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  • 03.04.2012 · IWW-Abrufnummer 121014

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 18.01.2012 – 15 K 1556/11 E

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Düsseldorf

    15 K 1556/11 E

    Tenor:
    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird zugelassen.

    G r ü n d e :
    Streitig ist, ob Zahlungen im Rahmen einer Kapitalabfindung aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung als steuerbare sonstige Einkünfte i. S von § 22 des Einkommensteuergesetzes –EStG- zu erfassen sind.
    Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der am "..." Februar 1949 geborene Kläger ist von Beruf "B-Beruf". Von dem Versorgungswerk der "B" erhielt er im März 2009 eine einmalige Kapitalleistung in Höhe von 350.642,34 EUR. Außerdem bezog er im Zeitraum März bis Dezember 2009 ein vorgezogenes Altersruhegeld in Höhe von 2.420,10 EUR.
    Im Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 4. März 2011 erfasste der Beklagte 58 v. H. der Kapitalabfindung, d.s. 203.372,- EUR, als steuerpflichtige Einkünfte. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung.
    Zur Begründung führten sie aus, die Kapitalabfindung sei nicht steuerpflichtig. Es handele sich weder um eine Leibrente i. S von § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG noch um eine andere Leistung i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG, weil die Kapitalabfindung eine Einmalzahlung und keinen wiederkehrenden Bezug darstelle. Ein Jahresbetrag einer Rente i. S. der Vorschriften liege ebenfalls nicht vor. Darüber hinaus stelle die Besteuerung der Kapitalabfindung eine unzulässige echte Rückwirkung dar. Denn vor dem 1. Januar 2005 zugeflossene Kapitalabfindungen aus berufsständischen Versorgungswerken seien unter den Voraussetzungen von § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a.F. analog zu Leistungen aus Kapitallebensversicherungen als steuerfrei behandelt worden. Der Grundsatz der Steuergerechtigkeit werde daher verletzt, wenn eine Kapitalzahlung, die im Jahr 2004 vollständig steuerfrei gewesen sei, nach dem Jahr 2004 unter Anwendung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit einem jährlich ansteigenden steuerpflichtigen Anteil erfasst werde. Da vorliegend sämtliche Beiträge zur Finanzierung der Kapitalzahlung aus der Zeit vor dem 1. Januar 2005 stammten, sei die Kapitalzahlung steuerlich genauso zu behandeln wie ein Altvertrag einer Kapitallebensversicherung.
    Die Behandlung der Kapitalabfindung als steuerpflichtig verstoße außerdem zum Teil gegen das Verbot der Doppelbesteuerung. Denn der Kläger habe im Zeitraum 1981 bis 2004 Beiträge in Höhe von insgesamt 194.899,64 EUR in das Versorgungswerk entrichtet; durch die Kapitalabfindung ergebe sich ein Ertrag in Höhe von 155.742,70 EUR (= 350.642,34 EUR abzgl. 194.899,64 EUR). Bei Zugrundelegung eines steuerpflichtigen Anteils in Höhe von 203.372 EUR unterliege mithin ein Betrag von 47.629,30 EUR (= 203.372 EUR abzgl. 155.742,70 EUR) einer Doppelbesteuerung. Nach den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG- vom 6. März 2002, 2 BvL 17/99 sei die Besteuerung insoweit rechtswidrig.
    Der Beklagte lehnte die beantragte Aussetzung der Vollziehung ab. Er führte aus, nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG unterlägen auch solche Kapitalabfindungen der nachgelagerten Besteuerung, bei denen die erworbenen Anwartschaften auf Beiträgen beruhten, die vor dem 1. Januar 2005 erbracht worden seien. Anders als bei einer Kapitallebensversicherung liege im Streitfall lediglich eine Teil-Kapitalisierung vor, da nur die bis zum 31. Dezember 2004 aufgelaufenen Versorgungsanwartschaften abgegolten worden seien. Eine Restverrentung (aufgebaut durch die Beiträge nach dem 31. Dezember 2004) erfolge weiterhin und sei jährlich zu versteuern. Die von den Klägern geltend gemachte echte Rückwirkung bestehe nicht; es sei vielmehr der Fall einer unechten Rückwirkung gegeben. Der Gesetzgeber habe im Rahmen der gebotenen Güterabwägung entschieden, dass das allgemeine Interesse an einer gesetzlichen Neuregelung vorrangig gegenüber dem Vertrauensschutz in die Weitergeltung des bisherigen Rechtszustandes sei. Schließlich seien auch die vorgebrachten Erwägungen zur Doppelbesteuerung nicht überzeugend. Nach altem Recht seien Beitragsbestandteile an das Versorgungswerk der "B" durch den "alten" Sonderausgabenabzug über die Höchstbetragsrechnung steuerfrei gestellt worden. Demnach dürften die Beitragsbestandteile nunmehr auch versteuert werden.
    Im sodann geführten gerichtlichen Aussetzungsverfahren (Az. 15 V 1557/11 A (E)) haben die Kläger ihr Vorbringen wie folgt ergänzt: Die Kapitalabfindung werde als Einmalzahlung nicht vom Tatbestand des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst a Doppelbuchst. aa EStG erfasst. Aus diesem Grund teile die Kapitalabfindung auch nicht dasselbe steuerliche Schicksal wie eine Leibrente, selbst wenn die Abfindungszahlung aus demselben Versorgungsverhältnis stamme. Darüber hinaus sei es für deren steuerliche Bewertung ohne Bedeutung, dass der Kläger auch nach dem 31. Dezember 2004 Rentenversicherungsbeiträge erbringe, da diese unter die Neuregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG mit der Folge der Abziehbarkeit als Altersvorsorgeaufwendungen fielen. Als hiervon unabhängig sei jedoch der Umstand zu sehen, dass die an den Kläger gezahlte Kapitalabfindung ausschließlich aus Beiträgen stamme, die bis einschließlich 31. Dezember 2004 geleistet worden seien. Die Kapitalabfindung sei mithin aus Gründen des Bestandsschutzes in derselben Weise zu behandeln, wie eine vor dem 1. Januar 2005 erbrachte Leistung. Die Regelungen des Alterseinkünftegesetzes –AlteinkG- seien auch nicht auf Kapitalabfindungen ausgerichtet gewesen. Der regelmäßig hohe zusammengeballte Betrag einer Kapitalzahlung führe bei Anwendung dieser Regelungen zu einer unzumutbaren steuerlichen Belastung.
    Der Senat hat die beantragte Vollziehungsaussetzung mit Beschluss vom 25. Juli 2011 abgelehnt. Die Teilkapitalleistung stelle eine "andere Leistung" i. S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst a Doppelbuchst. aa EStG dar. Ein Bestandsschutz sei nach der ausdrücklichen Regelung des AlteinKG nicht zu gewähren, zumal eine lediglich unechte Rückwirkung vorliege. Auch ein Verstoß gegen das Verbot der Doppelbesteuerung liege nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
    Im Laufe des vorliegenden Klageverfahrens - mit Einspruchsentscheidung vom 4. August 2011 - hat der Beklagte sodann den Einspruch der Kläger als unbegründet zurückgewiesen.
    Die Kläger haben daraufhin ihr Vorbringen im Wesentlichen wie folgt ergänzt: Einmalzahlungen – wie die vorliegend streitige Kapitalabfindung – seien nach dem Gesetzeswortlaut nicht von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst a Doppelbuchst. aa EStG erfasst; der Gesetzgeber habe mit der normierten Regelung nicht etwa sein Rechtsverständnis dahin erweitert, dass (erstmals) auch andere als laufende Bezüge unter den Begriff der "wiederkehrenden" Bezüge zu fassen seien, zumal er auch ansonsten zwischen laufenden Rentenzahlungen und Einmalzahlungen differenziere. Eine über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehende Auslegung zu Ungunsten der Kläger sei unzulässig. Dass der Gesetzgeber keinen ausdrücklichen Bestandsschutz für Leistungen aus berufsständischen Versorgungswerken vorgesehen habe, sei verfassungsrechtlich bedenklich. Kapitalabfindung und monatliche Rentenzahlungen beruhten nicht auf einem einheitlichen Rentenstammrecht. Vielmehr sei - entgegen der gesetzlichen Regelung - zu unterscheiden zwischen der Kapitalabfindung (basierend auf vor 2005 entrichteten Beiträgen) und einer neuen Rentenanwartschaft (basierend auf ab 2005 entrichteten Beiträgen). Hilfsweise seien zur Vermeidung einer Zweifachbesteuerung die aus versteuertem Einkommen in das Versorgungswerk eingezahlten Beiträge (durchschnittlich 64 %; 123.664 EUR) von der Kapitalauszahlung (350.642 EUR) in Abzug zu bringen; als Bemessungsgrundlage i. R. § 22 EStG verbleibe ein Betrag von 226.978 EUR. Dieser Betrag sei dann nach der Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG tarifermäßigt zu besteuern. Wenn denn die Leistung als eine Art Basisversorgung betrachtet werde, dann handele es sich um einen Zufluss für mehrere Jahre. Dass eine Rentenzahlung ermäßigt besteuert werden könne, vertrete selbst die Finanzverwaltung, und zwar für den Fall der Direktzusage lt. BMF-Schreiben vom 31. März 2010; eine Ungleichbehandlung mit ähnlichen Leistungen aus Renten- oder Pensionsfonds bzw. der vorliegenden Fallgestaltung sei nicht berechtigt.
    Die Kläger beantragen,
    den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 4. März 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. August 2011 zu ändern und die Einnahmen i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG um die Kapitalauszahlung aus dem Versorgungswerk der "B" von 350.642,34 EUR zu mindern, da der Wortlaut der Vorschrift den Ansatz entsprechender Kapitalauszahlungen nicht zulässt,
    hilfsweise die Kapitalauszahlung zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung nur in Höhe von 226.978 EUR x 58 % = 131.647 EUR als sonstige Einkünfte i. S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG anzusetzen und gemäß § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt zu besteuern,
    die Revision zuzulassen, sofern dem Hauptantrag nicht stattgegeben wird,
    die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen,
    hilfsweise die Revision zuzulassen.
    Unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren führt der Beklagte ergänzend aus, entsprechend den Vorgaben des BMF-Schreibens vom 13. September 2010 falle die streitige Kapitalzahlung, in der Rentenbezugsmitteilung der "B" als "Rentenleistung" bezeichnet, auch als Einmalbetrag unter die gesetzliche Regelung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG; der Gesetzeswortlaut "andere Leistungen" stehe dem nicht entgegen. Das gelte auch, soweit die hierfür erworbenen Anwartschaften auf Beiträgen vor dem 1. Januar 2005 beruhten. Dem Rechtsschutzbedürfnis der Kläger sei – hierzu wie auch hinsichtlich der geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken - durch den Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 der Abgabenordnung –AO- betr. die Rentenbesteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG hinreichend Rechnung getragen. Der von den Kläger für die Leistungen aus dem Versorgungswerk gezogene Vergleich zu der Umwandlung eines Kapitallebensversicherungsvertrages sei schon deshalb unrichtig, weil die hier streitigen Leistungen denjenigen aus einer gesetzlichen Rentenversicherung ähnlich seien. Eine unzulässige doppelte Besteuerung könne ebenso wenig bejaht werden, zumal die steuerfreien Rentenzahlungen des Streitjahres 2009 (42 % von 350.642 EUR = 147.269,64 EUR) bereits mit dem ausgezahlten Teilkapital die aus versteuertem Einkommen erbrachten Beitragsleistungen (123.664 EUR) überstiegen. Eine Tarifermäßigung nach § 34 EStG komme nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 EStG nicht erfüllt seien.
    Die Kläger haben zu der Frage des Rechtsschutzbedürfnisses mit Schriftsatz vom 11. Januar 2012 erwidert, der in den Bescheid aufgenommene Vorläufigkeitsvermerk decke ihr Begehren nicht ab. Der Vermerk betreffe die Besteuerung von "Leibrenten", nicht aber diejenige "anderer Leistungen" lt. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG, um die es vorliegend gehe. Zudem betreffe ihr Begehren nicht die Verfassungswidrigkeit der Norm, sondern deren Auslegung; hierzu seien indes derzeit keine Verfahren vor dem BVerfG oder BFH anhängig. Soweit ihr Hilfsantrag auf die Vermeidung einer Doppelbesteuerung gerichtet sei, gehe es – anders als in der anhängigen Verfassungsbeschwerde 2 BvR 1066/10 – nicht nur um den Aspekt der Nominalwertbetrachtung, sondern auch um die Frage, ob eine Zweifachbesteuerung bereits dann vermieden werde, wenn die unbelasteten Rentenzuflüsse mindestens den aus versteuertem Einkommen geleisteten Beiträgen entsprächen, oder ob steuerfreie Rentenzufluss mindestens so hoch wie der aus versteuertem Einkommen geleistete Rentenbeitrag sei. Auch die Frage der Tarifermäßigung nach § 34 EStG sei offen. Beides sei nicht Gegenstand der anhängigen – ohnehin nur Leibrenten i. e. Sinne als laufende Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung betreffenden - höchstrichterlichen Verfahren.
    Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Steuerakten Bezug genommen.
    Die zulässige Klage ist unbegründet.
    Die Klage ist zulässig; insbesondere fehlt den Klägern nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis – wie auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung bejaht hat. Der dem angefochtenen Bescheid beigefügte Vorläufigkeitsvermerk betrifft "gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 AO die Verfassungsmäßigkeit der Norm hinsichtlich der Besteuerung der Einkünfte aus Leibrenten i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchs. a Doppelbuchst. aa EStG". Damit erscheint bereits zweifelhaft, ob der Vermerk auch die Besteuerung der hier streitbefangenen "anderen Leistungen" lt. 2. Alt. der genannten Vorschrift betrifft und nicht etwa allein die steuerliche Behandlung der (dort einzig ausdrücklich genannten) "Leibrenten" lt. 1. Alt. der Norm. Ungeachtet dessen ist das Rechtsschutzinteresse für eine Klage gegen einen nach § 165 Abs. 1 Nr. 2, 3 AO für vorläufig erklärten Steuerbescheid dann gegeben, wenn zwar ein Verfahren beim BVerfG anhängig ist, sich das Klageverfahren indes durch den Verfassungsstreit nicht sicher erledigen wird (BFH-Beschluss vom 30. November 2007 III B 26/07, BFH/NV 2008, 731; Seer in Tipke/Kruse, AO und FGO, § 165 AO Tz. 18 und VerfRS Tz. 12). Das ist hier der Fall. Die anhängige Verfassungsbeschwerde gegen das o. a. Urteil des BFH vom 4. Februar 2010 wegen "Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung der Altersrenten" (2 BvR 1066/10) betrifft die Besteuerung von "Leibrenten" bzw. "Altersrenten" – also die 1. Alt. der Vorschrift, während es hier um die 2. Alt. der "anderen Leistungen" geht. Zudem wird sich das Klagebegehren nur bei Bejahung der Verfassungswidrigkeit durch das BVerfG erledigen; bei Verneinung gilt es weitere Fragen zu klären, die nicht Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sind (etwa zur Auslegung des Gesetzeswortlauts oder zu den Fragen der Zweifachbesteuerung und der Tarifermäßigung).
    Die Klage ist jedoch unbegründet.
    Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO-; der Beklagte hat die Kapitalabfindung an den Kläger sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach der zutreffenden Besteuerung unterworfen.
    Gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG sind "sonstige Einkünfte" "Einkünfte aus wiederkehrenden Leistungen". Nach § 22 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG gehören zu den in Satz 1 bezeichneten Einkünften auch Leibrenten und "andere Leistungen", die u.a. aus den gesetzlichen Rentenversicherungen und den berufsständischen Versorgungseinrichtungen erbracht werden, soweit sie der Besteuerung unterliegen. Bemessungsgrundlage für den der Besteuerung unterliegenden Anteil ist der Jahresbetrag der Rente. Dieser bestimmt sich nach dem Jahr des Rentenbeginns und dem in diesem Jahr maßgebenden Vomhundertsatz (entsprechend der sich aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ergebenden Tabelle). Danach ist bei einem Rentenbeginn ab 2009 wie im Streitfall ein Besteuerungsanteil von 58 v. H. anzusetzen.
    Nach diesen Grundsätzen ist die Besteuerung der Teilkapitalleistung in Höhe von 350.642,34 EUR mit einem Anteil von 58 v. H. rechtmäßig.
    Die Teilkapitalleistung ist als "andere Leistung" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG anzusehen.
    Der Begriff der anderen Leistungen ist durch das AlteinkG vom 5. Juli 2004 (BStBl I 2004, 554) in Nr. 1 Satz 3 eingefügt worden. Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers sollten von diesem Tatbestandsmerkmal auch Teilkapitalisierungen erfasst sein, da diese anderenfalls nicht steuerbar wären (vgl. BT-Drucks. 15/3004 vom 29. April 2004, 19: Der Begriff der "Leibrenten" wird um den Begriff "andere Leistungen" erweitert, weil z. B. bei den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und Pensionskassen Teilkapitalisierungen zulässig sind, die andernfalls nicht steuerbar wären.). Dieser Wille des Gesetzgebers hat im Wortlaut des Gesetzes seinen Niederschlag gefunden. Das Gesetz "fingiert" die "anderen Leistungen", wie vom Beklagten dargelegt, als Einkünfte i. S. von Satz der Vorschrift des § 22 EStG, somit als nach § 22 EStG der Steuerpflicht unterliegende Einkünfte. Soweit die Kläger unter Hinweis auf eine in der Literatur vertretene Auffassung (etwa Risthaus in Herrmann/Heuer/Raupach –HHR-, EStG, § 22 Rdn. 284) vortragen, dass vom Gesetzeswortlaut nur wiederkehrende Bezüge umfasst seien, zu denen Einmalzahlungen nicht bzw. jedenfalls nicht durch die hiesige Gesetzesdefinition deklariert werden könnten (wie lt. Risthaus a.a.O. auch die Beschränkung auf den Begriff eines Jahresbetrages der Rente in Satz 2 der Regelung bestätige), folgt der Senat dem nicht. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass "andere Leistungen" i. S. der 2. Alt. der Vorschrift im Gegensatz zu Leibrenten lt. der 1. Alt. der Bestimmung nicht wiederkehrend sein müssen, weil es nach der gesetzgeberischen Konzeption auf die äußere Form der Zahlung nicht ankommt (ebenso: Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 30. Aufl., § 22 Rdn. 101; Bauschatz in Korn, EStG, § 22 Rdn. 94; Fischer in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 22 Rdn. 27a). Das gilt auch vor dem Hintergrund der Ausführungen des BFH mit Urteil vom 28. Juli 2011 VI R 38/10 (Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2011, 1782), nach dem im Zweifel mangels eindeutiger gesetzlicher Regelungen bei der Auslegung der Norm dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenwirken der Vorschriften der Vorzug zu geben ist; derartige "Zweifel" vermag der Senat hier angesichts des seiner Ansicht nach hinreichend eindeutigen Wortlauts der Norm nicht zu bejahen.
    Aus diesem Grund ist aus Sicht des Senats auch der vom Beklagten zugrundegelegte Besteuerungsanteil in Höhe von 58 v. H. zutreffend. Diesen Wert sieht § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG für einen Rentenbeginn ab dem Jahr 2009 vor. Es mag zwar zutreffen, dass diese Regelung in erster Linie auf wiederkehrende Rentenzahlungen zugeschnitten ist. Vor dem Hintergrund, dass nach dem gesetzgeberischen Willen auch Einmalzahlungen der nachgelagerten Besteuerung unterworfen werden sollten, ist es jedoch zutreffend, dass der Beklagte die Höhe des Besteuerungsanteils in Abhängigkeit vom Veranlagungszeitraum der Abfindungszahlung bestimmt hat.
    Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Behandlung der Kapitalabfindung als steuerfrei auch nicht deswegen gerechtfertigt, weil diese auf bis zum 31. Dezember 2004 erbrachten Rentenversicherungsbeiträgen des Klägers beruht. Denn das AlteinkG sieht ausdrücklich keinen Bestandsschutz für vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossene Verträge vor. Vielmehr sollen alle Auszahlungen, die ab dem 1. Januar 2005 erfolgen, mit dem entsprechend maßgebenden Vomhundertsatz in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Hierbei handelt es sich auch nicht, wie die Kläger meinen, um eine echte, sondern lediglich um eine unechte Rückwirkung, da die steuerliche Belastung der Renteneinkünfte erst ab dem 1. Januar 2005, d.h. nach Verkündung der Norm am 9. Juli 2004 eintritt. Nach der Rechtsprechung des BFH hat sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des AlteinkG zudem innerhalb der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Vertrauensschutzes gehalten. Zwar ergab sich die einkommensteuerliche Belastung der Renteneinkünfte aufgrund des Systemwechsels erst nach Verkündung des AltEinkG am 9. Juli 2004; der Kläger hatte aber bereits in Vorjahren die entsprechenden Altersvorsorgeaufwendungen geleistet. Es liegen damit Dispositionen des Klägers vor, die bereits abschließend vollzogen worden waren und nicht mehr geändert werden konnten. Das Ziel des Gesetzgebers bei der Schaffung des AltEinkG war es jedoch, eine steuerrechtssystematisch schlüssige und folgerichtige Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen zu erreichen. Die verfassungsrechtlich geforderte Beseitigung der Ungleichbehandlung bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Finanzierbarkeit der Neuregelung für die öffentlichen Haushalte hat eine so hohe Bedeutung für das Gemeinwohl, dass das Interesse des Klägers am Fortbestand der Ertragsanteilsbesteuerung seiner Renteneinkünfte dahinter zurücktreten muss (vgl. BFH-Urteil vom 4. Februar 2010 X R 52/08, BFH/NV 2010, 1253 Rdn. 43ff.; dagegen Verfassungsbeschwerde anhängig, BVerfG 2 BvR 1066/10). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat in vollem Umfang an.
    Das Vorbringen der Kläger, die Rechtslage bis zum 31. Dezember 2004, wonach Kapitalauszahlungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung unter analoger Anwendung von § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a.F. als steuerfrei behandelt worden seien, müsse aus Gründen der Steuergerechtigkeit weiter Geltung haben, vermag nicht zu überzeugen. Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a.F. in analoger Anwendung überhaupt eine Steuerfreiheit von Einmalleistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu rechtfertigen vermochte (zweifelnd: Risthaus in HHR, EStG, § 22 Rz. 278). Denn während es bis zum 31. Dezember 2004 keine einschlägige gesetzliche Vorschrift für die Besteuerung derartiger Leistungen gab, hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Januar 2005 in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG eine solche Norm geschaffen, und zwar – wie dargelegt – ohne Bestandsschutz für Altverträge. Im Hinblick darauf verbleibt für eine weitere entsprechende Anwendung von § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a.F. kein Raum (ebenso: Risthaus in HHR, EStG, § 22 Rz. 278).
    Entgegen dem Vorbringen der Kläger kann im Streitfall auch nicht festgestellt werden, dass die Besteuerung der Kapitalabfindung mit einem Besteuerungsanteil von 58 v. H. einen (teilweisen) Verstoß gegen das Verbot der Doppelbesteuerung beinhaltet.
    Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis dieser Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine Doppelbesteuerung vermieden wird (BVerfG-Beschluss vom 6. März 2002 2 BvL 17/99, Entscheidungen des BVerfG –BVerfGE- 105, 73, BStBl II 2002, 618). Wann eine Doppelbesteuerung eintritt, hat das BVerfG indes weder begrifflich noch rechnerisch konkretisiert (vgl. BFH-Urteil vom 4. Februar 2010 X R 52/08 a.a.O.).
    Eine zweifache Besteuerung liegt aus Sicht des Senates nicht – wie von den Klägern noch vorprozessual geltend gemacht - schon dann vor, wenn und soweit der sich aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ergebende Besteuerungsanteil die Differenz zwischen Abfindungszahlung und geleisteten Rentenversicherungsbeiträgen übersteigt. Eine solche Betrachtung ließe nämlich unberücksichtigt, dass die in der Vergangenheit geleisteten Rentenversicherungsbeiträge aufgrund des Sonderausgabenabzugs stets anteilig steuerentlastet gewesen sind.
    Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung hält der Senat auch nicht die Bemessungsgrundlagenberechung der Kläger lt. Schriftsatz vom 14. September 2011 für überzeugend. Hierin läge, wie auch vom Beklagten ausgeführt, eine unberechtigte zweifache Begünstigung der Kläger insoweit, als der Besteuerungsanteil von (nur) 58 % gerade eine die Überbesteuerung vermeidende Übergangslösung bis zur 100 %-igen nachgelagerten Besteuerung darstellt. Es verbleibt danach kein Raum, den vermeintlich doppelt besteuerten Anteil zusätzlich von der Bemessungsgrundlage abzuziehen.
    Eine unberechtigte Zweifachbesteuerung liegt nach Ansicht des Senates erst vor, wenn die Rentenversicherungsbeiträge aus versteuertem Einkommen die steuerfreien Renteneinkünfte übersteigen (so auch: Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 30. A., § 22 Rdn. 102; Levedag, NWB 2009, 1330, 1337). Stellt man hier den steuerfreien Teil der Kapitalabfindung (42 % von 350.642 EUR = 147.269,64 EUR) den aus versteuertem Einkommen geleisteten Beitragszahlungen von unstreitig 123.664 EUR gegenüber, dann liegt nach diesem Maßstab keine Doppelbesteuerung vor. Auch der BFH hat mit seinem Urteil vom 26. November 2008 X R 15/07 (BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710; Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen lt. BVerfG-Beschluss vom 9. Juli 2009, 2 BvR 201/09; Anm. Levedag NWB 2009, 1330) die aus versteuertem Einkommen zum Aufbau der Alterssicherung geleisteten Beiträge den bislang vom Steuerpflichtigen steuerfrei erhaltenen und entsprechend der statistischen Lebenserwartung künftig zu erwartenden, nicht der Besteuerung unterliegenden Rentenzahlungen gegenübergestellt und (ohne dies allerdings abschließend entscheiden zu müssen) für den Zeitpunkt, zu dem der Steuerpflichtige mehr steuerfreie Renteneinkünfte bezogen als er vorher aus versteuertem Einkommen Beiträge gezahlt habe, einen Verstoß gegen das Verbot der Doppelbesteuerung verneint (so auch Beschlüsse des FG Münster vom 28. Dezember 2007 12 V 726/07 E, juris; des FG München vom 23. September 2010 15 K 4529/06, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG- 2011, 145; dagegen gerichtete NZB BFH X B 195/10 ruht lt. BFH-Beschluss vom 24.5.2011 X B 195/10 bis zur Entscheidung über die o. a. Verfassungsbeschwerde BVerfG 2 BvR 1066/10; vgl. auch der Gesetzentwurf BT-Drs. 15/2150 Seite 23). Weitere streitig diskutierte Fragen zur Zweifachbesteuerung (vgl. bei Kulosa in HHR, EStG, § 10 Rdn. 339 ff.; Intemann/Cöster DStR 2005, 1921 – etwa Einbeziehung des Grundfreibetrages oder des Sonderausgabenpauschbetrages) sind vorliegend schon zahlenmäßig nicht entscheidungserheblich.
    Die hilfsweise von den Klägern geltend gemachte Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 1, 2 EStG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die in § 34 Abs. 2 EStG enumerativ aufgeführten Anwendungsfälle sind hier sämtlich nicht erfüllt.
    Insbesondere handelt es sich bei der Kapitalauszahlung nicht um eine Entschädigung i. S. von § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 EStG. Die Leistung stellt keinen Ersatz auf einer neuen Rechtsgrundlage dar, sondern die Erfüllung eines unverändert bestehenden Anspruchs mit lediglich modifizierter Zahlungsmodalität. Eine die Anwendung des § 24 Nr. 1 EStG rechtfertigende neue Rechtsgrundlage ist nicht gegeben, wenn unter Fortsetzung des Einkunftserzielungstatbestandes im Rahmen des bisherigen Rechtsverhältnisses ein bestehender Anspruch durch den Vertragspartner abgegolten wird; stattdessen muss das zugrunde liegende Rechtsverhältnis beendet werden (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Mai 2005 XI B 45/04, BFH/NV 2005, 1821; Drenseck in Schmidt, EStG, 30. A., § 24 Rdn. 8).
    Ebenso wenig liegt eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit i. S. von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG vor. Zwar ist nach Ansicht der Finanzverwaltung die Tarifbegünstigung etwa auf Zahlungen zur Abfindung von Pensionsanwartschaften anzuwenden (EStH 34.4) und sind in einer Summe gezahlte Versorgungsleistungen des Arbeitgebers aufgrund einer Direktzusage als Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten ermäßigt zu besteuern (BMF-Schreiben vom 31. März 2010, BStBl I 2010, 270). Ob diese steuerliche Behandlung dem Gesetz entspricht und auch auf eine Auszahlung aus einem berufsständischen Versorgungswerk auszudehnen wäre, um eine Ungleichbehandlung wegen verschiedener Einkunftsarten oder in sonstiger Hinsicht zu vermeiden, kann dahinstehen. Denn eine derartige steuerliche Begünstigung kommt hier auch nach dem o. a. BMF-Schreiben (dort: Rdn. 328, 330) schon deshalb nicht in Betracht, weil der Fall einer (bloßen) Teilkapitalauszahlung vorliegt, der den Tatbestand der Zusammenballung i. S. von § 34 EStG nicht erfüllt.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
    Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.