    Gewerbesteuer        ... €          - €        ... €        ... €
    Einkommensteuer          - €          - €          - €          - €

    Für die Streitjahre 2009 bis 2011 führte der Antragsgegner bei der Antragstellerin eine Außenprüfung sowie für 2012 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch.

    Dabei gelangte er zu der Überzeugung, dass die Buchführung der Antragstellerin nicht ordnungsgemäß und mithin vollständig zu verwerfen sei: Die vorgelegten Kassenaufzeichnungen und Z-Bons seien nicht geeignet, die Höhe der Einnahmen des Restaurants nachzuweisen. Im Prüfungszeitraum sei ein Kassenbuch lediglich in Form von veränderbaren Excel-Tabellen geführt worden. Kassenbestände seien nicht ermittelt worden. Die Prüfung hätte mehrfach rechnerisch negative Kassenbestände ergeben. Im Rahmen einer Schadenanzeige gegenüber einer Versicherung wegen eines Diebstahls habe die Antragstellerin angegeben, in einem Unterschrank versteckt Wechselgeld i. H. v. ... € vorzuhalten, welches nicht im Kassenbuch aufgeführt werde. Damit habe sie bestätigt, dass dem Kassenbuch keine Beweiskraft zukomme. Bis einschließlich 2011 sei zudem der Z-Zähler der Registrierkasse am Monatsanfang auf "1" gestellt worden. Offensichtlich sei daher eine manuelle Einstellung des Z-Zählers möglich. Stornos würden auf den Z-Bons nicht ausgewiesen.

    Im Rahmen der Hinzuschätzung von Umsätzen stellte der Antragsgegner fest, dass die erklärten Rohgewinnaufschlagsätze für die Streitjahre zwischen 142 % und 178 % und damit unter den Rohgewinnaufschlagsätzen für die Jahre 2006 bis 2008 (241 %; 231 % bzw. 197 %) und dem niedrigsten Rohgewinnaufschlagssatz für Pizzerien (203 %) gelegen hätten. Bei den Hinzuschätzungen seien ferner von der Antragstellerin auf Privatkonten eingezahlte "Trinkgelder", für die laut Kassenbuch im Zahlungszeitraum nicht genug Einnahmen vorhanden gewesen seien, sowie ungeklärte Einlagen auf Bankkonten zu berücksichtigen. Im Schätzungswege sei von einem Rohgewinnaufschlagssatz i. H. v. 285 % (Mittelwert für Pizzerien) auszugehen. Für 2011 (Jahr mit dem höchsten Wareneinsatz) ergebe sich damit ein täglicher durchschnittlicher Umsatz je Restaurantplatz (60 Plätze, 300 Öffnungstage) von ... €. Da insbesondere an umsatzstarken Wochenenden die Plätze mehrfach belegt würden, sei dies realistischer als die von der Antragstellerin erklärten ... € pro Tag und Platz (bei erklärten durchschnittlichen täglichen Umsätzen i. H. v. ... €).

    Im Übrigen bestünden erhebliche Zweifel an der Höhe der erklärten Umsätze zum ermäßigten Steuersatz von 7 %. Soweit es sich um Umsätze des Partyservice gehandelt haben soll, ließen die eingereichten Rechnungen mit den Bezeichnungen "Partyservice; kaltes und warmes Buffet" nicht erkennen, welche Leistungen tatsächlich erbracht wurden. Für einen etwaigen Außer-Haus-Verkauf sei nur in geringen Umfang Verpackungsmaterial eingekauft worden. Von den erklärten Netto-Umsätzen zum ermäßigten Steuersatz erkannte der Antragsgegner lediglich 40 % an und qualifizierte 60 % als Umsätzen zum Regelsteuersatz um. Zusammenfassend schätzte der Antragsgegner die Besteuerungsgrundlagen wie folgt:

    Schätzung Umsätze Bp    2009        2010        2011        2012
    Wareneinsatz        ... €        ... p€        ... €        ... €
    erkl. Umsatz (netto)        ... €        ... €        ... €        ... €
    Umsatz mit RGAS 285 %    ... €        ... €        ... €        ... €
    mehr Umsatz (netto)    ... €        ... €        ... €        ... €
    zzgl. USt 19 %        ... €        ... €        ... €        ... €
    mehr Umsatz (brutto)    ... €        ... €        ... €        ... €

    Gewinn vor Bp        ... €        ... €        ... €        ... €
    Korrektur Umqualifizierung                 -... €             -... €             -... €             -... €
    Gewinn nach Bp        ... €        ... €        ... €        ... €

    Umsätze zu 7 % (*)        ... €        ... €        ... €        ... €
    Umsätze zu 19 % (**)    ... €        ... €        ... €        ... €

    (*) 40 % der erklärten Umsätze zu 7 %
    (**) Erklärten Umsätzen zu 19 % zzgl. 60 % der Umsätze zu 7 % und hinzugeschätze Umsätze

    Am 23. September 2015 erließ der Antragsgegner - nach Übersendung von vorläufigen Prüfungsfeststellungen am 18. Mai 2015, welche Gesprächsgrundlage der Schlussbesprechung vom 21. Juli 2015 waren, einem telefonischen Verständigungsversuch sowie weiterem Schriftverkehr zu den übersandten Prüfungsberichten - entsprechende Änderungsbescheide zur Einkommensteuer, über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer sowie die Umsatzsteuer:

    Bescheide nach Bp        2009        2010        2011        2012
    Umsatzsteuer            ... €        ... €        ... €        ... €
    Gewerbesteuermessbetrag    ... €        ... €        ... €        ... €
    Gewerbesteuer            ... €        ... €        ... €        ... €
    Einkommensteuer            ... €        ... €        ... €        ... €

    Am 28. September 2015 legten die Antragsteller Einspruch gegen die Änderungsbescheide ein und begehrten die Aussetzung der Vollziehung (AdV) in voller Höhe sowie die Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 364 der Abgabenordnung (AO). Am 5. Oktober 2015 teilte der Antragsgegner mit, dass die Besteuerungsgrundlagen sich aus den von den Antragstellern im Rahmen der Betriebsprüfung vorgelegten Unterlagen ergäben. Den Antrag auf AdV wies er zurück. Dagegen legten die Antragsteller am 27. Oktober 2015 Einspruch ein.

    Im Rahmen der Einspruchsbearbeitung reduzierte der Antragsgegner für die Streitjahre 2009 bis 2011 die Schätzung dergestalt, dass er von einem Rohgewinnaufschlagssatz i. H. v. 260 % ausging. Die Schätzung für das Jahr 2012 änderte er nicht:

    Schätzung Umsätze Bp        2009        2010        2011
    Wareneinsatz            ... €        ... €        ... €
    erkl. Umsatz (netto)            ... €        ... €        ... €
    Umsatz mit RGAS 260 %        ... €        ... €        ... €
    mehr Umsatz (netto)        ... €        ... €        ... €
    zzgl. USt 19 %            ... €        ... €        ... €
    mehr Umsatz (brutto)        ... €        ... €        ... €

    Gewinn vor Bp            ... €        ... €        ... €
    Korrektur Umqualifizierung         -... €             -... €             -... €
    Gewinn nach Bp            ... €        ... €        ... €

    Umsätze zu 7 % (*)            ... €        ... €        ... €
    Umsätze zu 19 % (**)        ... €        ... €        ... €

    Am 4. April 2016 erließ der Antragsgegner entsprechende Änderungsbescheide für 2009 bis 2011:

    Bescheide nach Einspruch    2009        2010        2011
    Umsatzsteuer            ... €        ... €        ... €
    Gewerbesteuermessbetrag    ... €        ... €        ... €
    Gewerbesteuer            ... €        ... €        ... €
    Einkommensteuer            ... €        ... €        ... €

    Mit Einspruchsentscheidungen vom 4. April, 7. April bzw. 8. April 2016 wies der Antragsgegner im Übrigen die Einsprüche gegen die Änderungsbescheide sowie gegen die Ablehnung der AdV als unbegründet zurück.

    Am 29. April 2016 haben die Antragsteller in der Hauptsache Klage erhoben (Az. 2 K 114/16) und AdV bei Gericht beantragt.

    Zu Begründung tragen sie im Wesentlichen wie folgt vor:

    Eine Schätzungsbefugnis sei nicht gegeben. Sie, die Antragsteller, seien nach abgabenrechtlichen Vorschriften nicht zur Führung von Büchern verpflichtet gewesen. Die nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde zu legenden Aufzeichnungen seien umfangreich vorhanden und dem Antragsgegner vorgelegt worden. An deren Richtigkeit sei nicht zu zweifeln. Die vermeintlichen Annahmen des Antragsgegners, eine manuelle Einstellung des Z-Zählers sei möglich, es seien keine Kassenbestände ermittelt worden, Kassenbestände seien rechnerisch mehrfach negativ und sie, die Antragstellerin, habe gegenüber einer Versicherung selbst erklärt, dem Kassenbuch käme keine Beweiskraft zu, seien bis heute unbelegt und teilweise widersprüchlich. Hinsichtlich der behaupteten ungeklärten Einlagen bzw. Trinkgelder habe man nachgewiesen, dass es sich lediglich um Verschiebungen zwischen den einzelnen Bankkonten gehandelt habe, zumal er, der Antragsteller, im Restaurant angestellt gewesen sei und steuerfrei Trinkgelder hätte vereinnahmen können.

    Die Umqualifizierung der Umsätze aus dem Partyservice sei nicht gerechtfertigt. Aus den Rechnungen mit der Leistungsbeschreibung "kaltes und warmes Buffet" ergebe sich, dass die Lieferung der Speisen dominierender Bestandteil des Umsatzes gewesen sei. Zusätzliche Dienstleistungselemente habe es nicht gegeben.

    Zudem bestehe eine erhöhte Vermutung für die Richtigkeit der Buchführung. Denn für den Prüfungszeitraum seien nicht unerhebliche Gewinne erklärt worden, obgleich der Betrieb erst im ... 2006 aufgenommen worden sei. Es hätte erst ein eigener Kundenstamm aufgebaut werden müssen, die Konkurrenzlage im Umfeld habe sich zudem von Jahr zu Jahr verstärkt und Kostensteigerungen hätten nicht an die Gäste weitergereicht werden können. Selbst in der Rechtsprechung des BFH sei anerkannt, dass Betriebe in einer drei- bis fünfjährigen Anlaufphase typischerweise Anlaufverluste erwirtschafteten.

    Auch die Höhe der Schätzung sei zu beanstanden. Selbst wenn man von einer punktuell mangelhaften Buchführung ausgehe, sei ein Rückgriff auf die Richtsatz-Sammlung unzulässig. Vielmehr seien die einzelnen Unrichtigkeiten lediglich punktuell zu berichtigen. Auch wenn die Anwendung der Richtsatz-Sammlung gerechtfertigt sei, könne der Mittelwert des Rohgewinnaufschlagssatzes für Pizzerien nicht zu Grunde gelegt werden. Es handele sich nicht um eine Pizzeria, sondern um ein Lokal mit ... Spitzenküche. Es hätte daher allenfalls auf die Rubrik "Gast- und Speisewirtschaften" zurückgegriffen werden dürfen. Aufgrund der von der Rechtsprechung gebilligten typischerweise auftretenden fünfjährigen Verlustphase hätten aber Werte deutlich unter dem Mittelwert herangezogen werden müssen.

    Im Übrigen habe der Antragsgegner dem Antrag auf Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 364 AO nicht entsprochen. Auch habe der Betriebsprüfer mehrfach "vorläufige Prüfungsfeststellungen" ohne Datum und Unterschrift oder Nennung des Verfassers abgelegt, ohne diese ihnen, den Antragstellern, zugänglich zu machen. Dies wäre aber gemäß § 199 Abs. 2 AO gerade im Hinblick auf die existenzbedrohenden Steuernachzahlungen notwendig gewesen. Allein dies begründe die vollumfängliche AdV. Eine in den Betriebsprüfungsakten befindliche Checkliste zur Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung weise keinerlei Eintragungen auf, so dass der Prüfer diese offensichtlich nicht benutzt habe. Damit habe der Antragsgegner seine Aufklärungspflicht verletzt, da er offenkundigen Zweifelsfragen (Mangelhaftigkeit der Kassenführung ohne Nutzung einer Checkliste) nicht nachgegangen sei. Im Übrigen bestünden aufgrund der Voreingenommenheit des Prüfers, der bereits die Vorjahre geprüft habe, erhebliche Zweifel an einem fairen Verfahren.

    Die Antragsteller zu 1) und 2) beantragen sinngemäß,
    die Bescheide über Einkommensteuer für 2009, 2010 und 2011 vom 4. April 2016 und für 2012 vom 23. September 2015 vollständig von der Vollziehung auszusetzen.

    Die Antragstellerin zu 2) beantragt zudem sinngemäß,
    die Bescheide über Umsatzsteuer und über den Gewerbesteuermessbetrag für 2009, 2010 und 2011 vom 4. April 2016 sowie für 2012 vom 23. September 2015 vollständig von der Vollziehung auszusetzen.

    Der Antragsgegner beantragt,
    den Antrag abzulehnen.

    Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung und den im Rahmen der Betriebsprüfung geführten Schriftverkehr. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide bestünden nicht. Die Schätzung sei weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden. Die von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen könnten der Besteuerung nicht zu Grunde gelegt werden. Wie im Rahmen der Betriebsprüfung dargelegt, seien sie in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Insbesondere habe die Antragstellerin ihre Bareinnahmen nicht ordnungsgemäß erfasst. Die zahlreichen Mängel seine aufgezeigt worden. Zudem entspreche die veränderliche Dokumentation in Form einer Kassenführung per Excel-Tabelle nicht den Anforderungen.

    Die Schätzung sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Er, der Antragsgegner, habe auch auf die Rohgewinnaufschlagsätze für Pizzerien zurückgreifen dürfen. Die Anwendung auf Lokale, wie das der Antragstellerin, sei auch von der Rechtsprechung gebilligt. Schätzungsspielräume könne er ausnutzen. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf Ansatz des Mittelwerts. Vor dem Hintergrund, dass für die Anlaufphase 2006 bis 2008 im Wege einer tatsächlichen Verständigung ein Rohgewinnaufschlagssatz i. H. v. 240 % angesetzt worden sei, sei eine Erhöhung auf 260 % für die Jahre 2009 bis 2011 um weitere 25 % für 2012 (285 % - Mittelwert für Pizzerien) nicht zu beanstanden.

    Die Umqualifizierung der Umsätze zum ermäßigten Steuersatz sei gerechtfertigt, da die Antragstellerin die Voraussetzungen für die Ermäßigung nicht nachgewiesen habe.

    Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Sachakten des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

    II.

    Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

    1. Bei verständiger Würdigung des Begehrens der Antragsteller legt das Gericht den Antrag auf AdV dergestalt aus, dass diese lediglich in der Höhe begehrt wird, in welcher mit den Änderungsbescheiden nach Betriebsprüfung Mehrsteuern bzw. ein höherer Gewerbesteuermessbetrag gegenüber den Ausgangsbescheiden vor Betriebsprüfung festgesetzt werden. Zwar begehren die Antragsteller die vollständige Aussetzung. Da sie aber lediglich auf die Änderungsbescheide Bezug nehmen, geben sie zu erkennen, dass sie die Rechtmäßigkeit der Ausgangsbescheide nicht anzweifeln.

    2. Der so verstandene Antrag ist jedoch unbegründet.

    a) Nach § 69 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Danach soll seitens des Gerichts eine Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Solche sind gegeben, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen und/oder Unklarheiten in der Beurteilung einer Tatfrage bewirken (st. Rspr., vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. Februar 2005 I B 208/04, BStBl II 2005, 351; vom 3. Februar 1993 I B 90/92, BStBl II 1993, 426). Die Entscheidung ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage sowie aufgrund von präsenten Beweismitteln (§ 155 FGO i. V. m. § 294 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO) ergibt. Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht (BFH-Beschluss vom 20. März 2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809 m. w. N.). Die im Hauptsacheverfahren geltenden Regeln zur Feststellungslast gelten auch im Aussetzungsverfahren.

    b) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen daran gemessen nicht. Sowohl gegen die Hinzuschätzung als auch die Umqualifizierung von Umsätzen zum ermäßigten Steuersatz bestehen bei summarischer Prüfung keine Bedenken.

    aa) Nach Würdigung der präsenten Beweismittel und der Aktenlage ist die Hinzuschätzung rechtmäßig.

    (1) Bei summarischer Prüfung geht der Antragsgegner zutreffend davon aus, dass die Buchführung der Antragstellerin in den Streitjahren derart fehlerbehaftet war, dass sie der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden kann und deshalb eine Hinzuschätzung geboten ist.

    (a) Nach § 162 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen (§ 162 Abs. 2 AO).

    Die Antragstellerin war im Rahmen der von ihr nach § 4 Abs. 3 EStG vorgenommenen Gewinnermittlung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen verpflichtet. Auch die Überschussrechnung setzt voraus, dass die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen werden. Die allgemeinen Ordnungsvorschriften in den §§ 145 ff. AO gelten nicht nur für Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach §§ 140, 141 ff. AO. Insbesondere § 145 Abs. 2 AO betrifft jegliche zu Besteuerungszwecken gesetzlich geforderten Aufzeichnungen, also auch solche, zu denen der Steuerpflichtige aufgrund anderer Steuergesetze, wie z. B. § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i. V. m. §§ 63 bis 68 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06, BStBl II 2010, 452). Diese Aufzeichnungspflicht nach dem Umsatzsteuergesetz wirkt, sofern dieses Gesetz keine Beschränkung auf seinen Geltungsbereich enthält oder sich eine Beschränkung aus der Natur der Sache nicht ergibt, unmittelbar auch für andere Steuergesetze (BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 IX R 25/02, BStBl II 2004, 599 m. w. N.).

    Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 UStG sind unter anderem die vereinnahmten Entgelte aufzuzeichnen. Nach § 63 Abs. 1 UStDV müssen die Aufzeichnungen so beschaffen sein, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit möglich ist, einen Überblick über die Umsätze des Unternehmens und die abziehbaren Vorsteuern zu erhalten. Betriebseinnahmen sind einzeln aufzuzeichnen. Der Umstand der sofortigen Bezahlung der Leistung rechtfertigt nicht, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nicht einzeln aufzuzeichnen. Aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität besteht die Pflicht zur Einzelaufzeichnung jedoch nicht für Einzelhändler (und vergleichbare Berufsgruppen), die im Allgemeinen Waren an ihnen der Person nach unbekannte Kunden über den Ladentisch gegen Barzahlung verkaufen.

    Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG besteht zwar grundsätzlich keine Pflicht zum Führen eines Kassenbuchs, denn es gibt keine Bestandskonten und somit auch kein Kassenkonto (FG Saarland, Urteil vom 21. Juni 2012 1 K 1124/10, EFG 2012, 1816). Trotzdem müssen Geschäftsvorfälle fortlaufend, vollständig und richtig verzeichnet werden. Insbesondere bei bargeldintensiven Betrieben sind dafür detaillierte Aufzeichnungen ähnlich einem Kassenkonto oder einem Kassenbericht notwendig (vgl. Sächsisches FG vom 4. April 2008 5 V 1035/07, juris; FG Saarland, Urteil vom 13. Januar 2010 1 K 1101/05, EFG 2010, 772). So können die Tageseinnahmen in einer Summe aufgezeichnet und diese Summe zusätzlich durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons nachgewiesen werden. In einem solchen Fall ist es zwar nicht erforderlich, den Kassenbestand täglich zu ermitteln. Es müssen aber die Ursprungsaufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben aufbewahrt und in gewissen Abständen der tatsächliche Kasseninhalt mit dem buchmäßigen Kassenbestand abgeglichen werden (vgl. Sächsischen FG, Beschluss vom 4. April 2008 5 V 1035/07, juris; FG Saarland, Urteil vom 13. Januar 2010 1 K 1101/05, EFG 2010, 772). Diese Möglichkeit bietet sich insbesondere bei der Nutzung von Registrierkassen an (vgl. Urteil des FG Köln vom 6. Mai 2009 15 K 1154/05, EFG 2009, 1261). Für den Nachweis der Kasseneinnahmen durch Aufbewahrung der sogenannten Tagesendsummenbons (Z-Bons) ist jedoch erforderlich, dass die Z-Bons eine hinreichende Gewissheit über die Vollständigkeit der darin enthaltenen Einnahmen zulassen (FG Hessen, Beschluss vom 24. Februar 2014 4 V 84/13, juris). Sämtliche Stornobuchungen müssen sich einwandfrei aus den Unterlagen ergeben und ohne Probleme nachvollziehbar sein (vgl. FG Niedersachsen, Beschluss vom 2. September 2004 10 V 52/04, DStR 2005, 281).

    Die Bareinnahmen können aber auch ähnlich einem Kassenbericht nachgewiesen werden, in dem sie mit dem Anfangs- und Endbestand der Kasse abgestimmt werden. In diesem Fall brauchen die Kassenstreifen, Kassenzettel und Kassenbons nicht aufbewahrt zu werden (BFH-Urteil vom 20. Juni 1985 IV R 41/82, BFH/NV 1985, 12). Für die Anfertigung eines Kassenberichts ist der geschäftliche Bargeldendbestand auszuzählen, weil hier die Feststellung des Kassenbestandes eine unentbehrliche Grundlage für die Berechnung der Tageslosung bildet. Der Kassenbestand ist sodann rechnerisch um die belegmäßig festgehaltenen Entnahmen und Ausgaben zu erhöhen und um die ebenfalls dokumentierten Einlagen zu mindern, so dass sich die Einnahme ergibt (vgl. Sächsischen FG, Beschluss vom 4. April 2008 5 V 1035/07, juris; FG Saarland, Urteil vom 13. Januar 2010 1 K 1101/05, EFG 2010, 772; FG Münster, Urteil vom 23. Juni 2010 12 K 2714/06 E, U, juris). Verwendet der Steuerpflichtige Kassenberichte zur Dokumentation seiner Einnahmen, dann müssen diese Kassenberichte auch ordnungsgemäß sein. Bei widersprüchlichen Eintragungen in den Kassenberichten fehlt es an der von der Rechtsprechung geforderten nachvollziehbaren und überprüfbaren Dokumentation der Einnahmeermittlung (FG Niedersachsen, Urteil vom 8. Dezember 2011 12 K 389/09, EFG 2013, 291).

    Da die Ordnungsvorschriften der §§ 146, 147 AO grundsätzlich auch für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gelten (z. B. BFH, Urteil vom 26. Februar 2004 XI R 25/02, BStBl II 2004, 858), muss allgemein gewährleistet sein, dass die Aufzeichnungen unveränderlich sind bzw. nachträgliche Veränderungen nachvollzogen werden können. Gerade bei manipulationsanfälligen EDV-Systemen müssen Veränderungen zwingend vom Programm kenntlich gemacht werden (vgl. Tipke/Kruse, AO/FGO, § 146 AO Rn. 59).

    (b) Daran gemessen, erfüllen die buchmäßigen Aufzeichnungen der Antragstellerin nicht die gesetzlichen Voraussetzungen. Die in Form von Excel-Listen geführten Aufzeichnungen bieten keinerlei Gewähr für die fortlaufende, vollständige und richtige Erfassung aller Bargeschäfte ähnlich einem Kassenbuch oder einem Kassenbericht. Die Aufzeichnungen sind veränderbar, ohne dass die Veränderungen kenntlich gemacht werden und erfüllen so bereits nicht die Voraussetzung des § 146 Abs. 4 AO. Dass von der Möglichkeit der nachträglichen Änderung Gebrauch gemacht wurde, zeigen exemplarisch die Korrekturen im Februar 2009 sowie im Juni 2011 (Belege 500, 461a). Im Übrigen fehlen jegliche Hinweise darauf, wer, wann und wie diese Aufzeichnungen geführt hat. Entsprechende Vermerke (Unterschriften, Namenszeichen) in den dafür vorgesehenen Feldern fehlen. Sowohl gegen die inhaltliche Richtigkeit als auch die zeitnahe Erfassung aller Einnahmen und Ausgaben sowie gegen eine grundsätzlich tägliche bzw. zeitnahe Auszählung der Tageskasse sprechen auch beispielsweise nicht erfasste Einlagen am 7. April 2009 i. H. v. ... € und am 1. Mai 2009 i. H. v. ... €, sowie die von der Betriebsprüfung ermittelten Kassenfehlbestände (18., 20., 26. Mai 2009; 15., 16., 17. Juni 2009; 18. August 2009; 25. Mai, 1., 2. und 17. September 2010; sowie am 7., 10., 11., 12., 16., 18. und 19. Februar 2011, letztere verursacht durch eine fälschlich erfasste Einnahme, die im Nachhinein korrigiert wurde). Gegen die materielle Richtigkeit sprechen auch die Angaben der Antragstellerin gegenüber der ... Versicherung hinsichtlich eines Einbruchs im ... 2011. Ausweislich der in der Akte befindlichen Schadensanzeige habe die Antragstellerin immer einen Betrag i. H. v. ... € Bargeld in einem Unterschrank vorgehalten, der im Kassenbuch nicht erfasst worden sei. Tatsächlich fehlt in den eingereichten Excel-Listen jeglicher Hinweis auf diesen Bargeldbestand.

    Auch die Kassengrundaufzeichnungen in Form der Tagesendsummenbons (Z-Bons) lassen keine hinreichende Gewissheit über die Vollständigkeit der darin enthaltenen Einnahmen zu. Soweit diese in den Akten exemplarisch vorliegen, ist zu erkennen, dass die fortlaufende Nummerierung zumindest in den Jahren 2009 bis 2011 monatlich erneut mit "1" beginnt, was den Schluss zulässt, dass die Durchzählung der Bons manipulierbar ist. Stornobuchungen werden auf diesen Bons nicht kenntlich gemacht. Entsprechend mögliche Eingriffe bei der Ermittlung der täglichen Bareinnahmen sind nicht nach außen hin erkennen- und nachvollziehbar. Die im Rahmen des Partyservice gestellten Ausgangsrechnungen vermitteln ebenfalls nicht den Eindruck vollständiger Grundaufzeichnungen. Diese tragen vielmehr regelmäßig statt einer fortlaufenden Rechnungsnummer die Belegnummer, mit der sie in die Excel-Tabelle aufgenommen wurden. Die Vollständigkeit ist damit nicht erwiesen.

    Weitere Zweifel an der materiellen Richtigkeit der Buchführung begründen bei summarischer Prüfung die erklärten Entnahmen bzw. Einlagen in den Streitjahren. Selbst nach Stellungnahme der Antragstellerin auf Nachfrage des Antragsgegners verbleiben Zweifel bezüglich der Herkunft von Einlagen in Höhe von ... € für 2009 sowie von ... € im Jahr 2012. Allgemein ist festzuhalten, dass die Antragstellerin im Jahr 2009 ... € mehr eingelegt als dem Betrieb entnommen hat. 2010 und 2011 betrugen die Entnahmen lediglich ... € bzw. ... €, so dass nicht ersichtlich ist, wovon die Antragsteller in den Streitjahren ihren Lebensunterhalt bestritten haben wollen. Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller laut Einkommensteuererklärung in den Jahren 2009 bis 2011 freiwillige Leistungen zu einer Rentenversicherung i. H. v. ... €, ... € bzw. ... € geleistet hat. Soweit die Antragsteller insbesondere die Mittelherkunft für die Einlagen in den Betrieb damit begründen, dass monatliche Trinkgelder auf die Privatkonten überwiesen wurden, von denen dann teilweise die Einlagen geleistet wurden, überzeugt dieser Vortrag ohne nähere Nachweise nicht. So betrugen allein die als "Trinkgelder" bezeichneten Einzahlungen auf Privatkonten in den Jahren 2009 bis 2012 ... €, ... €, ... € bzw. ... €. Selbst bei Annahme eines Anstellungsverhältnisses des Antragstellers im familiären Betrieb erschließt sich nicht ohne weiteres, warum der Antragsteller in dieser Größenordnung am Trinkgeld partizipiert haben soll, dürfte dies doch vermeintlich den fremden Angestellten zugestanden haben.

    (2) Da die Buchführung der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden konnte, lagen die Voraussetzungen für eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vor. In Ausübung seiner Schätzungsbefugnis (§ 162 AO i. V. m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) folgt das Gericht im vorliegenden summarischen Verfahren der Schätzung des Antragsgegners.

    (a) Die Wahl der Schätzungsmethode steht im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde und des Finanzgerichts, wenn es - wie hier - seine eigene Schätzungsbefugnis aus § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 162 AO ausübt. Es ist eine Schätzungsmethode zu wählen, die die größte Gewähr dafür bietet, mit einem zumutbaren Aufwand das wahrscheinlichste Ergebnis zu erzielen (vgl. Seer in Tipke/ Kruse, AO/ FGO, § 162 AO Rn. 52 m. w. N.). Die Wahl der Schätzungsmethode richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles (vgl. z. B. FG Bremen, Urteil vom 17. Januar 2007 2 K 229/04, EFG 2008, 8). Ziel jeder Schätzung muss es sein, Besteuerungsgrundlagen so zu ermitteln, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen. Schätzergebnisse müssen darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226). Es liegt in der Natur der Sache, dass das Ergebnis einer Schätzung von den tatsächlichen Verhältnissen abweichen kann. Solche Abweichungen sind notwendig mit einer Schätzung verbunden, die in Unkenntnis der wahren Gegebenheiten erfolgt. Die Schätzung muss sich allerdings in dem durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen halten (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 1992 IV R 34/90, BStBl II 1993, 259).

    (b) Auf dieser Grundlage ist die Nachkalkulation des Antragsgegners im summarischen Verfahren nicht zu beanstanden. Dem Ansatz eines Rohgewinnaufschlagssatzes i. H. v. 260 % (2009 bis 2011) bzw. 285 % (2012) begegnet keinen Bedenken. Dabei kann dahinstehen, ob es sich, dem Vortrag der Antragsteller folgend, bei dem Restaurant um eine Gast- und Speisewirtschaft statt einer Pizzeria handelt. Denn auch für Speisewirtschaften lag die Spannbreite des Rohgewinnaufschlagssatzes der amtlichen Richtsatzsammlung bei 170 bis 335 und einem Mittelwert von 233 (2009) bzw. bei 186 bis 400 und einem Mittelwert von 257 (2010 bis 2012). Damit liegen die vom Antragsgegner geschätzte Rohgewinnaufschlagsätze deutlich innerhalb der Spannbreiten und bezogen auf Pizzerien in drei Jahren sogar unter dem Mittelwert, sowie bezogen auf Speisewirtschaften lediglich moderat darüber. Der von den Antragstellern vorgetragenen Anlaufphase hat der Antragsgegner mit der Anknüpfung an die Ergebnisse der Außenprüfung der Vorjahre und die daran gemessen moderate Erhöhung des Rohgewinnaufschlagsatzes ausreichend Rechnung getragen. Diese Schätzung ist darüber hinaus auch wirtschaftlich vernünftig und möglich. So führt sie z. B. für das Jahr mit dem höchsten Wareneinsatz (2011) zu einem Umsatz in Höhe von ca. ... €. Abzüglich der vom Antragsteller selbst erklärten Umsätze aus Partyservice und Außer-Haus-Verkauf in Höhe von ca. ... € netto (ca. ... € brutto) bedeutet dies einen Umsatz i. H. v. ... € im Lokal. Bei 300 Öffnungstagen und 60 Plätzen ergibt dies einen durchschnittlichen Umsatz pro Platz und Tag von ... €. Gerade unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragsteller, keine Pizzeria, sondern ein ... Lokal mit "Spitzenküche" zu betreiben, scheint dies nicht zu hochgegriffen. Verbleibenden Unsicherheiten gehen zulasten der Antragsteller.

    bb) Auch soweit der Antragsgegner die erklärten Umsätze zum ermäßigten Steuersatz i. H. v. 60 % in solche zum Regelsteuersatz umqualifiziert hat, ist dies jedenfalls im summarischen Verfahren nicht zu beanstanden. Entgegen dem Vortrag der Antragsteller genügt die Vorlage der Ausgangsrechnungen des Partyservice allein ohne ergänzenden Vortrag nicht zum Nachweis, dass lediglich zubereitete Speisen ohne zusätzliche Dienstleistungselemente geliefert wurden und der ermäßigte Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG anzuwenden ist.

    So sind nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH bei der Beurteilung der Leistung eines Partyservice zwei Aspekte entscheidend. Von einer Lieferung kann regelmäßig dann bereits nicht mehr ausgegangen werden, wenn schon keine Standardspeisen geliefert werden. Standardspeisen sind dabei nur solche, bei denen sich die Zubereitung auf einfache, standardisierte Handlungen beschränkt (Kochen, Braten, backen, aufwärmen) und die nicht speziell auf Kundenbestellung gefertigt werden, sondern vorgehalten werden, wie dies bei Imbissen und Verkaufsständen der Fall ist (EuGH-Urteil vom 10. März. 2011, C-497/09, C-499/09, C-501/09, C-502/09, BStBl II 2013, 256 Tz. 66 bis 70). Zudem ist nicht mehr von einer Lieferung auszugehen, wenn wesentliche weitere Serviceanteile in der Leistung enthalten sind (besondere Kreativität in der Zubereitung und Darreichungsform, dienliche Elemente wie Gestellung von Geschirr, Besteck oder Mobiliar, die einen gewissen personellen Einsatz - Transport und Reinigung - erfordern, vgl. BFH-Urteil vom 23. November 2011 XI R 6/08, BStBl II 2013, 253). Vor diesem Hintergrund ist gerade bei Berücksichtigung des Vortrags der Antragsteller, bei dem Betrieb handele es sich um ein ... Lokal mit "Spitzenküche", bereits ohne das Hinzutreten von weiteren Dienstleistungselementen zweifelhaft, dass es sich bei den Partyservice-Umsätzen um bloße Lieferungen von Standardspeisen handelt.

    cc) Die Aussetzung der Vollziehung ist auch nicht im Hinblick auf die gerügten Verstöße gegen rechtsstaatliche Grundsätze gerechtfertigt. Dem Begehren nach Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen (§ 364 AO) ist der Antragsgegner in hinreichendem Maße nachgekommen. Zulässigerweise durfte er im Hinblick darauf, dass die von der Betriebsprüfung gewürdigten Unterlagen aus der Sphäre der Antragsteller stammen, mit Schreiben vom 5. Oktober 2015 pauschal auf diese verweisen. Mit Schreiben vom 3. November 2015 wurde den Antragstellern zudem die Möglichkeit geboten, Akteneinsicht zu nehmen, wovon sie keinen Gebrauch machten. Der Antragsgegner hat auch nicht gegen § 199 Abs. 2 AO verstoßen. Am 18. Mai 2015 haben die Antragsteller vom Antragsgegner die entsprechend vorläufigen Prüfungsfeststellungen zur Stellungnahme erhalten. Der Antragsgegner ist nicht verpflichtet, jegliche Arbeitspapiere, die der internen Organisation der Prüfung dienen, Prüfungsfelder und gewonnene Ergebnisse gleichsam als eigene interne Notizen festhalten, dem Steuerpflichtigen zugänglich zu machen. Auch ist der Antragsgegner seiner Amtsermittlungspflicht nachgekommen. Die Prüfungsfeststellungen sowie handschriftlichen Notizen, bezogen auf die Bedienungsanleitung der Registrierkasse, zeigen insbesondere die Auseinandersetzung mit der entsprechenden "Checkliste".

    c) Eine Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte ist nicht geboten. Nachteile, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder schwer wiedergutzumachen wären, oder die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz durch die Vollziehung haben die Antragsteller nicht substantiiert dargetan, sondern lediglich pauschal behauptet.

    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für eine Zulassung der Beschwerde liegen nicht vor (§ 128 Abs. 3 i. V. m. § 15 Abs. 2 FGO).