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  • 17.01.2013

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 22.10.2012 – 7 K 2576/08

    Das im Rahmen der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils bestehende Wahlrecht zwischen der sofortigen Besteuerung des Veräußerungsgewinns und der nachgelagerten Besteuerung besteht nicht, wenn der Erwerber - lediglich - als Versicherungsnehmer und Vertragspartner der Versicherung eine Rentenversicherung auf das Leben des Veräußerers als versicherte Person abschließt.


    Im Namen des Volkes

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    hat der 7. Senat in der Besetzung: Vizepräsident des Finanzgerichts … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … ehrenamtliche Richterin … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 22.10.2012 für Recht erkannt:

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger zu 2. im Streitjahr 2004 ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 419.672 Euro zuzurechnen ist.

    Die Klägerin zu 1. ist eine aus dem Kläger zu 2. sowie zwei weiteren Ärzten – den Herren A und B – bestehende Praxisgemeinschaft in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Gewinnermittlung erfolgt nach § 4 Abs. 3 EStG.

    Mit Wirkung vom 1. Juni 2003 hatten sich zunächst der Kläger zu 2. und Herr A mit jeweils einem Anteil von 50% zu einer Gemeinschaftspraxis in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen. Dabei wurden die von den beiden Beteiligten bis dahin betriebenen Einzelpraxen zu Buchwerten in die Gemeinschaftspraxis eingebracht und die jeweiligen Anlagevermögen als Sonderbetriebsvermögen ausgewiesen. Ausgleichszahlungen zwischen den Gesellschaftern erfolgten in diesem Zusammenhang nicht. Für nähere Einzelheiten wird auf den in den Prüferhandakten (Band III, Ib) des Beklagten befindlichen Vertrag über die Gründung einer Gemeinschaftspraxis vom 4. Juni 2003 Bezug genommen.

    Mit Übertragungsvertrag vom 4. Juni 2003 trafen der Kläger zu 2. und Herr B unter anderem folgende Vereinbarungen:

    […]

    § 2 Beteiligung

    1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Beteiligung von Herrn D (Anm.: Kläger zu 2.) ein Gesamtwert in Höhe von ca. 1.100.000 […] Euro beizumessen ist.

    2. Mit dem 1. Juli 2003 wird Herr B von Herrn D 10% der Beteiligung von Herrn D – somit 5 Prozentpunkte der Gesamtgesellschaft – unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung erwerben. Der Kaufpreis in Höhe von 55.000 Euro ist bis zum 31.12.2003 von Herrn D zinslos gestundet.

    3. […]

    4. Mit dem 1. Juli 2004 wird Herr B von Herrn D gegen weitere Zahlung von 484.000 Euro […] 44 […] % der ursprünglichen Beteiligung von Herrn D unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung erwerben. Die Zahlungsmodalitäten werden in einer gesonderten Vereinbarung geregelt. Die Beteiligungsverhältnisse bleiben hiervon unberührt.

    5. […]

    6. Als Sicherheit für Herrn D im Hinblick auf zu erwartenden Zahlungen von Herrn B verpflichtet sich Herr B bei Rechtskraft dieses Vertrages eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft auf erstes Anfordern oder eine unwiderrufliche Zahlungsverpflichtungserklärung einer inländischen Sparkasse oder Bank über den Gesamtbetrag in Höhe von 484.000 […] Euro vorzulegen.

    […]

    Für nähere Einzelheiten wird auf den in der Prüferhandakte (Band III, Ia) des Beklagten befindlichen Übertragungsvertrag vom 4. Juni 2003 Bezug genommen.

    Mit einem weiteren Vertrag vom 4. Juni 2003 schlossen sich der Kläger zu 2. sowie die Herren A und B mit Wirkung zum 1. Juli 2003 zu einer Gemeinschaftspraxis – der Klägerin zu 2. – zusammen. Für nähere Einzelheiten wird auf den in der Prüferhandakte (Band III, Ic) befindlichen Gemeinschaftspraxisvertrag vom 4. Juni 2003 Bezug genommen.

    Im Hinblick auf die in § 2 Nr. 4 des Übertragungsvertrags vom 4. Juni 2003 vereinbarte Zahlung der 484.000 Euro schloss Herr B eine Rentenversicherung bei der E Versicherung ab. Der in der Prüferhandakte des Beklagten (Band III, Id) befindliche Versicherungsschein vom 14. Oktober 2007 (Nr. …), auf den für weitere Einzelheiten Bezug genommen wird, enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

    Versicherungsnehmer:Herr B
    Versicherte Person:Herr D (Anm.: Kläger zu 2.)
    Versicherungsform und Tarif:Rentenversicherung auf ein Leben mit aufgeschobener Rentenzahlung einschließlich Beitragsrückgewähr- und Rentengarantie-Zusatzversicherung gegen Einmalbeitrag nach Tarif 1
    Versicherungsleistungen:monatliche Rente:2.408,17 Euro
    im Todesfall während der Aufschubzeit: Beitragsrückgewähr
    :Rentengarantiezeit16 Jahre
    Beginn des Vertrags:1.10.2004 12 Uhr
    Beginn der Rentenzahlung:1.10.2009
    Einmalbeiträge:Beitrag für die Rentenversicherung: 484.000 Euro
    Gewinne:Die Gewinnanteile werden verzinslich angesammelt und zum Rentenzahlungsbeginn zur Erhöhung der Rente nach dem dann gültigen Rententarif verwendet
    Ausweislich des ebenfalls in der Prüferhandakte befindlichen Antrages auf Abschluss dieser Rentenversicherung, auf den für nähere Einzelheiten Bezug genommen wird, soll das unwiderrufliche Bezugsrecht im Erlebensfall der versicherten Person (hier: dem Kläger zu 2.) und im Todesfall dem im Todeszeitpunkt mit der versicherten Person in gültiger Ehe lebenden Ehegatten zustehen.

    Der Veräußerungsvorgang hinsichtlich der Übertragung des zweiten Anteils wurde im Jahr 2004 abgeschlossen. Der Einmalbeitrag in Höhe von 484.000 Euro wurde von Herrn B im Jahr 2004 an die E Versicherung entrichtet. Der dem Übertragungsvorgang zugrunde gelegte und gutachterlich ermittelte Praxiswert von 1.100.000 Euro ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

    Der Beklagte stellte die Besteuerungsgrundlagen zunächst entsprechend der für die Klägerin zu 1. eingereichten Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung mit Bescheiden vom 16. März 2005 für 2003, vom 21. April 2006 für 2004 und vom 26. März 2007 für 2005 jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß fest. Der Vorgang hinsichtlich der Übertragung der Anteile der Klägers zu 2. auf Herrn B im Jahr 2004 war in der Steuererklärung für 2004 nicht gewinnerhöhend berücksichtigt. In den Anlagen zur Gewinnermittlung der Klägerin zu 1. führte der steuerliche Berater aus, dass der Praxisanteil gegen eine Rentenzahlung veräußert worden sei. Die Einnahmen aus der Veräußerung flössen dem Kläger zu 2. erst mit Zahlung der Rente ab dem Jahr 2009 zu. Der Kläger zu 2. mache daher von seinem Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung der Rentenzahlungen im Zeitpunkt des Zuflusses Gebrauch.

    Im Jahr 2007 fand bei der Klägerin zu 1. eine steuerliche Betriebsprüfung für die Jahre 2003 bis 2005 statt. Dabei vertrat die Prüferin unter anderem die Ansicht, dass hinsichtlich der im Jahr 2004 erfolgten Übertragung des weiteren Praxisanteils auf Herrn B die Voraussetzungen für eine nachgelagerte Besteuerung im Zeitpunkt des Rentenzuflusses nicht gegeben seien. Nach den von den Vertragsbeteiligten getroffenen Vereinbarungen und mit Blick auf die tatsächliche Durchführung sei die Übertragung des Praxisanteils nicht gegen eine Rentenzahlung erfolgt. Es habe sich vielmehr um eine Veräußerung gegen eine Einmalzahlung von 484.000 Euro gehandelt. Unerheblich sei, dass der Kaufpreis von 484.000 Euro zugunsten des Klägers zu 2. in eine Rentenversicherung eingezahlt worden sei. Eine für die Anwendung der nachgelagerten Besteuerung erforderliche Leibrentenverpflichtung des Erwerbers – Herrn B – habe nicht bestanden. Für nähere Einzelheiten wird auf den in der Prüferhandakte des Beklagten befindlichen Betriebsprüfungsbericht vom 16. Januar 2008 Bezug genommen.

    Der Beklagte schloss sich den Feststellungen der Betriebsprüferin an und erließ unter anderem für das Streitjahr 2004 mit Datum vom 27. März 2008 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Steuerbescheid, in dem er die übrigen – zwischen den Beteiligten unstreitigen – Prüfungsfeststellungen umsetzte und den laufenden Gewinn des Klägers zu 2. mit Blick auf den aus der Veräußerung des Praxisanteils erzielten Erlös von 484.000 Euro und unter Berücksichtigung des anteiligen Betriebsvermögens um 419.672 Euro erhöhte. Gleichzeitig hob er den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Die Höhe des in Anlage 2 des Betriebsprüfungsberichts vom 16. Januar 2008 ermittelten Gewinns von 419.672 Euro ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

    Den gegen den geänderten Feststellungsbescheid von der Klägerin zu 1. erhobenen Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2008 zurück und führte zur Begründung aus, dass die Voraussetzungen für eine nachgelagerte Besteuerung des Veräußerungserlöses nicht gegeben seien.

    Es liege bereits keine Vereinbarung zwischen dem Kläger zu 2. und Herrn B über eine Rentenzahlung vor. Herr B habe sich in § 2 Nr. 4 des Übertragungsvertrags lediglich zur Zahlung eines Kaufpreises verpflichtet, wobei lediglich die Zahlungsmodalitäten später geklärt werden sollten. Die Veräußerung des weiteren Praxisanteils sei in der Folgezeit dadurch vollzogen worden, dass Herr B als Versicherungsnehmer gegen Einmalzahlung eine Rentenversicherung mit aufgeschobener Rentenzahlung zugunsten des Klägers zu 2. als versicherter Person abgeschlossen habe. Ausweislich des der Rentenversicherung zugrunde liegenden Versicherungsantrags seien dabei sämtliche Ansprüche aus der Versicherung im Erlebensfall auf die versicherte Person – mithin den Kläger zu 2. – bzw. im Todesfall auf dessen Ehefrau übergegangen. Hiervon sei ausdrücklich auch die Beitragsrückgewähr im Fall des Todes von Herrn B umfasst gewesen. Vor diesem Hintergrund habe sich Herr B nicht zu einer eigenen Rentenzahlung gegenüber dem Kläger zu 2. verpflichtet und diese erfüllt, sondern er sei durch die Einmalzahlung lediglich seiner Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises nachgekommen. Vor diesem Hintergrund fehle es an einer eigenen Rentenverpflichtung des Herrn B gegenüber dem Kläger zu 2. Der Kläger zu 2. habe im Jahr 2004 über den Kaufpreis verfügt, da er sowohl der Einmalzahlung als auch dem Abschluss der Rentenversicherung durch Herrn B zugestimmt habe. Wirtschaftlich sei dieser Vorgang identisch mit einer unmittelbaren Zahlung des Kaufpreises an den Kläger zu 2. und einer daraufhin vorgenommenen Einzahlung dieses Betrags in eine eigene Rentenversicherung durch den Kläger zu 2. Im Übrigen sei die von Herrn B zu erbringende Zahlung des Kaufpreises nicht wagnisbehaftet. Der Anspruch des Klägers zu 2. auf Zahlung des Kaufpreises sei durch die Einmalzahlung in die Rentenversicherung erfüllt worden. Das einzige Risiko des Klägers zu 2. bestehe in der künftig im Rahmen der Rentenversicherung zu erzielenden Rendite. Zudem fehle es hinsichtlich der Zahlungsverpflichtung des Herrn B auch an einem Versorgungscharakter zugunsten des Klägers zu 2.

    Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr ursprüngliches Begehren weiter und sind der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine nachgelagerte Besteuerung des Veräußerungsgewinns gegeben seien. Die rechtliche Beurteilung des gesamten Veräußerungsvorgangs durch den Beklagten sei unzutreffend. Er – der Kläger zu 2. – habe durch die Veräußerung des weiteren Praxisanteils im Jahr 2004 seine Altersversorgung absichern wollen. Vor diesem Hintergrund hätten er und Herr B die Anteilsübertragung gegen eine Rentenzahlung abgewickelt. Die Rentenzahlung sei sein – des Klägers zu 2. – unwiderruflicher Wille gewesen und von ihm als Voraussetzung für die Veräußerung des Praxisanteils angesehen worden. Er – der Kläger zu 2. – habe sich gewünscht, dass der Kaufpreis in Form einer ihm ab dem 61. Lebensjahr zufließenden Rente erbracht werden sollte. Daraufhin habe der steuerliche Berater von Herrn B diesem empfohlen, eine Kapitallebensversicherung zugunsten des Klägers zu 2. abzuschließen, um auf diese Weise das Risiko der lebenslänglich zu erbringenden Rentenzahlungen auf den Versicherungsträger zu übertragen und sich zudem die Kosten für eine lebenslängliche Bankbürgschaft zur Sicherung des Kaufpreisanspruchs zu ersparen. Dass die Übertragung des Praxisanteils nach dem Willen der Vertragsparteien gegen eine Rentenzahlung habe erfolgen sollen, könne von den Herren B und dessen Steuerberater, Herr C, bezeugt werden. Rentenverpflichteter sei Herr B. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei ihm – dem Kläger zu 2. – bei dieser Konstellation ein tatsächliches Risiko verblieben. Denn durch die zwischenzeitlich verringerten Zinsen, die der Berechnung der späteren Rente zugrunde gelegt worden seien, habe sich der ursprünglich auf 484.000 Euro festgelegte Rentenwert vermindert. Dies habe zu einer Vermögenseinbuße hinsichtlich der Gewinnanteile geführt. Zudem gehe jeder, der einen Vermögensgegenstand gegen Rentenzahlung veräußere, ein Risiko ein. Denn niemand sei in der Lage zu erkennen, ob der Rentenverpflichtete wirtschaftlich in der Lage sei, die Rentenverpflichtung bis zum Ableben des Rentenberechtigten zu erfüllen. Im Übrigen sei die Versicherungssumme nicht bereits im Jahr 2004 in sein – des Klägers zu 2. – Vermögen übergegangen, so dass der Veräußerungsvorgang im Jahr 2004 nicht erfasst werden dürfe. Denn nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 18. September 1952 IV-70/49-U, BStBl. III 1952, 290) sei die Besteuerung bei dem Abschluss eines Versicherungsvertrags gegen Zahlung einer Einmalprämie erst dann vorzunehmen, wenn die vertraglich vereinbarte Rente tatsächlich gezahlt werde. Er – der Kläger zu 2. – habe erst ab dem 1. Oktober 2009 über die Zahlungen aus der Rentenversicherung verfügen können. Dieser Fall sei vergleichbar mit der Pensionsberechtigung eines Geschäftsführers einer GmbH. Dort würden auch erst die mit Eintritt der Pension zufließenden Pensionszahlungen der Besteuerung unterworfen. Eine Versteuerung des kapitalisierten Gesamtbetrags im Zeitpunkt des Abschlusses der Pensionszusage finde nicht statt.

    Mit Schreiben vom 8. Februar 2012 teilte der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit, dass bei der Ermittlung des Gewinns für Herrn A bisher irrtümlich die Aufwendungen für die Direktversicherung einer Angestellten in Höhe von monatlich 100 Euro ab dem 1. Juli 2004 nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt worden seien und bat für das Jahr 2004 um eine entsprechende Minderung des Gewinns von Herrn A. Zum Nachweis legte der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 16. Oktober 2012 einen Versicherungsschein der F Versicherung vom 15. Juni 2004 vor.

    Die Kläger beantragen,

    den Gewinnfeststellungsbescheid für 2004 vom 27. März 2008 sowie die dazugehörige Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass der Gewinn des Gesellschafters A um 600 Euro und der Gewinn des Gesellschafters D um 419.672 Euro niedriger festgestellt wird.

    Der Beklagte beantragt,

    den Gewinnfeststellungsbescheid für 2004 vom 27. März 2008 sowie die dazugehörige Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass der Gewinn des Gesellschafters A um 600 Euro niedriger festgestellt wird und im Übrigen die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung verweist der Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass ausdrücklich keine Vereinbarung über die Zahlung einer Rente durch Herrn B vorliege. Der Kläger zu 2. habe den vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 484.000 Euro lediglich durch Herrn. B in eine Rentenversicherung einzahlen lassen und damit bei Fälligkeit über den gesamten Betrag verfügt. Im Übrigen sei der gesamte Kaufpreis in Höhe von 484.000 Euro mit Erbringung der Einmalzahlung in die Rentenversicherung in den wirtschaftlichen Verantwortungsbereich des Klägers zu 2. gefallen. Der Kläger zu 2. trage das volle Risiko des Kapitalmarktes und des Wertverfalls der Einmalzahlung. Der Erwerber des Praxisanteils – Herr B – sei nicht zur Leistung der Rentenzahlung verpflichtet. Die Zahlungen würden alleine von der Rentenversicherung erbracht. Außer der Leistung des Einmalbetrages habe keine weitere Zahlungsverpflichtung des Erwerbes bestanden.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist hinsichtlich der zusätzlichen Betriebsausgaben des Herrn A begründet (unten 1.) und im Übrigen unbegründet (unten 2.).

    1. Die von Herrn A geleisteten Beiträge zur Direktversicherung seiner Angestellten stellen im Jahr 2004 zusätzliche Betriebsausgaben des Herrn A nach § 4 Abs. 4 EStG in Höhe von 600 Euro dar, da die Aufwendungen betrieblich veranlasst sind. Hiervon gehen zu Recht auch die Beteiligten übereinstimmend aus. Der Senat sieht vor diesem Hintergrund von weiteren Ausführungen ab.

    2. Die Klage ist im Übrigen unbegründet.

    Der Beklagte hat den Gewinn aus der Veräußerung des Praxisanteils in Höhe von 419.672 Euro zu Recht im Jahr 2004 als laufenden Gewinn des Klägers zu 2. erfasst.

    a) Die Änderung des ursprünglichen Gewinnfeststellungsbescheids für 2004 vom 21. April 2006 zur Berücksichtigung der Feststellungen der Betriebsprüfung war nach § 164 Abs. 2 AO zulässig.

    b) Der aus der Veräußerung erzielte Gewinn des Klägers zu 2. ist im Jahr 2004 zu erfassen. Die Voraussetzungen für eine nachgelagerte Besteuerung erst im Zeitpunkt des Zuflusses der jeweiligen Rentenzahlungen sind nicht gegeben.

    aa) Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei der Veräußerung lediglich von Teilen eines Anteils am Vermögen, das der selbständigen Tätigkeit dient, gemäß §§ 18 Abs. 3; 16 Abs. 1 Satz 2 EStG laufender Gewinn vorliegt, wenn die Veräußerung nach dem 31. Dezember 2001 erfolgt (vgl. auch BFH-Beschluss vom 30. März 2009 VIII B 172/08, BFH/NV 2009, 1258). Das ist vorliegend der Fall, da der Kläger zu 2. im Jahr 2004 lediglich einen (weiteren) Teil seines Gesamtanteils an der Gemeinschaftspraxis an Herrn B veräußert hat (vgl. zum Ganzen auch Wacker, in: Schmidt, EStG, 31. Auflage 2012, § 16 Rn 562 ff. m.w.N.).

    Der in diesem Zusammenhang entstandene Gewinn von 419.672 Euro ist im Jahr 2004 zu versteuern. Der Kläger zu 2. hat das wirtschaftliche Eigentum an dem veräußerten Praxisanteil im Jahr 2004 auf Herrn B übertragen und hierfür von Herrn B den Kaufpreis in Höhe von 484.000 Euro erhalten. Der Kläger zu 2. hat über den Kaufpreis verfügt, indem er dem Abschluss des Rentenversicherungsvertrags und der Einzahlung des Einmalbeitrags durch Herrn B zur Erfüllung seines Kaufpreisanspruchs zustimmte.

    Die Höhe des vom Beklagten angesetzten Gewinns aus der Veräußerung In Höhe von 419.672 Euro ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Anhaltspunkte für eine unzutreffende Ermittlung des Gewinns sind im Übrigen weder vorgetragen noch sonst aus den Akten erkennbar.

    bb) Eine nachträgliche Besteuerung des Gewinns erst im Zeitpunkt des Zuflusses der jeweiligen Rentenzahlungen kommt auch mit Blick auf die vom Bundesfinanzhof im Rahmen der §§ 16; 34 EStG für eine ausnahmsweise zulässige nachgelagerte Besteuerung eines Veräußerungsgewinns entwickelten Grundsätze nicht in Betracht.

    Bei der Veräußerung eines Anteils im Sinne des §§ 16; 18 Abs. 3 EStG gegen Leibrente hat der Steuerpflichtige die Wahl zwischen der sofortigen Versteuerung eines Veräußerungsgewinns nach den §§ 16, 34 EStG in Form des Unterschiedsbetrags zwischen dem Kapitalwert der Rente sowie den Veräußerungskosten und dem auf den Veräußerungszeitpunkt ermittelten Wert des Betriebsvermögens (vgl. § 16 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG) einerseits und einer nicht tarifbegünstigten Besteuerung der nachträglichen Betriebseinnahmen im Jahr des Zuflusses nach § 24 Nr. 2 EStG in Verbindung mit §§ 15; 18 EStG andererseits. Dieses Wahlrecht beruht auf einer teleologischen Reduktion des grundsätzlich zwingenden Anwendungsbereichs der §§ 16, 34 EStG in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Besteuerung (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2010 IX R 45/09, BFHE 230, 380; BStBl. II 2010, 969 m.w.N.). Es trägt vor allem dem Umstand Rechnung, dass zum Einen die Leibrentenforderung mit ihrem Gegenwartswert zu bewerten ist und damit der Veräußerungsgewinn bereits im Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den wesentlichen Betriebsgrundlagen verwirklicht wird, zum Anderen jedoch – gemessen an der statistischen Wahrscheinlichkeit – der vorzeitige Tod des Rentenberechtigten nicht zu einer (rückwirkenden) Korrektur des Veräußerungsgewinns führt (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 1999 IV R 67/98, BFHE 190, 150, BStBl. II 2000, 179) und deshalb der Ansatz des Veräußerungsgewinns mit der Folge verbunden sein kann, dass der Veräußerer Gewinne zu versteuern hat, die er tatsächlich zu keinem Zeitpunkt erzielt bzw. erzielen kann (vgl. BFH-Urteil vom 14. Mai 2002 VIII R 8/01, BFHE 199, 198; BStBl. II 2002, 532 m.w.N.). Auf dieser Grundlage kommt ein Wahlrecht nach der Rechtsprechung dann in Betracht, wenn langfristige wiederkehrende Bezüge vereinbart werden und diese entweder mit einem Wagnis behaftet sind oder hauptsächlich im Interesse des Veräußerers, um dessen Versorgung zu sichern, und nicht im Interesse des Erwerbers festgelegt werden (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2010 IX R 45/09, BFHE 230, 380; BStBl. II 2010, 969 m.w.N.; BFH-Beschluss vom 11. August 2011 VIII B 34/11, BFH/NV 2011, 2039 m.w.N.).

    cc) Die Voraussetzungen für ein solches Wahlrecht des Klägers zu 2. sind nicht gegeben. Denn unabhängig davon, ob die vorgenannten Grundsätze bei der Veräußerung lediglich eines Teils eines Mitunternehmeranteils bzw. von Teilen am Anteil des der selbständigen Tätigkeit dienenden Vermögens überhaupt anwendbar sind (befürwortend etwa Neu/Lühn, DStR 2003, 61; Wacker, in: Schmidt, EStG, 31. Auflage 2012, § 16 Rn 454), fehlt es bereits an einer Rentenverpflichtung des Herrn B gegenüber dem Kläger zu 2. und damit an einer Veräußerung gegen wiederkehrende Bezüge.

    Der Kläger zu 2. hat seinen Praxisanteil an Herrn B nicht gegen eine von diesem zu erbringende Rente veräußert. Ausweislich des Versicherungsscheins und des dazugehörigen Antrags war alleine die E Versicherung zur Zahlung der monatlichen Rente verpflichtet; Herr B war lediglich Versicherungsnehmer. Den Versicherungsnehmer trifft aber gerade keine Verpflichtung, die monatlichen Rentenzahlungen im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit erbringen zu müssen. Er ist lediglich Vertragspartner des Versicherungsunternehmens. Die Rentenzahlung durch die E Versicherung beruht auf einer vorherigen Verwendung des Kaufpreises durch den Kläger zu 2., als Herr B den Kaufpreis für den Anteil mit Zustimmung des Klägers zu 2. als Einmalbeitrag in die bei der E Versicherung zuvor abgeschlossene Rentenversicherung einzahlte (siehe oben). Diese Ausgestaltung entspricht im Übrigen auch der von den Klägern vorgetragenen Motivation des Erwerbers, wonach die Rentenversicherung von Herrn B auf Anraten seines Steuerberaters abgeschlossen worden war, um gerade das Risiko hinsichtlich der an den Kläger zu 2. zu erbringenden Rentenzahlungen auf den Versicherungsträger zu übertragen und sich darüber hinaus die Kosten für eine Bankbürgschaft zu Sicherung des Kaufpreisanspruchs zu ersparen.

    Zudem wird insbesondere mit Blick auf den bei der E abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrag deutlich, dass die von der Rechtsprechung angeführten Gründe für die Rechtfertigung einer lediglich ausnahmsweise (vgl. BFH-Beschluss vom 29. März 2007 XI B 56/06, BFH/NV 2007, 1306 m.w.N.) in Betracht kommenden nachgelagerten Besteuerung im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommen. Denn für den Kläger zu 2. bestand nicht das Risiko, dass der Ansatz des Gewinns aus der Veräußerung im Jahr 2004 bei ihm zu der Versteuerung eines Gewinns führen könnte, den er tatsächlich niemals erzielen würde. Der Kläger zu 2. war nach den dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Bestimmungen im Erlebensfall unwiderruflich als alleiniger Bezugsberechtigter eingesetzt; diese Berechtigung galt auch hinsichtlich der im Todesfall von Herrn B zurückzugewährenden Beiträge. Im Todesfall des Klägers zu 2. war dessen Ehefrau unwiderruflich alleinige Bezugsberechtigte. Vor diesem Hintergrund sowie mit Blick auf die Rentengarantiezeit von 16 Jahren war sichergestellt, dass der Kläger zu 2. bzw. dessen Ehefrau den aus der Veräußerung seines Anteils resultierenden Gewinn auch tatsächlich erzielt. Wirtschaftlich ist der Vorgang nicht anders zu beurteilen, als wenn der Kläger zu 2. den Kaufpreis in Höhe von 484.000 Euro unmittelbar selbst erhalten und sodann als Einmalbeitrag für eine von ihm abgeschlossene Rentenversicherung verwendet hätte. Daran ändert die Eigenschaft des Herr B als Versicherungsnehmer bzw. Vertragspartner der Versicherung nichts. Mit Blick auf die tatsächliche Durchführung des Veräußerungsvorgangs und die in diesem Zusammenhang alleine das Versicherungsunternehmen treffende Verpflichtung zur Zahlung der Rente kann vor diesem Hintergrund dahinstehen, ob die Vertragsbeteiligten seinerzeit eine abweichende rechtliche Ausgestaltung gewollt haben – etwa dahingehend, dass Herr B zur Zahlung der monatlichen Rente an den Kläger zu 2. verpflichtet sein sollte. Zu dieser Frage ist daher auch keine Vernehmung von Zeugen erforderlich.

    Dem steht die von den Klägern angeführte Entscheidung des BFH vom 18. September 1952 (IV-70/49-U, BStBl. III 1952, 290) nicht entgegen. Diesem Urteil, das im Übrigen zu der Frage ergangen war, ab welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe unter Berücksichtigung von zu verrechnenden Vermögenswerten eine steuerpflichtige Rente im Sinne des § 22 EStG anzunehmen ist, lag ein abweichender Sachverhalt zugrunde.

    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Der Beklagte war nur zu einem ganz geringen Teil hinsichtlich der Aufwendungen des Herrn A für die Direktversicherung unterlegen.

    VorschriftenEStG § 18, EStG § 34, EStG § 16