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  • 26.07.2002 · IWW-Abrufnummer 020889

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 14.05.2002 – IX R 31/00

    1. Die Befugnis des Steuerberaters zur Zeugnisverweigerung nach § 84 Abs. 1 FGO i.V.m. § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO 1977 bezieht sich auch auf die Identität des Mandanten und die Tatsache seiner Beratung.



    2. Ergeben sich solche Tatsachen aus vorzulegenden Urkunden (Postausgangsbuch, Fahrtenbuch), so erstreckt sich das Zeugnisverweigerungsrecht auch darauf (§ 85 FGO i.V.m. § 104 Abs. 1 AO 1977)


    Gründe:

    I.

    Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Beteiligte einer Vermietungsgemeinschaft. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) führte die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Streitjahr (1993) durch Bescheid vom 21. August 1995 erklärungsgemäß durch. Am 27. Oktober 1995 ging beim FA ein Schreiben ein, das auf einen am 5. September 1995 eingelegten Einspruch verwies. Mit Schreiben vom 31. Oktober 1995 teilte das FA den Klägern mit, ein Einspruch liege nicht vor.

    Am 10. November 1995 beantragten die Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung trugen sie vor, der Rechtsbehelf sei am 6. September 1995 nachweislich in den Hausbriefkasten des FA eingeworfen worden. Als Anlage war eine Kopie des Einspruchsschreibens vom 5. September 1995 und eine auszugsweise Kopie einer Seite aus dem Postausgangsbuch beigefügt. Das FA verwarf den Einspruch als unzulässig. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährte es nicht.

    Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Auch nach Durchführung der mündlichen Verhandlung habe das Gericht nicht die Überzeugung gewinnen können, der Einspruch sei rechtzeitig eingelegt worden. Die Kläger treffe insoweit die Feststellungslast.

    Die Kläger hätten für den fristgerechten Eingang des Einspruchsschreibens vorgetragen, dass die bei ihrer damaligen steuerlichen Beratungsgesellschaft beschäftigte Zeugin den Einspruch am 5. September 1995 geschrieben und am 6. September 1995 postfertig gemacht habe. Deren Ehemann, der bei der Gesellschaft ebenfalls angestellte Zeuge habe das Einspruchsschreiben am 6. September 1995 gegen 20.00 Uhr in den Hausbriefkasten des FA eingeworfen.

    Die Zeugin habe sich allerdings an diesen Vorgang bei ihrer Zeugenaussage nicht konkret erinnern können. Sie habe auf Vorlage der Kopie aus dem Postausgangsbuch ausgesagt, dass sie den fraglichen Eintrag gefertigt habe und dass sich daraus ergebe, dass das Schreiben nicht auf dem Postweg, sondern persönlich zum FA gebracht worden sei. Da sich die Zeugin auf die von ihr gefertigte Eintragung im Postausgangsbuch stütze, könne dieser Eintrag nur dann eine beweiskräftige Grundlage für den behaupteten Geschehensablauf sein, wenn davon ausgegangen werden könne, dass diese Eintragung am 6. September 1995 im Postausgangsbuch erfolgt sei. Hiervon habe sich das Gericht jedoch nicht überzeugen können, weil die ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Ablichtung nur eine Zeile der im Übrigen abgedeckten Seite des Postausgangsbuches ausweise. Überdies befinde sich die fragliche Eintragung unter der letzten für Eintragungen vorgesehenen Zeile. Die Zeugin, die sich ebenso wie der Zeuge auf ihr Verschwiegenheitsrecht berufen hatte, habe zwar erklärt, dies komme vor, wenn für einen Tag noch keine neue Seite angefangen worden sei. Es könne aber nach Ansicht des Gerichts ohne Überprüfung der vorherigen und der nachfolgenden Eintragungen nicht die Überzeugung gewonnen werden, ein nachträgliches Hinzufügen sei ausgeschlossen. Die abgedeckte Ablichtung von nur einer Zeile habe deshalb keinen höheren Beweiswert als ein auf einem einzelnen Zettel geschriebener Text.

    An dieser Betrachtung ändere sich auch nichts dadurch, dass die Kläger der Ansicht seien, wegen der Verschwiegenheitspflicht ihrer steuerlichen Berater dürften nur abgedeckte Auszüge aus Postausgangsbüchern und Fahrtenbüchern vorgelegt werden. Abgesehen davon, dass das Gericht diese Auffassung nicht teile, hätten die Kläger seit der Beanstandung durch das FA mit Schreiben vom 7. Dezember 1995 mehr als dreieinhalb Jahre Zeit gehabt, "sich von der Pflicht zur Verschwiegenheit entbinden zu lassen". Letztlich sei es aber Sache der Kläger, dem Gericht die Unterlagen vorzulegen, auf die die Beweisführung gestützt werden solle. Seien die Kläger der Ansicht, sie könnten gewisse Unterlagen nicht vorlegen, so trügen sie das Risiko, dass der von ihnen zu erbringende Nachweis möglicherweise nicht erbracht werden könne. Auch der Zeuge stütze sich bei seiner Aussage insbesondere auf sein Fahrtenbuch. Hieraus habe er dem Gericht aber ebenfalls nur eine im Übrigen abgedeckte Seite vorgelegt, auf der nur eine Zeile --und auch diese nicht vollständig-- gelesen werden könne.

    Ihre Revision stützen die Kläger auf die Verletzung der Vorschriften über das Auskunftsverweigerungsrecht. Steuerberater und dessen Gehilfen seien nach § 84 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 102 Abs. 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) gehindert, vollständige Postausgangsbücher und Fahrtenbücher der Finanzverwaltung oder dem FG zum Nachweis des Zugangs von Schriftstücken bei der Finanzverwaltung vorzulegen. Überdies würde ein Steuerberater gegen § 57 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) und § 203 des Strafgesetzbuches (StGB) verstoßen, wenn er dem FA oder dem Gericht die Originale von Postausgangs- und Fahrtenbuch vorlegen würde. Seine Verschwiegenheitspflicht umfasse auch die Tatsache des Mandats. Hätte das FG das Aussageverweigerungsrecht beachtet und hätte es berücksichtigt, dass weder die Kläger noch die Zeugen die Originalunterlagen hätten vorlegen dürfen, dann hätte es die Klage nicht abgewiesen, sondern den Zugang des Einspruchs beim FA als bewiesen erachtet.

    Die Kläger beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, hilfsweise die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben.

    Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, das Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

    II.

    Die Revision ist begründet und führt nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Die Wertung des FG, den Zugang des Einspruchsschreibens vom 5. September 1995 als nicht bewiesen zu erachten, hält der revisionsrichterlichen Überprüfung nicht Stand. Das Urteil verletzt Bundesrecht nach § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO, weil das FG unzutreffend offen gelassen hat, ob die Zeugen berechtigt gewesen waren, die Vorlage von Postausgangs- und Fahrtenbuch zu verweigern.

    1. Entgegen der Auffassung des FG stand den Zeugen ein Recht zu, ihre Aussage zu verweigern.

    a) Nach § 84 Abs. 1 FGO gelten für das Recht zur Verweigerung des Zeugnisses und die Pflicht zur Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht die §§ 101 bis 103 AO 1977 entsprechend.

    aa) Nach den Regelungen über das Auskunftsverweigerungsrecht zum Schutz bestimmter Berufsgeheimnisse in § 102 AO 1977 können u.a. Steuerberater die Auskunft "über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist," verweigern (§ 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO 1977). Danach stand dem Zeugen hinsichtlich aller Tatsachen, die ihm als Steuerberater der Kläger bekannt geworden sind, ein Zeugnisverweigerungsrecht zu; für die Zeugin als Gehilfin ergibt sich dieses Recht aus § 102 Abs. 2 i.V.m. § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO 1977. Einer ausdrücklichen Belehrung durch das Gericht bedurfte es nicht (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. Februar 2001 XI B 11/00, BFH/NV 2001, 811).

    bb) Für den Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts können die Grundsätze herangezogen werden, die zu dem mit § 102 AO 1977 weitestgehend gleichgestalteten § 53 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) entwickelt wurden (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Dezember 1992 XI B 55/92, BFHE 170, 15, BStBl II 1993, 451). Danach bezieht sich die Befugnis des Steuerberaters zur Zeugnisverweigerung auch auf die Identität des Mandanten und die Tatsache seiner Beratung. Zwar hat die Rechtsprechung bisher im Wesentlichen zum ärztlichen Zeugnisverweigerungsrecht entschieden, dass dieses sich auch auf die Identität des Patienten bezieht (vgl. das Urteil des Bundesgerichtshofes --BGH-- vom 20. Februar 1985 - 2 StR 561/84, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1985, 2203). Die Grundsätze gelten aber auch für die in § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO 1977 genannten Personen (vgl. auch Kleinknecht/Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 45. Aufl., 2001, § 53 Rz. 7 und 16, m.w.N). Das Gesetz unterscheidet hinsichtlich des Umfangs des Zeugnisverweigerungsrechts in § 102 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 i.V.m. § 84 Abs. 1 FGO nicht zwischen den dort aufgeführten Berufsgruppen und schützt mit dem besonderen berufstypischen Vertrauensverhältnis (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 811) gerade auch das Bestehen eines Beratungsverhältnisses selbst (vgl. auch Söhn in Hübschmann/Hepp/ Spitaler --HHSp--, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 102 AO Rz. 39 und 43; Au in NJW 1999, 340, 341).

    cc) Das Verschwiegenheitsrecht besteht gegenüber jedermann, auch gegenüber Behörden und anderen Stellen (BGH-Urteil vom 20. April 1983 VIII ZR 46/82, Der Betrieb --DB-- 1983, 1921, m.w.N.). Seine Verletzung kann auch ein Beteiligter geltend machen, der selbst nicht zu den durch dieses Recht unmittelbar geschützten Personen gehört (BGH in NJW 1985, 2203, 2204 f., m.w.N.).

    b) Ergeben sich durch Zeugnisverweigerungsrecht geschützte Tatsachen aus nach § 85 FGO vorzulegenden Schriftstücken, so sind Zeugen nach § 85 Satz 2 FGO i.V.m. § 104 Abs. 1 AO 1977 auch berechtigt, die Vorlage derartiger Urkunden zu verweigern. Sie brauchen dementsprechend Postausgangsbücher oder Fahrtenbücher insoweit nicht vorzulegen, als sich aus ihnen (vgl. zum Inhalt auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 9. Mai 1996 IV B 2 -S 2145- 169/96, Finanz-Rundschau --FR-- 1996, 466) Namen von Mandanten ergeben (vgl. auch Au in NJW 1999, 340).

    c) Eine Beschränkung des Rechts auf Zeugnisverweigerung gemäß § 102 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977, §§ 84, 85 FGO kommt nicht in Betracht.

    Allerdings hat der BFH in seinem Urteil vom 15. Januar 1998 IV R 81/96, (BFHE 185, 248, BStBl II 1998, 263) den nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geforderten Angaben Vorrang gegenüber einem Auskunftsverweigerungsrecht zur Wahrung des Presse- und Rundfunkgeheimnisses gemäß § 102 Abs. 1 Nr. 4 AO 1977 eingeräumt. Indes konnte sich der BFH auf den nach dieser Vorschrift anwendbaren § 160 AO 1977 stützen, der es erst recht verhindere, die nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG geforderten Angaben zu verweigern (so BFH-Urteil in BFHE 185, 248, BStBl II 1998, 263). In der für Steuerberater maßgeblichen Vorschrift des § 102 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 AO 1977 i.V.m. § 84 FGO fehlt jedoch der Hinweis auf § 160 AO 1977.

    Eine Einschränkung des Auskunftsverweigerungsrechts ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht --BVerfG-- vom 27. Oktober 1999 1 BvR 385/90 (BVerfGE 101, 106, BGBl I 2000, 54). Danach schließt die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) es ein, dass die Verwaltungsvorgänge, welche die für das Verwaltungsverfahren und dessen Ergebnis maßgeblichen Sachverhalte und behördlichen Erwägungen dokumentieren, dem Gericht zur Verfügung stehen, soweit sie für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung und der geltend gemachten Rechtsverletzung von Bedeutung sein können. Im Streitfall geht es aber gerade nicht um legitime Geheimhaltungsinteressen der Exekutive, sondern um das vom Gesetz geschützte Vertrauensverhältnis zwischen Steuerberater und seinem Mandanten, das Gegenstand eines Zeugnisverweigerungsrechts ist.

    d) Die Folgerungen eines derartigen Zeugnisverweigerungsrechts sind unterschiedlich: Sind Auskünfte, die ein Berufsträger freiwillig macht, obwohl er nicht von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden und nach § 102 AO 1977 zu einer Auskunftsverweigerung berechtigt ist, grundsätzlich auch verwertbar (so BFH in BFH/NV 2001, 811, m.w.N. aus dem Schrifttum), so folgt umgekehrt aus dem Ausüben dieses prozessualen Rechts für die Beweiswürdigung durch das FG entgegen der Auffassung der Kläger nicht, dass das FG nunmehr vom Vorliegen der zu beweisenden Tatsache auszugehen hätte. Die Zeugnisverweigerung selbst ist als bloße neutrale Tatsache zu werten, aus der keine Folgerungen zu Lasten der Beteiligten gezogen werden dürfen (BGH-Urteil vom 23. Mai 2000 5 StR 142/00, Neue Zeitschrift für Strafrecht --NStZ-- 2000, 546, a.E., m.w.N.; Söhn in HHSp, § 101 AO Rz. 22a, und List in HHSp, § 84 FGO Rz. 31; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 101 AO Tz. 13). Das Recht auf Zeugnisverweigerung besteht indes lediglich zugunsten der Auskunftsperson. Die Rechte der Kläger, in deren Sache der Zeuge aussagen soll, beschränken sich darauf, ihren Steuerberater als Berufsträger von dessen Verschwiegenheitspflicht entbinden zu können oder nicht (vgl. BFH in BFH/NV 2001, 811). Sie können deshalb die dem FG obliegende freie Beweiswürdigung und das Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 FGO) nicht in größerem Umfang einschränken als sich aus dem notwendigen Rechtsschutz der Auskunftsperson ergibt (BFH-Urteil vom 14. Februar 1963 V 102/60, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1963, 379). Insbesondere verbleibt es bei der Feststellungslast, wenn die Sache wegen der verweigerten Auskunft nicht aufgeklärt werden kann.

    e) Hieraus folgt für den Streitfall: Zwar fordert die ständige Rechtsprechung im Zusammenhang mit einem Wiedereinsetzungsgesuch, mit dem das fristgerechte Absenden eines beim Empfänger nicht eingegangenen Schriftstücks behauptet wird, als objektives Beweismittel u.a. das Festhalten der Absendung in einem Postausgangsbuch und die Löschung der Frist auf der Grundlage der Eintragung im Postausgangsbuch und deshalb auch die Vorlage dieser Urkunden als präsente Beweismittel (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 7. Dezember 1988 X R 80/87, BFHE 155, 275, BStBl II 1989, 266; vom 13. Oktober 1993 X R 112/92, BFH/NV 1994, 328; BFH-Beschluss vom 7. Februar 1997 III B 146/96, BFH/NV 1997, 674; vgl. aber auch BGH-Urteil vom 11. Januar 2001 III ZR 148/00, NJW 2001, 1577). Dies gilt uneingeschränkt aber nur dann, soweit die im Postausgangsbuch enthaltenen Angaben nicht Gegenstand eines Aussageverweigerungsrechts sind oder --liegen z.B. die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO 1977 bei einzelnen Eintragungen vor-- der Zeuge von seinem Recht keinen Gebrauch macht (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2001, 811). Die gleichen Erwägungen gelten auch für Namensangaben von Mandanten in Fahrtenbüchern (vgl. Au in NJW 1999, 340 ff.). Beruft sich der Zeuge aber --wie hier-- auf sein Zeugnisverweigerungsrecht und legt deshalb Originalunterlagen nicht vor, so darf das FG nicht ohne weiteres nach der Feststellungslast entscheiden und einen Wiedereinsetzungsantrag abweisen. Vielmehr muss es die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass in den Unterlagen ggf. die Namen anderer Steuerpflichtiger abgedeckt oder dass Fotokopien mit entsprechenden Änderungen als ausreichend angesehen werden. Davon unberührt bleibt allerdings, dass sich das Gericht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon überzeugt, dass die Eintragungen in den entsprechenden Unterlagen vollständig und richtig sind und nicht nachträglich hinzugefügt wurden. Kann es diese Umstände wegen der verweigerten Vorlage der Originalunterlagen nicht feststellen, so geht das zu Lasten dessen, der Wiedereinsetzung begehrt.

    2. Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung der Vorinstanz, den Zugang eines Einspruchsschreibens beim FA als nicht bewiesen zu erachten, revisionsrechtlich zu beanstanden. Denn das FG hat bei seiner Beweiswürdigung unzutreffend offen gelassen, ob den Zeugen --obschon sie sich darauf berufen haben-- ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht.

    Der Senat muss nicht entscheiden, ob jeder dem FG unterlaufene Rechtsirrtum über das Zeugnisverweigerungsrecht eines Zeugen die Aufhebung der Vorentscheidung zur Folge hat (vgl. BFH-Urteil vom 12. November 1986 I R 113/83, BFH/NV 1987, 265). Im Streitfall sind die auf tatsächlichem Gebiet liegenden Feststellungen des FG jedenfalls deshalb unvollständig, weil die Vorinstanz nicht erwogen hat, ob ihre Zweifel in Bezug auf die Vollständigkeit und Richtigkeit von Postausgangs- und Fahrtenbuch nicht bereits durch ein teilweises Abdecken der Namen in den Unterlagen behoben werden könnten. Deshalb ist die Vorentscheidung aufzuheben.

    Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat das mit der Ablichtung einer Seite des Postausgangsbuches vorgenommene vollständige Beseitigen der Eintragungen, die mit der Sache der Kläger nicht im Zusammenhang stehen, zwar zutreffend nicht akzeptiert, da sich aus einer derartigen Fotokopie keine Aussagen über die Vollständigkeit und Richtigkeit der geführten Bücher treffen lassen. Es hätte aber unter Beachtung des Zeugnisverweigerungsrechts darauf hinwirken müssen, dass lediglich solche Eintragungen unkenntlich bleiben, die Gegenstand des Zeugnisverweigerungsrechts bilden. Das sind aber nur die Namen anderer Mandanten der Zeugen. Aus den weiteren Eintragungen im Postausgangsbuch, die ebenfalls abgedeckt waren, kann nicht ohne weiteres auf die Identität des Mandats geschlossen werden. Das FG hätte die Vorlage derartig aufbereiteter Unterlagen anregen müssen. Es wird dies in einer neuen Verhandlung nachzuholen haben.

    RechtsgebieteFGO, StPO, AO 1977VorschriftenFGO § 84 FGO § 85 StPO § 53 AO 1977 § 160 AO 1977 § 102 Abs. 2 AO 1977 § 104 Abs. 1 AO 1977 § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b Verfahrensgang: FG Rheinland-Pfalz 3 K 1963/96 vom 05.08.1999