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  • 17.12.2012

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 22.05.2012 – 13 K 2265/11 E

    - Selbst für den Fall, dass man die Einspruchseinlegung per E-Mail als zulässig ansieht, erfordert die Vollständigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung nicht, dass auf die Möglichkeit zur Einspruchseinlegung per E-Mail hingewiesen werden muss (entgegen Urteil des Niedersächsischen FG vom 24.11.2011 10 K 275/11, EFG 2012, 292).


    - Ebenso wie das Computerfax wird die empfangene und ausgedruckte einfache E-Mail in der derzeit mit den Finanzämtern ausgeübten Kommunikationspraxis als eine Unterform des Schriftstücks behandelt, so dass sie konsequenterweise als von der „herkömmlichen” Rechtsbehelfsbelehrung erfasst anzusehen ist.


    Tatbestand

    Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Da die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für 2009 nicht fristgemäß abgaben, erließ der Beklagte (das Finanzamt –FA–) am 22.2.2011 einen Einkommensteuerbescheid, in dem er die Besteuerungsgrundlagen gem. § 162 der Abgabenordnung (AO) schätzte. Dagegen legte die Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 11.3.2011 Einspruch ein. Der Schriftsatz ging am 28.3.2011 beim FA ein. Dem Einspruch war als Anlage ein Ausdruck der elektronisch erstellten, komprimierten Einkommensteuererklärung für 2009 nebst Anlagen beigefügt.

    Das FA wies die Kläger mit Schreiben vom 31.3.2011 darauf hin, dass die Einspruchsfrist bereits am 25.3.2011 abgelaufen gewesen sei, so dass der Einspruch unzulässig sei.

    Die seinerzeitige Bevollmächtigte der Kläger, die „A” Steuerberatungsgesellschaft mit beschränkter Haftung, teilte dem FA mit Schreiben vom 5.4.2011 mit, dass der Einspruch aufrecht erhalten bleibe. Die Steuererklärung sei am 11.3.2011 fertig gestellt worden. Gleichzeitig sei das Einspruchsschreiben verfasst worden. Da eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) nur gewährt werde, wenn der Einspruch durch die Abgabe der Steuererklärung begründet werde, sei das Einspruchsschreiben auf die Steuererklärung geheftet worden. Die ansonsten sehr zuverlässige Angestellte hätte den Einspruch zuvor an das FA faxen sollen, was jedoch unterblieben sei, da sie offenbar die Faxnummer nicht sofort zur Hand gehabt habe. Auf diesen Sachverhalt sei man erst durch das Schreiben des FA vom 31.3.2011 aufmerksam geworden. Aus diesem Grund werde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 AO beantragt.

    Das FA teilte der Bevollmächtigten mit Schreiben vom 15.4.2011 mit, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 AO nicht in Betracht komme. Die Frist sei schuldhaft versäumt worden. Ein Bevollmächtigter sei verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausgeschlossen seien. Vorliegend liege ein Organisationsverschulden vor. Der Einspruch werde daher zur Entscheidung an die Rechtsbehelfsstelle abgegeben.

    Die Bevollmächtigte führte daraufhin im Schriftsatz vom 26.4.2011 ergänzend aus: Das FA habe die Wiedereinsetzung unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7.12.1988 X R 80/87 (Bundessteuerblatt –BStBl–1989, 266) abgelehnt. In dem hier zu entscheidenden Sachverhalt liege aber eine andere Sachlage vor. In dem als Anlage beigefügten Postausgangsbuch seien unter dem 11.3.2011 sowohl die an den Mandanten versandte Steuererklärung als auch der an das FA zu versendende Einspruch eingetragen. Da der Einspruch erst mit der Einreichung der Einkommensteuererklärung begründet sei und erst dann auch eine AdV in Betracht komme, habe man den Einspruch in Papierform der Einkommensteuererklärung beigefügt, um das Aussetzungsverfahren zu beschleunigen. Selbstverständlich habe die Mitarbeiterin den Einspruch aus Fristwahrungsgründen aber auch vorab per Fax versenden sollen. Dies habe sie aus unerklärlichen Gründen versäumt. Die Frist sei erst nach Postausgang aus dem Fristenkontrollbuch ausgetragen worden. Eine weitere Kontrolle der Fristen werde durch das in der Kanzlei verwendete Dokumenten-Management-System (DMS) gewährleistet. In diesem revisionssicheren System sei ebenfalls am 11.3.2011 um 17:24 der Einspruch als Postausgang verbucht. Beide Kontrollsysteme würden laufend überwacht. Somit handle es sich vorliegend nicht um ein Organisationsverschulden.

    Das FA verwarf den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 3.6.2011 als unzulässig. Für die Einzelheiten der Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

    Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage. Die Kläger halten an ihrer im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest und führen ergänzend aus: Mit der Klage werde der Einspruch gegen den Schätzungsbescheid vom 22.2.2011, der sich gegen die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen richte, weiter verfolgt. Der Einspruchsschriftsatz datiere vom 11.3.2011. Die Steuererklärung sei dem FA elektronisch am gleichen Tag übermittelt worden. Der Einspruchsschriftsatz sei durch eine Angestellte der ursprünglich in dieser Sache tätigen „A” Steuerberatungsgesellschaft mit beschränkter Haftung auf Weisung des Geschäftsführers „Z” unter dem 11.3.2011 gefertigt worden. Bei dieser Angestellten handle es sich um Frau „B”. Diese habe den Einspruchsschriftsatz nach den Vorgaben des Steuerberaters gefertigt. Danach sei der Schriftsatz dem Z zur nochmaligen Prüfung und Unterzeichnung vorgelegt worden. Z habe diesen noch am 11.3.2011 unterzeichnet und mit der Maßgabe zurückgereicht, eine Kopie an den Mandanten zu übermitteln, das Schriftstück auf die Erklärung zu heften, in den Postlauf zu geben und den Einspruch vorsorglich vorab per Fax zu übermitteln. Die Einspruchsfrist hätte bei Befolgung der Weisung ohne Weiteres eingehalten werden können. Bei der Angestellten B handle es sich um eine geschulte und zuverlässige Bürokraft, die, wie regelmäßige Kontrollen der Steuerberater Z und „K” ergeben hätten, ihre Aufgaben seit fast 15 Jahren sorgfältig und fehlerfrei ausgeführt habe. Erst durch das Schreiben des FA vom 31.3.2011 sei bekannt geworden, dass der Bescheid wohl verspätet angefochten worden sei. Bei einer Prüfung des Sachverhalts sei dann festgestellt worden, dass B den Einspruchsschriftsatz komplett mit der Steuererklärung an die Mandantschaft zur Post gegeben, jedoch den Schriftsatz selbst nicht vorab per Fax an das FA abgesandt habe. Ursache hierfür sei gewesen, dass B die Faxnummer des FA nicht sofort zur Hand gehabt und einstweiligen die Steuererklärung für die Mandantschaft ausgefertigt und zur Post gegeben habe. Hierbei sei es zu dem Versehen gekommen, dass der Originalschriftsatz nur direkt mit an die Mandantschaft übersandt worden sei. Bei der abendlichen Prüfung der noch nicht oder nur teilweise erledigten Angelegenheiten sei B dann nicht mehr aufgefallen, dass das Schreiben nicht vorab an das FA versandt worden sei. Der Entschluss, das Fax später an das FA zu versenden, sei ihr zu diesem Zeitpunkt entfallen gewesen.

    Z habe sich nach Bekanntwerden dieses Umstandes sofort an das FA gewandt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die beantragte Wiedereinsetzung habe das FA zu Unrecht versagt. Ein Verschulden der Berufsträger sei nicht zu erkennen. Das weisungswidrige Verhalten langjährig beanstandungsfrei tätigen Personals könne in der vorliegenden Konstellation dem Steuerberater und damit den Klägern nicht zugerechnet werden, da durch technische Maßnahmen hinreichend sichergestellt gewesen sei, dass es nicht zu Fristversäumnissen komme. Das DMS habe die Erledigung des Einspruchs und seine Absendung am 11.3.2011 ausgewiesen. Die Berufsträger hätten daher davon ausgehen können, dass die Einleitung des Rechtsbehelfsverfahrens fristgemäß erfolgt sei. Den Berufsträgern habe sich auch nicht aufdrängen müssen, dass die Angestellte weisungswidrig gehandelt habe. Mit diesen Einwendungen habe sich das FA nicht auseinander gesetzt, so dass die Einspruchsentscheidung an einem erheblichen Begründungsfehler leide. Im Ergebnis müsse daher die Wiedereinsetzung nunmehr durch das Finanzgericht (FG) gewährt werden. Der angefochtene Bescheid sei nach Maßgabe der vorliegenden Steuererklärung zugunsten der Kläger abzuändern.

    Hilfsweise sei noch darauf hinzuweisen, dass die vom FA erteilte Rechtsbehelfsbelehrung fehlerhaft gewesen sei. Diese habe nicht berücksichtigt, dass die Möglichkeit des Einspruchs gem. § 87a AO eröffnet gewesen sei. Insoweit werde auf die Entscheidung des Niedersächsischen FG vom 24.11.2011 10 K 275/11 (Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2012, 292) verwiesen. Durch die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung habe sich die Einspruchsfrist auf 1 Jahr verlängert, so dass der Einspruch rechtzeitig eingelegt worden sei.

    Die Kläger beantragen,

    die Einspruchsentscheidung vom 3.6.2011 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Das FA hält ebenfalls an seiner bereits im Einspruchsverfahren vertretenen Auffassung fest und führt ergänzend aus: Eine Wiedereinsetzung gem. § 110 AO könne nur bei einem entschuldbaren Büroversehen gewährt werden. Zur Begründung müsse substantiiert und in sich schlüssig vorgetragen werden, wie die Frist im Büro des Bevollmächtigten überwacht würden, wer für den rechtzeitigen Versand der fristwahrenden Schriftsätze verantwortlich sei und warum dieser Person kein Verschulden zuzurechnen sei. Es dürfe insoweit kein Organisationsfehler vorliegen. Der Bevollmächtigte müsse alle Vorkehrungen treffen, die geeignet seien, die Versäumung von Fristen auszuschließen. Ferner müsse er durch eine entsprechende Überwachung für die Einhaltung seiner Anordnungen sorgen.

    Im Streitfall liege ein Verschulden vor, da im Fristenkalender notierte Fristen erst dann gestrichen werden dürften, wenn die fristwahrende Maßnahme auch tatsächlich durchgeführt worden sei. Dabei sei die verantwortliche Person anzuweisen, Fristen erst dann zu streichen, wenn sie sich anhand der Akte vergewissert habe, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen sei (Hinweis auf Urteil des FG Köln vom 25.2.2011 15 K 486/09, EFG 2011, 1218). Die Einhaltung dieser Voraussetzungen seien im Antrag auf Wiedereinsetzung nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht worden. Es würden jegliche Ausführungen dazu fehlen, wer die Fristenüberwachung durchführe, also die Fristen eintrage, kontrolliere und austrage. Da die Fristversäumung am 11.3.2011 erfolgt, die Einspruchsfrist aber erst am 25.3.2011 abgelaufen sei, hätte der seinerzeit tätigen Bevollmächtigten bei ordnungsgemäßer Sorgfalt bei der Streichung der Frist im Fristenkontrollbuch auffallen müssen, dass die fristwahrende Maßnahme laut Akte gar nicht durchgeführt worden sei.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Die Einspruchsentscheidung vom 3.6.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das FA den Einspruch der Kläger als unzulässig verworfen. Der Einspruch der Kläger ist erst nach Ablauf der Einspruchsfrist eingegangen (vgl. I.). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 AO kommt nicht in Betracht, da ein Organisationsverschulden der seinerzeit tätigen Bevollmächtigten vorliegt, das sich die Kläger zurechnen lassen müssen (vgl. II.). Entgegen der Auffassung der Kläger hat sich die Einspruchsfrist auch nicht aufgrund einer falschen Rechtsbehelfsbelehrung gem. § 356 Abs. 2 Satz 1 AO auf ein Jahr verlängert (vgl. III.).

    I. Die reguläre Einspruchsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 1 AO von einem Monat nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides für 2009 vom 22.2.2011 war bei Einlegung des Einspruchs am 28.3.2011 – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – bereits abgelaufen.

    II. Mit Recht hat das FA auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 AO gewährt, da die einmonatige Einspruchsfrist nicht ohne Verschulden versäumt wurde. Das Verschulden besteht in einer fehlerhaften Organisation der Fristenüberwachung im Büro der seinerzeit tätigen Bevollmächtigten. Dieses Verschulden ihrer steuerlichen Vertreterin müssen sich die Kläger gem. § 110 Abs. 1 Satz 2 AO zurechnen lassen.

    1. Nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen (§ 110 Abs. 1 Satz 2 AO). „Ohne Verschulden” verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist jemand dann, wenn er die für einen gewissenhaft und sachgemäß handelnden Verfahrensbeteiligten gebotene und ihm nach den Umständen zumutbare Sorgfalt beachtet hat (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. etwa BFH-Urteile vom 20.11.2008 III R 66/07, BStBl II 2009, 185; vom 17.3.2010 X R 57/08, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH –BFH/NV– 2010, 1780). Dabei sind an die Sorgfaltspflichten eines Anwalts oder eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe besonders hohe Anforderungen zu stellen, nämlich eine äußerste, den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt (vgl. etwa BFH-Urteil vom 17.3.2010 X R 57/08, BFH/NV 2010, 1780). Jedes Verschulden, auch einfache Fahrlässigkeit, schließt die Wiedereinsetzung aus. Maßgebend für die Beurteilung, ob ein Verschulden vorliegt oder zu verneinen ist, ist der Sachverhalt, der – unbeschadet nachträglicher Erläuterungen oder Ergänzungen – innerhalb der Monatsfrist des § 110 Abs. 2 AO dargelegt wird (vgl. BFH-Beschluss vom 24.9.1985 III B 3/85, BFH/NV 1986,190).

    Bei Fehlern, die einem Bevollmächtigten unterlaufen, ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH zu differenzieren zwischen schädlichen Organisationsmängeln, die durch den Berufsträger verursacht sind und dem Vertretenen zugerechnet werden, und unschädlichen Büroversehen, die für den Berufsträger und den Vertretenen unverschuldet sind (vgl. die eingehende Darstellung von Söhn, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO, FGO, § 110 AO Rn. 256 mit umfangreichen Nachweisen zur BFH-Rechtsprechung).

    Wiedereinsetzung wegen eines bloßen Büroversehens ist zu gewähren, wenn ein Rechtsanwalt oder Steuerberater einer Kanzleiangestellten, die sich als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt hat, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 19.3.1996 VII S 17/95, BFH/NV 1996, 818). Ein Rechtsanwalt oder Steuerberater darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine zuverlässige Büroangestellte seinen konkreten Anweisungen folgt (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 19.3.1996 VII S 17/95, BFH/NV 1996, 818; ferner Urteil des Bundesgerichtshofs –BGH– vom 29.4.1994 V ZR 62/93, Neue Juristische Wochenschrift –NJW– 1994, 1879). Dies gilt nicht nur für allgemeine Weisungen, sondern erst recht, wenn der Berufsträger in einem Einzelfall eine mündliche Weisung erteilt (vgl. BGH-Urteil vom 29.4.1994 V ZR 62/93, NJW 1994, 1879). Einer nochmaligen Rückfrage, ob der Anweisung Folge geleistet wurde, bedarf es daher ohne besonderen Anlass ebenso wenig wie einer Überprüfung des Sendeprotokolls durch den Rechtsanwalt oder Steuerberater (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19.3.1996 VII S 17/95, BFH/NV 1996, 818; vom 22.4.2004 VII B 369/03, BFH/NV 2004, 1285 sowie BFH-Urteil vom 26.2.2004 XI R 62/03, BStBl II 2004, 564 mit umfangreichen Nachweisen).

    Ein Büroversehen begründet jedoch nur dann kein Verschulden des Prozessvertreters, wenn dieses allein für die Fristversäumung ursächlich war (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19.3.1996 VII S 17/95, BFH/NV 1996, 818; vom 22.4.2004 VII B 369/03, BFH/NV 2004, 1285). Hat der Prozessbevollmächtigte nicht alle Vorkehrungen getroffen, die nach vernünftigem Ermessen die Nichtbeachtung von Fristen auszuschließen geeignet sind, so hat er das Büroversehen zu vertreten (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19.3.1996 VII S 17/95, BFH/NV 1996, 818; vom 22.4.2004 VII B 369/03, BFH/NV 2004, 1285). Das gilt insbesondere, wenn die Fristversäumung auf einen Organisationsmangel zurückzuführen ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19.3.1996 VII S 17/95, BFH/NV 1996, 818; vom 22.4.2004 VII B 369/03, BFH/NV 2004, 1285). Denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist ein Bevollmächtigter verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausgeschlossen sind. Die Organisationspflicht umfasst beispielsweise die Einrichtung einer Ausgangskontrolle, die ausreichende Gewähr dafür bietet, dass fristwahrende Schriftstücke nicht über den Fristablauf hinaus im Büro liegen bleiben (vgl. BFH-Beschluss vom 22.4.2004 VII B 369/03, BFH/NV 2004, 1285). Bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax erfordert eine wirksame Endkontrolle fristwahrender Maßnahmen, dass die jeweilige Frist erst gelöscht wird, wenn ein von dem Telefaxgerät des Absenders ausgedruckter Einzelnachweis vorliegt, der die ordnungsgemäße Übermittlung belegt (vgl. etwa BFH-Beschlüsse vom 19.3.1996 VII S 17/95, BFH/NV 1996, 818; vom 22.4.2004 VII B 369/03, BFH/NV 2004, 1285; BGH-Urteil vom 29.4.1994 V ZR 62/93, NJW 1994, 1879; Söhn, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO, FGO, § 110 AO Rn. 291). Dies gilt in der Regel auch dann, wenn eine konkrete Einzelanweisung an das Büropersonal zur rechtzeitigen Übermittlung des Schriftsatzes per Telefax an das Gericht erteilt worden ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19.3.1996 VII S 17/95, BFH/NV 1996, 818; vom 5.8.1997 VII B 74/97, BFH/NV 1998, 192; vom 22.4.2004 VII B 369/03, BFH/NV 2004, 1285; vom 17.6.2005 VI R 69/04, BFH/NV 2005, 2016; Urteil des Niedersächsischen FG vom 30.10.2008 11 K 486/05, EFG 2009, 503; Söhn, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO, FGO, § 110 AO Rn. 291).

    2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die seinerzeit für die Kläger tätige Ziegenhagen Steuerberatungsgesellschaft mit beschränkter Haftung schuldhaft die Einspruchsfrist versäumt, da sie sich das vorgetragene Büroversehen der Angestellten B infolge ihrer eigenen mangelhaften Büroorganisation zurechnen lassen muss.

    Zwar hatte der Steuerberater Z der Angestellten B die Einzelanweisung erteilt, das Einspruchsschreiben zunächst vorab per Fax an das FA zu übermitteln und es erst danach zusammen mit der Einkommensteuererklärung an den Mandanten zu versenden. Die Nichtbefolgung dieser Weisung stellt jedoch kein bloßes Büroversehen dar, da es jedenfalls nicht allein für die Fristversäumnis ursächlich war. Wie die Kläger selbst eingeräumt haben, wurde am gleichen Tag sowohl im Fristenkontrollbuch als auch im DSM der seinerzeit tätigen Bevollmächtigten die Erledigung des Einspruchs vermerkt und die Frist gestrichen. Insoweit hätte der Bevollmächtigte aber dem für die Führung des Fristenkontrollbuchs bzw. die Eintragung im DMS zuständigen Mitarbeiter die Weisung erteilen müssen, dass Fristen bei einer Übersendung von Einspruchsschreiben per Fax erst nach der Kontrolle des Sendeberichts gelöscht werden dürfen. Dass eine solche Anweisung bestand, ist im Streitfall nicht vorgetragen.

    Dieses Organisationsverschulden ist auch ursächlich für die Versäumung der Frist geworden. Ein festgestellter Organisationsmangel ist zwar dann nicht ursächlich für die Fristversäumnis, wenn eine diesen Mangel ausgleichende konkrete Einzelanweisung an Bürobedienstete erteilt, jedoch von diesen nicht befolgt worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 4.11.1999 X B 81/99, BFH/NV 2000, 546). Ein solcher Fall einer das Organisationsverschulden ausgleichenden Einzelanweisung liegt hier jedoch nicht vor. Die Anweisung zur Übermittlung des Schriftsatzes per Telefax kann ohne Schwierigkeiten institutionell überwacht werden, so dass die Fristüberschreitung hier letztlich darauf beruht, dass es an ausreichenden organisatorischen Vorkehrungen dazu fehlt, unter welchen Voraussetzungen eine Frist bei der Übermittlung des Schriftsatzes per Fax als erledigt vermerkt werden darf (vgl. zu dieser Abgrenzung die Ausführungen im BFH-Beschluss vom 19.3.1996 VII S 17/95, BFH/NV 1996, 818; 291; vgl. ferner BFH-Beschluss vom 17.6.2005 VI R 69/04, BFH/NV 2005, 2016 und Urteil des Niedersächsischen FG vom 30.10.2008 11 K 486/05, EFG 2009, 503). Bei ordnungsgemäßer Büroorganisation wäre das Versehen der B nicht unentdeckt geblieben, da sich an die Einzelanweisung, das Einspruchsschreiben per Fax zu versenden, eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle angeschlossen hätte. Im Rahmen dieser Ausgangskontrolle hätte die Einspruchsfrist nicht ausgetragen werden dürfen, da kein Ausdruck des Fax-Sendeberichts über die Versendung des Einspruchs an das FA vorlag. Bei der später erfolgten Fristenkontrolle wäre sodann ohne weiteres erkennbar gewesen, dass die Versendung per Fax unterblieben ist. Die Übersendung des Einspruchsschreibens hätte in diesem Fall noch innerhalb der Einspruchsfrist nachgeholt werden können.

    3. Eine Wiedereinsetzung scheidet im Streitfall darüber hinaus auch aus formalen Gründen aus. Gemäß § 110 Abs. 2 Satz 1 AO ist der Antrag auf Wiedereinsetzung innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung sind bei Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen (§ 110 Abs. 1 Satz 2 AO). Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist die letztgenannte Vorschrift dahingehend auszulegen, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung innerhalb der Monatsfrist begründet werden muss (vgl. die Nachweise bei Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO, FGO, § 110 AO Rn. 507). Zweck dieser Befristung ist die Sicherung einer zügigen und sachgemäßen Behandlung eines Wiedereinsetzungsbegehrens, um die Unsicherheit, ob es bei den Folgen der Fristversäumnis bleibt oder nicht, in engen Grenzen zu halten. Der Antragsteller soll nicht später neue, möglicherweise wechselnde Gründe vortragen können, für deren Glaubhaftmachung er sich bessere Erfolgsaussichten erhofft (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO, FGO, 110 AO Rn. 507 m.w.N.).

    Vorliegend haben die Kläger die zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs darzulegenden Tatsachen nicht innerhalb der Antragsfrist vorgetragen. Dem Schreiben der seinerzeit mandatieren Bevollmächtigten vom 5.4.2011 und vom 26.4.2011 ist weder zu entnehmen, welche wirksamen Vorkehrungen diese gegen versehentliche Löschungen von Fristen vor deren Ablauf getroffen hatte, noch wie sich die behauptete Kontrolle der mit der Führung des Postausgangs- und Fristenkontrollbuchs beauftragten Mitarbeiter dargestellt hat. Darüber hinaus fehlt auch jeglicher Vortrag zur Frage, wie bei der Versendung von Faxen die Ausgangskontrolle sichergestellt war und welche Personen zur Anbringung von Erledigungsvermerken bzw. zur Streichung von Fristen befugt waren. Schließlich haben die Kläger auch keinerlei Angaben zur behaupteten Zuverlässigkeit der Angestellten B gemacht und überprüfbar darlegt, wann und wie die Bürokräfte entsprechend belehrt und überwacht worden sind.

    III. Der Senat folgt auch nicht der Auffassung der Kläger, dass sich die Einspruchsfrist vorliegend gem. § 356 Abs. 2 Satz 1 AO auf ein Jahr verlängere, weil das FA dem Einkommensteuerbescheid vom 22.2.2011 eine unvollständige Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt habe. Zwar hat das Niedersächsischen FG im Urteil vom 24.11.2011 10 K 275/11 (EFG 2012, 292) die Auffassung vertreten, dass in der Rechtsbehelfsbelehrung auf die Möglichkeit zur Einspruchseinlegung per E-Mail hingewiesen werden müsse und dass bei Nichteinhaltung dieser Voraussetzung die Jahresfrist des § 356 Abs. 2 Satz 1 AO greife. Dieser Auffassung vermag sich der Senat jedoch im Ergebnis nicht anzuschließen. Nach Ansicht des Senats ist selbst für den Fall, dass man die Einspruchseinlegung per E-Mail als zulässig ansieht, keine gesonderte Belehrung hierüber erforderlich. Nach ganz herrschender Auffassung muss die Rechtsbehelfsbelehrung nicht auf den konkreten Einzelfall zugeschnitten sein (Brockmeyer, in Klein, Kommentar zur AO, 11. Aufl., § 356 Rn. 2). Notwendig ist nur der in § 356 Abs. 1 AO vorgeschriebene Inhalt (Brockmeyer, in Klein, Kommentar zur AO, 11. Aufl., § 357 Rn. 2). Nach zutreffender Auffassung ist daher auch kein Hinweis darauf notwendig, dass der Einspruch per E-Mail eingelegt werden kann (BFH-Beschluss vom 2.2.2010 III B 20/09, BFH/NV 2010, 830; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18.4.2011 20 ZB 11.349, abrufbar in juris; Brockmeyer, in Klein, Kommentar zur AO, 11. Aufl., § 356 Rn. 2; a.A. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8.3.2012 1 A 11258/11, abrufbar in juris; Große/Bludau, Der Betrieb 2012, 655). Hierfür spricht aus Sicht des Senats auch folgende Überlegung: Wenn das FA dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit gibt, per E-Mail Einspruch einzulegen, erfolgt dies – ähnlich wie bei den Finanzgerichten – im Wege eines elektronischen Briefkastens. Die eingehenden E-Mails werden dort empfangen und ausgedruckt. Durch diesen Medienbruch werden die eingehenden E-Mails im Ergebnis wie „Schriftstücke” behandelt (vgl. die Ausführungen zur Schriftform im Urteil des FG Düsseldorf vom 9.7.2009 16 K 572/09 E, EFG 2009, 1769). Ebenso wie das Computerfax wird die einfache E-Mail daher in der derzeit mit den Finanzämtern ausgeübten Kommunikationspraxis letztlich doch als eine Unterform des Schriftstücks behandelt, so dass sie konsequenterweise auch als von der „herkömmlichen” Rechtsbehelfsbelehrung erfasst anzusehen ist.

    IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

    V. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO und erfolgt angesichts der Abweichung vom Urteil des Niedersächsischen FG vom 24.11.2011 10 K 275/11 (EFG 2012, 292) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

    VorschriftenAO § 356 Abs. 1, AO § 356 Abs. 2 Satz 1