11.04.2012
Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 15.12.2011 – 2 K 412/08
1. Liegen die Einnahmen, die einer Rechtsanwalts-GbR in Gestalt der Vergütungen des bei ihr angestellten Rechtsanwalts für dessen Tätigkeit als Treuhänder, (vorläufiger) Insolvenzverwalter und Gutachter in Insolvenzverfahren zugeflossen sind, nicht nur unter der maßgeblichen Freibetragsgrenze nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG, sondern beträgt der Anteil an den Gesamtumsätzen maximal 2,71 v. H., so dass die Bagatellgrenze nicht überschritten ist, greift die umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 GewStG nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht ein (Anschluss an BFH v. 11.8.1999, XI R 12/98, BStBl II 2000, 229).
2. Eine Rechtsanwalts-GbR übt keine gewerbliche Tätigkeit aus, soweit einer der beteiligten Rechtsanwälte als Insolvenzverwalter oder Treuhänder in Insolvenzverfahren trotz qualifizierter Mitarbeiter leitend und eigenverantwortlich tätig wird und seinen Pflichten höchstpersönlich nachkommt. Das ist der Fall, wenn der Rechtsanwalt seine zentralen Aufgaben als Insolvenzverwalter, etwa seine Berichtspflicht gegenüber den Insolvenzgerichten, der Gläubigerversammlung und dem Gläubigerausschuss, seiner Pflicht zur Erstellung eines Insolvenzplans oder zur Schlussrechnungslegung selbst nachkommt.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 2. Senat des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der mündlichen Verhandlung vom … 15. Dezember 2011 durch …
für Recht erkannt:
Abweichend von den geänderten Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2002, 2003 und 2004 vom 19. März 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07. November 2008 werden die darin festgestellten Einkünfte der Klägerin als solche aus selbstständiger Arbeit festgestellt.
Die Bescheide für 2002, 2003 und 2004 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 19. März 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07. November 2008 werden aufgehoben.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 132.544,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin in den Streitjahren Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder gewerbliche Einkünfte erzielt hat.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Ihre Gesellschafter – und zugleich auch Gesellschafter ihrer Prozessbevollmächtigten – sind die Rechtsanwälte G. und C. H., Dr. R, B., R., D. und Dr. W. Ausweislich des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung vom 09. Januar 2006 wurde die Klägerin zum 01. Mai 2002 gegründet. Sie war in den Streitjahren auch auf dem Gebiet der Insolvenzverwaltung tätig. Die Klägerin hat ihren Gewinn in den Streitjahren nach dem Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG – ermittelt.
Nach Eingang der Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für die Streitjahre 2002 und 2003 stellte der Beklagte die Einkünfte der Klägerin mit Bescheiden vom 07. Juli 2005 zunächst erklärungsgemäß unter Vorbehalt der Nachprüfung als Einkünfte aus selbständiger Arbeit gesondert und einheitlich fest. Die Feststellungsbescheide wurden in der Folgezeit hinsichtlich der Höhe, nicht aber der Art der festgestellten Einkünfte unter dem 28. Dezember 2005 und 21. April 2006 geändert. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen. Mit Bescheid vom 20. September 2006 stellte der Beklagte auch für das Streitjahr 2004 Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit unter Vorbehalt der Nachprüfung gesondert und einheitlich fest. Nach Eingang der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Grundlagen für die Einkommensteuer wurde auch dieser Bescheid unter dem 10. Mai 2007 nur hinsichtlich der Höhe, nicht aber der Art der festgestellten Einkünfte geändert. Auch insoweit blieb der Vorbehalt der Nachprüfung bestehen.
In der Zeit vom 01. August 2007 bis zum 08. Februar 2008 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, deren Gegenstand sich auch auf die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen aus selbständiger Arbeit und die Gewerbesteuer für die drei Streitjahre erstreckte. Unter anderem sollte geprüft werden, ob die Klägerin gewebesteuerpflichtig ist.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2007 nahm die Klägerin zur Tätigkeit ihrer Gesellschafter, der bei ihr angestellten Rechtsanwälte und weiteren Angestellten Stellung. Hiernach war ihr Gesellschafter R. Fachanwalt für Insolvenzrecht und wurde im streitbefangenen Zeitraum regelmäßig zum Insolvenzverwalter oder Treuhänder in Insolvenzverfahren bestellt. Von ihm seien in den Jahren 2002, 2003 und 2004 1, 31 bzw. 20 Firmeninsolvenzen und 1, 19 bzw. 21 Verbraucherinsolvenzen abgewickelt worden. Zu ihren weiteren Gesellschaftern C. und G. H., Dr. R. und Dr. W. trug sie vor, wie diese Rechtsanwalt R. bei der Abwicklung von Insolvenzverfahren unter anderem bei Spezial- und Steuerfragen unterstützt hätten. Weiter nahm sie Stellung zur Tätigkeit der drei bei ihr angestellten Rechtsanwälte sowie weiterer bei ihr angestellter Mitarbeiter und zweier gelegentlich von ihr beauftragter externer Dienstleister. Zu Rechtsanwalt E. trug sie vor, dieser habe keine Zusatzqualifikation besessen, sei jedoch als Treuhänder tätig gewesen und als solcher vom Amtsgericht auch bestellt worden. Rechtsanwalt E. habe in den Jahren 2002 bis 2004 keine Firmeninsolvenzen, aber 17, 25 bzw. 38 Verbraucherinsolvenzen abgewickelt. Darüber hinaus habe er Prozesstermine in Mandatsangelegenheiten wahrgenommen. Rechtsanwalt E. – so die Klägerin weiter – sei „Mitunternehmer mit Personalkompetenz für R. Er stehe auf dem Briefbogen und hafte demzufolge als Außensozius. Ferner habe er eine Umsatzbeteiligung”. Zu den Rechtsanwälten K. und S. trug sie vor, diese hätten über keine Zusatzqualifikation verfügt, seien nicht als Insolvenzverwalter oder Treuhänder tätig gewesen und hätten auch keine Firmen- oder Verbraucherinsolvenzen abgewickelt. Sie hätten Klagen für den Forderungseinzug vorbereitet und Gerichtstermine in Prozessen wahrgenommen. Rechtsanwalt S. habe in einzelnen Fällen auch Anfechtungsansprüche geprüft und Haftungsklagen gegen Geschäftsführer vorbereitet.
Die Außenprüfung führte für alle drei Streitjahre zu abweichenden Feststellungen hinsichtlich der Höhe der von der Klägerin erklärten Nettoerlöse und Gewinne. Hiernach betrugen die Nettoerlöse der Klägerin und ihre Gewinne
Nettoerlöse | Gewinn | |
2002 | 307.238,64 EUR | |
120.821,86 EUR | ||
2003 | 847.721,26 EUR | |
528.358,98 EUR | ||
2004 | 787.211,34 EUR | |
410.537,82 EUR |
Der Beklagte folgte den Feststellungen seines Prüfers und stellte die von ihm ermittelten Einkünfte der Klägerin – die der Höhe nach unstreitig sind – mit nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO – geänderten Bescheiden vom 19. März 2008 für die drei Streitjahre als Einkünfte aus Gewebebetrieb fest. Ebenfalls mit Bescheiden vom 19. März 2008 setzte der Beklagte den Gewerbsteuermessbetrag für die drei Streitjahre fest.
Den hiergegen form- und fristgerecht eingelegten aber nicht weiter begründeten Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 07. November 2008 im Wesentlichen aus den Gründen, wie sie sich aus dem Bericht über die Außenprüfung ergeben, als unbegründet zurück.
Hiergegen wendet die Klägerin sich mit ihrer form- und fristgerecht erhobenen Klage. Sie wendet ein, dass der Beklagte sich mit den von ihr vorgetragenen Gründen nicht hinreichend auseinandergesetzt und dass er den Sachverhalt falsch festgestellt habe. Die Zahl ihrer Mitarbeiter sei für den mehrjährigen Zeitraum nur zusammengefasst worden. Dabei sei nicht berücksichtigt worden, dass einige Mitarbeiter in diesem Zeitraum wieder ausgeschieden seien. Weiter macht sie geltend, dass nicht die Sozietät, sondern jeweils einer ihrer Partner Insolvenzverwalter sei. Rechtsanwalt R. übe die Insolvenzverwaltung eigenverantwortlich und selbständig aus. Gleiches gelte für Rechtsanwalt E., dem der Beklagte zu Unrecht die Mitunternehmereigenschaft abgesprochen habe. Beide Verwalter würden nach Eingang einer Insolvenzakte die von ihnen jeweils angeordneten Maßnahmen veranlassen und überwachen, den Schriftverkehr mit dem Schuldner führen, die Berichte fertigen, die Gerichtstermine wahrnehmen und die Verwertung der Vermögensgegenstände durchführen.
Unter Hinweis auf die nunmehr geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes – BFH – vertritt die Klägerin die Ansicht, dass die in ihrem kleinen und übersichtlichen Büro in R. ausgeübte Tätigkeit nicht gewerblich sei. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die von Rechtsanwalt E. erzielten Umsätze unterhalb einer Bagatellgrenze von 3 % der Kanzleiumsätze lägen. Nachdem sie mit Schreiben vom 14. September 2011 aufgefordert worden war, nach den Streitjahren geordnet die Umsatzerlöse, die ihr aus der Tätigkeit von Rechtsanwalt E. als Insolvenzverwalter zugeflossen seien, zu beziffern und durch Vorlage geeigneter Belege nachzuweisen, hat sie unter Vorlage diverser Vergütungsbeschlüsse des Amtsgerichts zunächst drei Listen vorgelegt, mit denen sie die Vergütung aus 5, 13 bzw. 30 sogenannten IK-Verfahren (Verbraucherinsolvenzverfahren) – den Streitjahren allerdings nicht nach dem Jahr des Zuflusses zugeordnet – mit netto 1.743,68 EUR (2002), 5.276,19 EUR (2003) und netto 23.285,00 EUR (2004) beziffert hat. Wegen der Einzelheiten wird auf die drei Listen (Bl. 196, Bl. 205 und Bl. 226 der Gerichtsakte) und die ihnen jeweils nachfolgenden Vergütungsbeschlüsse Bezug genommen. Nach Hinweis darauf, dass die drei Listen im Widerspruch zu ihren Angaben in ihrem Schreiben vom 31. Oktober 2007 stünden, weil die Zahl der von Rechtsanwalt E. abgewickelten Verbraucherinsolvenzen dort mit 17 (2002), 25 (2003) und 38 (2004) Verfahren angegeben worden sei, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 10. November 2011 weitere Listen vorgelegt, die sie aus ihrem Kanzleiprogramm herausgefiltert habe und die die sog. IK- und IN-Verfahren wiedergäben, in denen Rechtsanwalt E. als Treuhänder bzw. in von ihr so genannten „verkappten Verbraucherinsolvenzen” als Verwalter bestellt worden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Listen (Bl. 300 ff. bzw. Bl. 305, 307, 309) Bezug genommen. Beigefügt waren diesem Schriftsatz zudem Listen, mit denen die Klägerin die Vergütung aus 6, 11 bzw. 8 sog. IN-Verfahren – ebenfalls nicht nach dem Jahr des Zuflusses zugeordnet – für die drei Streitjahre mit 11.932,83 EUR (2002), 10.370,24 EUR (2003) und 24.473,47 EUR (2004) beziffert hat. Schließlich hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 05. Dezember 2011 eine weiterer Liste vorgelegt, mit der sie ihre Einnahmen aus der Tätigkeit Rechtsanwalt E. als Treuhänder oder Insolvenzverwalter – nunmehr nach dem Jahr des Zuflusses zugeordnet – mit netto 287,50 EUR (2002), 15.358,52 EUR (2003) und 21.065,42 EUR (2004) beziffert hat. Hierzu trägt sie weiter vor, Rechtsanwalt E. sei in den Streitjahren 01. Mai 2002 bis 31. Dezember 2004 unter anderem, d. h. neben seiner anwaltlichen Tätigkeit, als Treuhänder und als Insolvenzverwalter natürlicher Personen in sog. Stundungsverfahren eingesetzt worden. Auch aus der nunmehr vorgelegten Aufstellung, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 338, 339 der Gerichtsakte), könne man entnehmen, dass die Einnahmen, die sie aus diesen Verfahren erzielt habe, jeweils unterhalb von 3 % ihrer Umsätze gelegen hätten. Mit Schriftsatz vom 08. Dezember 2011 hat sie ergänzend angegeben, ob diese Einnahmen aus der Tätigkeit Rechtsanwalt E. als Treuhänder in Insolvenzverfahren (TH), Treuhänder in der Wohlverhaltesphase (TH WVP), Gutachter in Insolvenzverfahren (GA), vorläufiger Insolvenzverwalter (vorl. IV) oder Insolvenzverwalter (IV) erzielt worden seien (Bl. 346, 347 der Gerichtsakte). Hiernach beliefen sich ihre Einnahmen aus diesen Tätigkeiten in den Streitjahren 2002 bis 2004 – nach dem Jahr des Zuflusses zugeordnet – auf nachfolgende Beträge:
TH | TH WVP | GA | vorl. IV | IV | |
2002 | 287,50 EUR | 0,00 EUR | 0,00 EUR | 0,00 EUR | 0,00 EUR |
2003 | 3.435,42 EUR | 0,00 EUR | 727,93 EUR | 0,00 EUR | 11.195,17 EUR |
2004 | 5.320,74 EUR | 400,00 EUR | 2.988,20 EUR | 1.431,18 EUR | 10.925,30 EUR |
abweichend von den geänderten Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2002, 2003 und 2004 vom 19. März 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07. November 2008 die Einkünfte der Klägerin als solche aus selbständiger Arbeit festzustellen sowie
die Bescheide für 2002, 2003 und 2004 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 19. März 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07. November 2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte hat zunächst auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung Bezug genommen und ergänzend darauf hingewiesen, dass die Klägerin nach den während der Außenprüfung vorgelegten Lohnjournalen in der Zeit vom 01. Mai 2002 bis zum 31. Dezember 2004 neben den drei bereits benannten Rechtsanwälten bis zu sieben Gehilfen beschäftigt habe und Herr J. (Unternehmensberatung) und Frau T. (Lohnbuchhaltung) externe Dienstleistungen für sie ausgeführt hätten. Im Übrigen stelle er nicht in Abrede, dass die Insolvenzverwalter dem Grunde nach nicht die Sozietät, sondern die Partner seien, die sich zu einer Sozietät zusammengeschlossen hätten. Im Streitfall seien höchstpersönliche Aufgaben eines Insolvenzverwalters jedoch mindestens von einem bei ihr angestellten Rechtsanwalt wahrgenommen worden.
Nachdem der Bundesfinanzhof im Dezember 2010 die sog. Vervielfältigungstheorie aufgegeben hat, hält auch der Beklagte an dieser nicht mehr fest. Unter Hinweis auf die Gründe der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs vom 15. Dezember 2010 (VIII R 50/09) und 26. Januar 2011 (VIII R 3/10) nimmt er für die Klägerin aber nach wie vor eine gewerbliche Tätigkeit an, weil die Berufsausübung nur dann leitend und eigenverantwortlich und damit selbständig im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ausgeübt werde, wenn sie über die Festlegung der Grundzüge der Organisation und der dienstlichen Aufsicht hinaus durch Planung, Überwachung und Kompetenz zur Entscheidung in Zweifelsfällen gekennzeichnet und die Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Maße gewährleistet sei. Nur unter diesen Voraussetzungen trage die Arbeitsleistung – selbst wenn der Berufsträger ausnahmsweise in einzelnen Routinefällen nicht mitarbeite – den erforderlichen „Stempel der Persönlichkeit” des Steuerpflichtigen. Diese Voraussetzung sei im Streitfall aber auch nach dem Vortrag der Klägerin nicht erfüllt, weil sie zumindest einen gleich qualifizierten Rechtsanwalt beschäftigt habe, der vom Amtsgericht regelmäßig zum Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder in Insolvenzverfahren bestellt worden sei. Von den 2002, 2003 und 2004 abgewickelten Firmen- und Verbraucherinsolvenzen, wie sie sich aus den von der Klägerin schon während der Außenprüfung vorgetragenen Zahlen ergäben, seien 2002 17 Verfahren (89,47 %), 2005 25 Verfahren (33,33 %) und 2004 38 Verfahren (48,10 %) von Rechtsanwalt E. höchstpersönlich und ohne Teilnahme eines Partners der Sozietät abgewickelt worden. In diesem Umfang handele es sich nicht mehr um Routinefälle, so dass die Arbeitsleistung der Partner der Sozietät im Büro in R. nicht mehr den „Stempel der Persönlichkeit” trage.
Hinsichtlich der ursprünglich auch gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide für 2002, 2003 und 2004 jeweils von 19. März 2008 erhobenen Klage ist das Verfahren nach insoweit erklärter Klagerücknahme mit Beschluss vom 23. Juli 2010 abgetrennt und eingestellt worden.
Dem Senat lagen je ein Band Feststellungs-, Gewerbsteuer-, Umsatzsteuer-. Bilanz-, Dauerbeleg- und Betriebsprüfungs- sowie zwei Bände Betriebsprüfungshandakten des Beklagten und dessen Sonderakte zur Betriebsprüfungshandakte vor.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
I.) Die angefochtenen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die drei Streitjahre sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung-FGO).
Der Beklagte hat die – der Höhe nach unstreitigen Einkünfte der Klägerin – rechtsfehlerhaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt. Die Klägerin hat in den drei Streitjahren zwar auch eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt (dazu nachfolgend 1.). Der Anteil der ihr aus dieser gewerblichen Tätigkeit zugeflossenen Einnahmen ist jedoch so gering, dass er unter den hier gegebenen Umständen für die drei Streitjahre vernachlässigt werden kann (dazu nachfolgend 2.).
1.) Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind neben den Einkünften aus gewerblichen Unternehmen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes-EStG) auch die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (vgl. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG). Gewerbebetrieb ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG jede selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist, § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG. Als Gewerbebetrieb gilt nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, wenn diese Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt.
a.) Zwar ist eine Personengesellschaft für die Einkommensteuer insoweit Steuerrechtssubjekt, als sie in der Einheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Besteuerungssubjektes verwirklicht, welche den Gesellschaftern für deren Besteuerung zuzurechnen sind; ein solches Merkmal ist insbesondere auch die Verwirklichung oder Nichtverwirklichung des Tatbestandes einer bestimmten Einkunftsart (BFH-Beschluss vom 26. Juni 1984, GrS 4/82, BStBl II 1984, 751). Eine Ausnahme von der Regel, dass die Art der Einkünfte der Gesellschafter einer Personengesellschaft durch die Tätigkeit der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, mithin durch die Tätigkeit der Gesellschaft selbst bestimmt wird, ist aber geboten, wenn zum gesetzlichen Tatbestand einer Einkunftsart Merkmale gehören, die weniger im Bereich der Tätigkeit eines Steuerrechtssubjekts liegen als in persönlichen Eigenschaften, die nur eine natürliche Person haben kann (vgl. BFH-Urteil vom 11. Juni 1985, VIII R 254/80, BStBl II 1985, 584).
Eine Personengesellschaft entfaltet mit ihren am Markt erbrachten Umsatzleistungen daher nur dann eine Tätigkeit, die die Ausübung eines freien Berufs i. S. v. § 18 EStG darstellt, wenn sämtliche Gesellschafter-Mitunternehmer mit ihrer gemeinschaftlichen, zur Erstellung dieser Umsatzleistungen entfalteten Tätigkeit die Merkmale eines freien Berufs erfüllen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen der Freiberuflichkeit nicht von der Personengesellschaft selbst, sondern nur von natürlichen Personen erfüllt werden (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008, VIII R 73/06, BStBl II 2009, 421; vgl. auch BFH-Urteil vom 08. April 2008, VIII R 73/05, BStBl II 2008, 681). Das Handeln der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit und damit das Handeln der Gesellschaft darf kein Element einer nichtfreiberuflichen Tätigkeit enthalten. Jeder Gesellschafter muss die beiden Hauptmerkmale des freien Berufs in eigener Person positiv erfüllen. Er muss über die persönliche Berufsqualifikation verfügen und eine freiberufliche Tätigkeit, zu deren Ausübung er persönlich qualifiziert ist, tatsächlich auch entfalten. Bedient er sich hierbei der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte, dann muss er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig sein, vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Weil die freiberufliche Tätigkeit durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Berufsträgers geprägt ist, reicht die bloße Zugehörigkeit zu einer der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Berufsgruppen nicht aus (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008, VIII R 73/06, BStBl II 2009, 421). Übt ein Gesellschafter keinen feien Beruf und, wie sich aus den Urteilen des BFH vom 15. Juni 2010 (VIII R 10/09, BStBl II 2010, 906 zu Berufsbetreuern) und vom 15. Dezember 2010 (VIII R 37/09, BFH/NV 2011, 1303 zu Insolvenzverwaltern) ergibt, auch keine sonstige selbständige Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus, so gilt nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG die gesamte mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit der Personengesellschaft als Gewebebetrieb (vgl. BFH-Urteil vom 08. April 2008, VIII R 73/05, BStBl II 2008, 681). Erbringen die Gesellschafter einer Personengesellschaft ihre Leistungen teilweise freiberuflich und teilweise – mangels Eigenverantwortlichkeit – gewerblich, so ist ihre Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ebenfalls insgesamt als gewerblich zu qualifizieren (BFH-Urteil vom 04. Juli 2007, VIII R 77/05, BFH/NV 2008, 53).
b.) Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Klägerin in den drei Streitjahren keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, soweit ihr Gesellschafter Rechtsanwalt Rosenkranz als Insolvenzverwalter oder Treuhänder in Insolvenzverfahren tätig gewesen ist. Denn diese Tätigkeiten sind noch als andere selbstständige Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu beurteilen, die aus den nachstehenden Gründen nicht dazu führen kann, dass die Einkünfte der Klägerin in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert werden können.
aa.) Die Tätigkeit eines Insolvenzverwalters ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine vermögensverwaltende i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und keine freiberufliche Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Dies gilt auch dann, wenn die Tätigkeit – wie im Streitfall – durch Rechtsanwälte ausgeübt wird, weil sie nicht für einen Rechtsanwalt berufstypisch ist (BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010, VIII R 50/09, BStBl II 2011, 506). An dieser Beurteilung ist insbesondere deshalb festzuhalten, weil sich die Tätigkeit als Insolvenzverwalter in den letzten Jahrzehnten zu einem verfassungsrechtlich geschützten – eigenständigen – Beruf entwickelt hat, bei dessen Ausübung die kaufmännisch-praktische Betätigung, wenn auch unter Verwertung besonderer Wirtschafts- und Rechtskenntnisse, überwiegt (BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010, VIII R 50/09, BStBl II 2011, 506). Die Tätigkeit als Insolvenzverwalter kann nicht nur von Rechtsanwälten und Angehörigen anderer freier Berufe, sondern auch von anderen geeigneten Personen ausgeübt werden. Denn zum Insolvenzverwalter ist nach § 56 Abs. 1 der Insolvenzordnung – InsO – eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die vom Insolvenzgericht aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist (vgl. BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010, VIII R 50/09, BStBl II 2011, 506).
Vor diesem Hintergrund muss auch die Tätigkeit als Treuhänder in einem Verbraucherinsolvenzverfahren oder als vorläufiger Insolvenzverwalter – auch wenn sie von einem Rechtsanwalt ausgeübt wird – als sonstige selbständige Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG angesehen werden. Denn auch zum Treuhänder oder vorläufigen Insolvenzverwalter kann neben Rechtsanwälten und sonstigen freiberuflich tätigen Personen nach § 313 Abs. 1 Satz 2 InsO (Treuhänder) bzw. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 (vorläufiger Insolvenzverwalter) i. V. m. § 56 InsO unter den dort genannten Voraussetzungen jede andere für den jeweiligen Einzelfall geeignete natürliche Person ausgewählt werden (vgl. Finanzgericht – FG-Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. September 2010, 2 K 173/08, juris; FG Düsseldorf, Urteil vom 18. November 2009, 7 K 3041/07, EFG 2010, 495 jeweils zum vorläufigen Insolvenzverwalter).
Die Zuordnung der Tätigkeiten des Insolvenzverwalters und Treuhänders im Insolvenzverfahren zur sonstigen selbständigen Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und nicht zur rechtsanwaltstypischen Tätigkeit ist ferner deshalb geboten, weil es anderenfalls zu einer nicht begründbaren Ungleichbehandlung zwischen hauptberuflichen Insolvenzverwaltern und Treuhändern im Insolvenzverfahren aus dem Kreis der freien Berufe i. S. v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG einerseits und solchen käme, die nicht diesen Berufen angehören (vgl. zur Zuordnung von Insolvenzverwaltern BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010, VIII R 50/09, BStBl II 2011, 506; zur Zuordnung von Berufsbetreuern BFH-Urteil vom 15. Juni 2010, VIII R 10/09, BStBl II 2010, 906).
bb.) Die danach den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzurechnende Insolvenzverwaltertätigkeit des an der Klägerin als Gesellschafter und Mitunternehmer beteiligten Rechtsanwaltes Rosenkranz ist nicht schon wegen der Beteiligung qualifizierter Mitarbeiter an der Abwicklung der einzelnen Insolvenzverfahren als gewerbliche Tätigkeit i. S. d. § 15 Abs. 1 EStG zu beurteilen.
(1.) Im Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG hält der Bundesfinanzhof an der von ihm bisher vertretenen Vervielfältigungstheorie nicht mehr fest (vgl. BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010, VIII R 50/09, BStBl II 2011, 506). Der erkennende Senat schließt sich dem aus den Gründen der vorgenannten Entscheidung an. Weder aus der ursprünglichen Fassung des Gesetzes (EStG 1934) noch derjenigen durch das Steueränderungsgesetz 1960 vom 30. Juli 1960 (BGBl. I 1960, 616) lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit des Einsatzes fachlich vorgebildeter Mitarbeiter für Berufe i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 EStG unterschiedlich beurteilt sehen wollte (BFH-Urteil vom 26. Januar 2011, VIII R 3/10, BStBl II 2011, 498; grundlegend dazu BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010, VIII R 50/09, BStBl II 2011, 506). Allein aus der Stellung der Regelungen der Sätze 3 und 4 in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG kann nicht im Umkehrschluss auf die Unzulässigkeit des Einsatzes qualifizierter Mitarbeiter bei sonstiger selbständiger Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG geschlossen werden (BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010, VIII R 50/09, BStBl II 2011, 506). Die entsprechende Anwendung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 3 und 4 EStG für Tätigkeiten i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG entspricht auch dem Gebot verfassungskonformer Auslegung. Denn ein nach dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG – sachlich begründetes Differenzierungsmerkmal für eine Ungleichbehandlung zwischen einem Freiberufler, der nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 3 und 4 EStG qualifizierte Mitarbeiter steuerunschädlich beschäftigen kann, und einem Insolvenzverwalter oder anderen Vermögensverwalter im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist nicht ersichtlich (BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010, VIII R 50/09, BStBl II 2011, 506).
Die somit auch für Insolvenzverwalter und Treuhänder in Insolvenzverfahren als Vermögensverwalter im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zulässige Mitarbeit fachlich Vorgebildeter setzt allerdings voraus, dass der Berufsträger trotz solcher Mitarbeiter weiterhin seinen Beruf leitend und eigenverantwortlich i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ausübt. Diesem Erfordernis entspricht eine Berufsausübung nur, wenn sie über die Festlegung der Grundzüge der Organisation und der dienstlichen Aufsicht hinaus durch Planung, Überwachung und Kompetenz zur Entscheidung in Zweifelsfällen gekennzeichnet ist und die Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Maße gewährleistet. Nur unter diesen Voraussetzungen trägt die Arbeitsleistung – selbst wenn der Berufsträger ausnahmsweise in einzelnen Routinefällen nicht mitarbeitet – den erforderlichen „Stempel der Persönlichkeit” des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010, VIII R 50/09, BStBl II 2011, 506).
Ob diese Voraussetzungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Arbeitsorganisation einer Insolvenzverwalterpraxis wie auch der Zahl der betreuten Verfahren und der Zahl qualifizierter Mitarbeiter vorliegen, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung. Diese Würdigung ist jeweils nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalls und den Besonderheiten des jeweiligen Berufs vorzunehmen. Die Maßstäbe für die Würdigung der festzustellenden Tatsachen zur Mitarbeiterbeteiligung werden dabei insbesondere bei Ausübung der Insolvenzverwaltertätigkeit im Wesentlichen dadurch bestimmt, was nach den Regelungen der InsO zu den höchstpersönlich auszuführenden Aufgaben eines Insolvenzverwalters gehört. Dabei eröffnet das Leitbild der Insolvenzverwaltung als kaufmännisch-praktische Tätigkeit unter Verwertung besonderer Wirtschafts- und Rechtskenntnisse einen umso größeren Spielraum für die Beschäftigung von Mitarbeitern, je mehr es um einfachere kaufmännisch-praktische Tätigkeiten geht. Je mehr die Insolvenzverwaltertätigkeit dagegen Grundentscheidungen in der Durchführung des Insolvenzverfahrens betrifft und damit eher besondere Wirtschafts- und Rechtskenntnisse erforderlich macht, spricht dies für die Notwendigkeit höchstpersönlicher Tätigkeit des Berufsträgers. Mit Blick auf dieses Leitbild ist zu beurteilen, inwieweit typische Insolvenzverwaltertätigkeiten durch den jeweils bestellten Insolvenzverwalter höchstpersönlich vorzunehmen sind oder im Rahmen eigenverantwortlicher und leitender Tätigkeit des Insolvenzverwalters auf Mitarbeiter übertragen werden können. Für die Abgrenzung von zulässiger Mitarbeiterbeschäftigung und gebotener höchstpersönlicher Berufsausübung des Insolvenzverwalters ist entscheidend, ob Organisation und Abwicklung des Insolvenzverfahrens insgesamt den „Stempel der Persönlichkeit” desjenigen tragen, dem nach § 56 InsO das Amt des Insolvenzverwalters vom Insolvenzgericht übertragen worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010, VIII R 50/09, BStBl II 2011, 506)
Dies erfordert, dass die Entscheidungen über das „Ob” bestimmter Einzelakte im Rahmen des Insolvenzverfahrens wie z. B. die Führung eines Anfechtungsprozesses oder die Aufnahme eines nach § 240 der Zivilprozessordnung unterbrochenen Prozesses, die Entscheidung über die Kündigung und Entlassung von Arbeitnehmern sowie die Entscheidung über die Art der Verwertung der Masse durch den Insolvenzverwalter persönlich zu treffen sind. Auch die zentralen Aufgaben des Insolvenzverwalters wie die Berichtspflicht gegenüber dem Insolvenzgericht, der Gläubigerversammlung und dem Gläubigerausschuss (§§ 58 Abs. 1 Satz 2, 69, 79, 152, 156 InsO), seine Pflicht zur Erstellung eines Insolvenzplans nach § 218 InsO auf entsprechenden Beschluss der Gläubigerversammlung (§ 157 InsO) wie auch die Schlussrechnungslegung (§ 66 InsO) muss er unbeschadet etwaiger Zulieferungs- und Hilfsarbeiten seiner Mitarbeiter im Wesentlichen selbst vornehmen. Hat er Entscheidungen dieser Art (höchstpersönlich) getroffen, bleibt seine Tätigkeit auch dann eine solche im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, wenn er das „Wie”, nämlich die kaufmännisch-technische Umsetzung dieser Entscheidung wie z. B. die anwaltliche Durchführung eines Prozesses, die Kündigung bzw. Abwicklung der Entlassung von Arbeitnehmern oder die Verwertung der Masse durch Versteigerung auf Dritte überträgt. Denn der Gesetzgeber hat in der Insolvenzordnung für diese kaufmännisch-technischen Abwicklungsmaßnahmen, anders als für die Berichtspflichten nach den §§ 58 Abs. 1 Satz 2, 156 InsO, keine höchstpersönliche Wahrnehmung durch den Insolvenzverwalter vorgeschrieben. Sie können mithin entsprechend § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG qualifizierten Hilfspersonen übertragen werden (BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010, VIII R 50/09, BStBl II 2011, 506).
Auf dieser Grundlage kann allein aus der Anzahl der für einen Insolvenzverwalter tätigen Hilfspersonen nicht abgeleitet werden, inwieweit der Insolvenzverwalter seine Aufgaben selbständig und höchstpersönlich wahrnimmt. Deshalb kann nicht allein wegen der Beschäftigung von mehr als einem (gleich) qualifizierten Mitarbeiter die gewerbliche Qualifizierung der Einkünfte des Insolvenzverwalters gefolgert werden (BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010, VIII R 50/09, BStBl II 2011, 506). Deshalb hat ein Insolvenzverwalter die erforderlichen höchstpersönlichen Organisations- und Entscheidungsleistungen im Regelfall selbst bei einer Mehrzahl beschäftigter qualifizierter Personen erbracht, wenn er über das „Ob” der einzelnen Abwicklungsmaßnahmen in jedem der von ihm betreuten Verfahren entschieden hat (BFH-Urteil vom 15. Dezember 2010, VIII R 50/09, BStBl II 2011, 506).
(2.) Die Klägerin hat vorgetragen, dass ihr Gesellschafter Rechtsanwalt R. – ebenso wie der bei ihr beschäftigte Rechtsanwalt E. – seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter eigenverantwortlich und selbstständig ausgeübt habe; er sei seinen Pflichten auch höchstpersönlich nachgekommen. Der Beklagte stellt dies nicht in Abrede. Auch aus den Feststellungen seines Prüfers lässt sich nicht entnehmen, dass Rechtsanwalt R. seinen als (vorläufiger) Insolvenzverwalter oder Treuhänder in Insolvenzverfahren obliegenden Kernaufgaben nicht persönlich nachgekommen ist. Dass die beiden bei der Klägerin beschäftigten Rechtsanwälte K. und S. den Forderungseinzug und Haftungsklagen vorbereitet, Anfechtungsansprüche geprüft und auch Gerichtstermine wahrgenommen haben, stellt nicht in Zweifel, dass die Entscheidungen über das „Ob” bestimmter Einzelakte im Rahmen des Insolvenzverfahrens, etwa der Führung des jeweiligen Anfechtungsprozesses oder die gerichtliche Durchsetzung der Forderungen, von Rechtsanwalt R. selbst getroffen worden sind. Dass Rechtsanwalt E. in den Verfahren, in denen er selbst vom Insolvenzgericht zum Treuhänder oder Insolvenzverwalter bestellt worden ist, diese Verfahren eigenverantwortlich betreut hat, lässt ebenfalls nicht den Schluss zu, dass er auch in den von Rechtsanwalt R. abgewickelten Insolvenzverfahren die diesem obliegenden Kernaufgaben übernommen hat. Konkrete Feststellungen in dieser Hinsicht hat auch der Prüfer des Beklagten in seinem Abschlussbericht vom 14. Februar 2008 nicht getroffen. Die Zahl der von Rechtsanwalt R. abgewickelten Insolvenzverfahren, mögen sie auch in verschiedenen Städten Mecklenburg-Vorpommerns abgewickelt worden sein, war auch noch nicht so groß, dass ihm eine persönliche Ausführung der ihm als Insolvenzverwalter obliegenden Kenraufgaben nicht möglich gewesen wäre, zumal es sich bei knapp der Hälfte der von ihm abgewickelten Insolvenzverfahren nur um Verbraucherinsolvenzverfahren gehandelt hat, die schon ihrer Art nach einen eher geringeren Zeitraufwand für die Wahrnehmung der dem Treuhänder höchstpersönlich obliegenden Kernaufgaben nahelegen.
Dass Rechtsanwalt R. seine zentralen Aufgaben als Insolvenzverwalter, etwa seine Berichtspflicht gegenüber den Insolvenzgerichten, der Gläubigerversammlung und dem Gläubigerausschuss, seiner Pflicht zur Erstellung eines Insolvenzplans oder zur Schlussrechnungslegung nicht selbst nachgekommen, sondern diese auf die bei der Klägerin angestellten Rechtsanwälte oder die bei ihr beschäftigten Mitarbeiter delegiert hat, hat der Prüfer des Beklagten ebenfalls nicht festgestellt. Dieser ist in seinem Abschlussbericht im Übrigen zu dem Ergebnis gekommen, dass die Tätigkeiten der Subunternehmer zu vernachlässigen gewesen seien und auch die Anzahl der unqualifizierten Mitarbeiter kein Anhaltspunkt für eine gewerbliche Tätigkeit der Klägerin sei. Soweit die Klägerin zur Tätigkeit der bei ihr angestellten Gehilfen mit Schreiben vom 31. Oktober 2007 schon während der Außenprüfung vorgetragen hat, Frau S. habe Offene-Posten-Listen in das Programm Winsolvenz eingegeben, Schreiben ausgefertigt und Zahlungsfristen überwacht, Frau K. habe Telefongespräche entgegengenommen und durchgestellt und Termine mit den Gerichten vereinbart, Frau N.r habe Diktate geschrieben und bei Bedarf die Debitoren und Kreditoren in Winsolvenz eingegeben, Frau H. habe Zahlungsanweisungen in db-direct eingegeben, Frau K. habe in Insolvenzverfahren Buchungen durchgeführt, Frau G. sei als Schreibkraft tätig gewesen und habe nach dem Ausscheiden von Frau S. deren Aufgaben übernommen, Frau S. habe als Halbtagskraft Diktate geschrieben, Unterlagen zusammengestellt und nach dem Ausscheiden der Frau N. deren Tätigkeit übernommen, bieten auch diese Angaben keinen Anlass, die Tätigkeit Rechtsanwalt R. als Insolvenzverwalter als gewerblich zu qualifizieren.
c.) Die Klägerin hat in den drei Streitjahren aber auch Einkünfte aus Insolvenzverfahren erzielt, in denen nicht einer ihrer Gesellschafter und Mitunternehmer, sondern der bei ihr angestellte Rechtsanwalt E, vom Insolvenzgericht zum Verwalter oder Treuhänder in Insolvenzverfahren bestellt worden ist. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von den vom Bundesfinanzhof – nach Aufgabe der Vervielfältigungstheorie – entschiedenen Fällen, in denen zum Insolvenzverwalter von den Insolvenzgerichten allein eine einzelunternehmerisch tätige Person (vgl. BFH-Urteile vom 15. Dezember 2010, VIII R 12/10, BFH/NV 2011, 1306; VIII R 13/10, BFH/NV 2011, 1309 und vom 26. Januar 2011, VIII R 29/08, BFH/NV 2011, 1314) bzw. jeweils ein Gesellschafter einer Sozietät (vgl. BFH-Urteile vom 15. Dezember 2010, VIII R 50/09, BStBl II 2011, 506; VIII R 37/09, BFH/NV 2011, 1303 und vom 26. Januar 2011, VIII R 3/10, BStBl II 2011, 498) bestellt worden war.
aa.) Rechtsanwalt E. hat die ihm nach der Insolvenzverordnung obliegenden Kernaufgaben in den Verfahren, in denen er vom Insolvenzgericht zum (vorläufigen) Insolvenzverwalter oder Treuhänder in Verbraucherinsolvenzverfahren bestellt worden war, eigenverantwortlich und persönlich wahrgenommen. Dergleichen trägt die Klägerin selbst vor und wird auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt. Aus den vorstehenden Gründen, wie sie für Rechtsanwalt R. gelten, sieht auch der Senat keinen Anlass, dies in Frage zu stellen.
bb.) Rechtsanwalt E. ist aber in den Streitjahren weder Gesellschafter noch Mitunternehmer der Klägerin gewesen. Ihr Vortrag, Rechtsanwalt E. beziehe neben seinem festen Gehalt eine umsatzabhängige Beteiligung in Höhe von 20 % der von ihm erzielten Umsätze aus Insolvenzverfahren, trete im Außenverhältnis als Sozius auf und werde versicherungstechnisch als Außensozius behandelt, habe eine Entscheidungskompetenz bei der Auswahl von Mitarbeitern für den Standort R. und Weisungsbefugnisse gegenüber Mitarbeitern und werde an unternehmerischen Entscheidungen beteiligt, bleibt ohne hinreichende Substanz und reicht nicht aus, um Rechtsanwalt E. als Mitunternehmer anzusehen.
Kennzeichnend für den Mitunternehmer ist, dass er zusammen mit anderen Personen Unternehmerinitiative (Mitunternehmerinitiative) entfalten kann und ein Unternehmerrisiko (Mitunternehmerrisiko) trägt. Mitunternehmerinitiative bedeutet vor allem Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen, wie sie z. B. Gesellschaftern oder diesen vergleichbaren Personen als Geschäftsführer, Prokuristen oder andere leitende Angestellte obliegen. Ausreichend ist insoweit die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschaftsrechten, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach dem Handelsgesetzbuch – HGB – zustehen oder die den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 BGB entsprechen. Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche Teilhabe oder eine dieser wirtschaftlich vergleichbare Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens. Dieses Risiko wird regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich des Geschäftswertes vermittelt. Mitunternehmerschaft wird nur durch ein Gesellschaftsverhältnis begründet, das eine allseitige Beteiligung am Gewinn gewährt. Diese fehlt, wenn feste Bezüge gewährt werden; sie fehlt auch dann, wenn eine Umsatzbeteiligung oder eine gewinnabhängige Vergütung in üblicher Höhe vereinbart ist (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 1992, XI R 58/89, BFH/NV 1992, 803).
Die Klägerin behauptet selbst nicht, dass Rechtsanwalt E. ihr Gesellschafter war. Dies waren nach ihrem eigenen Vortrag (nur) die Rechtsanwälte G. und C. H., Dr. R., B., R., D. und Dr. W. Nur diese – und nicht Rechtsanwalt E. – hat sie in ihren Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die drei Streitjahre auch als Feststellungsbeteiligte angegeben. Anders als ihr Gesellschafter Rechtsanwalt R. tritt Rechtsanwalt E. im Übrigen noch heute in ihrem Internetauftritt nicht als Partner, sondern nur als Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter auf (vgl. Bl. 169, 170 der Gerichtsakte). Der Senat hat schließlich auch deshalb keine Zweifel, dass Rechtsanwalt E. bei ihr in den Streitjahren nur angestellter Rechtsanwalt war, weil dieser ausweislich der zu den Handakten des Betriebsprüfers genommenen Lohnjournale in den Monaten Mai bis Dezember 2002 und in den Jahren 2003 und 2004 ein Gehalt bezog und für ihn Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden (Bd. I, Bl. 160, 163, 166 der BP-Handakte). Dass er neben seinem Festgehalt zudem noch eine Umsatzbeteiligung in Höhe von 20 % der von ihm erzielten Einnahmen aus den Insolvenzverfahren bezog, verschafft ihm noch kein Mitunternehmerrisiko.
cc.) Da es nach den eingangs erwähnten Grundsätzen darauf ankommt, dass sämtliche Gesellschafter der Klägerin eine freiberufliche Tätigkeit oder zumindest im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG sonstige selbständige Arbeit aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich ausüben (vgl. BFH-Urteil vom 04. Juli 2007, VIII R 77/05, BFH/NV 2008, 53: vgl. auch die Gründe des BFH-Urteils vom 15. Dezember 2010, VIII R 37/09, BFH/NV 2011, 1303 unter Ziffer 3, wo auf die höchstpersönliche Berufsauübung der Gesellschafter abgestellt wird), letzteres aber insoweit nicht der Fall ist, als sie sich hierzu in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit des bei ihnen angestellten Rechtsanwaltes E. bedient haben, soweit dieser selbst eigenverantwortlich als Treuhänder und (vorläufiger) Insolvenzverwalter handelte, hat die Klägerin insoweit auch gewerbliche Einkünfte erzielt.
2.) Obwohl die Klägerin hiernach grundsätzlich insgesamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hätte, weil es hierfür nach § 15 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 EStG ausreicht, dass die Personengesellschaft „auch” eine Tätigkeit ausübt, die nicht als Ausübung eines freien Berufs oder einer anderen selbständigen Arbeit und daher als gewerblich anzusehen ist (Abfärberegelung), hat die Klägerin in den drei Streitjahren dennoch Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt. Denn der Anteil der ihr aus dieser gewerblichen Tätigkeit zugeflossenen Einnahmen ist so gering, dass er unter den hier gegebenen Umständen für die drei Streitjahre noch vernachlässigt werden kann.
a.) Nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes greift bei einem äußerst geringen Anteil der originär gewerblichen Tätigkeit die umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht ein. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der sich unmittelbar aus dem Wesen der Grundrechte ergibt und der für alle grundrechtseinschränkenden Gesetze, also auch für die Steuergesetze gilt, enthält auch das Gebot der Proportionalität. Danach müssen Mittel und Zweck in einem angemessenen Verhältnis stehen. Dieses Verhältnis ist nicht gewahrt, wenn eine Tätigkeit von ganz untergeordneter Bedeutung, die kaum in Erscheinung tritt, eine umqualifizierende Wirkung entfalten würde. In diesem Fall würde die schädliche Tätigkeit eine unverhältnismäßige Rechtsfolge auslösen und damit eine Bedeutung erlangen, die ihr nach ihrem Gewicht nicht zukommt (BFH-Urteil vom 11. August 1999, XI R 12/98, BStBl II 2000, 229). Ebenso lassen die Regelungen zu den gewebesteuerrechtlichen Freibeträgen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes-GewStG) erkennen, dass Klein- und Kleinstbetriebe nicht mit Gewerbsteuer belastet werden sollen. Ist aber insoweit eine Freistellung von der Gewerbsteuer beabsichtigt, so entspricht es dieser Wertung, jedenfalls einer originär gewerblichen Tätigkeit von äußerst geringem Ausmaß keine prägende Wirkung zukommen zu lassen (BFH-Urteil vom 11. August 1999, XI R 12/98, BStBl II 2000, 229).
Vor diesem Hintergrund hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 11. August 1999 (XI R 12/98, BStBl II 2000, 229) für einen Anteil originär gewerblicher Umsatzerlöse einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts am Gesamtumsatz von 1,25 vom Hundert, die mit 6.481,00 DM auch absolut unter der Freibetrags-Grenze des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG lagen, entschieden, dass diese nach den vorgenannten Grundsätzen als unerheblich vernachlässigt werden können. In seinem Beschluss vom 08. März 2004 ist der Bundesfinanzhof in einem summarischen Verfahren davon ausgegangen, dass bei einem – absolut unter den Freibetrags-Grenzen liegenden – Umsatzanteil einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts von 2,81 % die Rechtsfolge des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht eintritt (vgl. BFH-Beschluss vom 08. März 2004, IV B 212/03, BFH/NV 2004, 954).
b.) Der Senat schließt sich diesen Grundsätzen an und hält einen äußerst geringen Anteil gewerblicher Umsatzerlöse, die auch absolut unter der Freibetrags-Grenze des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG liegen, für unschädlich. Ob diese Bagatellgrenze – dafür sprechen die beiden vorgenannten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – bei einem Umsatzanteil von 2 bis 3 vom Hundert und absoluten Einnahmen nicht höher als der Freibetrag des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG zu setzen ist (so wohl Wacker in Schmidt, 30. Auflage, § 15 Rn. 188), oder ob neben der absoluten Grenze des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG auch noch ein Umsatzanteil von 5 vom Hundert unschädlich ist (vgl. dazu Niedersächsisches FG, Urteil vom 14. September 2011, 3 K 447/10, juris, vgl. auch Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 25. August 2011, 5 K 38/08, juris), bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung.
c.) Denn die Einnahmen, die der Klägerin in Gestalt der Vergütungen des bei ihr angestellten Rechtsanwalts E. für dessen Tätigkeit als Treuhänder, (vorläufiger) Insolvenzverwalter und Gutachter in Insolvenzverfahren in den drei Streitjahren zugeflossen sind, lagen unter der absoluten Freibetrags-Grenze nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG (24.500,00 EUR). Sie beliefen sich nach den zuletzt von der Klägerin vorgelegten Listen auf lediglich 287,50 EUR (2002), 15.358,52 EUR (2003) bzw. 21.065,42 EUR (2004). Der in der mündlichen Verhandlung anwesende Rechtsanwalt E. hat hierzu erklärt, er habe diese Listen auf der Grundlage der Abrechnungen über seine Umsatzbeteiligung erstellt und anhand des Geschäftskontos überprüft, ob alle Zahlungseingänge in den Listen erfasst seien.
Der Beklagte vermag diese Zahlen weder anzuzweifeln noch zu bestätigen. Substantielle Einwendungen gegen die zuletzt bezifferten Einnahmen hat er nicht mehr vorgebracht. Der Senat sieht keinen Anlass, diese zuletzt nach dem Jahr des Zuflusses zusammengestellten und mit Schriftsätzen vom 05. und 08. Dezember 2011 von der Klägerin vorgelegten Zahlen noch in Frage zu stellen. Sie stehen zu den zuvor vorgetragenen Zahlenwerken der Klägerin, die sich nicht am Zufluss der Einnahmen orientiert hatten, nicht im Widerspruch. Soweit sich in der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 10. November 2011 vorgelegten, aus ihrem Kanzleiprogramm herausgefilterten Gesamtverfahrensliste und zugleich auch in ihren mit Schriftsätzen vom 14. Oktober und 10. November 2011 eingereichten Aufstellungen zu den Einnahmen aus den von Rechtsanwalt Eggers abgewickelten IK- und IN-Verfahren 15 Insolvenzverfahren finden, die in den zuletzt nach dem Zeitpunkt des Zuflusses geordneten Listen nicht aufgeführt worden sind, waren diese Verfahren ausweislich der Gesamtverfahrensliste – mit einer Ausnahme – bis Ende 2004 noch nicht abgeschlossen, so dass ein Zufluss von Einnahmen aus diesen Verfahren schon in den drei Streitjahren nicht zwingend erwartet werden muss. Soweit hinsichtlich des einen, nach der Gesamtverfahrensliste schon 2004 abgeschlossenen Verfahrens mit dem Aktenzeichen 14 IK 20/03 ein Zufluss in diesem Streitjahr zu erwarten gewesen wäre, vermag dies keine hinreichenden Zweifel zu begründen, dass die zuletzt vorgelegten Listen zumindest im Übrigen vollständig sind. Dass die Klägerin insoweit bewusst unvollständige Listen vorgelegt hat, schließt der Senat aus, zumal sie das in den zuletzt vorgelegten Listen nicht aufgeführte Verbraucherinsolvenzverfahren in ihrer mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2011 übersandten Aufstellung angegeben hatte und die Einnahmen aus diesem Verfahren sich auf nur 287,50 EUR beliefen.
Die Einnahmen, die der Klägerin in Gestalt der Vergütungen des bei ihr angestellten Rechtsanwalts E. für dessen Tätigkeit als Treuhänder, (vorläufiger) Insolvenzverwalter und Gutachter in Insolvenzverfahren in den drei Streitjahren zugeflossen sind, lagen demnach in allen drei Streitjahren nicht nur unter der maßgeblichen Freibetragsgrenze nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG. Sie können auch ihrem Anteil an den Gesamtumsätzen der Klägerin nach unberücksichtigt bleiben, weil dieser in allen drei Streitjahren noch unter 3 vom Hundert lag. Er belief sich in den Streitjahren nur auf 0,09 vom Hundert (2002), 1,81 vom Hundert (2003) bzw. 2,68 vom Hundert (2004). Das gilt für das Streitjahr 2004 selbst dann, wenn die Klägerin in den beiden zuletzt eingereichten Listen das eine Verbraucherinsolvenzverfahren vergessen haben sollte. Denn auch in diesem Falle läge der Anteil der Einnahmen (21.352,92 EUR) mit 2,71 vom Hundert noch unterhalb der Bagatellgrenze.
II.) Die angefochtenen Bescheide für 2002, 2003 und 2004 über den Gewerbsteuermessbetrag sind ebenfalls rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Denn nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes unterliegen nur gewerbliche Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes der Gewerbesteuer; nicht gewerblich sind demnach – gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG – Betriebe, deren Betätigung als Ausübung eines freien Berufs oder als eine selbstständige Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 EStG) anzusehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juni 2010, VIII R 10/09, BStBl. II 2010, 906). Das ist hier der Fall, weil der Anteil gewerblicher Einkünfte der Klägerin in den drei Streitjahren aus den unter Ziffer I.2.) genannten Gründen in den drei Streitjahren vernachlässigt werden kann.
III.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 FGO und §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung-ZPO.
Der Senat hat die Revision im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII R 41/11 anhängige Verfahren nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG. Da die Klägerin sich hinsichtlich der Feststellungsbescheide allein gegen die gesondert und einheitlich festgestellte Art der von ihr in den Streitjahren erzielten Einkünfte gewendet hat, hat der Senat den Streitwert allein nach den gewerbesteuerrechtlichen Auswirkungen der ebenfalls von ihr angefochtenen Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag, wie sie der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 02. Juli 2010 unwidersprochen beziffert hat, festgesetzt.