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  • 18.04.2013

    Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 31.01.2013 – 4 K 985/11

    - Die Annahme mehrerer selbstständiger Betriebe im Sinne von § 7g Abs. 3 S. 5 EStG im Rahmen einer selbstständigen Beratungstätigkeit erfordert neben der organisatorischen Selbstständigkeit zumindest noch eine klare und nach außen wahrnehmbare inhaltliche Abgrenzung der einzelnen Beratungstätigkeiten sowie jeweils eine kraft ihrer qualifizierten Ausbildung befähigten natürlichen Person an jedem Standort.


    - Die überörtliche Präsenz und Beaufsichtigung der einzelnen Betriebstandorte durch den Steuerpflichtigen führt zu einer fehlenden für Zwecke des 7g Abs. 3 S. 5 EStG zusätzlich zu fordernden organisatorischen Selbstständigkeit der einzelnen Praxisstandorte.


    - Der Höchstbetrag im Rahmen des § 7g Abs. 3 S. 5 EStG wird nicht für jeden Teilbetriebe eines Gesamtbetriebs des Steuerpflichtigen gewährt.


    - Verfügen einzelne Bürostandorte eines selbstständig Tätigen über einen eigenen Mandantenstamm, eigene Kontoverbindungen, eigene Mietverträge, eigene Angestellte, eigene Versorgungsverträge und eigene weitere standortbedingte Leistungsbeziehungen mit Dritten, deutet dies noch nicht auf das Vorliegen eines eigenständigen Betriebes im Sinne des § 7g Abs. 3 S. 5 EStG hin.


    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten um die Inanspruchnahme des zulässigen Höchstbetrags nach § 7g Abs. 3 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der nach § 52 Abs. 23 EStG bis zum 17.08.2007 geltenden Fassung und um den Ansatz eines Verlustes aus der Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft. Der Kläger war im Streitjahr unter anderem als selbständiger Steuerberater tätig, wobei er Büros in Stadt A, Stadt B und Stadt C (mit einer Zweigstelle in Stadt D) unterhielt. In seiner am 19.08.2005 beim Beklagten (dem Finanzamt, im Folgenden: ,FA') verspätet zur Zusammenveranlagung mit seiner Ehefrau abgegebenen Einkommensteuererklärung für 2003 gab er an, Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von insgesamt 102.636,- Euro erzielt zu haben, wobei sich dieses Ergebnis auf die drei Praxen Stadt A (./. 250.496,- Euro), Stadt B (127.140,- Euro) und Stadt C / Stadt D (225.992,- Euro) verteile. Auf seine diesbezüglichen Erläuterungen zur ausgefüllten Anlage GSE wird verwiesen.

    Aus den vom Kläger für die drei Einzelpraxen jeweils getrennt erstellten und vom FA in den drei für 2001 bis 2003 angelegten Bilanzbänden abgelegten Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG zum 31.12.2001, 31.12.2002 und 31.12.2003 ergaben sich folgende Abzüge und Zuschläge i.S.d. § 7g Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) (jeweils erfasst unter der Position „neutrale Aufwendungen” bzw. „neutrale Erträge”, letztere hier zusammengefasst aus den Positionen „Gewinnzuschläge nach § 7g Abs. 5 EStG” und „Auflösung Sonderposten”):

      31.12.2001 (DM) 31.12.2002 (Euro) 31.12.2003 (Euro)
      Abzug Zuschlag Abzug Zuschlag Abzug Zuschlag
    Stadt A 131.000,00 130.021,31 19.358,29 75.016,75 140.000,00 8.847,87
    Stadt B 143.000,00 93.782,55 44.000,00 2.068,54 110.000,00 78.372,41
    Stadt C 227.000,00 59.718,83 0,00 2.275,28 154.000,00 126.604,08
    SUMME         404.000,00 213.824,36


    Aus dem in den Bilanzheften ebenfalls abgelegten „Bericht” (für die Praxis Stadt C) und den beiden „Gutachten” (für die Praxen Stadt B und Stadt A) über die Inanspruchnahme der Ansparabschreibung nach § 7g EStG zum 31.12.2003 ergaben sich darüber hinaus folgende, dort unter Verrechnung der Zu- und Abgänge laut Gewinnermittlungen nachvollzogene Gesamtbeträge der zum jeweiligen Jahresende in Anspruch genommenen Rücklagen nach § 7g Abs. 3 EStG (wobei das für die Praxen Stadt A und Stadt B zum 31.12.2003 unzutreffend angegebene Minuszeichen hier ignoriert und die Beträge für 2001 insgesamt in DM umgerechnet wurden):

      Stand 31.12.2001 (DM) Stand 31.12.2002 (Euro) Stand 31.12.2003 (Euro)
    Stadt A 131.000,00 19.358,29 150.558,29
    Stadt B 143.651,27 115.046,12 154.000,00
    Stadt C 0,00 0,00 154.000,00
    SUMME274.651,27134.404,41 458.558,29


    Das FA folgte den hierauf beruhenden Angaben in der Einkommensteuererklärung zunächst und setzte die Einkommensteuer für 2003 mit Bescheid vom 10.10.2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 6.848,- Euro fest. Hiergegen legten der Kläger und seine Ehefrau unter Verweis auf eine noch nachzureichende Begründung am 28.10.2005 Einspruch ein. In der Folgezeit erfolgten für den Veranlagungszeitraum 2003 verschiedene Änderungen aufgrund von Mitteilungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Beteiligungseinkünften. Ferner ergingen zahlreiche Einspruchsentscheidungen in Bezug auf die Einsprüche des Klägers und seiner Ehefrau gegen die vom FA verschiedentlich geänderten Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2003.

    Mit Datum vom 26.03.2009 erließ das FA einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 2003, mit dem es die Einkommensteuer unter Ansatz von Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von nunmehr 407.194,- Euro auf 38.681,- Euro erhöhte. Zur Erläuterung führte es an, dass sich der Höchstbetrag für die Ansparabschreibung nach § 7g EStG auf 154.000,- Euro belaufe und der Kläger einen höheren Betrag in Anspruch genommen habe, in dem er den Höchstbetrag nicht für sein gesamtes Steuerberatungsunternehmen, sondern für jedes seiner drei Büros berücksichtigt habe. Diese Verfahrensweise sei unzulässig, da der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass es sich bei den drei Praxen in Stadt A, Stadt B und Stadt C / Stadt D um eigenständige Betriebe i.S.d. § 7g Abs. 3 EStG handele. Daher seien die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit von 102.636,- Euro um 304.558,- Euro auf 407.194,- Euro zu erhöhen.

    Gegen den Änderungsbescheid vom 26.09.2009 erhob der Kläger beim Hessischen Finanzgericht am 18.04.2009 eine unter dem Aktenzeichen 4 K 1043/09 erfasste Sprungklage, der das FA zustimmte. Mit Datum vom 07.08.2009 erließ das FA erneut einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2003, mit dem es die Einkommensteuer auf 38.716,- Euro erhöhte, jedoch weiterhin Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 407.194,- Euro zu Grunde legte. Durch Beschluss vom 17.09.2009 gab das Gericht das Verfahren 4 K 1043/09 nach § 45 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Durchführung des Vorverfahrens an das FA ab. Zur Begründung führte der Senat an, dass zur Beurteilung der Eigenständigkeit der Praxen des Klägers in Stadt A, Stadt B und Stadt C / Stadt D eine weitere Sachaufklärung erforderlich sei.

    In Fortführung des bereits am 28.10.2005 angestoßenen Einspruchsverfahrens wandte sich das FA daraufhin mit Schreiben vom 13.10.2009 an den Kläger und bat diesen um Beantwortung verschiedener Fragen zur Organisation seiner drei Praxen (Arbeitnehmerverteilung, eigene Lieferantenstruktur, eigene Bankkonten, Verträge über die Sozietät, Mietverträge, Briefköpfe der einzelnen Praxen, Verteilungsschlüssel, Aufenthalt des Klägers in den einzelnen Praxen, Zuordnung von Mandanten zu den einzelnen Praxen und Bearbeitung von Mandaten durch mehrere Praxen). Der Kläger beantwortete diese Fragen unter Verweis auf die jeweils selbständige Organisation der Praxen und faxte dem FA zum Nachweis am 10.11.2009 umfangreiche Unterlagen zu (vor allem Vertrags- und Rechnungskopien), auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.

    Am 26.02.2010 teilte das FA dem Kläger mit, dass es an seiner Rechtsauffassung festhalte, nach der der Kläger nur über einen einheitlichen Betrieb verfüge. Zur Begründung verwies es insbesondere auf die Prägung des Betriebs durch die Person des Klägers und auf den Umstand, dass die beim FA eingehenden Schriftsätze in der gleichen Sache regelmäßig von den Faxgeräten aller drei Praxen versandt worden seien. Durch Bescheid vom 22.06.2010 setzte das FA die Einkommensteuer für 2003 sodann unter Ansatz von Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit von nunmehr nur noch 253.195,- Euro auf 7.701,- Euro herab und erläuterte hierzu in einer Anlage zum Bescheid, dass der Kläger nach nochmaliger Prüfung Ansparabschreibungen nach § 7g EStG zum 31.12.2003 unter Berücksichtigung von Zu- und Abgängen in Höhe von 304.558,- Euro gebildet habe, weshalb dem erklärten Gewinn von 102.636,- Euro unter Berücksichtigung des Höchstbetrages von 154.000,- Euro abweichend von der bisherigen Bescheidlage lediglich 150.558,- Euro hinzuzurechnen seien (Summe der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit danach: 253.195,- Euro). In Abhilfe eines vom Kläger bereits am 29.04.2010 bei Gericht gestellten und unter dem Aktenzeichen 4 V 1024/10 erfassten Aussetzungsantrags setzte das FA die Vollziehung des „Bescheides vom 21.06.2010” über Einkommensteuer 2003 in Höhe der festgesetzten 7.701,- Euro durch Verfügung vom 22.06.2010 bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens aus. Unter Aufrechterhaltung der Einkommensteuerfestsetzung von 7.701,- Euro ergingen sodann am 30.09.2010 und 16.11.2010 nochmals geänderte Bescheide zur Einkommensteuer 2003, die auf der Berücksichtigung von Mitteilungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen beruhten, wobei der Bescheid vom 16.11.2010 den Hinweis enthält, dass der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 4 AO entfallen sei. Wegen des genauen Wortlautes wird auf die erste Seite der entsprechenden Bescheidkopie verwiesen. Nach den Erläuterungen des FA in der mündlichen Verhandlung beruht dieser Hinweis auf dem Umstand, dass der Bearbeiter im FA einen vom System automatisch erstellten Prüfhinweis als zutreffend abgezeichnet hatte, nach dem der Nachprüfungsvorbehalt wegen des Eintritts der Festsetzungsverjährung möglicherweise entfallen sei.

    Den Einspruch wegen Einkommensteuer 2003 wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 22.03.2011 als unbegründet zurück. Der Kläger, so das FA, der seine in Rodgau gegründete Steuerberatungspraxis seit 1988 in Stadt A betreibe, habe seine Büros in Stadt C und Stadt B im Jahre 1996 erworben, wobei die Stadt C-er Praxis um eine Zweigstelle in Stadt D erweitert worden sei. Von 1998 bis 2000 habe er außerdem ein Büro in Stadt F unterhalten. Seit 1999 habe er für die einzelnen Praxen Rücklagen nach § 7g EStG gebildet. Da die zum 31.12.2001 als beabsichtigt angegebenen Investitionen nur zu 8,32% realisiert worden seien, sei der Gewinn zum 31.12.2003 wegen der Auflösung der aus 2001 stammenden Rücklagen um 178.180,- Euro zu erhöhen gewesen. Der Kläger habe dies kompensieren wollen, in dem er den Rücklagen der Praxis Stadt A unter Berufung auf § 7g Abs. 3 EStG zum 31.12.2003 einen Betrag von 140.000,- Euro (Endbestand 150.558,- Euro), der Praxis Stadt B von 110.000,- Euro (Endbestand 154.000,- Euro) und der Praxis Stadt C von 154.000,- Euro (Endbestand 154.000,-) Euro zugeführt habe. Die dem zu Grunde gelegte Ansicht des Klägers, dass es sich bei den drei Praxen um eigenständige Betriebe handele, sei jedoch unzutreffend. Hiergegen spreche vor allem, dass die drei Büros im Streitjahr allesamt durch das eigenverantwortliche Handeln des Klägers geprägt worden seien und ohne sein Zutun nicht handlungsfähig gewesen seien. Nach den vorgelegten Unterlagen seien andere zur Steuerberatung zugelassene Personen nur sporadisch beschäftigt worden. Ferner sei von einer engen Verflechtung der drei Büros auszugehen, was durch den Anteil der Innenumsätze von 15,6% belegt werde. Die Verwendung unterschiedlicher Briefköpfe habe keinen Beweiswert, da in ein und demselben Rechtsbehelfsverfahren die verwendeten Briefköpfe mehrfach gewechselt hätten und die entsprechenden Faxe von unterschiedlichen Büros aus versandt worden seien. Demzufolge könne der Kläger zum 31.12.2003 insgesamt nur eine Rücklage nach § 7g EStG in Höhe von 154.000,- Euro bilden. Das FA habe den übersteigenden Betrag zu Recht nicht anerkannt. Die gewinnwirksame Auflösung der zum 31.12.2001 durch Bildung von Rücklagen angekündigten und binnen zwei Jahren nicht vollzogenen Investitionen folge aus § 7g Abs. 4 EStG und sei ebenfalls rechtmäßig.

    Mit seiner hiergegen am 14.04.2011 erhobenen und unter dem Aktenzeichen

    4 K 985/11 erfassten Klage verfolgt der Kläger sein Rechtsbegehren weiter. Aus den dem FA vorgelegten Arbeitsverträgen ergebe sich, dass die Angestellten jeweils vertraglich an eine bestimmte Praxis gebunden seien. Jede Praxis verfüge über eigene Bankkonten, ein eigenes Abrechnungswesen und eine eigene Kapitalausstattung. Eine Querfinanzierung finde nicht statt. Die jeweils zugeordneten Mandanten würden in den vier Kernbereichen des Steuerberatungsgeschäfts nur von den jeweiligen Büros aus betreut, was die Stadt B-er und Stadt C-er Mandanten bei der Übernahme der Praxis auch zur Bedingung für die Fortführung der Geschäftsbeziehung mit dem Kläger gemacht hätten. Im Übrigen seien die Praxen zum Teil spezialisiert (z.B. im Gesellschafts-, Arbeits- und Insolvenzrecht). Lieferanten und Versorgungsleistungen würden von der jeweiligen Praxis bezahlt (vgl. die vorgelegten Rechnungen). Ferner verwende jede Praxis ihren eigenen Briefkopf, was sich aus den beispielhaft vorgelegten Kopien ergebe. Die verbleibenden Gesamtrestkosten würden auf die Praxen nach der Anzahl ihrer Mitarbeiter verteilt (3 Mitarbeiter in Stadt A, 8 in Stadt B und 11 in Stadt C / Stadt D). Der Kläger sei in den einzelnen Praxen jeweils an zwei zusammenhängenden Tagen anwesend, soweit nicht Auswärtstermine stattfänden. Ferner existiere ein zentraler Terminalserver, auf dem die Bearbeiter vor Ort sämtliche eingehenden Schriftsätze, Literaturauszüge, sonstige Unterlagen und die Entwürfe für Schriftsätze in einer digitalen Akte ablegen würden, die dann von jedem Standort aus abgerufen und bearbeitet werden könne. Eine Überarbeitung könne auch über Telefonkontakt des Praxisinhabers mit dem Bearbeiter erfolgen. Die örtliche Präsenz diene vorrangig der Wahrnehmung von Mandanten- und Mitarbeiterterminen. Sofern das FA darauf hingewiesen habe, dass für ein und denselben Mandanten zum Teil unterschiedliche Briefköpfe verwendet worden seien, beruhe dies darauf, dass die Schriftsätze jeweils an einem Samstag von dem Ort aus verfasst worden seien, an dem sich der Kläger gerade aufgehalten habe.

    Nach alledem sei davon auszugehen, dass der Höchstbetrag von 154.000,- Euro für jede der Praxen gesondert in Anspruch genommen werden könne. Das ergebe sich entsprechend auch aus Rechtsprechung des BFH zur Veräußerung der Teilpraxis eines Steuerberaters als selbständiger Teil des Vermögens i.S.v. § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG (Verweis auf BFH vom 26.06.2012 - VIII R 22/09, BStBl. II 2012, 777). Dessen ungeachtet sei die Streichung der Rücklagen auch deshalb rechtswidrig, weil sich das FA dabei in Widerspruch zu ihrer Anerkennung in dem ursprünglich für 2003 ergangenen Bescheid gesetzt habe. Soweit das FA im Übrigen zum 31.12.2003 die zum 31.12.2001 gebildeten und nicht mit einer entsprechenden Investition begegneten Rücklagen aufgelöst habe, sei dies ebenfalls rechtswidrig, da sich das FA auch hierbei in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten gesetzt habe und der Steueranspruch bereits verjährt sei.

    Mit Faxnachricht vom 30.01.2013 hat der Kläger sein Klagebegehren erweitert und begehrt zusätzlich die Anerkennung eines verrechenbaren Verluste von ./. 5.977,40 Euro aus einem Bescheid des FA für 2003 vom 14.01.2005 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG bezüglich der Firma X-GmbH & Co.KG, an der der Kläger im Streitjahr als Kommanditist beteiligt war. Zwar werde der Verlust dort als für den Kläger nach § 15a Abs. 4 EStG nicht ausgleichs- bzw. abzugsfähig festgestellt. Hieran sei das FA im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung jedoch nicht gebunden (Verweis auf BFH vom 18.04.2012 - X R 34/10, BStBl. II 2012, 647). Der Verlust sei ausgleichs- bzw. abzugsfähig, da die Haftungsbegrenzung des Klägers erst durch die Eintragung in das Handelsregister am 27.02.2004 greife. Ferner bestehe ab der Eintragung eine überschießende Außenhaftung des Klägers von 160.000,- Euro.

    Durch Bescheid vom 17.02.2012 hat das FA die Einkommensteuerfestsetzung für 2003 aus Anlass einer Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften unter Verweis auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erneut geändert und die Einkommensteuer auf 7.307,- Euro erhöht. Dieser Bescheid enthält keine Angaben über das (Fort-) Bestehen eines Vorbehalts der Nachprüfung. Mit Bescheid vom 18.09.2012 hat das FA die Einkommensteuer sodann wieder auf 7.291,- Euro herabgesetzt, was wiederum auf der bindenden Feststellung einer anderen Finanzbehörde beruht. In diesem Bescheid sind weiterhin Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von 253.195,- Euro zu Grunde gelegt worden. Mit Bescheid vom 29.01.2013,(dem anwesenden Kläger und zugleich Vertreter des Bevollmächtigten vom FA in der mündlichen Verhandlung vom 31.01.2013 persönlich übergeben) hat das FA die Einkommensteuer sodann auf 38.145,- Euro erhöht und - nach entsprechender Ankündigung vom 15.01.2013 (dem Kläger übermittelt mit Schreiben vom gleichen Tage) - dabei wie bereits im Bescheid vom 26.03.2009 wieder Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von 407.194,- Euro angesetzt. Das FA hat hierzu erläutert, dass die Änderung auf § 129 AO beruhe und dem Umstand gerecht werde, dass bei der zweiten Änderung der Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit die Praxis Stadt C / Stadt D vergessen worden sei (vgl. die Anlage zum Bescheid).

    Der Kläger beantragt,

    1. den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 29.01.2013 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom 19.08.2012 sowie die Einspruchsentscheidung vom 22.03.2011 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit erklärungsgemäß mit 102.636,- Euro angesetzt werden und zusätzlich ein Verlust in Höhe von 5.977,40 Euro aus der Beteiligung an der Firma X-GmbH & Co. KG, wie in dem Feststellungsbescheid vom 14.01.2005 dargestellt, steuermindernd berücksichtigt wird.

    2. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

    3. Im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Das FA hält an der Rechtsauffassung zum Vorliegen nur eines „Betriebes” des Klägers fest. Die vom Kläger dargestellte autonome Ausstattung seiner Zweigstellen sei notwendig und üblich und spreche nicht für das Vorliegen selbständiger Betriebe i.S.d. § 7g Abs. 3 EStG. Seine Ausführungen zur persönlichen Anwesenheit in den einzelnen Büros sprächen vielmehr dagegen. Dieser Umstand spreche auch gegen die Annahme eigenständiger Beratungsstellen im Sinne des Steuerberatungsgesetzes (StBerG). Trotz Aufforderung habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass in den einzelnen Praxen im Streitjahr ununterbrochen Personen beschäftigt worden seien, die die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 i.V.m § 3 StBerG erfüllten. Bei den für ihn tätigen Rechtsanwälten habe es sich um selbständige Personen ohne feste Kanzleizugehörigkeit gehandelt. Die Vernetzung über den Terminalserver spreche dafür, dass der Kläger im Streitjahr selbst die Aufsicht in den einzelnen Zweigstellen geführt habe und das in den einzelnen Praxen verortete Personal nicht befugt gewesen sei, eigenständig die Aufgaben eines Steuerberaters wahrzunehmen.

    Das Zustandekommen des vom FA für 2003 erhöhten Gewinns des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit hat das FA wie folgt erläutert: Der Kläger habe für 2003 einen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von insgesamt 102.636,- Euro erklärt. Laut den seinen praxisbezogenen Gewinnermittlungen für 2002 und 2003 beigefügten Gutachten zu § 7g EStG habe der Stand der für die selbständige Tätigkeit in Anspruch genommenen Ansparabschreibungen zum 31.12.2002 insgesamt (d.h. für sämtliche Büros zusammen) 134.404,- Euro und zum 31.12.2003 insgesamt 458.558,- Euro betragen. In Höhe der Differenz dieser Beträge (324.154,- Euro) seien daher vom Kläger zum 31.12.2003 Ansparabschreibungen nach § 7g Abs. 3 i.V.m. Abs. 6 EStG insgesamt aufwandswirksam neu in Anspruch genommen worden. Um den Endbestand zum 31.12.2003 von 458.558,- Euro auf den maximal zulässigen Gesamtbetrages von 154.000,- Euro zurückzuführen, sei der vom Kläger für 2003 erklärte Gewinn im ersten Änderungsbescheid vom 26.03.2009 um 304.558,- Euro auf 407.194,- Euro erhöht worden (458.558,- Euro ./. 154.000,- Euro = 304.558,- Euro). Der Erhöhungsbetrag (304.558,- Euro) liege unter dem Zuführungsbetrag zum 31.12.2003 (324.154,- Euro). Die zeitliche Zuordnung der Rückführung auf den Höchstbetrag allein in 2003 halte daher einer rechtlichen Überprüfung stand. Im Übrigen treffe die Behauptung des Klägers nicht zu, nach der das Finanzamt im Bescheid vom 26.03.2009 über die eigene Sachbehandlung des Klägers hinaus auch Hinzurechnungen aus Anlass der Auflösung von in 2001 gebildeten Rücklagen wegen fehlender Investition vorgenommen habe. Die Hinzurechnung der 304.558,- Euro beruhe allein auf der Rückführung auf den Höchstbetrag (154.000,- Euro).

    Der am 22.06.2010 ergangene Änderungsbescheid, mit dem die Hinzurechnung zum Gewinn aus selbständiger Tätigkeit auf 150.558,- Euro beschränkt und ein Gewinn von nur noch 253.195,- Euro zu Grunde gelegt worden sei, sei inhaltlich unzutreffend. In der erläuternden Anlage zum Bescheid sei die Praxis Stadt C / Stadt D vergessen worden. Bei Berücksichtigung der dortigen Zuführung zum 31.12.2003 von 154.000,- Euro ergäbe sich wieder der allein richtige Hinzurechnungsbetrag von 304.558,- Euro. Zahlenmäßig richtig sei also die Erhöhung im Bescheid vom 26.03.2009. Diese sei im Bescheid vom 29.01.2013 wiederhergestellt worden.

    Auf die dem Gericht vom FA vorgelegten Steuerakten wird ergänzend Bezug genommen. Sie waren Gegenstand des Verfahrens. Das Gericht hat ferner die Akten der abgeschlossenen Verfahrens 4 V 1724/11 wegen Aussetzung der Vollziehung und des abgeschlossenen Sprungklageverfahrens 4 K 1043/09 beigezogen. Im Übrigen wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet. Der nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gewordene Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 29.01.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

    1. Die Erhöhung des Gewinns aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers für 2003 im Bescheid vom 29.01.2013 ist in materiell-rechtlicher Hinsicht dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig. Der Kläger verfügte im Streitjahr im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit nur über einen einheitlichen „Betrieb” i.S.d. § 7g Abs. 3 Satz 5 EStG. Er konnte daher insgesamt nur Rücklagen in Höhe von maximal 154.000,- Euro bilden.

    a) Nach § 7g Abs. 1 EStG in der gemäß § 52 Abs. 23 EStG bis zum 17.08.2007 geltenden und damit für das Streitjahr einschlägigen Fassung können bei neuen beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren neben den Absetzungen für Abnutzungen nach § 7 Abs. 1 u. Abs. 2 EStG Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 20% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden, sofern die Voraussetzungen des § 7g Abs. 2 EStG erfüllt sind. Nach § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes im Sinne des § 7g Abs. 1 EStG darüber hinaus eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung), die 40% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsgutes, das der Steuerpflichtige voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres anschaffen oder herstellen wird, nicht überschreiten darf. Eine solche Rücklage darf nach dem Grundfall der Vorschrift nur gebildet werden, wenn (§ 7g Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG) der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG ermittelt, der Betrieb am Schluss des Wirtschaftsjahres, das dem Wirtschaftsjahr der Bildung der Rücklage vorangeht, das in § 7g Abs. 2 EStG genannte Größenmerkmal erfüllt und die Bildung und Auflösung der Rücklage in der Buchführung verfolgt werden können.

    Nach § 7g Abs. 3 Satz 5 EStG dürfen die am Bilanzstichtag insgesamt gemäß § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG gebildeten Rücklagen je Betrieb des Steuerpflichtigen im Streitjahr 2003 den Betrag von 154.000,- Euro nicht übersteigen. Durch diese erstmals aufgrund des Jahressteuergesetzes 1996 (zu diesem Zeitpunkt noch in Höhe von 300.000,- DM) eingeführte Begrenzung sollte sichergestellt werden, dass die Ansparabschreibung nach dem Sinne und Zweck der Vorschrift nur von kleinen und mittelständischen Unternehmen in Anspruch genommen werden kann (vgl. den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland im Europäischen Binnenmarkt - Standortsicherungsgesetzt [StandOG] vom 05.03.1993, BT-Drs.12/4487, Seite 54). Durch die betriebsbezogene Begrenzung sollten Gestaltungen unterbunden werden, mit denen auch Großunternehmen durch Ausgliederung von Unternehmensteilen oder durch Gründung von Investitionsgesellschaften in den Anwendungsbereich der Vorschrift kamen (Roland in Bordewin / Brandt, EStG, Stand 01/2008, § 7g Rn. 72b; Drenseck in L. Schmidt, EStG, 24. Auflage 2005, § 7g Rn. 22). Zur inhaltlichen Abgrenzung des „Betriebs” des Steuerpflichtigen ist nach in der Literatur vertretener Ansicht auf die in § 7g Abs. 2 EStG definierte Unternehmenseinheit abzustellen, was z.B. zur Folge haben soll, dass auch eine Personengesellschaft grundsätzlich nur Rücklagen in Höhe von maximal 154.000,- Euro bilden kann (Lambrecht in Kirchhof / Söhn / Mellinghoff, EStG Stand 06/2001, § 7g Rn. D 20).

    Ermittelt der Steuerpflichtige seinen Gewinn - wie im Streitfall der Kläger - nach § 4 Abs. 3 EStG, so sind die dargestellten Grundsätze des § 7g Abs. 3 bis 5 EStG gemäß § 7g Abs. 6 EStG mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist, wobei der Zeitraum zwischen Abzug und Zuschlag als Zeitraum gilt, in dem die Rücklage bestanden hat. Auch hier ist jedoch eine buchmäßig verfolgbare Willensbildung des Steuerpflichtigen erforderlich, um eine „Rücklage” (d.h. den Abzugsbetrag) für ein bestimmtes Wirtschaftsgut in Anspruch nehmen zu können (BFH vom 06.03.2003 - IV R 23/01, BStBl. II 2004, 187).

    b) In Anwendung dieser Grundsätze beträgt der für die selbständige Tätigkeit des Klägers i.S.v. § 7g Abs. 2 EStG einschlägige Höchstbetrag nach § 7g Abs. 3 Satz 5 EStG lediglich 154.000,- Euro, da die Praxen Stadt A, Stadt B und Stadt C / Stadt D bei Berücksichtigung aller Umstände entgegen der Einschätzung des Klägers nicht als selbständige „Betriebe” im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sind. Das Gericht schließt sich insoweit der Würdigung des FA an. Danach ist entscheidend, dass es sich im Wesentlichen um eine gleichartige selbständige Tätigkeit an allen drei Standorten handelte die von der Person des Klägers geprägt war, was durch die Verwendung des Terminalservers und durch die regelmäßigen persönlichen Aufenthalte des Klägers in allen drei Praxen sichergestellt wurde. Hieraus folgt für das Streitjahr eine Gleichförmigkeit der Betriebsstruktur sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis.

    Die vorgelegten Briefköpfe belegen die enge sachliche und persönliche Verflechtung der verschiedenen Standorte ungeachtet der vom Kläger behaupteten internen örtlichen Spezialisierungen auf bestimmte Fachgebiete (Gesellschafts-, Arbeits- und Insolvenzrecht). Das dadurch von den Mandanten nach außen wahrnehmbare Anbieten von Beratungsleistungen (gleich ob aus dem Bereich der Rechts-, Steuer- oder Unternehmensberatung) gestaltete sich für alle drei Standorte im Wesentlichen gleich. Auf den vom Kläger zum Beleg der Selbständigkeit vorgelegten Briefbögen wird oben links (in Großschrift) sowie auch rechts jeweils der Kläger als Namensgeber des Unternehmens unter Verweis auf seine zahlreichen Berufsbezeichnungen und Tätigkeitsbereiche in den Vordergrund gestellt. Ferner wird auf der rechten Seite in wechselnder Gestaltung stets auch auf die anderen Standorte hingewiesen. Die Zuordnung eines Schreibens zu einem bestimmten Standort ergibt sich vornehmlich daraus, dass dieser aus posttechnischen Gründen in der Absenderzeile über dem Adressfeld genannt wird, auf der rechten Seite zum Teil zusätzliche Personen aufgeführt werden (in der Regel Rechtsanwälte, die im Streitjahr jedoch nicht Teilhaber des Unternehmens waren, sondern z.B. in bestimmten Büros kraft Auftrags tätig wurden), die Telefonnummer des Bearbeiters in der jeweiligen Praxis angegeben wird und die Schreiben zum Teil mit Klauseln wie „Herzliche Grüße aus Stadt A” / „Mit freundlichen Grüßen von Haus zu Haus” enden. Dies hebt die Prägung der Praxen allein durch den Kläger jedoch nicht auf. Aus den Briefbögen ergibt sich für den unbefangenen Leser zweifelsfrei, dass in allen drei Praxen die durch die persönlichen beruflichen Qualifikationen des Klägers bedingten Leistungen in gleicher Weise angeboten und erbracht werden. Die auf allen Briefköpfen genannten Spezialisierungen (z.B. „Praxis für […] Insolvenzberatung […]”, ab 2004 auch „Fachbeistand für Arbeitsrecht”) beziehen sich nicht auf einen bestimmten Standort, sondern stets auf die Person des entsprechend qualifizierten Klägers. Die zusätzliche Nennung anderer Berufsträger (hier: Rechtsanwälte) fällt angesichts der Dominanz des Namens des Klägers, der durch die Verwendung eines Mittelinitials (d.h. durch die Abkürzung seines vollen Namens ” ” mit der Kurzform „………”) wie ein Firmenname wirkt, nicht ins Gewicht.

    Dass die einzelnen Büros über einen eigenen Mandantenstamm, eigene Kontoverbindungen, eigene Mietverträge, eigene Angestellte, eigene Versorgungsverträge und eigene weitere standortbedingte Leistungsbeziehungen mit Dritten verfügen, deutet nicht auf das Vorliegen eigenständiger „Betriebe” i.S.d. § 7g Abs. 3 Satz 5 EStG hin. Es spricht zwar einiges dafür, dass die einzelnen Büros des Klägers im Falle der separaten Veräußerung der diesen zuzuordnenden materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände aufgrund des jeweils abgrenzbaren Mandantenstamms und der geographisch bedingten Unabhängigkeit der eingesetzten Personal- und Sachmittel für Zwecke des § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG als Teilbetriebe (d.h. als „selbständige Teile des Vermögens” bzw. als „Anteile am Vermögen”, das der selbständigen Arbeit dient) einzustufen sein könnten, wenn (was allerdings fraglich erscheint) dem Aspekt der ständigen überörtlichen persönlichen Präsenz des Klägers bei der Würdigung der organisatorischen Selbständigkeit kein allzu großes Gewicht beigemessen würde. Hierauf kommt es im Rahmen des § 7g Abs. 3 Satz 5 EStG jedoch nicht an, da der dort vorgegebene Höchstbetrag der zeitpunktbezogenen Rücklagen nach dem insoweit eindeutigen und einer weitergehenden Auslegung nicht zugänglichen Wortlaut nicht für einzelne „Teilbetriebe”, „Teile” oder „Anteile”, sondern für einen bestimmten „Betrieb” des Steuerpflichtigen gilt. Nach der Überzeugung des Senats erfordert die Annahme mehrerer selbständiger Betriebe i.S.d. § 7g Abs. 3 Satz 5 EStG im Rahmen einer i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG freiberuflich ausgeübten Beratungstätigkeit einer hierzu kraft ihrer qualifizierten Ausbildung befähigten natürlichen Person neben der organisatorischen Selbständigkeit zumindest noch eine klare und nach außen wahrnehmbare inhaltliche Abgrenzung der einzelnen Beratungstätigkeiten (z.B. ausschließlich Unternehmensberatung am einen und ausschließlich Buchführungsleistungen am anderen Standort, sofern die jeweils erbrachten Leistungen am Markt beworben werden und dadurch an den unterschiedlichen Standorten auch unterschiedliche Kundenkreise erschlossen werden). Solches ist im Streitfall nicht erkennbar. Wegen der überörtlichen Präsenz und Beaufsichtigung durch den Kläger fehlt es zudem an der für Zwecke des § 7g Abs. 3 Satz 5 EStG zusätzlich zu fordernden organisatorischen Selbständigkeit der drei Praxen.

    c) Der Höhe nach ist die Vorgehensweise des FA (d.h. die Erhöhung des für 2003 erzielten Gewinns aus selbständiger Tätigkeit auf nunmehr wiederum 407.194,- Euro durch den Bescheid vom 29.01.2013) rechtmäßig. Die vom FA am 15.01.2013 erläuterte Berechnung des gebotenen Erhöhungsbetrages von 304.558,- Euro anhand eines Bestandsvergleichs zwischen den Rücklagen zum 31.12.2002 und den Rücklagen zum 31.12.2003 bei Verprobung mit den in 2003 insgesamt neu in Anspruch genommenen Rücklagen ist zutreffend, weshalb richtigerweise ein Gewinn aus selbständiger Arbeit i.H.v. 407.194,- Euro der Besteuerung zu unterwerfen war.

    d) Der Einwand des Klägers zur gewinnwirksamen Auflösung von in 2001 in Anspruch genommenen Ansparabschreibungen ist unbegründet. Soweit der Kläger aus Anlass der zum 31.12.2001 nach § 7g Abs. 6 EStG abgezogenen Ansparabschreibungen i.S.d. § 7g Abs. 3 EStG innerhalb von zwei Jahren die beabsichtigten Investitionen nicht getätigt hatte, hat er in seinen Gewinnermittlungen selbst die entsprechenden Rücklagen zum 31.12.2003 gewinnwirksam aufgelöst und nach § 7g Abs. 6 EStG einen entsprechenden Zuschlag angesetzt. Entgegen seiner Behauptung beruhen die entsprechenden Gewinnerhöhungen nicht auf der Prüfungs- und Beanstandungstätigkeit des FA. Mangels substantiierter Einwendungen des Klägers sieht das Gericht keinen Anlass, die Richtigkeit des sich hieraus ergebenden und in der Einkommensteuererklärung 2003 als richtig versicherten Gewinns aus selbständiger Arbeit von 102.636,- Euro zu hinterfragen.

    2. Der verfahrensgegenständliche Bescheid vom 29.01.2013 ist auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht rechtmäßig. Zwar ist der Verweis des FA auf § 129 AO unzutreffend, da vor dem Hintergrund der vom FA angestellten Rechenoperationen ersichtlich keine (sonstige) „offenbare Unrichtigkeit” im Sinne dieser Vorschrift vorliegen kann (vgl. BFH 24.07.1984 - VIII R 304/81. BStBl. II 1984, 785; BFH vom 13.11.1997 - V R 138/92, BFH/NV 1998, 419; weitere Nachweise bei Brockmeyer in Klein, AO, 10. Auflage 2009, § 129 Rn. 3 ff. und Seer in Tipke / Kruse, AO / FGO, Stand 02/2011, § 129 Rn. 17 bis 26). Das FA war zu der Änderung vom 29.01.2013 jedoch nach § 164 Abs. 2 AO befugt, da der nach § 164 Abs. 1 AO ursprünglich verfügte Vorbehalt der Nachprüfung vom FA selbst zu keinem Zeitpunkt durch eine entsprechende Verfügung aufgehoben wurde und der Vorbehalt auch nicht nach § 164 Abs. 4 AO wegen des Eintritts der Festsetzungsverjährung entfallen war. Denn der Eintritt der Festsetzungsverjährung war wegen des laufenden Rechtsbehelfsverfahrens und des sich anschließenden finanzgerichtlichen Verfahrens nach § 171 Abs. 3a AO in der seit 1999 geltenden Fassung umfassend gehemmt. Soweit das FA im Bescheid vom 16.11.2010 den Vermerk „Der Vorbehalt der Nachprüfung ist nach § 164 Abs. 4 AO entfallen” angefügt hatte, lag hierin kein auf die Aufhebung des Vorbehalts nach § 164 Abs. 3 Satz 1 AO gerichteter Verwaltungsakt i.S.d. § 118 AO, sondern die bloße Mitteilung einer von Gesetzes wegen eingetretenen Rechtsfolge, die jedoch in Wirklichkeit nicht eingetreten war. Die insoweit fehlende Regelungswirkung i.S.d. § 118 AO wird durch den Hinweis auf § 164 Abs. 4 AO hinreichend deutlich. Im Falle einer bewussten Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung wäre ein Hinweis auf § 164 Abs. 3 Satz 1 AO als Rechtsgrundlage einschlägig gewesen. Auch hätte das verwandte Verb ein aktives regelndes Handels der Behörde beschreiben müssen (z.B.: „wird aufgehoben”). Ein verobjektivierter Empfänger (§§ 133, 157 BGB, vgl. Seer in Tipke / Kruse, AO / FGO, Stand 10/2010, § 118 AO Rn. 11 f.) konnte den Vermerk insoweit nicht als bewusste Aufhebung des Nachprüfungsvorbehaltes durch das FA verstehen. Auch der Umstand, dass in den späteren Änderungsbescheiden auf den (fort-) bestehenden Nachprüfungsvorbehalt nicht mehr hingewiesen worden war, kann nicht als Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung durch das FA gewertet werden. Dass die weiteren Änderungsbescheide eine entsprechende Klarstellung (z.B. „Dieser Bescheid steht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung” oder „Der Vorbehalt der Nachprüfung bleibt bestehen”) nicht mehr enthielten, ist unschädlich (st. Rspr. BFH vom 14.09.1993 - VIII R 9/93, BStBl. II 1995, 2).

    3. Das zusätzliche Begehren des Klägers, den im Feststellungsbescheid des FA vom 14.01.2005 dargestellten Verlust von ./. 5.977,40 Euro aus der Beteiligung des Klägers an der Firma X-GmbH & Co. KG in Abzug zu bringen, hat ebenfalls keinen Erfolg. Nach § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG ist der nach § 15a Abs. 1 EStG nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die nach § 15a Abs. 2 EStG abzuziehenden und vermehrt um die nach § 15a Abs. 3 EStG hinzuzurechnenden Beträge (verrechenbarer Verlust) jährlich gesondert festzustellen. Hierfür ist das für die gesonderte Feststellung des Gewinns und des Verlustes der Kommanditgesellschaft i.S.v. §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG zuständige Finanzamt berufen (§ 15a Abs. 4 Satz 3 EStG). An den entsprechenden Feststellungsbescheid ist das Veranlagungsfinanzamt nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO gebunden. Nach diesen eindeutigen gesetzlichen Reglungen ist im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung des Klägers für 2003 auch die Feststellung des FA im Bescheid vom 14.01.2005 bindend, nach der der auf den Kläger entfallende Verlust von ./. 5.977,40 Euro bei diesem nicht abzugs- bzw. ausgleichsfähig ist. Eine Abweichung hiervon ist nicht zulässig. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung.

    4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO und erfolgte mit Blick auf die Auslegung des auch für § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG (neue Fassung) noch bedeutsamen Betriebsbegriffs des § 7g Abs. 3 Satz 5 EStG (alte Fassung) bei freiberuflich tätigen Steuerpflichtigen.

    VorschriftenEStG § 7g Abs. 3 Satz 5