06.11.2012 · IWW-Abrufnummer 130136
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 21.09.2012 – 3 K 144/11
1. Die Verminderung des Sonderausgabenabzugs für die private Krankenversicherung der Basisversorgung um die Arbeitgeberzuschüsse auch insoweit, als diese auf die Komfortversorgung entfallen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 EStG), ist verfassungsgemäß.
2. Der Ausschluss anderer Vorsorgeaufwendungen (wie Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosenversicherung, Haftpflichtversicherung, Unfallversicherung) vom Sonderausgabenabzug, wenn die Aufwendungen für die Krankenversicherung der Basisversorgung den Höchstbetrag bereits ausschöpfen (§ 10 Abs. 4 Satz 4), ist verfassungsgemäß.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten um die Verfassungsmäßigkeit der Anrechnung des gesamten Arbeitgeberzuschusses zur privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung auf die Beiträge zur Basisversorgung, nicht aufgeteilt in einen Zuschuss zur Basisversorgung und einen Zuschuss zur Komfortversorgung, beim Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 EStG in der Fassung des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung (Streitjahr 2010).
I.
1. a) Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind Angestellte, deren Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze gemäß § 6 Abs. 6 SGB V übersteigt, in der gesetzlichen Krankenversicherung (nicht jedoch in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung) versicherungsfrei. Die Jahresarbeitsentgeltgrenze betrug 2010 49.950 Euro jährlich, entsprechend 4.162,50 Euro monatlich.
b) Gemäß § 257 Abs. 1 und 2 SGB V sind Arbeitgeber verpflichtet, Beschäftigten, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei sind, einen Beitragszuschuss zu zahlen.
Sind die Beschäftigten freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert, erhalten sie gemäß § 257 Abs. 1 SGB V einen Zuschuss in Höhe desjenigen Betrages, den der Arbeitgeber gemäß § 249 Abs. 1 SGB V bei Versicherungspflicht zu tragen hätte, d. h. die Hälfte der Beiträge des Beschäftigten aus dem Arbeitsentgelt nach dem (um 0,9 Beitragssatzprozentpunkte verminderten) allgemeinen Beitragssatz.
Sind die Beschäftigten bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert, erhalten sie gemäß § 257 Abs. 2 SGB V einen Zuschuss in Höhe desjenigen Betrages, der sich bei Versicherungspflicht ergäbe (die Hälfte des um 0,9 Beitragssatzpunkte verminderten allgemeinen Beitragssatzes gemäß § 241 SGB V, angewendet auf die bei Versicherungspflicht gemäß § 226 Abs. 1 SGB V beitragspflichtigen Einnahmen, d. h. das Arbeitsentgelt), jedoch höchstens die Hälfte des Betrages, den der Beschäftigte für seine Krankenversicherung (insgesamt) zu zahlen hat.
Die Regelungen für die Pflegeversicherung in § 61 Abs. 1 und 2 SGB XI lauten entsprechend: Der Arbeitgeberzuschuss ist begrenzt auf den Betrag, der bei Versicherungspflicht vom Arbeitgeber zu leisten wäre, bei privat krankenversicherten außerdem auf die Hälfte des Betrages, den der Beschäftigte an seine Versicherung insgesamt zu zahlen hat.
c) Gemäß § 3 Nr. 62 EStG sind Aufwendungen des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, zu denen der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet ist, steuerfrei. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV gehört zur Zukunftssicherung auch die Absicherung für den Fall der Krankheit.
2. a) Bis 2009 war der Sonderausgabenabzug von allen „sonstigen” Vorsorgebeiträgen (d. h. außer Altersvorsorge), darunter auch Kranken- und Pflegeversicherungen, gemäß § 10 Abs. 4 EStG begrenzt, und zwar allgemein auf 2.400 Euro, jedoch bei Leistungen des Arbeitgebers gemäß § 3 Nr. 62 EStG nur auf 1.500 Euro. Die (der Regelung des § 3c Abs. 1 EStG ähnliche) Vorschrift des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG schloss den Sonderausgabenabzug von Vorsorgeaufwendungen aus, wenn diese in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen standen.
b) Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erklärte mit Beschluss vom 13.02.2008 diese Regelung für verfassungswidrig und verpflichtete den Gesetzgeber zu einer Neuregelung spätestens mit Wirkung zum 01.01.2010 (BVerfG, Beschluss vom 13.02.2008 2 BvL 1/06, DStR 2008, 604, Juris).
c)
aa) Mit dem Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung - BürgerEntlG KV) vom 16.07.2009 (BGBl. 2009 I S. 1959) änderte der Gesetzgeber mit Wirkung ab 2010 § 10 EStG in mehrfacher Hinsicht. Die Höchstbetragsgrenzen des § 10 Abs. 4 EStG wurden angehoben (die allgemeine von 2.400 Euro auf 2.800 Euro, die bei Leistungen des Arbeitgebers gemäß § 3 Nr. 62 EStG von 1.500 Euro auf 1.900 Euro). Zugleich wurde bestimmt, dass Vorsorgeaufwendungen zur Basisversorgung - von diesem Höchstbetrag unabhängig - stets in voller Höhe als Sonderausgaben abziehbar sind (§ 10 Abs. 4 Satz 4 EStG n. F.); schöpfen diese Basiskrankenversicherungsaufwendungen den Höchstbetrag aus oder übersteigen sie ihn, sind die Aufwendungen für die Komfortversorgung und für andere Versicherungsarten allerdings nicht mehr abziehbar. Ferner wurde § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG um einen Halbsatz 2 ergänzt, wonach steuerfreie Zuschüsse zu einer Kranken- oder Pflegeversicherung insgesamt in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Vorsorgeaufwendungen zur Basisversorgung stehen.
...
II.
1. a) Der ... geborene, einzeln veranlagte Kläger, ein gelernter Maschinenbautechniker, war im Streitjahr nichtselbstständig tätig mit einem Bruttoarbeitslohn von 78.933 Euro (Einkommensteuerhefter - ESt-H - Bl. 29). Er zahlte an eine private Krankenversicherung 5.667,60 Euro, davon Krankenabsicherung der Basisversorgung 4.080,36 Euro, Krankenversicherung der Nichtbasisversorgung 1.317,48 Euro und Pflegepflichtversicherung (insgesamt Basisversorgung) 269,76 Euro (ESt-H Bl. 2). Sein Arbeitgeber gewährte ihm einen steuerfreien Arbeitgeberzuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung von 2.834 Euro (ESt-H Bl. 30), also der Hälfte des Gesamtbetrages vom 5.667.60 Euro. Außerdem leistete der Kläger Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung von 924 Euro (die Hälfte des Beitrags von 2,8 % der Beitragsbemessungsgrenze von 66.000 Euro), eine Haftpflichtversicherungsprämie von 38,68 Euro sowie eine Unfallversicherungsprämie von 48,67 Euro, von der der Kläger die Hälfte, also 24,34 Euro, als Sonderausgabe geltend macht. Mithin betragen die übrigen Vorsorgeaufwendungen zusammen aufgerundet 988 Euro.
Durch die Unfallversicherung sind sowohl private als auch berufliche Risiken abgesichert. Durch Verwaltungsvorschrift wird die schätzweise Aufteilung und mangels näherer Angaben eine hälftige Schätzung der Anteile zugelassen (Schreiben des BMF vom 28.10.2009,BStBl I 2009, 1275, Tz. 1.3).
b) Aufgrund der am 18.05.2011 durch Datenfernübertragung übermittelten ESt-Erklärung veranlagte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) mit ESt-Bescheid 2010 vom 17.06.2011 und berechnete den Sonderausgabenabzug bezüglich der sonstigen (nicht die Altersvorsorge betreffenden) Vorsorgeaufwendungen wie folgt:
Beiträge zur Krankenversicherung | 4.080 Euro |
Beiträge zur Pflegeversicherung | 270 Euro |
zusammen | 4.350 Euro |
abzüglich steuerfreie Arbeitgeberleistungen | 2.834 Euro |
verbleiben (unbeschränkt abzugsfähig) | 1.516 Euro |
zuzüglich übrige Vorsorgeaufwendungen | 988 Euro |
Summe | 2.504 Euro |
davon abzugsfähig(Höchstbetrag) | 1.900 Euro |
2. Mit seinem Einspruch vom 29.06.2011, eingegangen am 01.07.2011, den er nach Zurückweisung als unbegründet durch Einspruchsentscheidung vom 20.07.2011 mit seiner Klage vom 03.08.2011, eingegangen am 05.08.2011, weiterverfolgt, begehrt der Kläger einen um 275 Euro höheren Sonderausgabenabzug.
III.
Der Kläger trägt vor:
Der Zuschuss des Arbeitgebers von 2.833,80 Euro verteile sich auf die Basisversorgung zu 2.175,09 Euro und auf die Wahlleistungen zu 658,71 Euro (Berechnung FG-A Bl. 11). Die Beiträge zur Basisversorgung von insgesamt 4.350 Euro seien daher nur um 2.175 Euro zu kürzen, so dass 2.175 Euro verblieben. Dieser die Höchstgrenze von 1.900 Euro um 275 Euro übersteigende Betrag allein für die Basisversorgung sei aber gemäß § 10 Abs. 4 Satz 4 EStG in jedem Falle, auch soweit er die Höchstgrenze übersteige, abziehbar.
Es sei zwar zutreffend, dass nach einfachem Gesetzesrecht (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 EStG) der gesamte Arbeitgeberzuschuss insgesamt auf die Aufwendungen zur Basisversorgung entfalle. Diese typisierende Zuordnung des Arbeitgeberzuschusses sei jedoch verfassungswidrig:
Die Arbeitgeberzuschüsse zur privaten Krankenversicherung entfielen nicht nur auf die Basisversorgung. Denn diese seien gemäß § 257 Abs. 2 Satz 2 SGB V gerade nicht auf die Hälfte der Beiträge zur Basisversorgung, sondern auf die Hälfte des Gesamtkrankenversicherungsbeitrages begrenzt. Davon gehe auch die Verwaltung in ihrer Richtlinie zu § 3 Nr. 62 EStG aus (R 3.62 Nr. 3 Sätze 3 bis 5 LStR 2011). Da im hiesigen Fall der Krankenversicherungsbeitrag für die private Krankenversicherung einschließlich Komfortleistungen geringer sei, als es der Beitrag für die gesetzliche Krankenversicherung wäre, bestehe der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Beiträgen zur Basisversorgung und den steuerfrei erhaltenen Arbeitgeberzuschüssen somit nur anteilig.
Das Urteil des BVerfG werde daher durch das BürgerEntlG KV nur unzureichend umgesetzt. Der Basisversorgung dienende und damit existenznotwendige Aufwendungen würden steuerlich nicht verschont. Dies verstoße zum einen gegen das subjektive Nettoprinzip und zum anderen liege eine Ungleichbehandlung gegenüber Arbeitnehmern vor, die freiwillig gesetzlich krankenversichert seien. Die gesetzgeberisch gerade intendierte und verfassungsrechtlich auch gebotene Gleichbehandlung von freiwillig gesetzlich und privat Krankenversicherten werde verfehlt. Bei den privat Versicherten würden die Basisversorgungsaufwendungen verhältnismäßig mehr (nämlich über die Hälfte) gemindert als bei freiwillig gesetzlich versicherten, bei denen sie genau zur Hälfte gemindert würden.
...
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 17.06.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.07.2011 dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen um 275 Euro geringer angesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Berücksichtigung des vollen Arbeitgeberzuschusses beim Sonderausgabenabzug folge aus dem Gesetz (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HS 2 EStG). Zwar ergebe sich daraus eine gewisse Benachteiligung, diese sei jedoch durch Vereinfachungsgesichtspunkte gerechtfertigt. Der Gesetzgeber sei zur Vereinfachung und Typisierung befugt. Die möglichen Benachteiligungen hielten sich in einem engen Rahmen. Üblicherweise entfalle nur ein geringer Teil der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf die Komfortversicherung.
Die Möglichkeit für typisierende und pauschalisierende Regelungen gelte auch im Bereich des subjektiven Nettoprinzips. Das sachliche Existenzminimum bleibe in ausreichendem Maße berücksichtigt.
IV.
1. Der Hefter ESt 2010 für den Kläger hat vorgelegen.
2. Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Gründe
B. Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Dem Kläger steht kein höherer Sonderausgabenabzug für seine Aufwendungen zur Krankenversicherung der Basisversorgung zu.
I.
Die Berechnung des Finanzamtes entspricht - zwischen den Beteiligten unstreitig - dem einfachen Gesetz (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HS 2 EStG). Danach sind die gesamten Arbeitgeberzuschüsse von den Aufwendungen für die Basisversorgung abzuziehen.
Die abweichende Ansicht von Dommermuth/Hauer (DB 2009, 2512, 2514), wonach Beiträge aufgrund steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse bereits gar nicht als Vorsorgeaufwendungen zu qualifizieren sind, widerspricht sowohl dem Wortlaut von § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HS 2 EStG als auch der Systematik von § 10 Abs. 1 bis 4 EStG. Sie ist im Schrifttum zu Recht vereinzelt geblieben.
II.
Die gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß.
1. Sie verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Der Gesetzgeber hat bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Dieser Spielraum wird im Bereich des Einkommensteuerrechts vor allem durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast an der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit begrenzt. Das gleichheitsrechtliche Gebot der Folgerichtigkeit begrenzt die Befugnis des (Steuer-)Gesetzgebers, die zentralen Fragen gerechter Belastungsverteilung weitgehend ungebunden zu entscheiden. Das Verfassungsrecht, namentlich die Grundrechte der Steuerpflichtigen, bildet hier lediglich einen allgemeinen Rahmen für die weitgehende Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Bei der Ausgestaltung seiner Verteilungsentscheidungen binden jedoch die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Folgerichtigkeit und Verhältnismäßigkeit die Ausübung der gesetzgeberischen Freiheit an ein hinreichendes Maß an Rationalität und Abgewogenheit. Soweit darüber hinaus „überzeugende” dogmatische Strukturen durch eine systematisch konsequente und praktikable Tatbestandsausgestaltung entwickelt werden müssen, ist dies nicht Aufgabe des Verfassungsrechts (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2009 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111, DStRE 2009, 922, Juris Rn. 26, 32).
Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe unterschiedlich behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (BFH, Urteil vom 01.12.2010 IV R 39/07, BFH/NV 2011, 842, Juris Rn. 18).
b) Vergleichsgruppen sind die Selbstständigen und Gewerbetreibenden, sodann die gesetzlich pflichtversicherten Nichtselbstständigen, die freiwillig gesetzlich versicherten Nichtselbstständigen und schließlich, wozu der Kläger gehört, die privat versicherten Nichtselbständigen.
Bei dem Vergleich der Gruppen sind die im Zusammenhang stehenden Vorschriften, hier namentlich § 3 Nr. 62 EStG und § 257 Abs. 1 und 2 SGB V, § 61 Abs. 1 und 2 SGB XI, mit der hier relevanten Vorschrift des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HS 2 EStG, zu beachten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.02.2008 2 BvL 1/06, DStR 2008, 604, Juris Rn. 27). Bei einem Vergleich der einkommensteuerrechtlichen Situation von Gruppen, die unterschiedlichen Vorsorgesystemen angehören, sind auch die spezifischen Funktionsbedingungen dieser Systeme und deren Verhältnis zu den Normen des Einkommensteuergesetzes im Auge zu behalten (BVerfG, Beschluss vom 13.02.2008 2 BvL 1/06, DStR 2008, 604, Juris Rn. 78).
c) Während der Arbeitgeber bei den gesetzlich Versicherten - bei Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten gleichermaßen - nur für deren hälftige Absicherung auf Sozialversicherungsniveau aufkommen muss, hat der Gesetzgeber in § 257 Abs. 2 Satz 2 SGB V vorgesehen, dass der Arbeitgeber bei den privat Versicherten einen hälftigen Zuschuss für deren Beiträge auch im Komfortbereich, der über die Leistungen der Sozialversicherung hinausgeht, trägt, solange diese Beiträge nicht über den hypothetischen Sozialversicherungsbeitrag hinausgehen. Dadurch sind die privat Versicherten gegenüber den gesetzlich Versicherten privilegiert. Der Gesetzgeber hätte - wohl verfassungsrechtlich unbedenklich - die Pflicht des Arbeitgebers zur Zuschussleistung nämlich noch weiter auf die Hälfte der Beiträge zur - hinsichtlich der Leistungen der Sozialversicherung ähnlichen - Basisversorgung begrenzen können.
Ebenso hat der Gesetzgeber in § 3 Nr. 62 EStG den gesamten Zuschuss, zu dem der Arbeitgeber verpflichtet ist, steuerfrei gestellt, nicht nur denjenigen Zuschuss, der bei privat Versicherten auf die Basisversorgung entfällt. Auch dazu dürfte der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet sein, wodurch privat Versicherte erneut privilegiert sind. Sie erhalten Steuerfreiheit für den Arbeitgeberzuschuss auch, soweit dieser auf die Komfortleistungsanteile ihrer Versicherung entfällt, während gesetzlich Versicherte - egal ob pflicht- oder freiwillig versichert - nur die Hälfte der Absicherung auf Sozialversicherungsniveau steuerfrei erhalten.
Ob diese doppelte Privilegierung privat versicherter Arbeitnehmer eher von Vereinfachungserwägungen getragen ist, damit der Arbeitgeber bei der Berechnung seines verpflichtenden Zuschusses und der abzuziehenden Lohnsteuer bei privat versicherten Arbeitnehmern von einer schwierigen Aufteilung befreit ist, oder ob der Gesetzgeber damit Anreize für privat versicherte Arbeitnehmer zu privaten Krankenversicherungen über einen Basistarif hinaus schaffen oder private Krankenversicherungsunternehmen subventionieren wollte, kann offen bleiben.
Jedenfalls ist die vom Kläger aufgezeigte Benachteiligung privat versicherter Arbeitnehmer gegenüber gesetzlich versicherten Arbeitnehmern im Rahmen der Berechnung der als Sonderausgaben abziehbaren Kosten der Basisversorgung dadurch, dass hier eine Verlagerung von den ohne Begrenzung abziehbaren Kosten der Basisversorgung zu den nur im Rahmen des Höchstbetrages abziehbaren Kosten der Komfortversorgung und anderer Versicherungen eintritt in Höhe des vom Arbeitgeber auf die Komfortleistungen gezahlten Zuschusses, nur eine Kompensation anderweitiger Privilegierungen. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung hat der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.02.2008 2 BvL 1/06, DStR 2008, 604, Juris Rn. 99, 102) noch nicht überschritten.
d) Dies gilt umso mehr, wenn auch noch die Situation von Selbstständigen und Gewerbetreibenden mit berücksichtigt wird (zum notwendigen Vergleich von Selbstständigen mit privat versicherten Arbeitnehmern BVerfG, Beschluss vom 13.02.2008 2 BvL 1/06, DStR 2008, 604, Juris Rn. 76-102). Selbstständige und Gewerbetreibende müssen nämlich ihre Krankenversicherungsbeiträge im Gegensatz zu den Arbeitnehmern voll aus versteuertem Einkommen aufbringen. Zuschüsse des Geschäftsherrn (etwa einer Versicherungsgesellschaft für ihren selbständigen Versicherungsvertreter) erhöhen ihr steuerpflichtiges Einkommen, § 3 Nr. 62 EStG gilt für sie nicht (BFH, Urteil vom 27.02.1991 XI R 24/88, BFH/NV 1991, 453, Juris Rn. 9). Dies gilt selbst dann, wenn der Vertragspartner zu den Zuschüssen gesetzlich verpflichtet ist (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.08.1995 1 K 1932/93, Juris: aufgrund gesetzlicher Verpflichtung gezahlte Beitragszuschüsse der Sport-Toto-GmbH an den Leiter einer Toto-Lotto-Bezirksstelle, der ein gewerbliches Unternehmen betreibt, sind für diesen Betriebseinnahmen).
2. Die gesetzliche Regelung verstößt auch nicht gegen das sich aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums (subjektives Nettoprinzip). Zwar gehört zum steuerfrei zu belassenden Existenzminimum auch die Kranken- und Pflegeversorgung auf Sozialhilfeniveau (BVerfG, Beschluss vom 13.02.2008 2 BvL 1/06, DStR 2008, 604, Juris Rn. 104, 110, 113), so dass die Aufwendungen für die Versicherung der Basisversorgung neben dem Grundfreibetrag freizustellen sind.
a) Die Regelung in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HS 2 EStG führt in der gebotenen Zusammenschau mit § 3 Nr. 62 EStG jedoch nicht dazu, dass die zur Bestreitung des Existenzminimums notwendigen Mittel besteuert würden.
Privat versicherte Arbeitnehmer erhalten gemäß § 257 Abs. 2 Satz 2 SGB V häufig (nämlich wenn die Absicherung der Basisversorgung in der privaten Versicherung geringere Beiträge erfordert, als sie in der gesetzlichen Sozialversicherung anfallen würden, so auch im hiesigen Fall) einen Zuschuss des Arbeitgebers zu ihren Krankenversicherungsbeiträgen anteilig auch bezüglich der damit abgesicherten Komfortleistungen, wie der Kläger zutreffend darlegt. Auch dieser Anteil ist gemäß § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei (vgl. schon oben B.II.1.c). Zur Steuerfreistellung des Existenzminimums (subjektiven Nettoprinzip) ist diese Steuerfreistellung nicht geboten, weil sie Zuschüsse zu Leistungen betrifft, die nicht zum sozialhilferechtlich abgesicherten Existenzminimum gehören. Damit hat der Steuerpflichtige einen Steuervorteil, eine Art Steuersubvention. Durch den Abzug auch dieses Anteils des Arbeitgeberzuschusses gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HS 2 EStG bei der Berechnung des unbeschränkt als Sonderausgabe abzugsfähigen Teils der Krankenversicherungsbeiträge wird dem Steuerpflichtigen lediglich der zuvor durch die Verfassung nicht geforderte Steuervorteil wieder genommen. Damit liegt keine Besteuerung des Existenzminimums vor.
Zwar könnte eine Besteuerung des Existenzminimums und damit eine Verletzung des subjektiven Nettoprinzips grundsätzlich nicht damit gerechtfertigt werden, dass dem Steuerpflichtigen irgendeine Steuersubvention, auf die er keinen verfassungsrechtlichen Anspruch hat, für irgendeinen (anderen) Sachverhalt gewährt wird. Nach Auffassung des Senats stehen jedoch § 3 Nr. 62 EStG und § 10 Abs. 1 bis 4 EStG in einem sehr engen inneren Zusammenhang; sie betreffen einen identischen Lebenssachverhalt und Regelungsbereich (steuerliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen). Daher ist die Gesamtbetrachtung und daher „Verrechnung” des Nachteils aus § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HS 2 EStG mit dem Vorteil aus § 3 Nr. 62 ausnahmsweise zulässig und geboten.
Im Ergebnis steht der Steuerpflichtige steuerlich auch nicht schlechter da, als wenn er nur einen Basistarif abgeschlossen und daher auch nur für diese Beiträge Zuschüsse vom Arbeitgeber bekommen hätte. Der Senat folgt daher nicht einer im Schrifttum vertretenen Auffassung, wonach ein Nachteil vorliegt (Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 10 EStG Rn. 305: „gewisse Benachteiligung”).
b) Im Übrigen wäre selbst dann, wenn man einen solchen Nachteil entgegen den vorstehenden Erwägungen doch bejahen wollte, die Regelung gleichwohl nicht verfassungswidrig.
aa) Denn der Gesetzgeber ist auch im Bereich der Beiträge zu privaten Kranken- und Pflegeversicherungen zu typisierenden Lösungen im Massenverfahren befugt (BVerfG, Beschluss vom 13.02.2008 2 BvL 1/06, DStR 2008, 604, Juris Rn. 139). Dazu zählen auch Gesichtspunkte der Verfahrensvereinfachung.
Der Gesetzgeber muss dabei zwar beachten, dass die typisierenden Regelungen im Bereich des Existenzminimums in möglichst allen Fällen den Bedarf abdecken (BVerfG, Beschluss vom 13.02.2008 2 BvL 1/06, DStR 2008, 604, Juris Rn. 141 f.). Es darf durch die Typisierung nicht zu substantiellen Einbußen beim Existenzminimum kommen.
bb) Die Aufteilung der Arbeitgeberzuschüsse und die Berechnung des sich daraus zusätzlich ergebenden Sonderausgabenabzugs wäre aber aufwändig und fehleranfällig (vgl. schon ESt-H Bl. 20 R und Bl. 24, die nur die Aufteilung vornehmen, und FG-A Bl. 11 mit der weiteren Berechnung der Auswirkung). Eine Aufteilung ist (vgl. oben II.1.c) bisher an keiner anderen Stelle erforderlich und wäre daher nur und erstmals für den Sonderausgabenabzug durchzuführen.
Beim Kläger würde sie das zu versteuernde Einkommen von 67.544 Euro um 275 Euro auf 67.269 Euro, also um 0,4 % mindern. Die festzusetzende Einkommensteuer würde sich von 19.941 Euro um 116 Euro auf 19.825 Euro verringern, also um 0,6 %. Die Auswirkungen sind daher gering, obwohl der auf die Komfortleistungen entfallende Krankenversicherungsbeitrag beim Kläger 24,4 % (1.317 Euro von 5.397 Euro) beträgt (allgemein ergibt sich für Vollversicherungen aus § 3 Abs. 2 der Krankenversicherungsbeitragsanteil-Ermittlungsverordnung - KVBVO - ein Anteil von 20,41 % durch Aufsummierung der Komfortanteile i. S. v. § 2 Abs. 1 KVBEVO).
Dies ist auch typisch und zu erwarten, denn wegen Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze haben privat Versicherte typischerweise ein höheres Einkommen, so dass die durch die Vereinfachung bewirkte Änderung des steuerpflichtigen Einkommens relativ zu diesem gering bleiben wird.
cc) Die Fälle privat versicherter Arbeitnehmer und die sich aus § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HS 2 EStG für diese ergebende Beschränkung des Abzugs von Vorsorgeaufwendungen unterscheiden sich daher nach Art und Dimension grundlegend von dem Fall, der der Entscheidung des BVerfG und dessen Ausspruch der Verfassungswidrigkeit zugrunde gelegen hat; dort ging es um ein Ehepaar mit sechs Kindern, der Ehemann war selbständig, die Ehefrau nicht berufstätig, das Paar musste für sich und seine Kinder 36.032 DM (18.422 Euro) Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung aufwenden, von den insgesamt geltend gemachten rund 66.000 DM (rund 33.700 Euro) Vorsorgeaufwendungen konnte das Paar nur 19.830 DM (10.139 Euro) abziehen. Für diesen Fall hatte das BVerfG die Grenzen der Typisierungskompetenz des Gesetzgebers als überschritten angesehen.
In Fällen wie dem hiesigen Fall wären diese Grenzen jedoch nach Auffassung des Senats noch eingehalten (ebenso Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 10 EStG Rn. 305: durch Vereinfachungsgesichtspunkte gerechtfertigt; ohne Bedenken auch Risthaus, DStZ 2009, 669, 677 l. Sp. und Mysen/Wolter, NWB 2009, 2313, 2325).
3. Auch der Ausschluss von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung und von Haftpflicht- und Unfallversicherungsprämien aus den unbeschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben ist verfassungsgemäß, weil diese nicht zum sozialhilferechtlichen Existenzminimum zählen.
a) Der Senat hat die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes auch für andere Besteuerungsmerkmale von Amts wegen zu überprüfen, ohne dass für diese die Verfassungswidrigkeit ausdrücklich geltend gemacht wird.
b) Die Höchstbetragsregelung für sonstige Vorsorgeaufwendungen wird im Schrifttum bezweifelt (Söhn, Vorsorgeaufwendungen und einkommensteuerliches Existenzminimum, FS Lang (2010), S. 559, 561; Schulemann, Sonderausgabenabzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung, Karl-Bräuer-Institut Nr. 56, https://www.econstor.eu/dspace/bitstream/10419/45387/1/657136417.pdf, S. 14: es sei zu befürchten, dass die Beseitigung der früheren verfassungswidrigen Behandlung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung durch die Schaffung einer verfassungswidrigen Behandlung der sonstigen Vorsorgeaufwendungen erkauft wird).
c) Würden die übrigen Vorsorgeaufwendungen (988 Euro) zum freizustellenden Existenzminimum rechnen, wären statt 1.900 Euro 2.504 Euro abzuziehen (oben A. II.1.b). Auch dies würde zum Erfolg des (weniger weitgehenden) Klageantrags führen.
d) Nach Auffassung des Senats folgt aus der Rechtsprechung des BVerfG, dass für die Abgrenzung (Bemessung) des steuerlich freizustellenden Existenzminimums allein entscheidend die sozialhilferechtliche Rechtslage ist. Der Staat darf das, was er dem Bedürftigen voraussetzungslos aus Haushalts- (und damit Steuer-) mitteln zuwendet, dem Leistungsfähigen nicht wegnehmen. Dies folgt aus dem Grundgedanken der Subsidiarität, wonach Eigenversorgung Vorrang vor staatlicher Fürsorge hat (BVerfG, Beschluss vom 13.02.2008 2 BvL 1/06, DStR 2008, 604, Juris Rn. 104).
e) Ein Sozialhilfeempfänger erhält jedoch weder Beiträge zur Arbeitslosenversicherung noch Haftpflicht- oder Unfallversicherungsprämien.
aa) Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt wird durch den monatlichen Regelbedarf und durch zusätzliche Bedarfe abgedeckt(§ 27a Abs. 1 und 2, §§ 30-36 SGB XII). Bei den zusätzlichen Bedarfen sind die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung und für die Altersvorsorge ausdrücklich normiert (§§ 32, 33 SGB XII), jedoch nicht die Absicherung gegen Arbeitslosigkeit, Unfall und Haftpflichtinanspruchnahme. Diese würden daher nur zum Existenzminimum gehören, wenn sie vom Regelbedarf abgedeckt wären.
bb) In den Regelsätzen zur Deckung des Regelbedarfs sind jedoch keine Anteile für solche Versicherungen enthalten.
Gemäß §§ 28, 29 SGB XII erfolgt die Ermittlung der Regelbedarfe aufgrund einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. In §§ 5 und 6 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes (RBEG) vom 24.03.2011 werden die regelbedarfsrelevanten Anteile an den Verbrauchsausgaben der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 festgelegt; zuvor ergaben sich die Anteile aus § 2 Abs. 2 der Regelsatzverordnung (RSV) vom 03.06.2004 bezüglich der EVS 2003.
In der EVS wird das ausgabefähige Einkommen aufgeteilt in Aufwendungen für den privaten Konsum, übrige Ausgaben und Ersparnis. Zu den übrigen Ausgaben zählen: Versicherungsbeiträge, sonstige Einkommensübertragungen, sonstige Steuern, freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, Zinsen für Kredite sowie statistische Differenz (vgl. Statistisches Bundesamt, Themenband Wirtschaftsrechnungen, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe - Ausgewählte Ergebnisse, 1. Halbjahr 2003, Tabelle 2 Seite 15). In §§ 5 und 6 RBEG und § 2 Abs. 2 RSV werden jedoch nur bestimmte Anteile bestimmter Abteilungen der Verbrauchsausgaben, also des privaten Konsums, berücksichtigt. Die übrigen Ausgaben bleiben hier vollumfänglich unberücksichtigt. Anteile für Versicherungsbeiträge sind somit in den Regelsätzen nicht enthalten.
cc) Zwar kann im Einzelfall eine anderweitige Festsetzung erfolgen (§§ 9 Abs. 1, 27a Abs. 4 SGB XII). Jedoch können Beiträge für eine Privathaftpflichtversicherung nur ausnahmsweise dann übernommen werden, wenn die Versicherung schon vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit bestanden hat und die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles (z. B. besonderes Haftungsrisiko, kurze Dauer der Hilfe) dies rechtfertigen (vgl. - bereits zum früher geltenden Bundessozialhilfegesetz - Schellhorn, BSHG, 11. Aufl. 1984, § 12 BSHG Rn. 30), im Allgemeinen also nicht.
Im Übrigen scheidet bei Sozialhilfeempfängern eine Arbeitslosenversicherung begrifflich aus. Grund für die Bedürftigkeit ist in der Regel, dass der Bedürftige entweder nicht erwerbsfähig oder erwerbslos (insoweit dann - ähnlich - die Grundsicherung für Arbeitssuchende gemäß § 1 Abs. 1 SGB II) ist. Ein auf die Zukunft hin abzusicherndes Risiko des Verlustes des Arbeitsplatzes kann daher nicht bestehen, während das Risiko eines - möglicherweise schon aufgrund einfach fahrlässigen Verhaltens wirtschaftlich dauerhaft existenzgefährdenden - Haftpflichtschadens (ebenso wie die Risiken von Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Alter) auch bei Sozialhilfeempfängern besteht; bei Bedürftigen mit Kindern besteht namentlich das Risiko für die (älteren) Kinder, durch Fahrlässigkeit mit Schulden ins Erwachsenendasein zu starten, wenn nicht die Eltern für eine Haftpflichtversicherung Sorge tragen.
dd) Dass Sozialversicherungsbeiträge einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung sowie private Versicherungsprämien aller Art, sofern nach Grund und Höhe angemessen, vom einzusetzenden Einkommen abzusetzen sind (§ 82 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 SGB XII, § 11b Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 SGB II), bedeutet nicht, dass völlig einkommenslosen Personen entsprechende Leistungen zugewendet bzw. Ausgaben ersetzt werden.
f) Auf andere als sozialhilferechtliche Kriterien, etwa die faktische oder rechtliche Zwangsläufigkeit von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung bzw. Haftpflichtversicherungsprämien oder auf die Frage, ob das abgesicherte Risiko ein einer Krankheit oder Pflegebedürftigkeit zumindest vergleichbar existentielles Lebensrisiko darstellt, kommt es aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG (B.II.3.d) für das subjektive Nettoprinzip entgegen einzelner Literaturstimmen (Söhn, Vorsorgeaufwendungen und einkommensteuerliches Existenzminimum, FS Lang (2010), S. 559, 561; Schulemann, Sonderausgabenabzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung, Karl-Bräuer-Institut Nr. 56, https://www.econstor.eu/dspace/bitstream/10419/45387/1/657136417.pdf, S. 7, 13 f., 19) nicht an.
Die Zuordnung sonstiger Vorsorgeaufwendungen wie Haftpflicht- oder Unfallversicherungsprämien oder Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu den unbeschränkt und daher auch bei Ausschöpfung des Höchstbetrages bereits durch die Basiskrankenversicherungsbeiträge noch abzugsfähigen Sonderausgaben ist somit zwar rechtspolitisch wünschenswert, verfassungsrechtlich aber nicht geboten.
III.
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
2. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.