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  • 02.11.2010

    Finanzgericht des Saarlandes: Urteil vom 25.11.2009 – 1 K 2231/05

    1. Ein angestellter Chefarzt eines Krankenhauses bezieht mit den Einnahmen aus dem ihm eingeräumten Liquidationsrecht für die gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen i. d. R. Arbeitslohn, wenn die wahlärztlichen Leistungen innerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden; ist aber im Dienstvertrag des Chefarztes mit dem Krankenhausträger ein stationäres Liquidationsrecht des Chefarztes eindeutig als Bestandteil einer erlaubten Nebentätigkeit ausgestaltet und klar von den Einkünften aus dem Dienstverhältnis getrennt, erzielt der Chefarzt insoweit Einkünfte aus selbstständiger Arbeit.

    2. Hat der Chefarzt seine freiberufliche Nebentätigkeit in den Räumlichkeiten und mit der Ausstattung des Krankenhauses augeübt und ist er im Juli des Streitjahres in Ruhestand getreten, so von einer wirksamen Betriebsaufgabeerklärung zum 31.12. des Streitjahres auszugehen, wenn der Bevollmächtigte des Arztes im Folgejahr dem Finanzamt u.a. mitgeteilt hat, der Arzt habe ab 1.1. des Folgejahres aus Altersgründen seine freiberufliche Tätigkeit eingestellt, das Lohnsteuer- und Umsatzsteuersignal solle ab dem Folgejahr gelöscht werden und bei der Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen für das Folgejahr solle wegen der „Betriebsaufgabe zum 31.12.” des Streitjahres ein Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit von 0 Euro berücksichtigt werden. Diese Betriebsaufgabe wird auch durch Fortführung einer freiberuflichen Tätigkeit an anderer Stelle in geringfügigem Umfang nicht ausgeschlossen.


    Urteil

    In dem Rechtsstreit

    hat der 1. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes in Saarbrücken aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2009

    für Recht erkannt:

    Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

    Tatbestand

    Die Kläger sind Eheleute, die beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielte als Chefarzt … eines Krankenhauses Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) und als Inhaber einer …. Praxis, die sich in den Räumen des Krankenhauses befand, Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG). Sein Dienstvertrag (künftig: DV) mit dem Krankenhausträger, auf den im Übrigen Bezug genommen wird, enthielt folgende Vereinbarungen:

    § 7

    Vergütung für Tätigkeiten im dienstlichen Aufgabenbereich

    (1) Der Chefarzt erhält für seine Tätigkeit in dienstlichen Aufgabenbereich (§§ 3 bis 5)

    1. als feste Vergütung

    eine zusatzversorgungspflichtige Monatsvergütung von 100% der Vergütung eines Angestellten der Vergütungsgruppe 1 … Tarifvertrag in der jeweils gültigen Fassung einschließlich der übrigen für den Bereich des … Tarifvertrages üblichen Zuwendungstarifverträge.

    2. als Variable, nicht versorgungspflichtige Vergütung

    > das Liquidationsrecht für die gemäß Paragraph 6 BPflV und nach § 6 der AVB des Krankenhauses gesondert berechenbaren Waren ärztlichen Leistungen bei denjenigen Kranken, die diese Leistungen gewählt, mit dem Krankenhaus vereinbart und in Anspruch genommen haben;

    > das Liquidationsrecht für das Gutachterhonorar bei Aufnahmen zur Begutachtung (Paragraph 7 BPflV), soweit die gesonderte Berechnung eines Gutachterhonorars neben dem Pflegesatz nach dem Pflegekostentarif des Krankenhauses in der jeweils gültigen Fassung zulässig ist.

    § 17

    Tätigkeit außerhalb der Dienstaufgaben

    (1) Dem Chefarzt wird die Erlaubnis erteilt, folgende Tätigkeiten, soweit sie nicht nach Paragraph 3 zu den Dienstaufgaben gehören, als Nebentätigkeiten auszuüben:

    > Ambulante Beratung und Behandlung (Sprechstundentätigkeit);

    > Nicht stationäre Gutachtertätigkeit;

    > Konziljahr rechnet Beratung anderer Ärzte (Konzil die um im Sinne der 10 der G. O. 1983);

    > Teilnahme an der Lehre und Forschung der Universität;

    > Medizinisch – wissenschaftliche Arbeiten, Veröffentlichungen und Vorträge aus dem Fachgebiet.

    Die Honorare nach § 7 (1) Nr. 2 DV wurden als Teil der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die nach § 17 (1) DV als Teil der Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärt und veranlagt (Bl. 101 f.). Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit ermittelte der Kläger nach § 4 Abs. 3 EStG.

    Der Kläger vollendete am 5. Juli 2003 sein 64. Lebensjahr. Er erhielt seit dem 1. Dezember 2003 eine Altersrente. Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2004 teilte die Bevollmächtigte dem Beklagten mit (Bl. 39):

    „unser o.g. Mandant stellt seine freiberufliche Tätigkeit als Gynäkologe ab dem 1. Januar 2004 aus Altersgründen ein. Wir bitten Sie daher, das Lohnsteuer- und Umsatzsteuersignal ab dem Kalenderjahr 2004 zu löschen.”

    Am 19. Februar 2004 schrieb die Bevollmächtigte an den Beklagten:

    „Herr Dr. X hat aus Altersgründen ab dem Kalenderjahr seine freiberufliche Tätigkeit als Gynäkologe eingestellt und bezieht ab diesem Zeitpunkt Altersrente. Da sich die Einkommensverhältnisse für das Kalenderjahr 2004 dadurch grundlegend geändert haben, beantragen wir, die Vorauszahlungen ab dem I. Quartal 2004 auf der Basis eines zu versteuernden Einkommens von ca. 31.511,00 EUR (Ermittlung siehe Anlage) neu festzusetzen.”

    Am 10. August 2004 reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung 2003 beim Beklagten ein. In der beigefügten Gewinnermittlung erklärte der Kläger die Betriebsaufgabe seiner selbständigen Tätigkeit zum 31. Dezember 2003 (Aufgabegewinn: … EUR). Der laufende Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG betrug … EUR, der sich nach der wegen der Betriebsaufgabe durchgeführten Übergangsrechnung zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG auf … EUR erhöhte.

    Am 3. November 2004 teilte die Bevollmächtigte mit, dass die Betriebsaufgabe faktisch noch nicht erfolgt sei. Der Kläger übe im Jahr 2004 weiterhin seine freiberufliche Tätigkeit (in geringerem Umfang) aus. Dies sei der Bevollmächtigten erst im Rahmen einer Besprechung mit dem Kläger bekannt geworden. Mit dem Schreiben wurde eine berichtigte Anlage GSE und eine geänderte Gewinnermittlung übersandt. Der Beklagte erkannte die geänderte Anlage GSE nicht an und ging von der ursprünglich erklärten Betriebsaufgabe in 2003 aus. Am 22. November 2004 erließ er einen dementsprechenden Einkommensteuerbescheid 2003, gegen den die Kläger am 10. Dezember 2004 Einspruch einlegten. Mit Entscheidung vom 24. Juni 2005 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

    Am 26. Juli 2005 erhoben die Kläger Klage. Sie beantragen,

    unter Änderung des Bescheides vom 22. November 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Juni 2005 die Einkommensteuer 2003 ohne Annahme einer Betriebsaufgabe des Klägers auf … EUR festzusetzen.

    Bei den streitigen Einkünften handele es sich in vollem Umfang um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Selbst wenn es sich um eine selbständige Tätigkeit handele, sei die Betriebsaufgabe erst 2004 erfolgt.

    I. Urteil des BFH vom 5. Oktober 2005 VI R 152/01, BStBl II 2006, 94

    Das Urteil stelle klar, dass alle Einnahmen aus den Liquidationserlösen eines Chefarztes steuerlich wie Arbeitslohn zu behandeln seien. Die maßgeblichen Kriterien des Urteils seien auch vorliegend gegeben:

    > Der Kläger erhalte für seine Tätigkeiten im dienstlichen Aufgabenbereich neben einer festen Vergütung das Liquidationsrecht als variable Vergütung (§ 7 Abs. 1 DV).

    > Der Kläger sei hinsichtlich der wahlärztlichen Leistungen in den geschäftlichen Organismus des Krankenhauses eingebunden gewesen.

    > § 11 DV (Urlaubsregelung) unterscheide nicht zwischen vom Kläger allgemein geschuldeten allgemeinen ärztlichen Leistungen und den wahlärztlichen Leistungen.

    > Die Erbringung der wahlärztlichen Leistungen gehöre zu den dem Krankenhaus gegenüber vertraglich geschuldeten Dienstpflichten (§§ 7 Abs. 1 Nr. 2.a) i.V.m. §§ 3-5 des Dienstvertrages).

    > Der Kläger trage insofern kein Unternehmerrisiko, als sich die Kostenerstattung, die er an das Krankenhaus zu leisten habe, an hand des tatsächlich von den Patienten gezahlten Honorars bemesse (Nachtragsvereinbarung zum DV, Bl. 96).

    II. Keine Betriebseinstellung in 2003

    Hierzu sei Folgendes zu beachten:

    > Der Antrag auf Altersruhegeld stehe in keinem Zusammenhang mit einer Betriebsaufgabe. Die Zahlung des Ruhegeldes werde nicht durch Hinzuverdienstbeschränkungen oder Einkunftsgrenzen eingeschränkt und stehe insofern der Weiterführung der selbständigen Tätigkeit nicht entgegen. Ebenso stehe das Anstellungsverhältnis nicht in Zusammenhang mit der „selbständigen” Tätigkeit des Klägers.

    > Auch ohne die in Anspruchnahme der Belegbetten ab 2004 habe der Kläger seinen Betrieb (ggf. zu einem späteren Zeitpunkt) fortführen können.

    > Die fachliche Qualifikation des Klägers bilde die wesentliche Betriebsgrundlage. Der Kläger könne seine Tätigkeit auch in anderen Räumen als in denen der Klinik durchführen. Voraussetzung für die Annnahme eines ruhenden Gewerbebetriebes sei lediglich, dass bei Einstellung der werbenden Tätigkeit die Absicht bestehe, den Betrieb später fortzuführen (subjektives Merkmal) und die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter es erlauben (objektives Merkmal), den Betrieb innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in gleichartiger oder ähnlicher Weise wieder aufzunehmen (BFH vom 11. Mai 1999 VIII-R-72/96). Diese Voraussetzungen seien erfüllt.

    > Zwar habe die Bevollmächtigte mit Schreiben vom 9. Januar 2004 (Bl. 39) die Aufhebung des Umsatz- und Lohnsteuersignals sowie mit Schreiben vom 19. Februar 2004 (Bl. 40) die Herabsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen beantragt. Dies alles sei allerdings mit dem Hintergrund der Betriebsaufgabe in 2004 geschehen.

    III. Zeitpunkt des Zugangs der Betriebsaufgabeerklärung (Bl. 35 f.)

    Die Aufgabeerklärung sei nicht mit Schreiben der Bevollmächtigten vom 9. Januar bzw. 19. Februar 2004 (Bl. 39, 40) bereits vor Abgabe der Steuererklärung erfolgt. In beiden Schreiben seien die Anträge auf die Betriebsaufgabe in 2004 gestützt worden. Selbst wenn man diese Schreiben zu Unrecht als Betriebsaufgabeerklärung interpretiere, so könne man hierbei nur auf eine Betriebsaufgabe in 2004 schließen.

    IV. Auslegung der Erklärungen des Klägers (Bl. 36 f.)

    Maßgebend sei, was bei objektiver Würdigung für den Beklagten erkennbar geworden sei (BFH vom 17. April 2002, X R 8/00). Eine Betriebsaufgabe in 2003 sei wegen der Erklärung des Aufgabegewinns in der Steuererklärung 2003 zu vermuten. Diese Tatsache stehe aber nicht in Einklang mit dem Gesamtverhalten des Klägers. Er habe den Beklagten noch vor der Veranlagung für 2003 telefonisch darauf hingewiesen, dass eine falsche Erklärung erfolgt sei, und eine korrigierte Erklärung nachgereicht. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sei dem Beklagten der tatsächliche Wille des Klägers bekannt gewesen. Wenn die Möglichkeit der Wideraufnahme der Tätigkeit nach objektiven Gesichtspunkten bestehe, könne der subjektive Wille des Klägers nicht widerlegt werden (BFH vom 27. Februar 1995, I R 235/80).

    V. Korrektur von Steuerbescheid und Aufgabebilanz (Bl. 37 f.)

    Der Bescheid und die Bilanz 2003 seien nach § 153 Abs. 2 AO (Fehlermitteilung) bzw. § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG zu korrigieren. Die Bilanz entspreche nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB), da ein Aufgabegewinn erfasst sei, der erst in 2004 zu erfassen gewesen wäre.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage als unbegründet abzuweisen.

    Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung im übrigen trägt er vor (Bl. 103 f.), das BFH-Urteil vom 5. Oktober 2005,BStBl. II 2006, 94 treffe nicht zu. Aus dem Sachverhalt des Urteils sei ersichtlich, dass dem dortigen Steuerpflichtigen eine Nebentätigkeitserlaubnis u.a. für ambulante Beratung und Behandlung (Sprechstundentätigkeit) erteilt worden sei. Aus der Nebentätigkeit habe der Steuerpflichtige – wie der Kläger – Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt, die nicht im Streit gestanden hätten.

    Der Senat hat durch Gerichtsbescheid des Vorsitzenden vom 11. August 2009, zugestellt am 24. August 2009, die Klage als unbegründet abgewiesen. Am 17. September 2009 haben die Kläger Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Weitere Ausführungen zur Sache haben sie zunächst nicht gemacht. In der mündlichen Verhandlung beriefen sie sich auf die Entscheidungen des BFH vom 7. April 2009 III B 54/07 und vom 19. März 2009 IV R 45/06. Die Erklärungen der Bevollmächtigten seien nicht maßgeblich gewesen. Der Kläger selbst habe keine eindeutige Aufgabeerklärung abgegeben.

    Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Akten des Beklagten (Bl. 112, 132) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.

    1. Keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG)

    Die streitigen Einkünfte gehören nicht zu den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit, sondern zu denen aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG).

    Ein angestellter Chefarzt bezieht mit den Einnahmen aus dem ihm eingeräumten Liquidationsrecht für die gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen i.d.R. Arbeitslohn, wenn die wahlärztlichen Leistungen innerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden (BFH vom 5. Oktober 2005 VI R 152/01, BStBl II 2006, 94). Der Dienstvertrag des vor dem BFH klagenden Chefarztes war ähnlich strukturiert, wie der des Klägers. Streitig war lediglich die steuerliche Einordnung der Einnahmen aus den wahlärztlichen Leistungen, für die ein gesondertes Liquidationsrecht bestanden hat. Diese hat der BFH dem Anwendungsbereich des § 19 EStG zugeordnet, wenn sie innerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden.

    Auch im Entscheidungsfall hat dem Kläger das Recht zur Sonderliquidation für wahlärztliche Leistungen als „variable, nicht versorgungspflichtige Vergütung” zugestanden. Diese Vergütungen i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 2 DV hat der Kläger – zu Recht und ganz im Sinne des Urteils des BFH vom 5. Oktober 2005 a.a.O. – seit jeher als Bestandteil seiner Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit erklärt.

    Demgegenüber hat es sich bei den hier streitigen Einkünften nach § 17 DV nicht um solche nach § 19 EStG gehandelt. § 17 DV zählt die Tätigkeiten auf, die dem Kläger „außerhalb der Dienstaufgaben” „als Nebentätigkeit” gestattet waren. Der DV gestaltet somit das stationäre Liquidationsrecht des Klägers eindeutig als Bestandteil der Nebentätigkeit aus und trennt dieses klar von den Einkünften aus dem Dienstverhältnis. Der Kläger hat deshalb die hieraus erzielten Einnahmen – wie im übrigen auch der Chefarzt, über dessen Einkünfte der BFH zu entscheiden hatte – zu Recht bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) erklärt. So hat sie der Beklagte auch zu Recht veranlagt.

    2. Betriebsaufgabe zum 31. Dezember 2003

    a. Die Vorschriften über die Aufgabe oder Veräußerung eines Gewerbebetriebes gelten für die Aufgabe oder Veräußerung einer freiberuflichen Praxis entsprechend (§ 18 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und Abs. 2 – 4 EStG). Der Beklagte hat die rechtlichen Voraussetzungen einer freiberuflichen Betriebsaufgabe und deren Anwendung auf den Entscheidungsfall in seiner Einspruchsentscheidung in einer nicht zu beanstandenden Weise dargelegt. Dem ist dem Grundsatz nach nichts hinzuzufügen.

    b. Eine Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3, § 18 Abs. 3 EStG) liegt vor, wenn auf Grund eines Entschlusses des Steuerpflichtigen, den Betrieb aufzugeben, die bisher in diesem Betrieb entfaltete betriebliche Tätigkeit endgültig eingestellt wird, alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang, d.h. innerhalb kurzer Zeit entweder insgesamt klar und eindeutig, äußerlich erkennbar in das Privatvermögen überführt bzw. anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt oder insgesamt einzeln an verschiedene Erwerber veräußert oder teilweise veräußert und teilweise in das Privatvermögen überführt werden und dadurch der Betrieb aufhört, als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen. Unter diesen Voraussetzungen ist sogar eine ausdrückliche Betriebsaufgabeerklärung nicht mehr erforderlich (ständige Rechtsprechung des BFH, s. z.B. Urteil vom 15. November 2006 XI R 6/06, BFH/NV 2007, 436 m.w.N.). Die Fortführung einer freiberuflichen Tätigkeit in geringfügigem Umfang steht einer tarifbegünstigten Praxisveräußerung oder -aufgabe nicht entgegen (BFH 20. Januar 2009 VIII B 58/08, BFH/NV 2009, 756).

    Diese Voraussetzungen sind im Entscheidungsfall offensichtlich erfüllt. Der Beklagte hat dies – wie gesagt – eingehend und nachvollziehbar dargelegt. Insbesondere kann den beiden Schreiben vom 9. Januar und 19. Februar 2004 (Bl. 39 f.) bei objektiver Auslegung nur entnommen werden, dass der Kläger seine freiberufliche Tätigkeit „ab dem 01. Januar 2004” bzw. „ab dem Kalenderjahr 2004” eingestellt, d.h. nicht mehr in 2004 und damit letztmalig zum 31. Dezember 2003 ausgeübt hat. Dem entspricht es, dass das voraussichtlich zu versteuernde Einkommen 2004 u.a. wie folgt ermittelt wurde (Bl. 41): „Arztpraxis Dr. X (Betriebsaufgabe per 31.12.2003) 0,00”. Dies alles ist vor dem Hintergrund geschehen, dass der Kläger am 5 Juli 2003 mit Vollendung seines 64. Lebensjahres in Ruhestand getreten ist.

    Die geplante Fortführung der Praxis an anderer Stelle ist nicht erkennbar und wäre in geringfügigem Umfang zudem unschädlich. In der Tat hat der Kläger – ohne jegliche Erläuterungen – für die beiden Folgejahre nur noch geringfügige Einnahmen und negative Einkünfte aus selbständiger Arbeit (2004: 2.244 EUR / 3.712 EUR; 2005: 14,48 EUR / 338,51 EUR) und danach keine derartigen Einkünfte mehr erklärt. Der Beklagten hat diese Angaben offenbar ungeprüft den Veranlagungen 2004 und 2005 zugrunde gelegt.

    Da der Kläger seine freiberufliche Tätigkeit in den Räumlichkeiten und mit der Ausstattung des Krankenhauses ausgeübt hat, kam auch eine Praxisveräußerung von vornherein nicht in Betracht und tatsächlich auch niemals stattgefunden. Insofern war auch von vornherein nicht von einem Ruhen des Betriebs oder einer ins Auge gefassten Betriebsverpachtung auszugehen. Insofern sind auch die beiden Urteile des BFH vom 7. April 2009 III B 54/07, BFH/NV 2009, 1620 und vom 19. März 2009 IV R 45/06, BFH/NV 2009, 1493, die völlig anders geartete Sachverhalte mit einer anderen Interessenlage betreffen, nicht einschlägig.

    Die Erklärungen, die die Bevollmächtigte für die Kläger gegenüber dem Beklagten abgegeben hat, waren klar und eindeutig. Sie haben auch der tatsächlichen Sachlage entsprochen. Die spätere Erkenntnis, dass es günstiger gewesen wäre, einen Teil der Einkünfte in 2004 zu versteuern, ändert hieran nichts.

    Für das Streitjahr scheitert eine Fehler- bzw. Bilanzberichtigung gem. § 153 Abs. 2 AO (Fehlermitteilung) bzw. § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG bereits daran, dass dem Kläger insofern keine Fehler oder sonstigen Unrichtigkeiten unterlaufen sind. Die Erklärung und Gewinnermittlung für 2003 enthalten insofern realitätsgerechte Angaben und die zutreffenden steuerlichen Einordnungen.

    3. Nach alledem war die Klage als unbegründet abzuweisen.

    Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern gemäß § 135 Abs. 1 FGO auferlegt.

    Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sah der Senat keine Veranlassung.

    VorschriftenEStG § 16 Abs. 1 Nr. 1, EStG § 16 Abs. 2, EStG § 16 Abs. 3, EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1, EStG § 18 Abs. 3 S. 2, EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1