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  • 02.07.2009

    Bundesfinanzhof: Beschluss vom 16.04.2009 – VIII B 216/08

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Gründe:

    1.

    Die Revision ist nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zuzulassen.

    a)

    Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts ist insbesondere erforderlich, wenn über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Erforderlich ist eine Entscheidung des BFH nur dann, wenn die Rechtsfortbildung über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse liegt und wenn die Frage nach dem "Ob" und ggf. dem "Wie" der Rechtsfortbildung klärungsbedürftig ist.

    b)

    Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen eine Personengesellschaft eine Tätigkeit entfaltet, die die Ausübung eines freien Berufs i.S. von § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darstellt, ist in der Rechtsprechung des BFH geklärt:

    aa)

    Das ist nur der Fall, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Freiberuflichkeit können nicht von der Personengesellschaft selbst, sondern nur von natürlichen Personen erfüllt werden. Das Handeln der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit und damit das Handeln der Gesellschaft darf kein Element einer nicht freiberuflichen Tätigkeit enthalten (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 11. Juni 1985 VIII R 254/80, BFHE 144, 62, BStBl II 1985, 584; vom 8. April 2008 VIII R 73/05, BFHE 221, 238, BStBl II 2008, 681, m.w.N.).

    bb)

    Jeder Gesellschafter als Steuerpflichtiger muss die Hauptmerkmale eines freien Berufs in eigener Person positiv erfüllen. Er muss über die persönliche Berufsqualifikation verfügen und eine freiberufliche Tätigkeit, zu deren Ausübung er persönlich qualifiziert ist, tatsächlich auch entfalten. Bedient er sich hierbei der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte, dann muss er zudem auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig sein (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Mit den Merkmalen eigenverantwortlich und leitend verdeutlicht das Gesetz, dass die freiberufliche Tätigkeit durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Berufsträgers geprägt ist (vgl. BFH-Urteile vom 4. Juli 2007 VIII R 77/05, BFH/NV 2008, 53; in BFHE 221, 238, BStBl II 2008, 681). Daher reicht die bloße Zugehörigkeit zu einer der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Berufsgruppen nicht aus (BFH-Urteil vom 18. Oktober 2006 XI R 9/06, BFHE 215, 210, BStBl II 2007, 266).

    cc)

    Die persönliche Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit im vorgenannten Sinne setzt allerdings nicht voraus, dass jeder Gesellschafter in allen Unternehmensbereichen leitend tätig ist und an jedem Auftrag mitarbeitet (BFH-Urteil vom 23. November 2000 IV R 48/99, BFHE 193, 482, BStBl II 2001, 241). Teamarbeit oder Mitarbeit ist grundsätzlich ausreichend, aber auch in dem Sinne erforderlich, dass sich jeder Gesellschafter kraft seiner persönlichen Berufsqualifikation an der Teamarbeit beteiligt. Die Gesellschafter müssen an der Bearbeitung der erteilten Aufträge zumindest in der Weise mitwirken, dass die Berufsträger die mit einem übernommenen Auftrag verbundenen Aufgaben untereinander aufteilen und jeder den ihm zugewiesenen Aufgabenbereich aufgrund seiner Sachkenntnis eigenverantwortlich leitet (vgl. BFH-Urteil in BFHE 193, 482, BStBl II 2001, 241). Unschädlich ist es auch, wenn sich ein Gesellschafter nur mit besonders wichtigen und schwierigen, ein anderer nur mit einfachen und weniger bedeutsamen Aufträgen beschäftigt (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 53). Diesen ausreichenden, aber auch erforderlichen Arbeitsbeitrag an der Erstellung freiberuflicher Leistungen gegenüber externen Auftraggebern erbringt ein Gesellschafter insbesondere dann nicht, wenn er seiner Gesellschaft lediglich Kapital zur Verfügung stellt, wenn er nur Aufträge beschafft, ohne sich zumindest teilweise an der Erstellung freiberuflicher Leistungen selbst zu beteiligen (vgl. Senatsurteil in BFHE 221, 238, BStBl II 2008, 681), wenn er sich zwar an der Erbringung freiberuflicher Leistungen gegenüber externen Auftraggebern beteiligt, es ihm aber an der persönlichen Qualifikation zur Erbringung dieser Leistungen fehlt oder wenn er Tätigkeiten entfaltet, die per se keine freiberuflichen sind (vgl. BFH-Urteile vom 26. November 1970 IV 60/65, BFHE 101, 115, BStBl II 1971, 249; in BFHE 144, 62, BStBl II 1985, 584). In den genannten Fällen ist der Gesellschafter jeweils "berufsfremd", weil er die persönliche Berufsqualifikation nicht besitzt oder weil er bei gegebener Zugehörigkeit zu einer der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Berufsgruppen den freien Beruf tatsächlich nicht selbst ausübt. Damit ist bei einzelunternehmerischer wie mitunternehmerischer Marktteilnahme Inaktivität in dem Sinne, dass qualifizierte (Mit-)Arbeit tatsächlich nicht stattfindet, schädlich (vgl. BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008 VIII R 69/06, BFH/NV 2009, 652).

    dd)

    Die vorstehenden Grundsätze gelten ebenso für eine Personengesellschaft, welche beansprucht, insgesamt eine künstlerische Tätigkeit auszuüben.

    c)

    Das Finanzgericht (FG) hat, von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend, in für den BFH bindender Weise (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, dass der Gesellschafter X in den Streitjahren eine künstlerische Tätigkeit im Rahmen der klagenden Gesellschaft nicht ausgeübt habe. Soweit sich die Beschwerde gegen diese Würdigung wendet, macht sie allenfalls einen materiellen Rechtsfehler geltend, der grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führt.

    2.

    Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO).

    Soweit das FG bei der Formulierung eines rechtlichen Obersatzes insofern von einer Formulierung des BFH abgewichen ist, als es darauf abgestellt hat, ob alle Gesellschafter das Merkmal "des" (anstelle: "eines") freien Berufs erfüllen, ist diese Abweichung unerheblich. Denn im Streitfall hat das FG eine andere (nicht künstlerische) freiberufliche Tätigkeit des Gesellschafters X nach dem Vortrag der Klägerin und Beschwerdeführerin sowie dem gesamten Akteninhalt zu Recht nicht in Betracht gezogen.

    RechtsgebietEStG