02.11.2010 · IWW-Abrufnummer 110462
Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 24.06.2010 – 6 K 349/09
Die Tätigkeit als Vorstandsmitglied einer Volksbank ist eine mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbare gewerbliche Tätigkeit i. S. des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 StBerG.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger, ein ehemaliger Steuerberater, von der Beklagten als Steuerberater wiederzubestellen ist.
Der Kläger absolvierte im Jahr xxxx erfolgreich die Steuerberaterprüfung und erhielt daraufhin die Zulassung zum Steuerberater. Er übte diesen Beruf in der Zeit vom xx.xx 1992 bis zum xx.xx 2007 aus. Am xx.xx 2007 verzichtete der Kläger auf seine Bestellung als Steuerberater. Diese erlosch daraufhin zum xx.xx 2007.
Mit Schreiben vom 6. Mai 2009 beantragte der Kläger, der als Vorstandsmitglied der Volksbank XY eG tätig ist, seine Wiederbestellung als Steuerberater. Mit Bescheid vom 19. August 2009 lehnte die Beklagte die Wiederbestellung des Klägers als Steuerberater ab. Die Wiederbestellung des Klägers zum Steuerberater nach §§ 48 Abs. 2, 40 Abs. 3 Nr. 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) sei zu versagen, weil der Kläger als Vorstandsmitglied der Volksbank XY eG eine mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbare gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 StBerG ausübe, für die auch keine Ausnahme nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG erteilt werden könne. Im Übrigen bestehe die Gefahr von Berufspflichtverletzungen wegen der Abhängigkeit des Klägers als Vorstandsmitglied von den wirtschaftlichen Interessen der Volksbank XY eG und von Weisungen des Aufsichtsrates und der Generalversammlung. Ebenfalls komme eine Zulassung gem. §§ 57 Abs. 4 Nr. 2 Satz 1, 58 Abs. 5 a StBerG nicht in Betracht, weil der Kläger kein Angestellter sei; somit sei keine zulässige Syndikustätigkeit gegeben.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Er vertritt die Auffassung, dass seine Vorstandstätigkeit für die eingetragene Genossenschaft keine unvereinbare gewerbliche Tätigkeit i.S. von § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 StBerG darstelle. Im Gegensatz zu dem Geschäftsführer einer GmbH sei der Vorstand einer Genossenschaft nicht von Weisungen der Genossenschaft, einem Aufsichtsrat oder anderen abhängig. Der Vorstand einer eingetragenen Genossenschaft habe die Beschränkung zu beachten, die durch das Statut festgesetzt worden sei (§ 27 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Genossenschaftsgesetz – GenG –). Der Katalog der zustimmungspflichtigen Geschäfte müsse gem. § 27 Abs. 1 Satz 2 GenG im Statut verankert sein. Daraus ergebe sich, dass die Handlungsspielräume des Vorstands einer eingetragenen Genossenschaft deutlich weiter reichten, als die des Vorstandes einer Aktiengesellschaft oder die des Geschäftsführers einer GmbH. Im Gegensatz zu § 77 Abs. 2 des Aktiengesetzes, der den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft ermächtige, eine bindende Geschäftsordnung für den Vorstand zu erlassen, bestehe eine derartige Vorschrift im Genossenschaftsrecht nicht. Damit könne der Vorstand einer eingetragenen Genossenschaft seine Geschäftsordnung grundsätzlich eigenständig festlegen. Selbst die Generalversammlung sei nicht berechtigt, dem Vorstand einer eingetragenen Genossenschaft seine Geschäftsordnung vorzuschreiben, es sei denn in Form der Satzung. Der Vorstand einer Genossenschaft sei mithin nicht weisungsgebunden. Bei seiner Wiederbestellung zum Steuerberater sei deshalb eine Verletzung der Pflicht zur unabhängigen und eigenverantwortlichen Berufsausübung als Steuerberater bei gleichzeitiger Tätigkeit als Vorstand einer Genossenschaft nicht zu erwarten.
Außerdem könne die Beklagte nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG vom grundsätzlichen Verbot der gewerblichen Betätigung eines Steuerberaters Ausnahmen zulassen. Voraussetzung sei dabei, dass von der gewerblichen Tätigkeit des Steuerberaters keine Verletzung von Berufspflichten zu erwarten sei. Dabei reiche die bloße abstrakte Gefahr der Verletzung von Berufspflichten nicht aus, sondern es sei eine konkrete Betrachtungsweise anzustellen. Eine derartig konkrete Gefahr sei im Streitfall jedoch nicht gegeben. Schließlich sei – anstelle der Ablehnung der Wiederbestellung als Steuerberater – als milderes Mittel die Wiederbestellung als Steuerberater unter einer Auflage geboten. Insoweit sei er, der Kläger, damit einverstanden, dass ihm hilfsweise eine Zulassung zum Steuerberater mit der Auflage erteilt werde, dass er ausschließlich als Steuerberater für die Volksbank XY eG bzw. nur für die mit ihr verbundenen Unternehmen tätig sein dürfe. Die Beklagte könne die Einhaltung der Auflage überprüfen. Die Wiederbestellung unter einer Auflage sei jedenfalls im Lichte der durch Art. 12 Grundgesetz (GG) normierten Berufsfreiheit geboten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 19. August 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine Zulassung zum Steuerberater zu erteilen,
hilfsweise, den Bescheid der Beklagten vom 19. August 2009 aufzuheben und der Beklagten aufzugeben, dem Kläger eine Zulassung zum Steuerberater mit der Auflage zu erteilen, dass dieser ausschließlich als Steuerberater für die Volksbank XY eG bzw. mit ihr verbundene Unternehmen tätig sein darf und dies auf erstes Anfordern von der Beklagten durch Vorlage einer vollständigen Mandantenliste und ggf. Akteneinsicht nachzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, dass die Tätigkeit als Vorstandsmitglied der Volksbank XY eG eine mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbare gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 StBerG darstelle. Die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Vorstandsmitglied einer Genossenschaft und damit als Organ einer gewerblich tätigen Gesellschaft stelle eine gewerbliche Tätigkeit dar. Eine solche liege auch bei organschaftlichem Handeln für eine gewerblich tätige Gesellschaft vor, da der gewerbliche Charakter der Unternehmenstätigkeit das Handeln des Organs präge.
Sie – die Beklagte – könne zwar vom grundsätzlichen Verbot der gewerblichen Tätigkeit eines Steuerberaters Ausnahmen zulassen. Voraussetzung sei dafür jedoch, dass durch die gewerbliche Tätigkeit des Steuerberaters keine Verletzung von Berufspflichten zu erwarten sei. Aufgrund des erhöhten Gefährdungspotentials für die Unabhängigkeit der Berufsausübung der Steuerberater durch eine gewerbliche Tätigkeit sei auf eine bloße abstrakte Gefährdung abzustellen. Für eine nicht nur oder geringfügige kaufmännisch-erwerbswirtschaftliche Tätigkeit (z.B. den Betrieb eines Handelsgeschäfts) könne keine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der gewerblichen Betätigung eines Steuerberaters erteilt werden. Das gelte selbst dann, wenn das vom Steuerberater betriebene Unternehmen in keinem direkten Wettbewerbsverhältnis zu seinen Mandanten stehe. Bei einer gewerblichen Betätigung bestehe immer die abstrakte Gefahr von Berufspflichtverletzungen durch die Verletzung der Pflicht des Steuerberaters zur unabhängigen und verschwiegenen Berufsausübung. Es sei auch nicht kontrollierbar, ob der Steuerberater keine Mandanten in der eigenen gewerblichen Branche habe. Schließlich sei für die zuständige Steuerberaterkammer nicht überprüfbar, ob der Steuerberater jeden Mandaten über seine gewerbliche Tätigkeit informiere. Zudem könne der Steuerberater seine Praxis jederzeit ändern. Schließlich sei es denkbar, dass der Kläger im Falle der Wiederbestellung als Steuerberater einen Mandanten betreue, der Bedarf an Kapitalanlagen habe. In einem solchen Fall bestehe auf der einen Seite das Interesse, als Steuerberater unabhängig über steuerliche und betriebswirtschaftliche Aspekte von Anlagemöglichkeiten zu beraten. Auf der anderen Seite stehe das Interesse des Klägers als Vorstand einer Volksbank, so dass ein Interessenkonflikt gegeben sei. Schließlich habe ein Steuerberater auch im Innenverhältnis die Pflicht, seinen Beruf unabhängig und eigenverantwortlich sowie unparteilich auszuüben. Auch insoweit bestehe die Gefahr von Berufspflichtverletzungen. Der Kläger sei gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 seines Dienstvertrages dazu verpflichtet, die Beschlüsse der Generalversammlung, des Vorstandes sowie des Aufsichtsrates zu beachten. Er sei damit einseitig den wirtschaftlichen Interessen des von ihm vertretenen Unternehmens verpflichtet.
Zu dem vom Kläger gestellten Hilfsantrag äußert die Beklagte ihre Ansicht, dass die Bestellung als Steuerberater nach dem StBerG vorbehaltlos sei und nicht mit Auflagen versehen werden könne. Eine vom StBerG nicht vorgesehene eingeschränkte und mit modifizierenden Auflagen versehene Bestellung könne auch nicht einvernehmlich – durch öffentlich-rechtlichen Vertrag – geschaffen werden. Insoweit weist die Beklagte auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. März 2004 (VII R 21/02, BStBl II 2004, 1016) hin.
Gründe
I. Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 19. August 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Wiederbestellung als Steuerberater zu Recht abgelehnt (§§ 48 Abs. 2, 40 Abs. 3 Nr. 2 StBerG i.V.m. § 57 Abs. 4 StBerG).
Ehemalige Steuerberater können gem. § 48 Abs. 1 Nr. 1 StBerG wiederbestellt werden, wenn die Bestellung – wie im Streitfall – durch Verzicht nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 StBerG gegenüber der Steuerberaterkammer erloschen ist. Nach §§ 48 Abs. 2, 40 Abs. 3 Nr. 2 StBerG ist die Wiederbestellung zu versagen, solange der Bewerber eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf unvereinbar ist. Als Tätigkeit, die mit dem Beruf des Steuerberaters nicht vereinbar ist, gilt nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 StBerG insbesondere eine gewerbliche Tätigkeit. Dabei kann die zuständige Steuerberaterkammer nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG eine Ausnahme zulassen, soweit durch die Tätigkeit eine Verletzung von Berufspflichten nicht zu erwarten ist. Die Inkompatibilitätsregelung des § 57 Abs. 4 StBerG ist mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar (BFH-Beschluss vom 28. April 2004 VII B 44/04, BFH/NV 2004, 1055 und DStRE 2004, 1055; Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 3. November 2006 StO 1/06, DStRE 2007,1599).
1. Die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Vorstand einer eingetragenen Genossenschaft stellt eine gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 StBerG dar.
Eine gewerbliche Tätigkeit ist gekennzeichnet durch ein selbständiges, gleichmäßig fortgesetztes und maßgebend von erwerbswirtschaftlichem Streben nach Gewinn bestimmtes Handeln (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs – BGH – vom 4. März 1996 StbSt (R) 4/95, NJW 1996, 1833); dazu zählt auch die Vornahme von Finanzgeschäften (Gehre/Koslowski, StBerG, 6. Auflage 2009, § 57 Rn. 90). Unter den Begriff der gewerblichen Tätigkeit fällt ebenfalls organschaftliches Handeln für eine gewerblich tätige Gesellschaft, weil der gewerbliche Charakter der Unternehmenstätigkeit das Handeln als Organ prägt (vgl. BGH-Urteil vom 4. März 1996 StbSt (R) 4/95, a.a.O; Urteil des Verwaltungsgerichts – VG – Aachen vom 13. Juli 2009 5 K 2351/08, DStR 2009, 2621), insbesondere auch die Tätigkeit als Vorstandsmitglied einer eingetragenen Genossenschaft (BGH-Urteil vom 29. Februar 1988 StbSt (R) 1/87, NJW 1988, 3274).
Der Kläger ist als Vorstand und somit organschaftlich für eine eingetragene Genossenschaft tätig, die gewerblich tätig ist. Denn die Volksbank XY eG ist mit erwerbswirtschaftlichem Gewinnstreben selbständig im Bereich der Finanzgeschäfte tätig. Sie gilt nach § 17 Abs. 2 GenG als Kaufmann i.S. des Handelsgesetzbuchs; die Vorschriften über Handelsgeschäfte (§§ 343 ff HGB) sind anwendbar (§ 6 Abs. 2 HGB).
Der Kläger tritt in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied auch nach außen erwerbswirtschaftlich in Erscheinung. Durch die nach § 25a Abs. 1 GenG erforderliche Angabe seines Namens auf allen Geschäftsbriefen der Genossenschaft sowie seiner gemäß § 10 Abs. 1 GenG notwendigen Eintragung in das Genossenschaftsregister ist seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied der Genossenschaft für jedermann nach außen erkennbar (vgl. BGH-Urteil vom 29. Februar 1988 StbSt (R) 1/87, a.a.O.).
2. Die Beklagte hat auch zutreffend angenommen, dass die Voraussetzung einer Ausnahme nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG nicht vorliegen.
Nach dem Inhalt der Norm kann die zuständige Steuerberaterkammer eine Ausnahme von dem Verbot des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 StBerG zulassen, soweit durch die Tätigkeit eine Verletzung von Berufspflichten nicht zu erwarten ist. In diesem Zusammenhang folgert der erkennende Senat aus der Gesetzesformulierung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 StBerG „gilt” als Tätigkeit, die mit dem Beruf des Steuerberaters nicht vereinbar ist, dass es sich um einen abstrakten Gefährdungstatbestand handelt. Der BFH hat in seinem Beschluss vom 28. April 2004 (VII B 44/04, a.a.O.) zutreffend ausgeführt, dass mit der Inkompatibilitätsregelung des § 57 Abs. 4 StBerG der abstrakten Gefahr begegnet werden solle, dass ein Steuerberater aufgrund seiner umfassenden Kenntnisse über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seines Mandanten bei seiner anderweitigen beruflichen Tätigkeit in Interessenkonflikt gerate. Dies bedeutet bezogen auf die Ausnahmeregelung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG, dass nicht die abstrakte Gefahr bestehen darf, dass durch die Tätigkeit, das heißt die gewerbliche Tätigkeit als Vorstand der Genossenschaft, eine Verletzung von Berufspflichten zu erwarten sei. Bei dieser Beurteilung ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass Steuerberater sich nach § 57 Abs. 2 Satz 1 StBerG jeder Tätigkeit zu enthalten haben, die mit ihrem Beruf oder mit dem Ansehen des Berufs nicht vereinbar ist, und sie gem. § 57 Abs. 1 StBerG ihren Beruf unter anderem unabhängig und eigenverantwortlich sowie im Hinblick darauf, dass es sich gem. § 32 Abs. 2 StBerG um einen freien Beruf handelt, auch unparteilich auszuüben haben (vgl. BGH-Urteil vom 4. März 1996 StbSt (R) 4/95, a.a.O.).
Insoweit hat die Beklagte zu Recht angenommen, dass der Kläger nicht dargetan hat, dass durch eine gewerbliche Tätigkeit als Vorstand der Volksbank XY eG eine Verletzung von Berufspflichten nicht zu erwarten sei. Die Steuerberatertätigkeit ist vom Berufsbild des Steuerberaters als Organ der Steuerrechtspflege geprägt und somit auf den Vorrang der persönlichen berufsspezifischen Leistung vor den wirtschaftlichen Aspekten der Tätigkeit ausgerichtet (vgl. dazu Mutschler DStR 2008, 1500 f.). Im Hinblick auf die vom Kläger als Vorstandsmitglied einer Genossenschaft ausgeübte Tätigkeit kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei einer Wiederzulassung als Steuerberater eine Verletzung von Berufspflichten erfolgen könnte.
a) Die gewerbliche Tätigkeit als Vorstandsmitglied einer Bank bringt es gerade mit sich, dass der Kläger in seiner Berufstätigkeit als Steuerberater dem Interessenkonflikt ausgesetzt ist, einerseits die Steuererklärung entsprechend seinem Berufsethos unabhängig und eigenverantwortlich und auch unparteilich zu erstellen. Insoweit sind gegenläufige Interessen der Volksbank denkbar. Würde der Kläger als Steuerberater Privatpersonen der Bank beraten, die zugleich Kunden der Volksbank sind, was durch Auflagen zur Wiederbestellung nicht verhindert werden könnte, würde sich ebenfalls ein Interessenkonflikt zwischen der Verpflichtung zur unabhängigen Beratung einerseits und zur Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen der Bank andererseits ergeben. Auch insoweit besteht die abstrakte Gefahr, dass bei einer Wiederbestellung aufgrund der gleichzeitigen Tätigkeit als Vorstand der Bank eine Verletzung von Berufspflichten erfolgen könnte. So hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Bezug auf den Beruf des Steuerbevollmächtigten in seinem Beschluss vom 15. Februar 1967 (1 BvR 569/62, NJW 1967 1317) ausgeführt: „Der Beruf des Steuerberaters ist nach ausdrücklicher Vorschrift des Gesetzes kein Gewerbe; er ist ein gehobener freier Beruf. Damit verträgt es sich schon allgemein schlecht, wenn der Steuerbevollmächtigte daneben eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Die besonderen Bedingungen, unter denen der Steuerbevollmächtigte seine Berufsaufgaben zu erledigen hat, machen eine solche Berufskombination noch weniger erträglich als bei anderen freien Berufen. Die Tätigkeit der Steuerbevollmächtigten bringt es mit sich, dass sie von internen Geschäftsvorgängen der Betriebe ihrer Klienten Kenntnis erlangen. Üben sie gleichzeitig einen gewerblichen Beruf aus, so besteht die Möglichkeit, dass sie die bei ihrer steuerberatenden Tätigkeit erworbenen Kenntnisse in ihren eigenen Gewerbebetrieben verwerten und dem Gewerbebetreibenden, den sie beraten, Konkurrenz machen. Da die gewerbliche Tätigkeit maßgebend von dem Streben nach Gewinn bestimmt ist und eine Rücksichtnahme auf den jeweiligen Kundenkreis verlangt, kann die vom Gesetzgeber geforderte Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Steuerbevollmächtigten gegenüber seinen Klienten sowie das Vertrauensverhältnis zwischen diesen beeinträchtigt werden.”
Diese Grundsätze gelten auch noch heute (BVerfG-Beschluss vom 20. Mai .2008 I BvR 2258/07) und auch für die Tätigkeit des Steuerberaters (BVerfG-Beschluss vom 25. Juli 1967 I BvR 585/62, BVerfGE 22, 275, vgl. dazu auch VG Aachen, Urteil vom 13. Juli 2009 5 K 2351/08, a.a.O.). Die steuerberatende Tätigkeit bringt es nahezu ausnahmslos mit sich, dass dem Berater die finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse eines Mandanten umfassend im Rahmen einer oftmals jahrelangen dauerhaften Zusammenarbeit offenbart werden müssen, wenn eine sachgerechte Hilfe in steuerlichen Angelegenheiten gewährleistet werden soll (BGH-Urteil vom 4. März 1996 StbSt (R) 4/95, a.a.O.). Somit wäre im Streitfall in Bezug auf Mandanten des als Steuerberater tätig werdenden Klägers, die zugleich Kunden der Volksbank XY eG sind, ein offenkundiger Interessenkonflikt gegeben. Die gewerbliche Tätigkeit des Klägers als Vorstand der Volksbank bietet keine Gewähr dafür, dass die vom Gesetz in § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 StBerG generell angenommene Interessenkollision bei dieser gewerblichen Tätigkeit ausgeschlossen werden kann.
b) Auch wenn der Kläger, wie er beabsichtigt, für die Volksbank XY eG bzw. für mit ihr verbundene Unternehmen als Steuerberater tätig sein würde, ergibt sich ein Interessenkonflikt zwischen seiner Verpflichtung zur unabhängigen, eigenverantwortlichen und unparteilichen Ausübung des Berufs als Steuerberater einerseits sowie seiner aus § 3 Abs. 1 Satz 2 seines Dienstvertrages ergebenden Verpflichtung, die Beschlüsse der Generalversammlung, des Vorstandes sowie des Aufsichtsrates zu beachten. Es ist dem Kläger zwar zuzustimmen, dass der Vorstand einer Genossenschaft nach § 27 Abs. 1 Satz 1 GenG die Genossenschaft unter eigener Verantwortung – sprich: weisungsfrei – zu leiten hat. Nichtsdestotrotz ist der Kläger über die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 seines Dienstvertrages und seiner Bindung an den Förderauftrag der Genossenschaft nach § 34 Abs. 1 GenG aufgrund seiner Tätigkeit als Vorstand auf die wirtschaftlichen Interessen des von ihm vertretenen Unternehmens verpflichtet, so dass sich ein Interessenkonflikt mit einer steuerberatenden Tätigkeit für dieses Unternehmen geradezu aufdrängt. Dies entspricht auch der Wertung des BGH im Urteil vom 29. Februar 1988 (StbSt (R) 1/87, a.a.O.), in dem dieser die Tätigkeit des Vorstandsmitglieds einer eingetragenen Genossenschaft – ohne die Frage einer gewerblichen Tätigkeit der Genossenschaft zu entscheiden – als nach § 57 Abs. 2 StBerG unvereinbar mit dem Beruf eines Steuerberaters beurteilt hat.
3. Die Beklagte hat ebenfalls zutreffend eine Zulassung unter dem Gesichtspunkt der Regelung zum Syndikus-Steuerberater gem. §§ 57 Abs. 4 Nr. 2 Satz 1, 58 Nr. 5 a StBerG abgelehnt. Denn die Übernahme einer Organfunktion ist mit einer Tätigkeit als Syndikus-Steuerberater nicht zu vereinbaren (Gehre/Koslowski, a.a.O., § 58 Rn. 20). Die Übernahme der Organfunktion stellt berufsrechtlich eine gewerbliche Tätigkeit dar, da das organschaftliche Handeln notwendig vom gewerblichen Charakter der Unternehmenstätigkeit der Gesellschaft geprägt wird (BGH-Urteil vom 29. Februar 1988 (StbSt (R) 1/87, a.a.O.), so dass eine solche Tätigkeit lediglich bei Erteilung einer Genehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG zulässig ist. Insofern ist auch ein Wertungswiderspruch des Gesetzes nicht erkennbar, da ein Interessenkonflikt des Steuerberaters mit seiner eigenen Person als Angestellter in einer möglichen wirtschaftlichen Konkurrenzsituation zwischen seinen Mandanten und seinem Arbeitgeber weniger deutlich hervortritt als in der Situation einer eigenen gewerblichen Tätigkeit des Steuerberaters oder einer Organfunktion des Steuerberaters für eine gewerbliche Gesellschaft.
4. Die Klage ist auch hinsichtlich des Hilfsantrags nicht begründet. Das StBerG sieht keine eingeschränkte und mit modifizierenden Auflagen versehene Bestellung vor (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 4. März 2004 VII R 21/02, a.a.O.). § 76 StBerG bietet keine Handhabe dafür, einen durch Auflagen eingeschränkten Tätigkeitsbereich eines Steuerberaters zu überwachen. Zudem ergibt sich aus § 58 Satz 2 Nr. 5 a StBerG in Bezug auf den Syndikus-Steuerberater, dass der Steuerberater für einen Auftraggeber, dem er aufgrund eines ständigen Dienst- oder ähnlichem Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und -kraft zur Verfügung stellen muss, nicht in seiner Eigenschaft als Steuerberater tätig werden darf. Der Syndikus-Steuerberater darf somit im Rahmen seines eigenen Mandats für den Arbeitgeber generell nicht tätig werden. Dieses Verbot soll nach der gesetzlichen Begründung „Interessenkollisionen zwischen den berufsrechtlichen Pflichten und der Weisungsgebundenheit aus dem Angestelltenverhältnis vermeiden” (Drucksache des Deutschen Bundestags 16/7077, Blatt 33).
Im Übrigen könnte mit den beantragten Auflagen dem Interessenkonflikt des Klägers zwischen den wirtschaftlichen Interessen der Volksbank XY eG und einer unabhängig, eigenverantwortlich und auch unparteilich auszuübenden steuerberatenden Tätigkeit für die Volksbank XY eG bzw. für die mit ihr verbundenen Unternehmen (s.o. unter 2.b)) gerade nicht begegnet werden. Insofern ist eine Wiederbestellung des Klägers unter der beantragten Auflage nicht – auch nicht im Lichte des Art. 12 GG – geboten.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
III. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, um dem BFH die Möglichkeit zu eröffnen, seine Rechtssprechung zur Inkompatibilitätsregelung des § 57 Abs. 4 StBerG fortzuentwickeln. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, da Entscheidungen des BFH zur Ausnahmeregelung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG noch nicht vorliegen.