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  • 07.02.2007 · IWW-Abrufnummer 070420

    Oberfinanzdirektion Koblenz: Verfügung vom 15.12.2006 – S 2249 A - St 31 1


    Praxisveräußerung unter Fortführung der ärztlichen Tätigkeit in geringem Umfang


    Oberfinanzdirektion Koblenz

    Kurzinformation der Steuergruppe St 3
    Einkommensteuer

    Nr. ST 3_2006 K 125 vom 15.12.2006 - S 2249 A - St 31 1

    Es ist im Hinblick auf den BFH-Beschluss vom 06.08.2001, BFH/NV 2001 S. 1561 gefragt worden, ob für die Begünstigungen von § 18 Abs. 3 i. V. m. §§ 16 und 34 EStG bei der Veräußerung einer freiberuflichen Praxis unter Zurückbehaltung weniger Mandanten/Patienten auch die zukünftige Entwicklung (z. B. Hinzugewinnung neuer Mandanten/Patienten) bei der Prüfung der Unschädlichkeit der Zurückbehaltung zu berücksichtigen ist.

    Hierzu vertreten die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder folgende Auffassung:

    Eine Veräußerung im Sinne des § 18 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn die für die Ausübung wesentlichen Betriebsgrundlagen - insbesondere auch der Mandantenstamm und der Praxiswert - entgeltlich auf einen anderen übertragen werden. Die freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis muss wenigstens für eine gewisse Zeit eingestellt werden. Unschädlich ist die Fortführung einer freiberuflichen Tätigkeit in geringem Umfang, wenn die darauf entfallenden Umsätze in den letzten drei Jahren weniger als 10 v. H. der gesamten Einnahmen ausmachten (BFH vom 07.11.1991, BStBI 1992 II S. 457 und vom 29.10.1992, BStBI 1993 II S.182).

    Zwar führt der BFH in seinem Beschluss vom 06.08.2001, a. a. O. aus, dass die Entwicklung der zurückbehaltenen Beziehungen nach der Veräußerung unerheblich sei. Dies kann sich jedoch nur auf die Entwicklung der zurückbehaltenen Mandaten/Patienten beziehen. Die Hinzugewinnung neuer Mandante/Patienten innerhalb der "gewissen" Zeit nach der Betriebsaufgabe ist - auch ohne Überschreiten der vorerwähnten 10 v. H.-Grenze - in jedem Fall schädlich, da eine Betriebsaufgabe dann tatsächlich nicht stattgefunden hat.

    Anmerkung der OFD:

    Werden neue Mandanten/Patienten im Verhältnis zu den zurückbehaltenen in nicht nur völlig unbedeutendem Umfang hinzugewonnen, ist der erzielte Gewinn aus der vorhergehenden Veräußerung der freiberuflichen Praxis unter Zurückbehaltung der zunächst unbeachtlichen Mandanten/Patienten als laufender Gewinn zu erfassen.
    Dies gilt grundsätzlich auch, wenn es sich bei der Hinzugewinnung nur um eine vorübergehende Maßnahme handelt (Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 18.11.1999, 4 K 3433/97, n. v. und BFH-Beschluss vom 27.10.2000, BFH/NV 2001 S. 588). Ist der Steuerbescheid des Veranlagungszeitraums der ursprünglich begünstigten Veräußerung der freiberuflichen Praxis bereits bestandskräftig, kommt eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 EStG in Betracht.

    Wird die 10 v. H.-Grenze bei der ursprünglichen Veräußerung unterschritten, sind ggf. später eintretende nur die zurückbehaltenen Mandaten/Patienten betreffenden Umsatzsteigerungen grundsätzlich unschädlich. Für die Annahme einer begünstigten Betriebsveräußerung ist aber in einem derartigen Fall schädlich, wenn die im Eigentum des bisherigen Praxisinhabers befindlichen Praxisräume nicht gleichzeitig und vollständig in das Privatvermögen überführt werden (können), weil ein Teil der Praxisräume weiterhin für die weitere Betreuung/Behandlung der zurück behaltenen Mandanten/Patienten von ihm genutzt wird. Für die Zurückbehaltung der (funktional wesentlichen) Büro-/Praxisräume gibt es keine Wesentlichkeitsgrenze.

    Der Begriff "gewisse Zeit" ist höchstrichterlich noch nicht näher bestimmt worden; er ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig, wie etwa der räumlichen Entfernung der wieder aufgenommenen Tätigkeit zur veräußerten Praxis, der Vergleichbarkeit der Betätigung oder der Art und Struktur der Mandaten/Patienten. Nach dem BFH-Urteil vom 10.06.1999, 8FH/NV 1999 S. 1594 stellt ein Zeitraum von fünf Monaten und nach dem o. a. Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 18.11.1999 ein Zeitraum von neun Monaten noch keine Einstellung der Tätigkeit für eine gewisse Zeit dar.

    Bei einer Zeitspanne von mehr als drei Jahren kann im Allgemeinen eine ausreichende Wartezeit angenommen werden.

    Rechtsgebiet(e):EstG Vorschriften:§ 18 Abs. 3 EStG