08.01.2010
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 12.01.1999 – 11 K 6950/94 BG
1. Bei der Einheitsbewertung eines Grundstücks im Sachwertverfahren ist ein in zweigeschossiger Massivbauweise errichteter Lebensmittelmarkt nicht in die Gebäudeklasse 9.21. (Markthallen), sondern in die Gebäudeklassse 4 (Warenhäuser) einzuordnen.
2. Dem Fehlen des für innerstädtische Warenhäuser zum 01.01.1964 typischen Ausstattungsstandards ist dadurch Rechnung zu tragen, dass bei der Bewertung der einzelnen Ausstatttungsmerkmale (Vordruck EW 106/75) der jeweils geringste Wert zugrundegelegt wird.
Tatbestand
Streitig ist, ob das Gebäude des Klägers in B in die Gebäudeklasse 4 „Warenhäuser” oder 9.21 „Markthallen, Messehallen und dergleichen” einzuordnen ist.
Der Kläger ist Alleineigentümer des Grundstücks A-Straße in B. Auf dem Grundstück wurde im Jahr 1990 ein Lebensmittelladen (C) in massiver Bauweise errichtet. Das Gebäude verfügt sowohl über ein Flachdach, über Pultdächer sowie ein zum Teil ausgebautes, teils nicht ausgebautes Satteldach., Die Außenwände sind überwiegend verputzt und angestrichen, die Nordseite und der nördliche Teil der Westseite sind klinkerverblendet. Im Erdgeschoß sind vom Verkaufsraum Sozialräume, Kontrollraum, Metzgerei und Bäckerei abgeteilt. Im Verkaufsraum ist der Fußboden mit Kunststeinplatten belegt, die Decke mit Akkustikplatten in Metallrahmen abgehängt. Ferner befinden sich im Verkaufsraum Stützen. Die Verkaufsfläche umfaßt 718 m². In der oberen Etage befinden sich neben einem Sozialraum, ein Lager mit Tiefkühlraum und Kühlraum, ein Lastenaufzug und ein Abstellraum sowie die Lüftung. Die Gesamtfläche des Erdgeschosses beträgt 895,56 qm und die des Dachgeschosses 157,97 qm.
Mit Bescheid vom 23.06.1993 führte der Beklagte eine Wert-, Art- und Zurechnungsfortschreibung auf den 01.01.1991 durch. Den Einheitswert stellte er in Höhe von 793.400,00 DM fest. Hierbei ordnete er den Lebensmittelladen nach Anlage 15 zu Abschnitt 38 Bewertungsrichtlinien Grundvermögen (BewRGr) in die Gebäudeklasse 4.3 für Warenhäuser (gute Ausstattung) ein und bewertete ihn mit einem Raummeterpreis in Höhe von 125,00 DM pro m³. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Einheitswertbescheides vom 23.06.1993 Bezug genommen. Ein Grundsteuermeßbescheid auf Grundlage dieses Einheitswertbescheides wurde nicht bekanntgegeben.
Mit Bescheid vom 05.11.1993 änderte der Beklagte den ursprünglichen Bescheid gemäß § 129 Abgabenordnung (AO) dahingehend, daß er bei der Ermittlung des Gebäudewertes anstelle des irrtümlich angesetzten Zuschlags aus sonstigen gründen in Höhe von 8 % einen Abschlag wegen der Lage des Grundstücks in der Fluglärmzone I gemäß § 88 Bewertungsgesetz (BewG) in Höhe von 8 % berücksichtigte. Der Beklagte ermittelte nunmehr einen Einheitswert in Höhe von 691.700,-- DM. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides vom 05.11.1993 Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 02.12.1993 Einspruch ein. Er wendete sich gegen die Einstufung des Lebensmittelladens in die Gebäudeklasse 4 (Warenhäuser). Nach seiner Auffassung sei das Objekt in die Gebäudeklasse 9.21 einzuordnen, da es nicht als Warenhaus, sondern als Markt- und Messehalle anzusehen sei. Bei Warenhäusern handele es sich grundsätzlich um innerstädtische Gebäude mit entsprechender besonderer Ausstattung, d.h. mit Schaufensterfronten, repräsentativen Eingängen und Fassadengestaltung, innerer Aufgliederung und speziellen Kundendiensteinrichtungen.
Am 17.03.1994 führte der Bausachverständige des Beklagten eine Ortsbesichtigung auf dem Grundstück des Klägers durch. In seiner Stellungnahme vom 21.03.1994 bestätigte der Bausachverständige, daß von einer Gebäudeklasse 4 auszugehen sei. Zwar sei nach dem Erlaß des FinMin NW vom 19.02.1976, S 3208-33-VC 1/S 3212-1-VC 1 (Bew-Kartei NW Karte C 37 zu § 85 BewG) bei C & C-Großmärkten (Cash & Carry) auch eine Bewertung mit den Preisen der Gebäudeklasse 9.21 möglich, dies sei jedoch auf hallenartige Gebäude beschränkt. Markt- und Messehallen seien gewöhnlich eingeschossige großvolumige Bauteile in Stahl- oder Stahlbetonskelettbauweise mit einfacher Ausstattung ohne oder mit sehr geringem Anteil an Nebenräumen (in der Regel weniger als 10 % der Nutzfläche). Das betroffene Gebäude vermittele weder vom äußeren Erscheinungsbild noch von der inneren Gestaltung her einen hallenartigen Eindruck. Der Verkaufsraum sei durch die abgehängte Decke eingeengt und nicht stützenfrei. Dazu komme der relative hohe Anteil an Neben- und Zubehörräumen, der gemessen an der Gesamtnutzfläche ca. 32 % ausmachte. Untypisch für Markt- und Messehallen sei außerdem der vergleichsweise aufwendige Aufbau von Sattel- und Pultdächern mit mehreren unterschiedlichen Firsthöhen und Gliederungen. Typischerweise hätten diese Bauteile Flachdächer. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Stellungnahme des Bausachverständigen vom 21.03.1994 Bezug genommen.
Im Rahmen der Ortsbesichtigung stellte der Bausachverständige darüber hinaus die Merkmale der baulichen Ausstattung des Gebäudes des Klägers fest und ermittelte auf dieser Grundlage einen Raummeterpreis in Höhe von 102,00 DM. Wegen der vorhandenen Ausstattungsmerkmale wird auf den Inhalt des durch den Bausachverständigen ausgefüllten Vordrucks EW 106/75 Bezug genommen.
Entsprechend den Ausführungen des Bausachverständigen ordnete der Beklagte das Gebäude des Klägers in die Gebäudeklasse 4.2 für „Warenhäuser” (mittlere Ausstattung) ein. Ausgehend von einem umbebauten Raum von 4.831 m³ und einem Raummeterpreis in Höhe von 102,00 DM stellte der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 21.10.1994 einen Einheitswert in Höhe von 515.800,00 DM fest.
Der Einheitswert errechnete sich wie folgt:
1. Bodenwert | ||
2.610 m² x 35,00 DM | 126.350,00 DM | |
2. Gebäudewert | ||
4.831 m³ x 102,00 DM | 492.762,00 DM | |
Abschlag wegen Lage 8 % | 39.420,00 DM | |
Gesamtgebäudewert | 453.343,00 DM | |
3. Wert der Außenanlagen | ||
6 % des Gebäudewertes | 27.200,00 DM | |
4. Ausgangswert | 606.892,00 DM | |
5. Grundstückswert (Wertzahl 85 %) | 515.858,00 DM | |
6. Einheitswert | 515.800,00 DM |
Im übrigen wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er darauf, daß das Gebäude die typischen Merkmale einer Markt- und Messehalle nicht erfülle. Die maßgebliche Gebäudeklasse sei unabhängig von der Lage eines Grundstücks zu bestimmen. Auch die durch den Kläger angeführten besonderen Ausstattungsmerkmale seien für die Zuordnung eines Gebäudes in die Gebäudeklasse der Warenhäuser nicht zwingend erforderlich. Die im Einzelfall vorhandene Ausstattungsgüte sei vielmehr bei der Erfüllung des anzusetzenden Raummeterpreises zu berücksichtigen.
Der Kläger hat am 18.11.1994 Klage erhoben.
Zur Ergänzung trägt er vor, daß die sich in dem Verkaufsraum befindlichen Stützen aus bautechnischen Gründen erforderlich seien und keine innere Aufgliederung darstellten, wie man sie von Warenhäusern kenne. Ferner sei für die Einstufung in die Gebäudeklasse 9.21 nicht zwingend erforderlich, daß das Objekt ein Flachdach aufweise. Ferner seien zu dem Anteil an Nebenräumen nicht die Lagerräume zu zählen. Auch andere Großmärkte und Baumärkte verfügten über Lagerräume, Sanitäreinrichtungen, Aufenthaltsräume für Personal und Kontroll- bzw. Büroräume.
Ferner behauptete der Kläger, daß ihm der Einheitswertbescheid vom 23.06.1993 nicht vorliegen. Nach Durchsicht aller geeigneter Unterlagen hätte kein Zugang dieses Bescheides festgestellt werden können.
Er beantragt,
1. den Einheitswertbescheid auf den 01.01.1991 vom 05.11.1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.10.1994 dahingehend zu ändern, daß der Einheitswert auf 367.600,00 DM unter Berücksichtigung der Gebäudeklasse 9.212 nach Anlage 15 zu Abschnitt 38 BewRGr festgesetzt wird,
2. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
1. die Klage abzuweisen,
2. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er trägt ergänzend vor, daß auch die separaten Lagerbereiche zu den Nebenräumen zählten, da diese nicht hallentypisch seien und bei Markt- und Messehallen im allgemeinen die Halle selbst auch eine Lagerfunktion habe. Zwar existierten keine verbindlichen gesetzlichen Regelungen oder gleichzustellende Verwaltungsanweisungen zum Anteil der Nebenräume, der Dachform und der Stützenfreiheit von Markt- und Messehallen. Nach dem Erlaß des Finanzministers vom 19.02.1976 (a.a.O.) seien jedoch zur Abgrenzung von hallenhähnlichen Gebäuden diese typischen Merkmale heranzuziehen.
Gründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Zum 01.01.1991 ist für das Grundstück A-Straße in B im Wege des Sachwertverfahrens der Einheitswert auf 459.700,00 DM festzustellen.
Einer Änderung des Einheitswertbescheides vom 05.11.1993 steht nicht die Bestandskraft des Einheitswertbescheides vom 23.06.1993 entgegen, da der Kläger die Bekanntgabe dieses Bescheides bestreite und der Beklagte den Zugang nicht nachgewiesen hat. Bestreitet der Bekanntgabeadressat den Zugang des Verwaltungsaktes, genügt einfaches Bestreiten, da er in der Regel nicht substantiiert vortragen kann, warum ihn das Schriftstück nicht erreicht hat.
Der Einheitswert für das Grundstück des Klägers in B ist gemäß § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG im Wege des Sachwertverfahrens zu ermitteln. Bei der Bewertung eines Grundstücks im Sachwertverfahren ist gemäß § 83 Satz 1 BewG vom Bodenwert (§ 84 BewG), Gebäudewert (§§ 85 bis 88 BewG) und vom Wert der Außenanlagen auszugehen (§ 89 BewG). Dieser Ausgangswert ist durch Anwendung einer Wertzahl an den gemeinen Wert anzugleichen (§ 83 Satz 2, § 90 Abs. 1 BewG). Für die Ermittlung des Gebäudewertes ist zunächst ein Wert auf der Grundlage von durchschnittlichen Herstellungskosten nach den Baupreisverhältnissen des Jahres 1958 zu errechnen (§ 85 Satz 1 BewG). Dieser Wert ist nach den Baupreisverhältnissen im Hauptfeststellungszeitpunkt (01.01.1964) umzurechnen (§ 85 Satz 2 BewG). Der so errechnete Gebäudenormalherstellungswert ist Grundlage zur Ermittlung des Gebäudesachwertes unter Berücksichtigung der §§ 86, 87 BewG, der nach Maßgabe des § 88 BewG in besonderen Fällen ermäßigt oder erhöht werden kann (§ 85 Sätze 3 und 4 BewG).
Bei der Ermittlung des Gebäudewertes des in B belegenen Grundstücks des Klägers ist von einem Raummeterpreis in Höhe von 88,00 DM pro m³ auszugehen.
In den Anlagen 14 und 15 zu Abschnitt 38 BewRGr sind für unterschiedliche Gebäudeklassen Raummeterpreise festgelegt, die auf den Baupreisverhältnissen des Jahres 1958 beruhen und durch Anwendung des für den Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 maßgebenden Bauindexes auf die Baupreisverhältnisse in diesem Zeitpunkt umgerechnet sind. Es handelt sich dabei um Durchschnittswerte, die aufgrund eingehender Ermittlungen und zahlreicher Probebewertungen im Bundesgebiet gefunden worden sind. Diese Durchschnittswerte sind zum Zwecke einer möglichst gleichmäßigen Bewertung grundsätzlich anzuwenden, denn ihr Ansatz entspricht dem Zweck des Sachwertverfahrens, das in seinen Grundzügen auf die Bewertung von bebauten Grundstücken mit einem typisierenden gemeinen Wert (§ 9 BewG) ausgerichtet ist (vgl. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18.05.1988 II R 241/85, BFHE 154, 139, Bundessteuerblatt (BStBl.) II 1988, 935; vom 30.01.1991 II R 51/88, BFH/NV 1992, 371).
Hinsichtlich der Merkmale für die Beurteilung der baulichen Ausstattung, von der die Anwendung der aufgelisteten Raummeterpreise abhängt, sieht Anlage 13 zu Abschnitt 38 BewRGr für insgesamt 13 Ausstattungsmerkmale Kriterien für die Einreihung in die einzelnen Ausstattungsklassen, und zwar gestaffelt nach einfacher, mittlerer, guter, sehr guter und aufwendiger Ausstattung vor.
Für die Berechnung des Raummeterpreises ist das Gebäude des Klägers gemäß § 85 BewG in Verbindung mit Anlage 15 zu Abschnitt 38 BewRGr in die Gebäudeklasse 4 „Warenhäuser” einzuordnen. Denn das als Lebensmittelladen (C) genutzte Gebäude kommt begrifflich einem Warenhaus am nächsten.
Entgegen der Ansicht des Klägers scheidet eine Einordnung des Gebäudes in die Gebäudeklasse 9.21 (Markthallen, Messehallen und dergleichen) aus. In die Gebäudeklasse der Markt- und Messehallen sind in der Regel eingeschossige hallenartige Gebäude in Stahl- oder Stahlbetonskelettbauweise einzuordnen. Im wesentlichen spricht gegen die Klassifizierung des Lebensmittelladens in die Gebäudeklasse 9.21 (Markthallen, Messehallen und dergleichen) die aufwendige Baustruktur des Gebäudes, das in massiver Bauweise errichtet ist. Hinzu kommt, daß es sich um ein zweigeschossiges Gebäude handelt. Die einzelnen Geschosse sind durch eine Treppe miteinander verbunden. Die Nutzung des Dachgeschosses ist nicht von untergeordneter Bedeutung, da in das Dachgeschoß neben dem Raum für die Lüftung und einem Abstellraum, das Lager, ein Tiefkühlraum, ein Kühlraum sowie Sozialräume integriert sind. Hinzu kommt, daß eine Markthalle - anders als das in Rede stehende Gebäude - im allgemeinen eine Anzahl von Verkaufsständen enthält, die vom Käufer nicht betreten werden können (vgl. Entscheidung des Finanzgerichts Berlin vom 24.01.1973 II 115/71, EFG 1973, 475). Da das Gebäude des Klägers bereits aus den vorgenannten Gründen nicht in die Gebäudeklasse „Markthallen, Messehallen und dergleichen” einzuordnen ist, kann dahinstehen, ob die im Verkaufsraum vorhandenen Stützen der und der Umfang des Anteils an Nebenräumen der Einordnung des Gebäudes in die Gebäudeklasse 9.21 entgegen stehen. Auf die Ausgestaltung des Daches (Pult- Sattel- oder Flachdach) kommt es - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht an, da die Dachausführung unter Ziffer 2 der Anlage 13 zu Abschnitt 38 BewRGr als Merkmal der baulichen Ausstattung zu berücksichtigen ist.
Trotz der Einordnung in die Gebäudeklasse 4 (Warenhäuser) ist bei der Ermittlung des Raummeterpreises dem Umstand, daß das negativ von einer Markt- und Messehalle abzugrenzenden Gebäude des Klägers auch nicht den typischen Charakter eines Warenhauses aufweist, in angemessener Weise Rechnung zu tragen. Zwar sind als Warenhäuser solche Geschäftsgrundstücke zu bewerten - diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor -, die im ganzen oder weit überwiegend dem Betrieb eines Einzelhandels dienen und die üblichen Ladengrundstücke an Umfang übertreffen (Abschnitt 16 Abs. 7 Satz 7 BewRGr). Jedoch beziehen sich die Preise für Warenhäuser (Gebäudeklasse 4), die wesentlich höher als die für eine Markt- und Messehalle anzusetzenden Raummeterpreise sind, auf die zum Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 typischen innerstädtischen Warenhäuser mit Schaufensterfronten, zum Teil repräsentativen Eingängen und Fassadengestaltung, mit inneren Aufgeliederungen, speziellen Kundendiensteinrichtungen (Café, Restaurant, WC-Anlagen und dergleichen) (vgl. NWB Nr. 42, Fach 9, Seite 2497). Das Fehlen des typischen Warenhauscharakters hat der Beklagte nicht im Rahmen der Beurteilung der baulichen Ausstattung des Gebäudes anhand des für sämtliche Gebäudeklassen geltenden und auf der Anlage 13 zu Abschnitt 38 BewRGr beruhenden Vordrucks EW 106/75 berücksichtigt. Da sich die für ein Warenhaus typischen Merkmale in der Höhe der für die Gebäudeklasse 4 der Anlage 15 zu Abschnitt 38 BewRGr anzusetzenden Raummeterpreise niedergeschlagen haben, ist bei der Anwendung der in Anlage 15 aufgelisteten Raummeterpreise auf die vorhandenen Merkmale der baulichen Ausstattung laut Vordruck EW 106/75 - unter den im Streitfall gegebenen Umständen - abweichend vom Regelfall nicht von der Mittelwertigkeit der jeweiligen Ausstattungsart auszugehen (vgl. Entscheidungen des BFH vom 18.05.1988, a.a.O.; vom 30.01.1991, a.a.O.), sondern der geringste Wert der jeweiligen Ausstattungsart zugrundezulegen. Dieser liegt bei der Gebäudeklasse 4.1 (einfache Ausstattung) bei 55,00 DM, Gebäudeklasse 4.2 (mittlere Ausstattung) bei 80,00 DM, Gebäudeklasse 4.3 (gute Ausstattung) bei 105,00 DM und bei der Gebäudeklasse 4.4 (sehr gute Ausstattung) bei 145,00 DM. Durch den Ansatz der niedrigeren Grenzwerte wird wegen des fehlenden Charakters eines typischen Warenhauses eine Annäherung an die Raummeterpreise für die Gebäudeklasse 9.21 „Markthallen, Messehallen und dergleichen” erreicht, bei deren Anwendung die vorhandenen Ausstattungsmerkmale trotz gleicher Gestaltung zu einem niedrigeren durchschnittlichen Raummeterpreis führen würden. Da für sämtliche Ausstattungsmerkmale der unterste Grenzwert angesetzt wird, ist eine gleichmäßige Berücksichtigung der einzelnen Ausstattungsmerkmale sichergestellt. Unter Zugrundelegung der von dem Beklagten im Rahmen der Ortsbesichtigung am 17.03.1994 ermittelten Merkmale der baulichen Ausstattung des Gebäudes des Klägers (vgl. Vordruck EW 106/75) ergibt sich ein Raummeterpreis in Höhe von 88,00 DM. Nach dem genannten Vordruck liegen bei den einzelnen Ausstattungsmerkmalen die folgenden Ausstattungsarten vor: 1. Fassadenausführung/mittlere Ausstattung (80,00 DM), 2. Dachausführung/mittlere Ausstattung (80,00 DM), 3. Deckenbehandlung/mittlere und gute Ausstattung (80,00 DM + 105,00 DM : 2 = 92,50 DM), 4. Wandbehandlung/mittlere Ausstattung (80,00 DM), 5. Fußböden/mittlere Ausstattung (80,00 DM), 6. Treppen/mittlere Ausstattung (80,00 DM), 7. Fenster/gute Ausstattung (105,00 DM), 8. Türen/gute Ausstattung (105,00 DM), 9. Elektroinstallation/gute Ausstattung (105,00 DM), 10. Sanitäre Installation/einfache Ausstattung (55,00 DM), 11. Boden- und Wandfliesen/mittlere Ausstattung (80,00 DM), 12. Heizung/sehrgute Ausstattung (145,00 DM) und 13. besondere Räume/einfache Ausstattung (55,00 DM). die Teilung der sich ergebenden Summe von 1.142,50 DM durch 13 (Ausstattungsmerkmale) führt zu dem Raummeterpreis von 88,00 DM.
Der Ausgangswert (Bodenwert, Gebäudewert und Wert der Außenanlagen) ist durch Anwendung einer Wertzahl an den gemeinen Wert anzugleichen (§ 90 Abs. 1 BewG). Die für die Hauptfeststellung in 1964 anzuwendenden Wertzahlen sind in der Verordnung zur Durchführung des § 90 BewG vom 02.09,1966 (Bundesgesetzblatt (BGBl.) I 1966, 553), zuletzt geändert durch die VO vom 25.02.1970 (BGBl. I 1970, 216) festgesetzt. Der Beklagte hat zutreffend für das Gebäude des Klägers die Wertzahl 85 % angesetzt. Da die in § 2 VO enthaltene Aufzählung der Geschäftsgrundstücke keine ausdrückliche Erwähnung eines Selbstbedienungsladens enthält, ist die für den im Gebäude des Klägers betriebenen Lebensmittelladen am nächsten stehende Gruppe von Geschäftsgrundstücken vorgeschriebene Wertzahl anzuwenden. Da die Raummeterpreise der Gebäudeklasse 4 angesetzt wurden, muß das Gebäude auch bei der Bestimmung der Wertzahl gemäß § 2 VO unter die Gruppe der Warenhäuser (Wertzahl 85 %) und nicht unter die Gruppe der Lagerhäuser oder der übrigen Geschäftsgrundstücke (Wertzahl 80 %) eingereiht werden.
Der Einheitswert ist wie folgt zu ermitteln:
1. Bodenwert | 126.350,00 DM | |
2. Gebäudewert | ||
4.831 m³ x 88,00 DM | 425.128,00 DM | |
8 % Abschlag (Fluglärmzone I) | 34.010,25 DM | |
Gesamtgebäudewert | 391.117,76 DM | |
3. Wert der Außenanlagen | ||
6 % des Gebäudewertes | 23.467,07 DM | |
4. Ausgangswert | 540.934,83 | |
5. Grundstückwert (Wertzahl 85 %) | 459.794,60 DM | |
6. Einheitswert | 459.700,00 DM |
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 136 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache gemäß § 115 Nr. 1 FGO grundsätzliche Bedeutung hat.
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