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  • 26.01.2011

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 09.11.2010 – 15 K 4439/06 U

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Streitig ist, ob die Umsätze der Klägerin in den Streitjahren 2001 bis 2003 der Umsatzsteuer (USt) unterliegen.

    Die Klägerin ist Dipl. Sozialarbeiterin und seit ... im Besitz der vom Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten e.V. (DKThR) vergebenen Lizenz „Heilpädagogisches Reiten und Voltigieren”. In den Streitjahren betrieb sie in E eine Praxis für Heilpädagogisches Reiten und Voltigieren, in der Kinder mit Entwicklungsdefiziten gefördert wurden. Darüber hinaus war die Klägerin noch als Referentin des DKThR tätig. Über eine Kassenzulassung nach § 124 des Sozialgesetzbuches (SGB) V verfügte die Klägerin in den Streitjahren nicht.

    USt-Erklärungen für die Streitjahre gab die Klägerin nicht ab.

    Ab dem 25.07.2005 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. In dem darüber gefertigten Bericht vom 29.07.2005 gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die Umsätze der Klägerin in vollem Umfang der USt unterlägen. Heilpädagogisches Reiten werde von der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) nicht erfasst, da es sich um eine Tätigkeit handele, deren Kosten von den Sozialversicherungsträgern nur in Einzelfällen übernommen würden. Auch die Umsätze aus der Dozententätigkeit seien umsatzsteuerpflichtig. Dies gelte unabhängig davon, ob die Praxisumsätze der USt unterlägen.

    Im Einzelnen stellte der Prüfer in den Streitjahren folgende Umsätze (brutto) fest:

    200120022003
    Umsätze Therapeutisches Reiten52.169,60 DM38.048,19 EUR35.589,96 EUR
    davon mit Jugend- bzw. Sozialämtern abgerechnet62,12 %54,32 %33,72 %
    Umsätze Dozententätigkeit4.499,20 DM6.330,28 EUR6.645,60 EUR
    Kfz-Verkauf12.000,- DM--
    Sonstige Einnahmen (7 %)--290,- EUR


    Der Beklagte erließ am 25.10.2005 auf Grundlage der Prüfungsfeststellungen USt-Bescheide für die Streitjahre. Dabei wurde die USt für 2001 auf 2.959,36 EUR, für 2002 auf 4.673,49 EUR und für 2003 auf 4.679,73 EUR festgesetzt.

    Die Klägerin legte gegen diese Bescheide mit Schreiben vom 21.11.2005 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus: § 4 Nr. 14 UStG erfasse entgegen der Auffassung des Beklagten auch die Umsätze einer selbständigen Heilpädagogin. Darüber hinaus sei sie als Einrichtung mit sozialem Charakter anzusehen und könne sich daher unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Die notwendige Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter ergebe sich daraus, dass die Kosten der heilpädagogischen Leistungen in den Streitjahren überwiegend von den Sozialund Jugendämtern und zu einem geringen Teil auch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen worden seien. Von der in der Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit, die Steuerbefreiung von weiteren Bedingungen abhängig zu machen, habe der deutsche Gesetzgeber in den Streitjahren keinen Gebrauch gemacht.

    Der Beklagte wies den Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 18.09.2006 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus: Die Umsätze der Klägerin würden nicht von § 4 Nr. 14 UStG erfasst. Therapeutisches Reiten stelle keine „ähnliche heilberufliche Tätigkeit” dar, da es mit keinem der Katalogberufe vergleichbar sei. Auch würden die Kosten der Patienten entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht überwiegend von Jugend- und Sozialämtern getragen. Es werde vielmehr vornehmlich privat abgerechnet. Auch die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Steuerbefreiungen für Einrichtungen mit sozialem Charakter seien im Streitfall nicht anwendbar. Die Anerkennung der Praxis durch das DKThR sei nur privater Natur und mit einer Kassenzulassung nicht vergleichbar. Auch von einer nichtförmlichen Anerkennung durch die Sozialversicherungsträger könne nicht ausgegangen werden, da die Kosten der Therapie nicht generell, sondern nur in Ausnahmefällen übernommen würden.

    Am 18.10.2006 hat die Klägerin daraufhin die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus: In den Streitjahren habe sie mit dem therapeutischen Reiten medizinisch indizierte Leistungen erbracht, die überwiegend ärztlich angeordnet worden seien. Die von ihr ausgeübte Tätigkeit sei daher als Heilhilfsberuf anzusehen und insoweit mit anderen Katalogberufen vergleichbar. Darüber hinaus könne sie sich auch auf § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b UStG berufen, da diese Vorschrift schon ihrem Wortlaut nach Vergütungen erfasse, die von den Trägern der Jugendhilfe an Leistungserbringer gezahlt werde. Auch aus Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 77/388/EWG ergebe sich die Steuerfreiheit der von ihr ausgeübten Tätigkeit. Sie - die Klägerin - erbringe Leistungen im Sinne des § 35a SGB VII, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden seien. Aufgrund ihrer vertraglichen Beziehungen mit den die Kosten übernehmenden Jugendämtern könne sie sich auch selbst als Einrichtung mit sozialem Charakter verstehen. Soweit die heilpädagogischen Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe gegenüber noch nicht eingeschulten Kindern erbracht worden seien, ergebe sich die Steuerfreiheit der Umsätze auch aus § 4 Nr. 16 Buchst. c. UStG. Die Umsätze aus der Dozententätigkeit seien nach § 4 Nr. 21 ff. UStG ebenfalls steuerfrei zu belassen.

    Die Klägerin beantragt,

    die USt-Bescheide für 2001 bis 2003 vom 25.10.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.09.2006 zu ändern und die USt auf 0 Euro festzusetzen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung führt der Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens aus: Die Umsätze der Klägerin würden nicht von § 4 Nr. 14 UStG erfasst, da die von ihr erbrachten Leistungen nicht ausschließlich medizinisch indiziert seien. So habe die Klägerin nur in fünf Fällen ärztliche Verordnungen vorlegen können. Auch die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 25 Buchst. b UStG seien nicht erfüllt, da diese Vorschrift nur die in § 4 Nr. 25 Buchst. a UStG genannten Leistungen im Zusammenhang mit Lehrgängen, Zeltlagern etc. erfasse. Auch als Einrichtung mit sozialem Charakter im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 77/388/EWG sei die Klägerin nicht anzusehen. Den vorgelegten Unterlagen könne nicht entnommen werden, dass die Klägerin auf vertraglicher Grundlage für Sozial- oder Jugendämter tätig geworden sei. Zudem sei nicht feststellbar, ob die mit den Sozial- und Jugendämtern abgerechneten Leistungen tatsächlich im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VII erfolgt seien.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

    Die Klage ist unbegründet.

    Die angefochtenen USt-Bescheide für 2001 bis 2003 vom 25.10.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.09.2006 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO-). Der Beklagte hat die Umsätze der Klägerin zu Recht in vollem Umfang der USt unterworfen.

    1.

    Die Umsätze der Klägerin aus der Praxis für Heilpädagogisches Reiten und Voltigieren unterfallen nicht der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 UStG.

    Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Krankengymnast, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei. Diese Vorschrift beruht gemeinschaftsrecht-lich auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG, wonach „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden”, steuerfrei sind. Der Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 14 UStG setzt daher bei richtlinienkonformer Auslegung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der der Senat folgt, voraus, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringt und dass der Unternehmer die dafür erforderliche Qualifikation besitzt (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Urteile vom 30. April 2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl II 2009, 679 und vom 30. Januar 2008 XI R 53/06, BFHE 221, 399, BStBl II 2008, 647, jeweils mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des BFH und des Europäischen Gerichtshofs -EuGH-).

    Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin dienen der Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Sie müssen einen therapeutischen Zweck haben. Zu den Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gehören auch Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht werden, wie vorbeugende Untersuchungen und ärztliche Maßnahmen an Personen, die an keiner Krankheit oder Gesundheitsstörung leiden, sowie Leistungen, die zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden. Keine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin sind demgegenüber „ärztliche Leistungen”, „Maßnahmen” oder „medizinische Eingriffe”, die zu anderen Zwecken erfolgen (vgl. BFH-Urteil vom 30. April 2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl II 2009, 679 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des BFH und des EuGH).

    Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin Heilbehandlungen im vorgenannten Sinne erbracht hat, da die Praxisumsätze schon deshalb nicht steuerbefreit sind, weil es der Klägerin an der für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG erforderlichen Berufsqualifikation fehlt.

    Die Definition der ärztlichen oder arztähnlichen Berufe obliegt nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG den Mitgliedstaaten. Von der beruflichen Befähigung ist deshalb grundsätzlich auszugehen, wenn der Unternehmer die Voraussetzungen einer berufsrechtlichen Regelung erfüllt, die mit einem der in § 18 EStG ausdrücklich genannten Heilberufe vergleichbar ist (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 23. August 2007 V R 34/02, BFHE 208, 65, BStBl II 2005, 316). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Das Heilpädagogische Reiten und Voltigieren war in den Streitjahren berufsrechtlich nicht geregelt. Insbesondere war der Erwerb der vom DKThR vergebenen Lizenz „Heilpädagogisches Reiten und Voltigieren” keine notwendige Voraussetzung, um die von der Klägerin in ihrer Praxis angebotenen Leistungen erbringen zu dürfen.

    Der Nachweis der beruflichen Befähigung hängt allerdings nicht ausschließlich von einer berufsrechtlichen Regelung und deren Erfüllung ab. Entsprechend dem Zweck der Regelung, die Sozialversicherungsträger von der USt zu entlasten, kann grundsätzlich vom Vorliegen des Befähigungsnachweises ausgegangen werden, wenn die heilberuflichen Leistungen des Unternehmers in der Regel von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden (vgl. u.a. BFHUrteil vom 30. Januar 2008 XI R 53/06, BFHE 221, 399, BStBl II 2008, 647). Grundlage hierfür ist in erster Linie eine Zulassung des jeweiligen Unternehmers oder die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe gemäß § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Sozialversicherung (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 23. August 2007 V R 34/02, BFHE 208, 65, BStBl II 2005, 316). Daran fehlt es im Streitfall jedoch. Die Klägerin ist von den gesetzlichen Krankenkassen nicht nach § 124 Abs. 2 SGB V als Leistungserbringerin zugelassen worden. Eine regelmäßige Zulassung ihrer Berufsgruppe hat die Klägerin nicht dargetan und ist für den Senat auch sonst nicht ersichtlich. In den Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach § 124 Abs. 2 SGB V (Fassung vom 18.10.2010 abrufbar unter: http://www.gkv-spitzenverband.de/upload/10-10-18_- _Endfassung_14701.pdf) werden aus der Gruppe der Heilpädagogen nur die Sprachheilpädagogen als zulassungsfähige Berufsgruppe aufgeführt (Tz. 1.1.4 und 1.1.6 im Bereich Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie). Im Bereich „Beschäftigungs- und Arbeitstherapie”, dem auch die Tätigkeit der Klägerin am ehesten zuzuordnen ist, werden Heilpädagogen sogar ausdrücklich als nicht zulassungsfähige Berufsgruppe genannt (Tz. 1.2.7). Auch Sozialarbeiter werden in den Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes ausschließlich als nicht zulassungsfähige Berufsgruppe erwähnt (Tz. 1.2.3, 1.2.9). Diese Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes betreffen zwar nicht unmittelbar die Streitjahre, doch liegen keine Anhaltspunkte vor, dass sich die Zulassungsempfehlungen seit den Streitjahren zum Nachteil der Berufsgruppe der Klägerin geändert haben (vgl. zu den nach § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V zulassungsfähigen Berufsgruppen Butzer in Becker/Kingreen, SGB V, § 124 Rz. 7).

    Neben der Zulassung kann Indiz für einen entsprechenden beruflichen Befähigungsnachweis sein, dass die betreffenden Leistungen in den durch die Heilmittel- und Hilfsmittelrichtlinien gemäß § 92 SGB V konkretisierten Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (Heilmittelkatalog) aufgenommen worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 11. November 2004 V R 34/02 BFHE 208, 65, BStBl II 2005, 316). Auch dies war hier jedoch nicht der Fall. Das von der Klägerin in den Streitjahren durchgeführte Heilpädagogische Reiten ist von den gesetzlichen Krankenkassen bislang nicht als verordnungsfähiges Heilmittel anerkannt worden (vgl. hierzu auch Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27. August 2009 L 9 SO 5/08, juris; VG Aachen, Urteil vom 21. Juni 2006 6 K 103/04, juris). Dass die Nichtaufnahme des Heilpädagogischen Reitens in den Heilmittelkatalog fehlerhaft erfolgt und somit nur auf ein „Systemversagen” zurückzuführen ist (vgl. zum „Systemversagen: Bundesozialgericht, Urteile vom 22. März 2005 B 1 A 1/03 R, BSGE 94, 221 und vom 19. März 2002 B 1 KR 36 /00 R, juris, zur Hippotherapie), hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich (vgl. hierzu VG Aachen, Urteil vom 21. Juni 2006 6 K 103/04, juris).

    Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG kommt schließlich auch dann in Betracht, wenn eine Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung auf Grund eines Versorgungsvertrages gemäß §§ 11 Abs. 2, 23 Abs. 4, 40, 111 SGB V mit Hilfe von Fachkräften Leistungen zur medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation erbringt. In diesem Fall sind regelmäßig sowohl die Leistungen der Einrichtung als auch die Leistungen der hierzu nach Maßgabe des Versorgungs- oder Rehabilitationsvertrages qualifizierten Fachkräfte an diese Einrichtung steuerfrei (vgl. BFH-Urteil vom 10. März 2005 V R 54/04, BFHE 210, 151, BStBl II 2005, 669). Im Streitfall sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür feststellbar, dass die Klägerin zumindest einen Teil ihrer Leistungen im Rahmen eines Versorgungsvertrages im Sinne des § 111 SGB V erbracht hat.

    2.

    Auch die Voraussetzungen des § 4 Nr. 25 Buchst. b UStG liegen entgegen der Auffassung der Klägerin im Streitfall nicht vor. Diese Vorschrift erfasst in der in den Streitjahren geltenden Fassung ausschließlich Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe und förderungswürdigen Trägern der freien Jugendhilfe. Die Klägerin gehörte in den Streitjahren jedoch nicht zu den Trägern der Jugendhilfe. Dies wäre ohnehin nur im Fall einer gemeinnützigen Tätigkeit denkbar (vgl. § 74 f. SGB VIII). Im Übrigen hat die Klägerin in ihrer Praxis auch keine der in der Vorschrift abschließend aufgezählten Leistungen erbracht.

    Auf § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b UStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20.12.2007 (BGBl. I 2007, 3150), wonach Leistungen, die von den Trägern der Jugendhilfe vergütet werden, unter bestimmten Bedingungen steuerfrei sind, kann sich die Klägerin in den Streitjahren nicht berufen, da die Neufassung der Vorschrift nur auf Leistungen Anwendung findet, die nach dem 31.12.2007 erbracht wurden (Art. 28 Abs. 4 Jahressteuergesetz 2008, vgl. zum Inkrafttreten auch Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 2. Juli 2008, BStBl. I 2008, 690).

    3.

    Die von der Klägerin ebenfalls angeführte Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG greift im Streitfall schon deshalb nicht ein, weil die Klägerin keine Einrichtung ärzt-licher Heilbehandlung, Diagnostik oder Befunderhebung ist.

    4.

    Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g oder Buchst. h der Richtlinie 77/388/EWG berufen.

    Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g bzw. h der Richtlinie 77/388/EWG sind die Mit-gliedstaaten verpflichtet, u.a. „die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit (bzw. der Kinder- und Jugendbetreuung) verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen” von der USt zu befreien.

    Diese von der Klägerin angeführten Vorschriften der Richtlinie 77/388/EWG sind in den Streitjahren zwar grundsätzlich unmittelbar anwendbar, da der deutsche Gesetzgeber sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt hatte (BFH-Urteile in BFHE 223, 381, BFH/NV 2009, 516; vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634, m.w.N.), doch liegen die Voraussetzungen der Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und Buchst. h der Richtlinie 77/388/EWG im Streitfall nicht vor. Die Klägerin ist keine von einem Mitgliedstaat anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter.

    Ein Steuerpflichtiger kann die Eigenschaft als Einrichtung mit sozialem Charakter nicht schon dadurch erlangen, dass er sich auf diese Bestimmung beruft. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 77/388/EWG räumen den Mitgliedsstaaten ein Ermessen in der Frage ein, ob sie bestimmten Einrichtungen sozialen Charakter zuerkennen. Es ist daher Sache der jeweiligen nationalen Behörden, nach dem Gemeinschaftsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte, insbesondere unter Berücksichtigung der Praxis der zuständigen Verwaltung in ähnlichen Fällen zu bestimmen, welche Einrichtungen als Einrichtungen mit sozialem Charakter i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g oder h der Richtlinie 77/388/EWG anzuerkennen sind (vgl. EuGH-Urteil Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd., BFH/NV Beilage 2005, 310, UR 2005, 453 Rn. 53 ff., m.w.N.; BFH-Urteile vom 22. April 2004 V R 1/98, BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849 und vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428; BStBl II 2008, 634). Hierzu bedarf es zwar - wie die Klägerin zu Recht hervorhebt - nicht zwingend einer förmlichen Entscheidung. Nach der Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, setzt eine Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter jedoch zumindest voraus, dass eine unmittelbare vertragliche - Inhalt, Umfang sowie Verantwortung für die vertragsgemäße Durchführung konkretisierende - Beziehung zwischen dem die Einrichtung anerkennenden Mitgliedstaat (bzw. einer seiner Untergliederungen) und dem die Einrichtung betreibenden Unternehmer besteht (BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428; BStBl II 2008, 634).

    Im Streitfall kann der Senat nicht feststellen, dass die Klägerin diese Voraussetzungen erfüllt. Trotz mehrfacher Aufforderung wurden im Klageverfahren keine Unterlagen vorgelegt, aus denen sich konkrete Anhaltspunkte ergeben, dass die Klägerin in den Streitjahren derartige vertragliche Beziehungen mit einem der Mitgliedstaaten oder seinen Untergliederungen (Sozialversicherungsträger, Gemeinden) unterhielt. Auch die beiden eingereichten Schreiben der Stadt E vom 01.06.1993 und vom 26.05.2008 sind insoweit unergiebig. In diesen Schreiben wird der Klägerin nur abstrakt bestätigt, dass die Kosten für Heilpädagogisches Reiten im Einzelfall - nach Prüfung der Leistungsvoraussetzungen - im Rahmen der Jugendhilfe übernommen werden können. Eine vertragliche Regelung mit der Stadt E enthalten die Schreiben jedoch nicht. Auch den von der Klägerin vorgelegten Rechnungen, mit denen sie nach eigenem Vorbringen gegenüber verschiedenen Jugend- und Sozialämtern abgerechnet hat, kann nicht entnommen werden, dass den abgerechneten Leistungen jeweils vertragliche Beziehungen mit den betreffenden Städten oder Gemeinden zu Grunde lagen. Es ist ebenso denkbar, dass die Klägerin zunächst im Auftrag von Eltern oder eines freien Trägers der Jugendhilfe (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428; BStBl II 2008, 634) tätig geworden ist und nur die abschließende Abrechnung der Leistungen mit den Sozial- oder Jugendämtern erfolgte. Dies genügt jedoch nicht, um als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt zu werden. Dass der Gesetzgeber seit dem 1. Januar 2008 nunmehr die Steuerbefreiung ausdrücklich auch auf Personen erstreckt, deren Leistungen von den in § 4 Nr. 25 Buchst. a UStG n.F. bezeichneten Einrichtungen vergütet werden, rechtfertigt - entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung - für zurückliegende Zeiträume keine andere Beurteilung (BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428; BStBl II 2008, 634). Auch der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer gebietet es nicht, rechtlich unterschiedlich ausgestaltete Beziehungen umsatzsteuerlich gleich zu behandeln.

    5.

    Die Umsätze aus der Dozententätigkeit für den DKThR unterliegen ebenfalls der USt. Die in den § 4 Nr. 21 ff. UStG geregelten Befreiungstatbestände, auf die sich die Klägerin beruft, sind im Streitfall nicht anwendbar.

    Die §§ 4 Nr. 21a und 4 Nr. 22 UStG betreffen ausschließlich Umsätze von Hochschulen und anderen öffentlich-rechtlichen oder gemeinnützigen Trägern von Bildungseinrichtungen. Selbständig tätige Dozenten fallen nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschriften.

    § 4 Nr. 21 b UStG erfasst zwar grundsätzlich auch Unterrichtsleistungen, die von selb-ständigen Lehrern an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen erbracht werden, jedoch ist materiellrechtliche Voraussetzung für eine Steuerbefreiung, dass der betreffende Unternehmer eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vorlegt, in der diese bestätigt, dass der erteilte Unterricht ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet (BFH-Urteil vom 17. April 2008 V R 58/05, BFHE 221, 489). Dass der Klägerin eine solche Bescheinigung erteilt worden ist, lässt sich ihrem Vorbringen nicht entnehmen und ist für den Senat auch sonst nicht ersicht-lich. Es kann daher dahinstehen, ob der DKThR als Bildungseinrichtung im Sinne des § 4 Nr. 21 UStG anzusehen ist.

    6.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Zulassung der Revision folgt aus § 115 Abs. 2 FGO.

    VorschriftenUStG § 4 Nr. 14, RL 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h