06.03.2019 · IWW-Abrufnummer 207567
Bundesfinanzhof: Beschluss vom 11.01.2019 – XI R 29/17
NV: Werden Leistungen eines Gesundheitszentrums unabhängig von einem medizinisch diagnostizierten Krankheitsbild erbracht, fehlt diesen eine therapeutische Zweckbestimmung, so dass es sich nicht um steuerfreie Krankenhausbehandlungen (§ 4 Nr. 14 Buchst. b UStG) oder ärztliche Heilbehandlungen (Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL) handelt.
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 28. Juni 2017 1 K 19/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Gründe
I.
1
Streitig ist, ob die nicht von Krankenkassen bezahlten Leistungen eines sog. Gesundheitszentrums umsatzsteuerfrei sind.
2
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, betrieb in den Streitjahren (2009 bis 2011) ein Gesundheitszentrum mit einer Kapazität von über 200 Betten; es waren u.a. zwei Ärzte sowie (Ende 2010) sieben Krankenschwestern (davon vier in Teilzeit) angestellt.
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Eine Konzessionierung als Privatklinik nach § 30 der Gewerbeordnung (GewO) lag für das Gesundheitszentrum vor. Es bestand jedoch kein Versorgungsvertrag gemäß § 111 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Ein Antrag auf Aufnahme in den Krankenhausplan für die Fachgebiete Orthopädie und Innere Medizin wurde in 2011 abgelehnt.
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Die Kunden konnten —unabhängig von einem ärztlichen Befund— selbst über ihren Aufenthalt, dessen Dauer sowie den Umfang der Leistungen entscheiden. Dazu erwarb man das jeweilige Angebot zu einem Festpreis; Begleitpersonen konnten einen Aufenthalt in einem Zweibettzimmer zu einem Festpreis buchen.
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Bei Beginn des Aufenthalts erfolgte eine ärztliche Untersuchung, wobei lediglich überprüft wurde, ob gesundheitliche Einschränkungen gegen die Durchführung einzelner Maßnahmen sprachen. Im Anschluss daran wurde der Terminplan für Anwendungen entsprechend der individuellen Wünsche und Buchungen der Kunden erstellt. Je nach Inhalt des Leistungspakets fand ein ärztliches Abschlussgespräch mit der Empfehlung von Anschlussbehandlungen nicht mehr statt. Darüber hinaus stellten die Ärzte auch keine Kassenrezepte aus, da es hierfür an der erforderlichen Kassenarztzulassung fehlte.
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In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2009 erklärte die Klägerin lediglich geringe Umsätze zum allgemeinen Steuersatz, während sie den überwiegenden Teil ihrer Leistungen —wie in den Vorjahren— als umsatzsteuerfrei ansah.
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Aufgrund einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) die Auffassung, dass die Klägerin wegen des fehlenden Versorgungsvertrags nach § 111 SGB V für einen Großteil ihrer Umsätze die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStG) sowie Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) nicht in Anspruch nehmen könne. Vielmehr unterlägen die Umsätze mit Ausnahme der "Erlöse der Krankenkassen" für auf Kassenrezept geleistete Anwendungen dem Regelsteuersatz. Dementsprechend setzte er die Umsatzsteuer 2009 mit Bescheid vom 20. August 2013 fest.
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Für die Jahre 2010 und 2011 erklärte die Klägerin in den Umsatzsteuererklärungen die Umsätze entsprechend der vom FA vertretenen Rechtsauffassung.
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Die gegen den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Jahr 2009 sowie die einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehenden Umsatzsteuer-Erklärungen für 2010 und 2011 eingelegten Einsprüche waren erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 2. April 2014).
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Das Hessische Finanzgericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage mit seinen in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 1621 veröffentlichten Urteil vom 28. Juni 2017 1 K 19/16 ab.
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Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts sowie Verfahrensfehler.
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Sie macht im Wesentlichen geltend, dass ihre Umsätze nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL steuerfrei seien. Aufgrund der Konzession nach § 30 GewO sei sie eine ordnungsgemäß anerkannte Einrichtung, deren Tätigkeit der Gesundheit der Patienten und damit einer sozialen Zweckbestimmung diene. Sie habe als Vorsorgeklinik Heilbehandlungen erbracht, da die Patienten bei Aufnahme ausnahmslos von einem Arzt untersucht würden und darauf basierend ein individuell abgestimmter Therapieplan erstellt würde. Abweichende Wünsche des Patienten würden nur nach ärztlicher Prüfung durchgeführt. Die angebotenen Leistungspakete beinhalteten ausschließlich therapeutische Anwendungen aus dem präventiv– und rehabilitationsmedizinischen Bereich und basierten auf einer medizinischen Indikation. Freizeit– und Wellnessangebote (Wanderungen/Gedächtnisspiele) stünden nicht im Vordergrund. Sie habe ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen erbracht wie Kliniken mit Vertrag nach § 111 SGB V. Insbesondere seien die räumlichen Gegebenheiten, die Gesamttherapiekosten (unterhalb den Vorgaben der Bundespflegesatzverordnung), die behandelten Patienten (überwiegend gesetzlich krankenversichert), ihre Personalstruktur (zwei Ärzte, fünf Konsiliarärzte, sieben Krankenschwestern, neun Physiotherapeuten, Sport- und Gymnastiklehrer, Masseure, medizinische Bademeister und eine Diätassistentin) und auch ihr Leistungsangebot —einschließlich durchschnittlicher Arztkontakte— vergleichbar. Ein Vergleich mit dem Personalschlüssel von Reha-Kliniken mit Stand 2014 sei unzulässig.
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Zudem macht die Klägerin geltend, dass sie sich aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit von § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 UStG auf § 4 Nr. 16 Buchst. b bzw. Buchst. c des Umsatzsteuergesetzes in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung (UStG a.F.) analog berufen könne, deren Voraussetzungen sie erfülle.
14
Verfahrensrechtlich rügt sie, dass das Leistungsangebot der Klägerin und der tatsächliche Ablauf der Klinikaufenthalte sowie die Personal– und Klinikausstattung vom FG unvollständig bzw. unzutreffend berücksichtigt worden bzw. nicht ausreichend ermittelt worden seien.
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Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung vom 2. April 2014 die Umsatzsteuerbescheide für das Jahr 2009 vom 20. August 2013 sowie für die Jahre 2010 und 2011 vom 15. August 2013 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 2009 auf ... €, für 2010 auf ... € und für 2011 auf ... € festgesetzt wird.
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Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Es verteidigt die angefochtene Vorentscheidung und führt aus, dass das Vorliegen einer Konzession nach § 30 GewO mangels Vergleichbarkeit der Leistungen für die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL nicht ausreiche. Insbesondere erfülle die Klägerin nicht die Voraussetzungen einer Vorsorgeklinik und erbringe keine Heilbehandlungen, da nicht die medizinischen Anwendungen, sondern das Freizeit- und Wellnessangebot im Vordergrund stünden.
II.
18
Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
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1. Das FG hat ohne Rechtsfehler dahin erkannt, dass die streitbefangenen Umsätze nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfrei sind.
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a) Nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 1 UStG sind steuerfrei Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 UStG sind die in Satz 1 bezeichneten Leistungen auch steuerfrei, wenn sie von einer privaten Einrichtung z.B. im Rahmen einer Zulassung bzw. eines Vertrags nach dem Sozialgesetzbuch erbracht wird.
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b) Im Streitfall sind die Voraussetzungen der hier in Betracht kommenden Steuerbefreiungen in § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG bereits deswegen nicht gegeben, da es sich bei der Klägerin weder um eine Einrichtung des öffentlichen Rechts i.S. von § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 1 UStG handelte noch die Voraussetzungen des Satz 2 vorlagen. Insbesondere war das von der Klägerin betriebene Gesundheitszentrum in den Streitjahren nicht als Krankenhaus i.S. von § 108 SGB V zugelassen.
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2. Die Steuerfreiheit der Umsätze ergibt sich auch nicht aus einer unmittelbaren Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL.
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a) Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer "Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen sowie damit eng verbundene Umsätze". Handelt es sich bei dem Steuerpflichtigen, der diese Leistungen erbringt, nicht um eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, sind diese Umsätze nur steuerfrei, wenn sie "unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt beziehungsweise bewirkt werden".
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b) Die Klägerin kann sich in den Streitjahren zwar grundsätzlich für die Inanspruchnahme der begehrten Steuerbefreiung unmittelbar auf Unionsrecht berufen, da die nationale Regelung des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG aufgrund des enthaltenen sozialversicherungsrechtlichen Bedarfsvorbehalts nicht den unionsrechtlichen Vorgaben entspricht (Urteile des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 23. Oktober 2014 V R 20/14, BFH/NV 2015, 631, Rz 19 ff.; vom 18. März 2015 XI R 38/13, BFHE 249, 380, BStBl II 2016, 793, Rz 39).
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c) Allerdings dienten die Leistungen der Klägerin nicht einem therapeutischen Zweck, so dass bereits aus diesem Grund keine nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL befreiten Behandlungen vorlagen.
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aa) Die Begriffe der "Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen" i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL einerseits und "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL andererseits sind grundsätzlich inhaltsgleich (Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union —EuGH— CopyGene vom 10. Juni 2010 C–262/08, EU:C:2010:328, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 2010, 526, Rz 28, 30; Future Health Technologies vom 10. Juni 2010 C–86/09, EU:C:2010:334, UR 2010, 540, Rz 36, 37, 38, 47; PFC Clinic vom 21. März 2013 C–91/12, EU:C:2013:198, UR 2013, 335, Rz 28; s.a. Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 14 Rz 109; Hölzer in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 14 Rz 81; Grebe/Raudszus, Der Umsatz-Steuer-Berater 2017, 364). Erfasst werden dadurch —einem therapeutischen Zweck dienende— Leistungen, die zur Diagnose, Behandlung und, so weit wie möglich, Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen erbracht werden (vgl. EuGH-Urteile L.u.P. vom 8. Juni 2006 C–106/05, EU:C:2006:380, UR 2006, 464, Rz 27; CopyGene, EU:C:2010:328, UR 2010, 526, Rz 28; BFH-Urteile vom 5. November 2014 XI R 11/13, BFHE 248, 389, Rz 19; vom 26. Juli 2017 XI R 3/15, BFHE 259, 150, BStBl II 2018, 793, Rz 17; BFH-Beschluss vom 11. Oktober 2017 XI R 23/15, BFHE 259, 567, BStBl II 2018, 109, Rz 26).
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bb) Unter Heilbehandlungen fallen auch Maßnahmen, die —ggf. auch nur vorbeugend— dem Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit dienen (vgl. EuGH-Urteil Klinikum Dortmund vom 13. März 2014 C–366/12, EU:C:2014:143, UR 2014, 271, Rz 30, m.w.N.; BFH-Urteile vom 18. August 2011 V R 27/10, BFHE 235, 58, Rz 14; vom 26. August 2014 XI R 19/12, BFHE 247, 276, BStBl II 2015, 310, Rz 26; vom 19. März 2015 V R 60/14, BFHE 249, 562, BStBl II 2015, 946, Rz 12). Insofern werden auch Maßnahmen erfasst, die darauf abzielen, die Beobachtung und die Untersuchung der Patienten zu ermöglichen, noch bevor es erforderlich wird, eine etwaige Krankheit zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen (BFH-Beschluss in BFHE 259, 567, BStBl II 2018, 109, Rz 27).
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cc) Grundvoraussetzung für die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL (und nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG) ist somit, dass die Umsätze im Zusammenhang mit Behandlungen stehen, die einem therapeutischen Zweck dienen.
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(1) Diese Voraussetzung ist nicht in einem besonders engen Sinne zu verstehen. Vielmehr ist der Begriff unter Berücksichtigung des Zwecks der Steuerbefreiung auszulegen, der darin besteht, die Kosten ärztlicher Heilbehandlungen zu senken (EuGH-Urteile Kommission/Frankreich vom 11. Januar 2001 C–76/99, EU:C:2001:12, UR 2001, 62, Rz 23; Unterpertinger vom 20. November 2003 C–212/01, EU:C:2003:625, UR 2004, 70, Rz 40; D'Ambrumenil und Dispute Resolution Services vom 20. November 2003 C–307/01, EU:C:2003:627, UR 2004, 75, Rz 58; L.u.P., EU:C:2006:380, UR 2006, 464, Rz 29; CopyGene, EU:C:2010:328, UR 2010, 526, Rz 29; Verigen Transplantation Service International vom 18. November 2010 C–156/09, EU:C:2010:695, UR 2011, 215, Rz 24, 27; PFC Clinic, EU:C:2013:198, UR 2013, 335, Rz 26; BFH-Urteile in BFHE 235, 58, Rz 21; in BFHE 249, 562, BStBl II 2015, 946, Rz 13; BFH-Beschlüsse vom 27. Februar 2018 XI B 97/17, BFH/NV 2018, 738, Rz 11; in BFHE 259, 567, BStBl II 2018, 109, Rz 27).
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(2) Dabei ist die Feststellung, welche Zwecke mit Leistungen verfolgt werden, in den Fällen unproblematisch, in denen sich die therapeutische Zielsetzung bereits aus der Leistung selbst ergibt (BFH-Urteile vom 4. Dezember 2014 V R 33/12, BFHE 248, 424, Rz 16; vom 4. Dezember 2014 V R 16/12, BFHE 248, 416, Rz 14). Dies gilt auch für einzelne Leistungen, die unerlässlicher, fester und untrennbarer Bestandteil der gesamten Heilbehandlung sind, deren einzelne Abschnitte sinnvoller Weise nicht isoliert voneinander durchgeführt werden können (EuGH-Urteil Verigen Transplantation Service International, EU:C:2010:695, UR 2011, 215, Rz 26). Denn dann folgt die therapeutische Zweckbestimmung daraus, dass die Tätigkeit im Rahmen eines hinreichend "konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzeptes" erfolgt (BFH-Urteile vom 10. März 2005 V R 54/04, BFHE 210, 151, BStBl II 2005, 669, unter II.3., und vom 7. Juli 2005 V R 23/04, BFHE 211, 69, BStBl II 2005, 904, unter II.1.c).
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Hingegen kommt es bei Maßnahmen, die sowohl Heilbehandlungszwecken als auch bloß der Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands dienen können und insofern einem Grenzbereich zuzuordnen sind, auf eine Prüfung anhand der Umstände des Einzelfalls an; der Steuerpflichtige, der sich auf die Steuerbefreiung beruft, trägt insoweit die Feststellungslast (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 2014 XI R 13/14, BFHE 248, 367, Rz 29 f.; BFH-Beschlüsse vom 6. Juni 2008 XI B 11/08, BFH/NV 2008, 1547; vom 11. Dezember 2014 XI B 49/14, BFH/NV 2015, 363, Rz 8; in BFH/NV 2018, 738, Rz 13).
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Dabei ist zu berücksichtigen, dass es bei der Frage, ob eine Leistung therapeutischen oder anderen Zwecken dient, um die Beurteilung einer medizinischen Frage geht, die auf medizinischen Feststellungen beruhen muss, die von dem entsprechenden Fachpersonal getroffen worden sind (BFH-Beschluss vom 19. Juni 2013 V S 20/13, BFH/NV 2013, 1643, Rz 17; BFH-Urteil in BFHE 248, 367, Rz 19).
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dd) Gemessen daran hat die Klägerin keine steuerbefreiten Umsätze ausgeführt.
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(1) Das FG hat festgestellt, dass der Aufenthalt in der Einrichtung der Klägerin nicht von einem ärztlichen Befund abhängig war und die Kunden selbst über ihren Aufenthalt, dessen Dauer sowie insbesondere den Umfang der Leistungen entscheiden konnten. Eine ärztliche Diagnose von Krankheiten erfolgte danach in der klägerischen Einrichtung nicht, vielmehr wurde im Rahmen der (z.T. einzigen) ärztlichen Untersuchung bei Beginn des Aufenthalts lediglich überprüft, ob die gewünschten Leistungen auf gesundheitliche Bedenken stießen. Auch ein Abschlussgespräch mit der ärztlichen Empfehlung von Anschlussbehandlungen fand nicht statt.
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(2) Da entsprechend diesen Feststellungen die Leistungserbringung unabhängig von einem medizinisch diagnostizierten Krankheitsbild erfolgte, fehlt den vorliegenden Leistungen der Klägerin eine therapeutische Zweckbestimmung.
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(3) Dies gilt auch insoweit, als die Leistungen nach dem Vortrag der Klägerin dem Zweck dienten, den allgemeinen Gesundheitszustand zu verbessern und als Leistungen zur Primärprävention und Selbsthilfe (§ 20 SGB V) durch Hilfestellung zur gesunden Lebensweise die Entstehung und Verschlimmerung von Krankheiten zu verhindern oder zu verzögern. Denn vorbeugende Gesundheitsleistungen sind nur dann steuerbefreite Heilbehandlungen, wenn die entsprechenden Maßnahmen im Rahmen einer medizinischen Behandlung —aufgrund ärztlicher Anordnung, vergleichbarer Feststellungen oder mithilfe einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme— durchgeführt werden (vgl. BFH-Urteile in BFHE 211, 69, BStBl II 2005, 904, 2. Leitsatz; in BFHE 247, 276, BStBl II 2015, 310, Rz 30; BFH-Beschluss vom 4. Oktober 2012 XI B 46/12, BFH/NV 2013, 273). Davon kann im Streitfall nicht die Rede sein.
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d) Die Verfahrensrügen der Klägerin führen zu keiner anderen Bewertung.
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aa) Die Feststellungen des FG sind zwar insofern von der Klägerin angegriffen worden, als sie im Rahmen ihrer Revisionsbegründung geltend gemacht hat, dass das FG ihr Leistungsangebot und den tatsächlichen Ablauf der Klinikaufenthalte unvollständig bzw. unzutreffend berücksichtigt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) bzw. diesbezüglich nicht ausreichend ermittelt habe (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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bb) Unabhängig davon, dass die Klägerin eine Verletzung der Sachverhaltsaufklärungspflicht nicht rechtzeitig gerügt hat (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juni 2017 XI R 12/15, BFHE 258, 532, Rz 57, m.w.N.), sind die behaupteten Verfahrensmängel nicht entsprechend den Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO dargetan.
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(1) Denn wird —wie hier— mit der Rüge eine Verletzung der von Amts wegen gebotenen Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) geltend gemacht, gehören zu einer den Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO entsprechenden Darlegung u.a. Ausführungen dazu, welche Tatsachen das FG hätte aufklären oder welche Beweise es hätte erheben und aus welchen Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts oder einer Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 30. August 2017 II R 48/15, BFHE 259, 127, BStBl II 2018, 24, Rz 29, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 12. Juni 2018 VIII R 38/14, BFH/NV 2018, 1141, Rz 28). Letzteres gilt auch für den von der Klägerin darüber hinaus behaupteten Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Dezember 2014 XI B 54/14, BFH/NV 2015, 538, Rz 19, m.w.N.).
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(2) Diesen Begründungsanforderungen genügt das Revisionsvorbringen nicht, zumal das FG über Art und Umfang der erbrachten medizinischen und therapeutischen Leistungen Beweis durch Zeugenvernehmung in der Sitzung vom 28. Juni 2017 erhoben hat und die Würdigung deren Ergebnisse nicht offensichtlich fehlerhaft sind.
42
e) Da bereits keine ärztlichen Heilbehandlungen vorliegen, kommt es darauf, ob die Leistungen der Klägerin unter sozial vergleichbaren Bedingungen wie die einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung erbracht wurden, nicht mehr an.
43
3. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b bzw. Buchst. c UStG a.F. erfüllt hat.
44
Denn die Klägerin kann sich auf diese aufgrund ausdrücklicher Entscheidung des Gesetzgebers im Streitzeitraum nicht mehr anwendbaren Regelungen ungeachtet der Unionsrechtswidrigkeit der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Nachfolgeregelung des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG nicht mit Erfolg berufen.
45
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.