21.02.2017 · IWW-Abrufnummer 192010
Finanzgericht Köln: Urteil vom 15.09.2016 – 10 K 2497/15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln
10 K 2497/15
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Pkw der Klägerin von ihrem Gesellschafter–Geschäftsführer auch privat genutzt wurde und deshalb eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt.
3
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH den Vertrieb von .... Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war in den Streitjahren Herr A. Im Haushalt des Geschäftsführers lebten in den Streitjahren seine Ehefrau und zwei minderjährige Kinder. Auf den Geschäftsführer war privat ein Audi A6 zugelassen.
4
Der Anstellungsvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Geschäftsführer, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, enthält in § 8 Abs. 1 die Bestimmung, dass dem Geschäftsführer für seine Tätigkeit im Rahmen des Vertrags ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt wird. Dieser Firmenwagen darf auch zu privaten Zwecken genutzt werden. Bei diesem Firmenwagen, der nach der 1%-Regelung versteuert wird, handelt es sich um einen Audi TT.
5
Daneben befindet sich im Betriebsvermögen der Klägerin ein Audi AS Quattro.
6
Neben dem Geschäftsführer beschäftigte die Klägerin dessen Ehefrau auf geringfügiger Basis. Weitere Arbeitnehmer hatte die Klägerin nicht.
7
Die Veranlagungen der Klägerin zur Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2009-2011 erfolgten zunächst erklärungsgemäß.
8
In 2013 fand bei der Klägerin für die Streitjahre eine Betriebsprüfung statt. Dabei kam die Prüferin zu dem Ergebnis, dass – ebenso wie bereits in den Vorjahren – ein im Betriebsvermögen der Klägerin befindlicher PKW (Audi AS Quattro) allein von deren Geschäftsführer genutzt wurde. Da während der Betriebsprüfung keine Fahrtenbücher vorgelegt wurden, ging die Prüferin von einer auch privaten Nutzung des Pkw aus. Den privaten Nutzungsanteil ermittelte sie für alle Streitjahre nach der sog. 1%-Regelung. Wegen der Ermittlung im Einzelnen wird auf Tz. 2.3 des Betriebsprüfungsberichts vom 25. November 2013 i.V.m. der Anlage 3 zum Betriebsprüfungsbericht vom 30. Juni 2010 Bezug genommen. Die Prüferin nahm eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von jeweils brutto 4.512 € an. Der Betrag als solcher ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
9
Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ am 20. Januar 2014 geänderte Körperschaftsteuerbescheide und Bescheide über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 2009, 2010 und 2011. Entsprechend ergingen geänderte Gewerbesteuermessbetragsbescheide, geänderte Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Verlustabzugs und geänderte Umsatzsteuerbescheide (Erhöhung der Umsatzsteuer jeweils um 720,40 €).
10
Die Klägerin legte gegen alle Änderungsbescheide rechtzeitig Einspruch ein.
11
Während des Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte Änderungsbescheide zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer, in denen er einem der zwei Streitpunkte aus der Betriebsprüfung abhalf. Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Änderungsbescheide verwiesen. In den Änderungsbescheiden setzte er die Körperschaft-steuer für 2009 auf null Euro fest (Gesamtbetrag der Einkünfte -572 €, darin enthalten eine verdeckte Gewinnausschüttung i.H.v. 4.512 €), für 2010 auf 4.416 Euro fest (Gesamtbetrag der Einkünfte 30.013 €, darin enthalten verdeckte Gewinnausschüttung 4.512 €) und für 2011 ein Euro fest (Gesamtbetrag der Einkünfte 7 €, darin enthalten verdeckte Gewinnausschüttung 4.512 €). Den vortragsfähigen Verlust nach § 10d des Einkommensteuergesetzes stellte der Beklagte jeweils mit null Euro fest. Entsprechend verfuhr er bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags bzw. der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts. Die Änderungsbescheide wurden zum Gegenstand der Einspruchsverfahren.
12
Während des Einspruchsverfahrens legte die Klägerin Fahrtenbücher für die Streitjahre vor, aus denen sich ihrer Ansicht nach ergab, dass der PKW ausschließlich betrieblich genutzt worden war. Privatfahrten durch ihren Gesellschaftergeschäftsführer hätten nicht stattgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Fahrtenbücher Bezug genommen.
13
Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 1. September 2015, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:
14
Die von der Klägerin vorgelegten Fahrtenbücher seien nicht anzuerkennen. In diesen fehlten aussagefähige Angaben zum Zweck der jeweiligen Fahrt. So seien nur Nachnamen aufgezeichnet, nicht aber, um wen es sich dabei handele und zu welchem Zweck diese Personen aufgesucht wurden. Darüber hinaus seien die in den Fahrtenbüchern enthaltenen Angaben zu beanstanden, da die dortigen Ortsangaben vorwiegend ungenau seien. Bei Orten von der Größe von z.B. Düsseldorf, Köln, Nürnberg oder München reiche die Ortsangabe nicht, da die jeweils aufgesuchten Orte innerhalb dieser Städte leicht mehrere Kilometer voneinander entfernt liegen könnten. Ebenso stehe aufgrund der Tatsache, dass die Fahrtenbücher nicht bereits im Verlauf der Betriebsprüfung ausgehändigt wurden, nicht zur sicheren Überzeugung fest, dass die Aufzeichnungen zeitnah geführt wurden.
15
Mit der Klage trägt die Klägerin vor:
16
Die Fahrtenbücher seien ordnungsgemäß. Die von dem Beklagten beanstandeten Angaben ergäben sich leicht und einwandfrei aus den sonstigen Unterlagen, insbesondere der dem jeweiligen Fahrtenbuch beigefügten Liste, aus der sich die genaue Anschrift der aufgesuchten Personen ergebe.
17
Die Klägerin beantragt,
18
die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide in Gestalt der Änderungsbescheide und die angefochtenen
Gewerbesteuermessbetragsbescheide in Gestalt der Änderungsbescheide mit der Maßgabe zu ändern, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte jeweils ohne Ansatz eine verdeckten Gewinnausschüttung ermittelt wird, und die angefochtenen Umsatzsteueränderungsbescheide mit der Maßgabe zu ändern, dass die Umsatzsteuer jeweils um 720,40 € gemindert wird.
19
Der Beklagte beantragt,
20
die Klage abzuweisen.
21
Entscheidungsgründe
22
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
23
Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-.
24
Der Beklagte hat zu Recht hinsichtlich des zweiten im Betriebsvermögen der Klägerin vorhandenen Pkw eine verdeckte Gewinnausschüttung -vGA- an den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer angenommen. Des Weiteren unterliegt die private Nutzung der Umsatzsteuer.
25
1. a) Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, Bundessteuerblatt -BStBl- III 1967, 626; vom 3. Mai 2006 I R 124/04, BFHE 214, 80). Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (BFH vom 7. August 2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131; vom 8. Oktober 2008 I R 61/07, BFHE 223, 131, BStBl II 2011, 62).
26
b) Hinsichtlich der Nutzung eines betrieblichen Pkw durch den Gesellschafter-Geschäftsführer ist wie folgt zu differenzieren:
27
Sieht der Anstellungsvertrag ausdrücklich die Möglichkeit einer auch privaten Nutzung vor, liegt Arbeitslohn und keine vGA vor.
28
Enthält der Anstellungsvertrag keine Regelung und kann eine solche auch nicht konkludent aus der tatsächlichen Durchführung hergeleitet werden, liegt in der privaten Nutzung ohne Entrichtung eines angemessenen Entgelts eine vGA (BFH, Urteile vom 23.1.2008 – I R 8/06, BStBl II 2012, 260 und vom 17.7.2008 – I R 83/07, BFH/NV 2009, 417; R. Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2015, § 8 Rz. 1067; Klein/Müller/Döpper in Mössner/Seeger, KStG, § 8 Rn. 1060).
29
c) Da der Anstellungsvertrag keine Regelung hinsichtlich einer privaten Nutzung des streitbefangenen Pkw enthält und eine solche wegen des ausdrücklichen Bestreitens einer privaten Nutzung auch nicht aus einer tatsächlichen Durchführung hergeleitet werden kann, liegt eine vGA (nur) vor, wenn der Pkw auch privat genutzt wurde.
30
2. Im Streitfall ist von einer auch privaten Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin auszugehen, denn es spricht ein – von der Klägerin nicht erschütterter – Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des betrieblichen Pkw durch den Gesellschafter–Geschäftsführer (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3.9.2013 – 6 K 6154/10, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2013, 1955, rkr.).
31
a) Ob eine private Pkw-Nutzung vorliegt, ist nach allgemeinen Grundsätzen festzustellen. Der Beklagte trägt die Feststellungslast dafür, dass der Gesellschafter–Geschäftsführer den Dienstwagen auch zu privaten Zwecken benutzt hat. Die Regeln der Feststellungslast kommen jedoch erst zum Zuge, wenn das zu beweisende Tatbestandsmerkmal nicht ersichtlich ist. Kann sich das Gericht, auch unter Anwendung der Regeln des Anscheinsbeweises, eine Überzeugung von den tatsächlichen Lebensumständen bilden, ist der Beweis erbracht.
32
b) Nach der allgemeinen Lebenserfahrung nutzt ein Gesellschafter–Geschäftsführer ein ihm zur Verfügung stehendes Betriebs-Fahrzeug auch für private Fahrten. Dies gilt nach Überzeugung des erkennenden Senats auch dann, wenn dem Gesellschafter–Geschäftsführer sowohl ein weiterer betrieblicher Pkw ausdrücklich auch zur privaten Nutzung als auch ein privater PKW zur Verfügung stehen. Für diese Auffassung spricht zum einen, dass ein Pkw regelmäßig auch privat genutzt wird. Zum anderen widerspricht es der Lebenserfahrung, dass, wenn eine Fahrt teils betrieblichen Zwecken, teils privaten Zwecken dient, das Fahrzeug gewechselt wird. Es wird gerade das Fahrzeug genutzt, dass zur Verfügung steht. Steht das Fahrzeug, dessen auch private Nutzung im Anstellungsvertrag geregelt ist, nicht zur Verfügung (z.B. wegen Inspektion), wird das andere Fahrzeug genutzt.
33
c) Der Anwendung des Anscheinsbeweises steht die Rechtsprechung des Lohnsteuersenats des Bundesfinanzhofs nicht entgegen. Diese Rechtsprechung, ihre Richtigkeit für das Lohnsteuerrecht unterstellt, kann auf alleinige Gesellschafter–Geschäftsführer einer GmbH nicht übertragen werden (so zutreffend FG Berlin–Brandenburg, Urteil vom 3.9.2013 – 6 K 6154/10, a.a.O.; zweifelnd auch Klein/ Müller/ Döpper, a.a.O., Rn. 1059). Alleinige Gesellschafter–Geschäftsführer stehen hinsichtlich ihrer Beherrschung des Unternehmens einem Einzelunternehmer gleich. Gilt bei Letzterem unbestritten ein Anscheinsbeweis zu Gunsten einer privaten Kfz–Nutzung, muss dies aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung auch für alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gelten.
34
3. Aufgrund des Anscheinsbeweises steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Gesellschafter–Geschäftsführer den streitigen Pkw auch privat genutzt hat. Diesen Anscheinsbeweis hat die Klägerin nicht entkräftet. Die vorgelegten Fahrtenbücher sind nicht ordnungsgemäß und können deshalb den Anscheinsbeweis nicht entkräften.
35
a) Ein Fahrtenbuch ist nur dann ordnungsgemäß, wenn die Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüft werden können (vgl. nur BFH, Urteil vom 21.3.2013 – VI R 31/10, BStBl II 2013, 700). Zu den Mindestanforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch gehören unter anderem die Angabe des genauen Reiseziels und des Reisezwecks (zu Einzelheiten s. FG Köln, Urteil vom 18.3.2016 – 3 K 3735/12, EFG 2016, 1332, NZB-Az.: VIII B 54/16).
36
b) Im Fahrtenbuch selber ist die aufgesuchte Anschrift fast nie enthalten. Selbst unter Einbezug der dem jeweiligen Fahrtenbuch beigefügten Anlage kann nicht immer das Fahrtziel entnommen werden. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass z.B. im Fahrtenbuch für 2009 die Firma B mit ihrem Sitz in C aufgeführt ist. Die Fahrten des Gesellschafter–Geschäftsführers, bei denen als aufgesuchte Firma die Fa. B angegeben ist, gingen jedoch nach D bzw. E (z.B. am 4.3., 23.10., 19.11., 11.12.) Auch fehlt z. B. für den 30.6.2009 die Angabe der Hotelanschrift in F; diese ist auch nicht in der Anlage enthalten, zumindest nicht erkennbar. Für 2010 ist z.B. am 14.1. eine Fahrt nach G zur Fa. B angegeben, am 28.1. nach D. Für den 4.2.2010 ist eine Fahrt zur Fa. H nach S angegeben, deren genaue Anschrift nicht in der Liste enthalten ist.
37
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es weder dem Finanzamt noch dem Finanzgericht zumutbar, aus weiteren Unterlagen (z.B. Reisekostenabrechnungen) zu ermitteln, was das genaue Reiseziel war. Dessen genaue Angabe gehört zu den Mindestanforderungen, die sich aus dem Fahrtenbuch selber ergeben müssen.
38
4. Die private Nutzung des Pkw, für dessen Einkauf und Unterhalt die Klägerin in vollem Umfang den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat, unterliegt nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes der Umsatzsteuer.
39
5. Da die Beteiligten hinsichtlich der Höhe der vGA bzw. der umsatzsteuerpflichtigen Leistung eine tatsächliche Verständigung getroffen haben, sieht der Senat keine Veranlassung, die Höhe in Frage zu stellen.
40
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
41
Der Senat lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zu, ob der Anscheinsbeweis für eine private Nutzung eines betrieblichen Pkw bei einem alleinigen Gesellschafter–Geschäftsführer einer GmbH gilt und ob er auch gilt, wenn dem Gesellschafter–Geschäftsführer ein weiterer betrieblicher Pkw, der auch privat genutzt werden darf, und ein privates Fahrzeug zur Verfügung stehen.
10 K 2497/15
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Pkw der Klägerin von ihrem Gesellschafter–Geschäftsführer auch privat genutzt wurde und deshalb eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt.
3
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH den Vertrieb von .... Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war in den Streitjahren Herr A. Im Haushalt des Geschäftsführers lebten in den Streitjahren seine Ehefrau und zwei minderjährige Kinder. Auf den Geschäftsführer war privat ein Audi A6 zugelassen.
4
Der Anstellungsvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Geschäftsführer, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, enthält in § 8 Abs. 1 die Bestimmung, dass dem Geschäftsführer für seine Tätigkeit im Rahmen des Vertrags ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt wird. Dieser Firmenwagen darf auch zu privaten Zwecken genutzt werden. Bei diesem Firmenwagen, der nach der 1%-Regelung versteuert wird, handelt es sich um einen Audi TT.
5
Daneben befindet sich im Betriebsvermögen der Klägerin ein Audi AS Quattro.
6
Neben dem Geschäftsführer beschäftigte die Klägerin dessen Ehefrau auf geringfügiger Basis. Weitere Arbeitnehmer hatte die Klägerin nicht.
7
Die Veranlagungen der Klägerin zur Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2009-2011 erfolgten zunächst erklärungsgemäß.
8
In 2013 fand bei der Klägerin für die Streitjahre eine Betriebsprüfung statt. Dabei kam die Prüferin zu dem Ergebnis, dass – ebenso wie bereits in den Vorjahren – ein im Betriebsvermögen der Klägerin befindlicher PKW (Audi AS Quattro) allein von deren Geschäftsführer genutzt wurde. Da während der Betriebsprüfung keine Fahrtenbücher vorgelegt wurden, ging die Prüferin von einer auch privaten Nutzung des Pkw aus. Den privaten Nutzungsanteil ermittelte sie für alle Streitjahre nach der sog. 1%-Regelung. Wegen der Ermittlung im Einzelnen wird auf Tz. 2.3 des Betriebsprüfungsberichts vom 25. November 2013 i.V.m. der Anlage 3 zum Betriebsprüfungsbericht vom 30. Juni 2010 Bezug genommen. Die Prüferin nahm eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von jeweils brutto 4.512 € an. Der Betrag als solcher ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
9
Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ am 20. Januar 2014 geänderte Körperschaftsteuerbescheide und Bescheide über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 2009, 2010 und 2011. Entsprechend ergingen geänderte Gewerbesteuermessbetragsbescheide, geänderte Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Verlustabzugs und geänderte Umsatzsteuerbescheide (Erhöhung der Umsatzsteuer jeweils um 720,40 €).
10
Die Klägerin legte gegen alle Änderungsbescheide rechtzeitig Einspruch ein.
11
Während des Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte Änderungsbescheide zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer, in denen er einem der zwei Streitpunkte aus der Betriebsprüfung abhalf. Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Änderungsbescheide verwiesen. In den Änderungsbescheiden setzte er die Körperschaft-steuer für 2009 auf null Euro fest (Gesamtbetrag der Einkünfte -572 €, darin enthalten eine verdeckte Gewinnausschüttung i.H.v. 4.512 €), für 2010 auf 4.416 Euro fest (Gesamtbetrag der Einkünfte 30.013 €, darin enthalten verdeckte Gewinnausschüttung 4.512 €) und für 2011 ein Euro fest (Gesamtbetrag der Einkünfte 7 €, darin enthalten verdeckte Gewinnausschüttung 4.512 €). Den vortragsfähigen Verlust nach § 10d des Einkommensteuergesetzes stellte der Beklagte jeweils mit null Euro fest. Entsprechend verfuhr er bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags bzw. der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts. Die Änderungsbescheide wurden zum Gegenstand der Einspruchsverfahren.
12
Während des Einspruchsverfahrens legte die Klägerin Fahrtenbücher für die Streitjahre vor, aus denen sich ihrer Ansicht nach ergab, dass der PKW ausschließlich betrieblich genutzt worden war. Privatfahrten durch ihren Gesellschaftergeschäftsführer hätten nicht stattgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Fahrtenbücher Bezug genommen.
13
Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 1. September 2015, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:
14
Die von der Klägerin vorgelegten Fahrtenbücher seien nicht anzuerkennen. In diesen fehlten aussagefähige Angaben zum Zweck der jeweiligen Fahrt. So seien nur Nachnamen aufgezeichnet, nicht aber, um wen es sich dabei handele und zu welchem Zweck diese Personen aufgesucht wurden. Darüber hinaus seien die in den Fahrtenbüchern enthaltenen Angaben zu beanstanden, da die dortigen Ortsangaben vorwiegend ungenau seien. Bei Orten von der Größe von z.B. Düsseldorf, Köln, Nürnberg oder München reiche die Ortsangabe nicht, da die jeweils aufgesuchten Orte innerhalb dieser Städte leicht mehrere Kilometer voneinander entfernt liegen könnten. Ebenso stehe aufgrund der Tatsache, dass die Fahrtenbücher nicht bereits im Verlauf der Betriebsprüfung ausgehändigt wurden, nicht zur sicheren Überzeugung fest, dass die Aufzeichnungen zeitnah geführt wurden.
15
Mit der Klage trägt die Klägerin vor:
16
Die Fahrtenbücher seien ordnungsgemäß. Die von dem Beklagten beanstandeten Angaben ergäben sich leicht und einwandfrei aus den sonstigen Unterlagen, insbesondere der dem jeweiligen Fahrtenbuch beigefügten Liste, aus der sich die genaue Anschrift der aufgesuchten Personen ergebe.
17
Die Klägerin beantragt,
18
die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide in Gestalt der Änderungsbescheide und die angefochtenen
Gewerbesteuermessbetragsbescheide in Gestalt der Änderungsbescheide mit der Maßgabe zu ändern, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte jeweils ohne Ansatz eine verdeckten Gewinnausschüttung ermittelt wird, und die angefochtenen Umsatzsteueränderungsbescheide mit der Maßgabe zu ändern, dass die Umsatzsteuer jeweils um 720,40 € gemindert wird.
19
Der Beklagte beantragt,
20
die Klage abzuweisen.
21
Entscheidungsgründe
22
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
23
Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-.
24
Der Beklagte hat zu Recht hinsichtlich des zweiten im Betriebsvermögen der Klägerin vorhandenen Pkw eine verdeckte Gewinnausschüttung -vGA- an den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer angenommen. Des Weiteren unterliegt die private Nutzung der Umsatzsteuer.
25
1. a) Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, Bundessteuerblatt -BStBl- III 1967, 626; vom 3. Mai 2006 I R 124/04, BFHE 214, 80). Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (BFH vom 7. August 2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131; vom 8. Oktober 2008 I R 61/07, BFHE 223, 131, BStBl II 2011, 62).
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b) Hinsichtlich der Nutzung eines betrieblichen Pkw durch den Gesellschafter-Geschäftsführer ist wie folgt zu differenzieren:
27
Sieht der Anstellungsvertrag ausdrücklich die Möglichkeit einer auch privaten Nutzung vor, liegt Arbeitslohn und keine vGA vor.
28
Enthält der Anstellungsvertrag keine Regelung und kann eine solche auch nicht konkludent aus der tatsächlichen Durchführung hergeleitet werden, liegt in der privaten Nutzung ohne Entrichtung eines angemessenen Entgelts eine vGA (BFH, Urteile vom 23.1.2008 – I R 8/06, BStBl II 2012, 260 und vom 17.7.2008 – I R 83/07, BFH/NV 2009, 417; R. Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2015, § 8 Rz. 1067; Klein/Müller/Döpper in Mössner/Seeger, KStG, § 8 Rn. 1060).
29
c) Da der Anstellungsvertrag keine Regelung hinsichtlich einer privaten Nutzung des streitbefangenen Pkw enthält und eine solche wegen des ausdrücklichen Bestreitens einer privaten Nutzung auch nicht aus einer tatsächlichen Durchführung hergeleitet werden kann, liegt eine vGA (nur) vor, wenn der Pkw auch privat genutzt wurde.
30
2. Im Streitfall ist von einer auch privaten Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin auszugehen, denn es spricht ein – von der Klägerin nicht erschütterter – Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des betrieblichen Pkw durch den Gesellschafter–Geschäftsführer (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3.9.2013 – 6 K 6154/10, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2013, 1955, rkr.).
31
a) Ob eine private Pkw-Nutzung vorliegt, ist nach allgemeinen Grundsätzen festzustellen. Der Beklagte trägt die Feststellungslast dafür, dass der Gesellschafter–Geschäftsführer den Dienstwagen auch zu privaten Zwecken benutzt hat. Die Regeln der Feststellungslast kommen jedoch erst zum Zuge, wenn das zu beweisende Tatbestandsmerkmal nicht ersichtlich ist. Kann sich das Gericht, auch unter Anwendung der Regeln des Anscheinsbeweises, eine Überzeugung von den tatsächlichen Lebensumständen bilden, ist der Beweis erbracht.
32
b) Nach der allgemeinen Lebenserfahrung nutzt ein Gesellschafter–Geschäftsführer ein ihm zur Verfügung stehendes Betriebs-Fahrzeug auch für private Fahrten. Dies gilt nach Überzeugung des erkennenden Senats auch dann, wenn dem Gesellschafter–Geschäftsführer sowohl ein weiterer betrieblicher Pkw ausdrücklich auch zur privaten Nutzung als auch ein privater PKW zur Verfügung stehen. Für diese Auffassung spricht zum einen, dass ein Pkw regelmäßig auch privat genutzt wird. Zum anderen widerspricht es der Lebenserfahrung, dass, wenn eine Fahrt teils betrieblichen Zwecken, teils privaten Zwecken dient, das Fahrzeug gewechselt wird. Es wird gerade das Fahrzeug genutzt, dass zur Verfügung steht. Steht das Fahrzeug, dessen auch private Nutzung im Anstellungsvertrag geregelt ist, nicht zur Verfügung (z.B. wegen Inspektion), wird das andere Fahrzeug genutzt.
33
c) Der Anwendung des Anscheinsbeweises steht die Rechtsprechung des Lohnsteuersenats des Bundesfinanzhofs nicht entgegen. Diese Rechtsprechung, ihre Richtigkeit für das Lohnsteuerrecht unterstellt, kann auf alleinige Gesellschafter–Geschäftsführer einer GmbH nicht übertragen werden (so zutreffend FG Berlin–Brandenburg, Urteil vom 3.9.2013 – 6 K 6154/10, a.a.O.; zweifelnd auch Klein/ Müller/ Döpper, a.a.O., Rn. 1059). Alleinige Gesellschafter–Geschäftsführer stehen hinsichtlich ihrer Beherrschung des Unternehmens einem Einzelunternehmer gleich. Gilt bei Letzterem unbestritten ein Anscheinsbeweis zu Gunsten einer privaten Kfz–Nutzung, muss dies aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung auch für alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gelten.
34
3. Aufgrund des Anscheinsbeweises steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Gesellschafter–Geschäftsführer den streitigen Pkw auch privat genutzt hat. Diesen Anscheinsbeweis hat die Klägerin nicht entkräftet. Die vorgelegten Fahrtenbücher sind nicht ordnungsgemäß und können deshalb den Anscheinsbeweis nicht entkräften.
35
a) Ein Fahrtenbuch ist nur dann ordnungsgemäß, wenn die Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüft werden können (vgl. nur BFH, Urteil vom 21.3.2013 – VI R 31/10, BStBl II 2013, 700). Zu den Mindestanforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch gehören unter anderem die Angabe des genauen Reiseziels und des Reisezwecks (zu Einzelheiten s. FG Köln, Urteil vom 18.3.2016 – 3 K 3735/12, EFG 2016, 1332, NZB-Az.: VIII B 54/16).
36
b) Im Fahrtenbuch selber ist die aufgesuchte Anschrift fast nie enthalten. Selbst unter Einbezug der dem jeweiligen Fahrtenbuch beigefügten Anlage kann nicht immer das Fahrtziel entnommen werden. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass z.B. im Fahrtenbuch für 2009 die Firma B mit ihrem Sitz in C aufgeführt ist. Die Fahrten des Gesellschafter–Geschäftsführers, bei denen als aufgesuchte Firma die Fa. B angegeben ist, gingen jedoch nach D bzw. E (z.B. am 4.3., 23.10., 19.11., 11.12.) Auch fehlt z. B. für den 30.6.2009 die Angabe der Hotelanschrift in F; diese ist auch nicht in der Anlage enthalten, zumindest nicht erkennbar. Für 2010 ist z.B. am 14.1. eine Fahrt nach G zur Fa. B angegeben, am 28.1. nach D. Für den 4.2.2010 ist eine Fahrt zur Fa. H nach S angegeben, deren genaue Anschrift nicht in der Liste enthalten ist.
37
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es weder dem Finanzamt noch dem Finanzgericht zumutbar, aus weiteren Unterlagen (z.B. Reisekostenabrechnungen) zu ermitteln, was das genaue Reiseziel war. Dessen genaue Angabe gehört zu den Mindestanforderungen, die sich aus dem Fahrtenbuch selber ergeben müssen.
38
4. Die private Nutzung des Pkw, für dessen Einkauf und Unterhalt die Klägerin in vollem Umfang den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat, unterliegt nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes der Umsatzsteuer.
39
5. Da die Beteiligten hinsichtlich der Höhe der vGA bzw. der umsatzsteuerpflichtigen Leistung eine tatsächliche Verständigung getroffen haben, sieht der Senat keine Veranlassung, die Höhe in Frage zu stellen.
40
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
41
Der Senat lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zu, ob der Anscheinsbeweis für eine private Nutzung eines betrieblichen Pkw bei einem alleinigen Gesellschafter–Geschäftsführer einer GmbH gilt und ob er auch gilt, wenn dem Gesellschafter–Geschäftsführer ein weiterer betrieblicher Pkw, der auch privat genutzt werden darf, und ein privates Fahrzeug zur Verfügung stehen.