08.01.2010
Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 24.08.2006 – 1 K 982/03
1. Eine Praxis für Anästhesiologie mit angeschlossenem Druckkammerzentrum stellt Mangels Eigenverantwortlichkeit einen Gewerbebetrieb dar, wenn der Berufsträger und Praxisinhaber Teile der ärztlichen Tätigkeit – im Streitfall unter anderem einen mobilen Anästhesiedienst – durch fachlich vorgebildete Angestellte ausführen lässt, ohne deren Tätigkeit zu überwachen oder dabei selbst leitend tätig zu sein.
2. Ein qualitativer Schwerpunkt der Tätigkeit eines Anästhesisten liegt in der Durchführung und Begleitung von Operationen. Ein zur Vor- und Nachbereitung der mit den Patienten geführten Vorbereitungsgespräche genutztes häusliches Arbeitszimmer ist daher nicht Mittelpunkt der Tätigkeit des Anästhesisten.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt – 1. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. August 2006 durch den Präsidenten des Finanzgerichts … als Vorsitzenden, die Richterin am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht …, die ehrenamtliche Richterin den ehrenamtlichen Richter Keller
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Einkunftsart der Klägerin (selbstständig oder gewerblich), eine hieraus resultierende Buchführungspflicht und um die Höhe der steuerlichen Anerkennung von Aufwendungen für ein betrieblich genutztes Zimmer im Wohnhaus der Gesellschafter der Klägerin.
Die Eheleute … und … betreiben als Gesellschafter der Klägerin eine Gemeinschaftspraxis für Anästhesiologie in …. Daneben betreiben sie in einer gesonderten Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Druckkammerzentrum, welches den Praxisräumen für Anästhesiologie angeschlossen war.
Nach einer Betriebsprüfung kam der Beklagte zu dem Ergebnis, dass die Klägerin keine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz – EStG –, sondern gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 EStG erziele und diese insgesamt der Gewerbesteuer zu unterwerfen seien. Ferner begrenzte der Beklagte die seitens der Gesellschafterin … geltend gemachten Kosten für ein betrieblich genutztes Zimmer im Wohnhaus der Praxisinhaber auf einen Betrag von 2.400 DM jährlich, da es sich nach seiner Ansicht um Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer handele, die der Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG unterlägen. Der Beklagte erließ am 27. September 2002 für die Jahre 1997 bis 2000 entsprechende Gewerbesteuermessbescheide und Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, am 12. März 2003 einen Gewerbesteuermessbescheid für 2001 und am 26. Februar 2003 einen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2001 – diesen änderte er am 28. März 2003, in dem er den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob. Aufgrund der Prüfungsfeststellungen und der Höhe des festgestellten Gewinns wies der Beklagte mit Bescheid vom 26. Februar 2003 ab dem Wirtschaftsjahr 2004 auf die Buchführungspflicht nach § 141 Abgabenordnung – AO – hin.
Gegen diese Bescheide wendete sich die Klägerin mit fristgerechten Einsprüchen, die vom Beklagten mit Einspruchsbescheiden vom 12. Mai 2003 zurückgewiesen wurden. Hiergegen richten sich die am 11. Juni 2003 erhobenen Klagen, die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen 1 K 982/03 verbunden worden sind.
Nach Ansicht der Klägerin stellt sich die von den Praxisinhabern ausgeübte Tätigkeit als selbstständige Ausübung der Heilkunde im Sinne der Katalogberufe des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG dar und sei zum Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit zu zählen. Die vom Beklagten aufgestellten Anforderungen an in der Rechtsform einer Personengesellschaft tätigen Freiberufler, insbesondere bei der Delegation von Aufgaben und der arbeitsteiligen Organisation der Tätigkeit, seien mit der Abgrenzung der einzelnen Einkunftsarten untereinander nicht vereinbar. Eine Schlechterstellung der in der Rechtsform einer Personengesellschaft tätigen Freiberufler könne dem Gesetz nicht entnommen werden. Es finde sich hierfür auch kein sachlicher Grund. Selbst wenn man annehmen würde, dass zum Teil eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werde, wäre eine Umqualifizierung der gesamten freiberuflichen Einkünfte in gewerbliche Einkünfte unverhältnismäßig, da allenfalls 15 % der Betätigung – Mithilfe einer fachlich vorgebildeten Arbeitskraft – eine gewerblich unterstellte Tätigkeit sein könnte. Darüber hinaus seien die Tätigkeiten derart miteinander verflochten, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingten und steuerlich danach zu qualifizieren sei, welches Element (gewerblich/freiberuflich) vorherrsche.
Hier liege ein freiberuflicher Charakter vor. Soweit Mitarbeiter beschäftigt worden seien, seien diese unter Aufsicht und Verantwortung der Berufsträger tätig geworden. Dies sei nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG zulässig und ändere nichts am freiberuflichen Charakter. Wesentliche Tätigkeiten – wie z.B. das erste Arzt-Patienten-Gespräch – hätten ausschließlich die Praxisinhaber ausgeführt. 85 % aller stationären Anästhesieaufträge seien ausschließlich durch die Praxisinhaber erledigt worden, wobei auch die Organisation der ambulanten Anästhesieaufträge durch die Praxisinhaber persönlich erfolgt sei. Die angestellte Fachärztin habe lediglich ambulante Anästhesien – mit einem Anteil von 15 % – durchgeführt. Das Zusammentragen und Auswerten der Befundinhalte mache eine zielgerichtete Anästhesie aus und sei der Schlüssel für den Erfolg der beruflichen Tätigkeit eines Anästhesisten. Diese Tätigkeit obliege ausschließlich den Praxisinhabern. Planung, Durchführung und Dokumentation einer Anästhesie nach den Regeln der Kunst seien im Zusammenhang zu sehen und man könne nicht nur die reine Durchführung der Anästhesie betrachten. Im Ergebnis der Vorgespräche mit den Patienten, unter Auswertung der aufgrund der Diagnose vorgenommenen Befundung, sei durch die Praxisinhaber entschieden worden, ob die erforderliche Anästhesie unmittelbar durch die Praxisinhaber selbst oder aber durch einen angestellten Mitarbeiter vorgenommen werden könne. Damit seien die Praxisinhaber nicht nur leitend, sondern in hohem Maße eigenverantwortlich tätig geworden. Zu jedem Zeitpunkt sei gewährleistet gewesen, dass die freiberuflichen Praxisinhaber Organisation und Durchführung der geplanten Anästhesie eigenverantwortlich festgelegt hätten und maßgeblicher Einfluss auf das gewollte Arbeitsergebnis ausgeübt worden sei.
Da es sich bei der Tätigkeit um eine freiberufliche handele, komme nach Ansicht der Klägerin eine Buchführungspflicht nicht in Betracht. Sie sei nicht zur Gewinnermittlung durch Bilanzierung nach § 141 AO verpflichtet, sondern könne den Gewinn im Wege einer Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln.
Nach Ansicht der Klägerin seien die Kosten für das Arbeitszimmer in voller Höhe nebst Abschreibungen für Absetzungen anzusetzen, da es sich hierbei um eine Betriebsstätte im Sinne von § 12 AO handele und die Gesellschafterin … bei quantitativer Betrachtung mehr als 50 % der gesamten beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer verbringe. Für den Bereich der anästhesiologischen Betreuung der Operationen habe ihr im Krankenhaus …, bei dem sie an fünf Tagen der Woche tätig werde, unmittelbar an Ort und Stelle kein geeigneter Arbeitsraum zur Verfügung gestanden, um die Arbeiten, welche im nichtoperativen Bereich zu absolvieren sind, wie z. B. die prämedikamentöse Betreuung sowie die Protokollierungen und Abrechnungen der durchgeführten Anästhesien, durchzuführen. Da ein geeigneter Arbeitsraum nicht zur Verfügung stehe, fertige die Gesellschafterin die zu erstellenden Untersuchungs- und Narkoseprotokolle (rund 3000 Anästhesien von 1997 bis 2000) in den Räumlichkeiten ihres Wohnhauses an. Die Abzugsfähigkeit der Kosten ergebe sich auch dadurch, dass ein wesentlicher, zentraler Bestandteil der Tätigkeit eines Anästhesiearztes in der Planung, Dokumentation und Nachbereitung einer Anästhesie bestehe.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag vom 27. September 2002 für 1997 bis 2000 und den Bescheid vom 12. März 2003 für 2001 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 12. Mai 2003 aufzuheben,
den geänderten Feststellungsbescheid vom 27. September 2002 für 1997 bis 2000 und den Bescheid vom 26. Februar 2003 für 2001 in der Fassung des geänderten Bescheides vom 28. März 2003 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 12. Mai 2003 dergestalt zu ändern, dass die seitens der Gesellschafterin im Hinblick auf das Zimmer in ihrem Wohnhaus geltend gemachten Kosten in voller Höhe abziehbar sind, und zwar
1997 in Höhe von insgesamt | 11.386,00 DM, |
1998 in Höhe von insgesamt | 9.399,00 DM, |
1999 in Höhe von insgesamt | 9.870,00 DM, |
2000 in Höhe von insgesamt | 9.150,00 DM, |
2001 in Höhe von insgesamt | 9.318,00 DM, |
sowie den Bescheid vom 26. Februar 2003 über den Beginn der Buchführungspflicht in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 12. Mai 2003 aufzuheben,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Ansicht ist die Klägerin zu einem erheblichen Teil nicht mehr wie selbstständige Freiberufler in einer klassischen Freiberufler-GbR tätig gewesen, sondern handelt es sich insgesamt um einen Gewerbebetrieb. Es fehle zum Teil an der persönlichen Arbeitsleistung des selbstständig Tätigwerdenden bzw. an der Eigenverantwortlichkeit. Eine solche könne nicht mehr angenommen werden, wenn eine angestellte Ärztin über den gesamten streitigen Zeitraum beschäftigt worden sei und im Zeitraum vom 1. Januar 1997 bis zum 31. August 1999 ein weiterer Mitarbeiter auf Honorarbasis mit einem Gehalt von 11.500 DM monatlich als freier Mitarbeiter angestellt bzw. seit Dezember 1999 ein Praxisassistent mit einem Monatsgehalt von 6.500 DM in der Klinik …, der Praxis der Klägerin und im Druckkammerzentrum tätig gewesen sei.
Der Beklagte ist weiter der Ansicht, dass aufgrund der angenommenen Gewerblichkeit der Einnahmen und deren Höhe sich die Buchführungspflicht aus § 141 AO ergebe.
Beim Arbeitszimmer im Wohnhaus der Gesellschafter der Klägerin handelt es sich nach Ansicht des Beklagten um ein häusliches Arbeitszimmer, das nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit dargestellt habe, da der Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit im Operationssaal gelegen habe. Für die Qualifizierung komme es nicht darauf an, ob der Raum eine Betriebsstätte im Sinne von § 12 AO sei. Die geltend gemachten Aufwendungen können daher nach seiner Auffassung nur in Höhe der Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG berücksichtigt werden.
Dem Gericht haben die Gewerbesteuer-, Feststellungs-, Betriebsprüfungs-, Bilanzakten sowie der Rechtsbehelfsvorgang vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Abgrenzung gewerblich / freiberuflich
Zu Recht sieht der Beklagte die Einkünfte der Klägerin als gewerblich an. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG ist ein Angehöriger eines freien Berufs auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient. Voraussetzung ist, dass er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Unter Leitung ist nach der Verkehrsauffassung die Festlegung der Grundzüge für die Organisation des Tätigkeitsbereichs und die Durchführung der Tätigkeiten, die Fällung von Entscheidungen in grundsätzlichen Fragen und Überwachung des Ablaufs der Tätigkeiten nach den festgelegten Grundregel zu verstehen. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofes – BFH – kommt es entscheidend darauf an, ob der Berufsträger tatsächlich in der Lage ist, die Verantwortung zu übernehmen (BFH, Urteil vom 25.10.63, IV R 373/60, BStBl. 1963 III 595). Weiter stellt der BFH in ständiger Rechtsprechung dar, dass nach dem Gesetzeswortlaut dem Tatbestandsmerkmal „eigenverantwortlich” gegenüber dem Tatbestandsmerkmal „leitend” eine selbstständige und ergänzende Bedeutung zukommt (vgl. BFH, Beschluss vom 07.10.87, X B 54/87, BStBl. 1988 II 17 m.w.N.). So genügt es nicht, dass der Berufsträger seinen Auftraggebern gegenüber die Verantwortung für die ordnungsgemäße Ausführung der Aufträge übernimmt und dass er durch Arbeitsplanung und Arbeitsverteilung, durch stichprobenweise Überprüfung, Erteilung von Ratschlägen, Entscheidung in Zweifelsfällen und durch Festlegung der Grundsätze für die Organisation des Tätigkeitsbereichs und der dienstlichen Aufsicht über die Mitarbeiter tätig wird. Vielmehr liegt eine eigenverantwortliche Tätigkeit nur dann vor, wenn die persönliche Teilnahme an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Gegenstand der eigenverantwortlichen Einflussnahme des Steuerpflichtigen ist die einzelne Dienstleistung, zu deren ordnungsgemäßer Ausführung er vor allem die fachliche Verantwortung trägt. Die fehlende Mitarbeit am einzelnen Auftrag muss auf Ausnahmen und Routinearbeiten oder Vertretungsfälle beschränkt bleiben. Überträgt der Berufsträger Aufgaben, die nicht lediglich einfacher oder mechanischer Art sind, auf qualifizierte Mitarbeiter, ist erforderlich, dass die Mitarbeiter nicht nur überwacht werden, sondern auch deren Tätigkeit als solche des Berufsträgers erkennbar ist. Die Grenze zum Gewerbebetrieb ist deshalb bereits dann überschritten, wenn der Steuerpflichtige sich nur noch um besonders wichtige oder besonders schwierige Aufträge selbst kümmert, die einfachen oder weniger bedeutsamen aber ganz seinen Mitarbeitern überlässt (vgl. BFH, Beschluss vom 07.10.87, … X B 54/87, BStBl. 1988 II 17, m.w.N.). Das Berufsbild des Arztes ist in besonderem Maße geprägt durch den persönlichen, individuellen Dienst am Patienten sowie hiermit korrespondierend durch die personale – nicht nur organisatorische – Zurechnung von rechtlicher und ethischer Verantwortung. Die spezifisch ärztliche Tätigkeit kann der Praxisinhaber grundsätzlich nur selbst durch persönlichen Arbeitseinsatz leisten, sie setzt zudem ein persönliches Vertrauensverhältnis zum Patienten voraus. Das eigenverantwortliche Handeln muss „den Stempel der Persönlichkeit” des Steuerpflichtigen tragen (vgl. BFH, Urteil vom 01.02.90, IV R 140/88, BStBl. 1990 II 507).
Eines der wesentlichen Tätigkeitsfelder eines Anästhesisten liegt in der Durchführung und Überwachung der Anästhesie während einer Operation. Hier wird es unter Umständen erforderlich, schnelle Entschlüsse zu fassen, die für das Leben der Patienten entscheidend sein können. Diese Entscheidungen können eigenverantwortlich nur durch den behandelnden Arzt getroffen werden. Soweit diese außerhalb der eigenen Praxis von einem Angestellten durchgeführt werden, kann nicht mehr von einer leitenden oder eigenverantwortlichen Tätigkeit des Praxisinhabers ausgegangen werden. Unabhängig von seiner eventuell vorbereitenden Tätigkeit kann er außerhalb seiner Praxis in Notfällen nicht eingreifen. Etwas anderes ergäbe sich unter Umständen dann, wenn die Anästhesien ausschließlich in den Praxisräumen durchgeführt würden und der Praxisinhaber im Notfall kurzfristig mit einbezogen werden oder eingreifen könnte. Dies ist hier nicht der Fall, da es sich um einen mobilen Anästhesiedienst handelt, bei dem auch außerhalb der Praxis der Klägerin sowohl in Praxen anderer Ärzte wie im Krankenhaus … Anästhesien durchgeführt worden sind.
Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung und den Darstellungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung war die angestellte Frau Dr. … mit einem Jahresbruttogehalt in Höhe von 76.845,84 DM hauptsächlich im mobilen Anästhesiedienst tätig und führte in verschiedenen Arzt- und Zahnarztpraxen Anästhesien durch. Damit war eine Überwachung oder eigenverantwortliche Leitung der Tätigkeiten für die Praxisinhaber nicht möglich.
Das gleiche gilt für den im Zeitraum vom 1. Januar 1997 bis zum 31. August 1999 auf Honorarbasis als freier Mitarbeiter angestellten Dr. …. Bei einem Gehalt von monatlich 11.000 DM kann davon ausgegangen werden, dass dieser Mitarbeiter als approbierter Arzt eigenständig und damit eigenverantwortlich Anästhesien durchgeführt hat und keine ständige Überwachung oder Mitarbeit der Praxisinhaber gegeben war. Insoweit ist zudem festzustellen, dass in den Klagebegründungen dieser Mitarbeiter nicht erwähnt wird. Dort wird ausschließlich auf den Arbeitsanteil in Höhe von 15 v.H. der angestellten Ärztin Dr. … verwiesen.
Weiter wurde vom 06. Dezember 1999 bis zum 05. Juni 2001 als Praxisassistent in der Klinik …, der Praxis der Klägerin und im Druckkammerzentrum gegen ein Gehalt von 6.500 DM monatlich Dr. … (andere Schreibweise …) als Angestellter beschäftigt. Nach der Genehmigung der Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten der Kassenärztlichen Vereinigung … vom 01. Dezember 1999 durfte die Beschäftigung des Assistenten nicht der Vergrößerung der Vertragspraxis dienen und setzte grundsätzlich die Anwesenheit des Praxisinhabers voraus. Für den Senat ist nicht erkennbar, wie eine ständige Kontrolle und Überwachung möglich gewesen sein soll, da auch dieser Arzt an anderen Orten tätig wurde und nicht vorgetragen wurde, dass die Praxisinhaber ebenfalls vor Ort waren.
Hinzu kommt, dass die Gesellschafter der Klägerin neben der anästhesiologischen Praxis noch ein Druckkammerzentrum am gleichen Ort betrieben haben. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Praxisinhaber nicht immer vor Ort oder in der Lage waren, alle Gespräche selbst zu führen bzw. Anästhesien durchzuführen oder zu überwachen. Vielmehr lag offenbar eine arbeitsteilige Arbeitsweise vor, die dem klassischen Berufsbild des eigenverantwortlichen Arztes entgegen steht.
Da es an der Eigenverantwortlichkeit fehlt, sind die gesetzlichen Voraussetzungen der Freiberuflichkeit nicht erfüllt, so dass von der Gewerblichkeit der Einkünfte auszugehen ist. Hieran ändert auch nichts, dass nach Angaben der Klägerin angeblich nur 15 % der Gesamttätigkeiten durch die Angestellte Dr. … verrichtet wurden. Welche Tätigkeiten im Einzelnen durch die weiteren Ärzte … und … erbracht wurden, hat die Klägerin nicht dargelegt. Ein Nachweis wurde nicht erbracht, obwohl bereits im Einspruchsbescheid der Anteil angezweifelt wurde. Der Senat geht daher davon aus, dass der Arbeitsanteil der angestellten Ärzte höher war, sieht aber aufgrund der bereits festgestellten fehlenden Eigenverantwortlichkeit der Praxisinhaber davon ab, hier weitere Ermittlungen vorzunehmen, da diese allenfalls den Schwerpunkt der Tätigkeit noch weiter in Richtung Gewerblichkeit verschieben würden. Der zeitliche Anteil und die Höhe der insoweit angefallenen Personalkosten sprechen gegen eine ausschließliche eigenverantwortliche und leitende Tätigkeit der Praxisinhaber.
2. Buchführungspflicht
Auch die Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach § 141 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 2 AO sind gewerbliche Unternehmer vom Beginn des Wirtschaftsjahres nach Bekanntgabe der Mitteilung buchführungspflichtig, wenn sie einen bestimmten Gewinn aus Gewerbebetrieb überschreiten. Mit der Feststellung des Vorliegens von gewerblichen Einkünften und aufgrund der Höhe der erzielten Gewinne ist die Klägerin ab 2004 buchführungspflichtig.
3. Häusliches Arbeitszimmer
Schließlich hat die Klage auch im dritten Streitpunkt keinen Erfolg.
Nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung den Gewinn nicht mindern. Dies gilt nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2.400 DM begrenzt. Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitzimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Ob das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung bildet, bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH danach, ob der Steuerpflichtige dort diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind (qualitativer Mittelpunkt). Dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers kommt im Rahmen dieser Würdigung lediglich eine indizielle Bedeutung zu. Auf der Grundlage dieses Verständnisses sind die gesetzlichen Voraussetzungen für einen unbeschränkten Werbungskostenabzug dann nicht erfüllt, wenn der qualitative Schwerpunkt einer Betätigung außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers liegt und wenn der Aufgabenbereich eines Steuerpflichtigen so vielfältig und gestreut ist, dass seine Betätigung keinem konkreten Mittelpunkt zugeordnet werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 23.05.06, VI R 21/03, DStZ 2006, 485, m.w.N.).
Die Klägerin stellt dar, dass die Tätigkeit eines Anästhesisten sich in verschiedene Bereiche aufgegliedert, bei denen nicht nur auf die Operation an sich abgestellt werden könne, sondern auch die gesamten Vorbereitungs- und Protokolltätigkeiten sowie Nachbereitung und Abrechnung zu berücksichtigen seien. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Vorbereitungsgespräche mit den Patienten und die diesbezügliche Anamnese nicht zu Hause, sondern entweder in der Praxis oder in der Klinik durchgeführt wurden. Nicht auszuschließen ist, dass im häuslichen Arbeitszimmer die vorhandenen Krankenakten und Arztberichte zur Vor- und Nachbereitung des Gespräches ausgewertet wurden. Ein qualitativer Schwerpunkt der Tätigkeit eines Anästhesisten liegt jedoch in der Durchführung beziehungsweise Begleitung von Operationen. Hier ist es seine Aufgabe, den Patienten zu anästhesieren, seine Vitalfunktionen laufend zu überwachen, die Narkose gegebenenfalls nachzusteuern und sämtliche Vorkommnisse genau zu protokollieren. Es erschließt sich dem Senat nicht, welche Protokolle im Nachhinein im häuslichen Arbeitszimmer zu erstellen sind bzw. erstellt werden können. Die Anfertigung von Krankenberichten, gegebenenfalls Mitteilungen an die behandelnden Ärzte bzw. gutachterliche Stellungnahme kann zwar im häuslichen Arbeitszimmer erfolgen. Der qualitative Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit wird insoweit jedoch nicht im häuslichen Arbeitszimmer, sondern in der Praxis oder in der Klinik erbracht. Daher liegt der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer und ein Abzug der Aufwendungen kommt – wie vom Beklagten im Rahmen der Betriebsprüfung vorgenommen – nur in Höhe des maximalen Abzugsbetrages von 2.400 DM/jährlich in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.