14.03.2007 · IWW-Abrufnummer 070874
Bundesfinanzhof: Beschluss vom 03.01.2006 – XI B 106/05
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
XI B 106/05
Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde kann keinen Erfolg haben.
1. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der von § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verlangten Form dargelegt. Hierzu ist ein konkreter und substantiierter Vortrag notwendig, aus welchen Gründen im Einzelnen die Klärung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung im allgemeinen Interesse liegt, also ein Vortrag zur Klärungsbedürftigkeit. Es muss regelmäßig dargelegt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der aufgeworfenen Rechts frage zweifelhaft und strittig ist; das erfordert im Allgemeinen eine Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage vertretenen Auffassungen (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 32, m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die grundsätzliche Bedeutung ist insbesondere nicht ausreichend dargelegt mit dem Vorbringen der Kläger, der Bundesfinanzhof (BFH) habe über einen vergleichbaren Fall noch nicht entschieden (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 34) oder das Führen eines Fahrtenbuchs werde in der Praxis nicht akzeptiert.
2. Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob es für den Nachweis einer ausschließlichen und fast ausschließlich betrieblichen Nutzung i.S. des § 7g Abs. 2 Nr. 2 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausreicht, dass der Steuerpflichtige von der sog. 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG Gebrauch macht, ist auch nicht offensichtlich klärungsbedürftig. Sie ist eindeutig zu verneinen, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat (vgl. hierzu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 28, m.w.N.). Die Frage wird, soweit ersichtlich, auch im Schrifttum nicht unterschiedlich beantwortet (vgl. z.B. Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 7g EStG Anm. 66).
Gemä ß § 7g Abs. 2 Nr. 2 b EStG kann die Sonderabschreibung nach Abs. 1 der Vorschrift nur in Anspruch genommen werden, wenn das Wirtschaftsgut im Jahr der Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen im Betrieb des Steuerpflichtigen ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird. Dies nachzuweisen, ist Obliegenheit des Steuerpflichtigen, da nur er über die erforderlichen Kenntnisse verfügt bzw. in seine Sphäre die Möglichkeit der Informationsbeschaffung fällt (vgl. z.B. Gräber/ von Groll, a.a.O., § 76 Rz. 29).
§ 7g Abs. 2 Nr. 2 b EStG enthält keine konkrete Vorgaben dafür, in welcher Form der Nachweis zu führen ist. Bei einem PKW wird sich der Umfang der privaten bzw. betrieblichen Nutzung aus tatsächlichen Gründen im Regelfall durch das Führen und die Vorlage eines Fahrtenbuchs nachweisen lassen. Es kann hier dahingestellt bleiben, auf welche andere Weise die tatsächliche Nutzung eines PKW belegt werden kann. Es besteht jedenfalls kein Zweifel, dass der Nachweis nicht anhand der 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG geführt werden kann.
§ 7g Abs. 2 EStG nimmt nicht auf § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG Bezug. Es besteht zwischen den beiden Normen auch kein rechtssystematischer Zusammenhang. § 7g EStG begünstigt die betriebliche Investition; § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG regelt die Bewertung einer Nutzungsentnahme. Nutzungsentnahmen sind grundsätzlich mit den tatsächlichen Selbstkosten des Steuerpflichtigen zu bewerten (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348, unter C I. 1. b bb; BFH-Urteil vom 24. Mai 1989 I R 213/85, BFHE 157, 521, BStBl II 1990, 8). Dementsprechend typisiert § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nur die monatlichen Selbstkosten. Eine ausschließliche oder nahezu ausschließliche betriebliche Nutzung unterstellt die Bewertungsnorm gerade nicht, wie auch der Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG zu entnehmen ist (vgl. auch die durch die Neuregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG überholte vorangegangene Verwaltungsregelung in Richtlinie 118 der Einkommensteuer-Richtlinien 1993). Es widerspräche zudem jeglicher Lebenserfahrung, dass ein im Betrieb eingesetzter PKW, für den der Steuerpflichtige die 1 %-Regelung in Anspruch nimmt, typischerweise ausschließlich oder nahezu ausschließlich betrieblich genutzt wird. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass ein Durchschnittswert in Höhe von monatlich 1 % des abgerundeten Bruttolistenpreises in etwa einem Anteil der Privatnutzung von 20 bis 25 % entspricht (vgl. z.B. Blümich/Ehmcke, Einkommensteuergesetz, § 6 Rz. 1012; vgl. auch z.B. BFH-Beschluss vom 9. Dezember 1998 IV B 33/98, BFH/NV 1999, 916).
3. Die Verfahrensrüge ist unzulässig. Zur ordnungsgemä ßen Darlegung einer Verfahrensrüge gehört --entsprechend dem Wortlaut des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO-- die Ausführung, dass das Urteil des FG auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann. Hierzu haben die Kläger nichts vorgetragen. Schließlich hat das FG den Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung in seinem Urteil berücksichtigt. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, aus welchen Gründen das FG nach einer Parteieinvernahme anders geurteilt hätte. Im Übrigen ist die Beteiligtenvernehmung nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur ein letztes Hilfsmittel zur Aufklärung des Sachverhalts. Sie drängt sich regelmäßig nicht auf (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16. Mai 2001 X R 16/98, BFH/NV 2001, 1262; BFH-Beschlüsse vom 19. Mai 2004 III B 24/03, juris Nr: STRE200450887, und vom 7. Juli 1998 I B 102/97, juris Nr: STRE985081460). Die angeblich unrichtige Würdigung von Beweisen u.ä. kann nicht im Rahmen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gerügt werden (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 76).