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  • 07.05.2013 · IWW-Abrufnummer 131598

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Gerichtsbescheid vom 31.01.2013 – 9 K 242/12

    Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, Beiträge zu privaten Risikolebensversicherungen, Unfallversicherungen
    oder Kapitallebensversicherungen einkommensteuerlich in vollem Umfang zum Abzug zuzulassen, da diese nicht der Sicherung der
    bloßen Existenz, sondern primär dem Schutz und dem Erhalt von Vermögen und Lebensstandard dienen.


    Im Namen des Volkes
    Gerichtsbescheid
    In dem Finanzrechtsstreit
    hat der 9. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg am 31. Januar 2013 durch Vorsitzenden Richter am Finanzgericht … Richterin
    am Finanzgericht … Richter …
    für Recht erkannt:
    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
    3. Die Revision wird zugelassen.
    Tatbestand
    Streitig ist, ob das subjektive Nettoprinzip gebietet, Aufwendungen für eine Risikolebensversicherung, eine Unfallversicherung
    und für verschiedene Kapitallebensversicherungen steuerlich zu berücksichtigen.
    Mit Beschluss vom 13. Februar 2008 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die bisher geltende Regelung zum Sonderausgabenabzug
    von Beiträgen zu einer Kranken- und Pflegeversicherung nicht ausreichend sei. Der Gesetzgeber habe die Beträge steuerlich
    zum Abzug zuzulassen, die dem Umfang nach erforderlich sind, um dem Steuerpflichtigen und seiner Familie eine sozialhilfegleiche
    Kranken- und Pflegeversorgung zu gewährleisten (Aktenzeichen 2 BvL 1/06, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts –
    BVerfGE – 120, 125). Gleichzeitig verpflichtete es den Gesetzgeber, mit Wirkung zum 1. Januar 2010 eine verfassungskonforme Neuregelung
    zu schaffen. Aufgrund dieser Entscheidung änderte der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung
    von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) vom 16. Juli 2009 (BGBl. I 2009, 1959) die steuerliche
    Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen in § 10 des Einkommensteuergesetzes in der ab dem Veranlagungszeitraum 2010 geltenden
    Fassung (
    EStG) teilweise neu. Die Höchstbeträge für den Abzug von anderen Vorsorgeaufwendungen als Aufwendungen für die Altersversorgung
    gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG wurden auf 2.800 EUR bzw. 1.900 EUR erhöht (§ 10 Abs. 4 S. 1 und 2 EStG). Die Aufwendungen für
    die sozialhilfegleiche Kranken- und Pflegeversorgung wurden in § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG neu definiert. Diese Beiträge sind –
    unabhängig von den Höchstbeträgen – stets in vollem Umfang abzugsfähig. Die sonstigen Vorsorgeaufwendungen wurden in den neu
    eingefügten § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG aufgenommen. Diese Beiträge wirken sich nur noch dann aus, wenn die Höchstbeträge nicht
    bereits durch den Abzug der sozialhilfegleichen Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG ausgeschöpft worden sind (§ 10 Abs. 4
    S. 4 EStG).
    Die Kläger sind miteinander verheiratete Eheleute, die im Veranlagungszeitraum 2010 zusammenveranlagt wurden. Der Kläger erzielt
    Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Gewerbebetrieb. Im Veranlagungszeitraum 2010 wurden von seinem Arbeitslohn Arbeitnehmerbeiträge
    zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 6.705 EUR und zur gesetzlichen Pflegeversicherung in Höhe von 877,56 EUR
    einbehalten. Die Klägerin erzielt ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In der im März 2011 beim Beklagten eingegangenen
    Einkommensteuererklärung beantragten sie neben dem Abzug der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nach
    § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG auch den Abzug folgender Beträge als sonstige Vorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG:

    BezeichnungBetrag
    Risikolebensversicherung148,23 EUR
    Unfallversicherung243,55 EUR
    vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossene Kapitallebensversicherungen4 .436,00 EUR
    Summe:4 .827,78 EUR
    Der gemeinsame Höchstbetrag der Kläger nach § 10 Abs. 4 S. 3 EStG war bereits durch die Beiträge zur gesetzlichen Kranken-
    und Pflegeversicherung überschritten, weshalb die sonstigen Vorsorgeaufwendungen im Einkommensteuerbescheid vom 28. März 2011
    vom Beklagten nicht berücksichtigt wurden.
    Mit dem form- und fristgerecht eingelegten Einspruch begehrten die Kläger, die sonstigen Vorsorgeaufwendungen in erklärter
    Höhe zum Abzug zuzulassen. Nach weiterem Schriftverkehr wies der Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 9.
    Januar 2012 als unbegründet zurück.
    Mit der form- und fristgerecht erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Die geltend gemachten Aufwendungen
    für Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG von insgesamt 4.828 EUR seien zum Abzug zuzulassen. Die Aufwendungen
    gehörten zu den notwendigen Aufwendungen der Daseinsfürsorge und seien daher im Rahmen des subjektiven Nettoprinzips steuermindernd
    zu berücksichtigen. Dies habe der Gesetzgeber selbst durch die Aufzählung im Gesetz anerkannt. Eine Rechtfertigung für die
    Aufteilung in Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge und andere Vorsorgeaufwendungen sei nicht erkennbar. Die Einteilung
    sei aus haushaltspolitischen Gründen erfolgt. Eine sachliche Begründung bestehe hierfür nicht. Bei jeder Typisierung sei zu
    beachten, dass die typisierten Aufwendungen möglichst in allen Fällen berücksichtigt werden. Gerade dies sei nicht der Fall.
    In nahezu allen Fällen würden die in § 10 Abs. 4 S. 3 EStG aufgeführten Höchstbeträge bereits durch die Beiträge zur gesetzlichen
    Kranken- und Pflegeversicherung überschritten. Die Grundsätze der Sozialhilfe seien nicht maßgeblich. Sonderausgaben seien
    die – durch das subjektive Nettoprinzip gebotene und im Gesetz angelegte – Berücksichtigung von indisponiblem Einkommen bei
    der Bemessung der Einkommensteuer, wie dies gerade die Berücksichtigung der Kirchensteuer zeige. Diese Aufwendungen belasteten
    die Sozialhilfeempfänger nicht.
    Die Kläger beantragen,
    den Einkommensteuerbescheid 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsorgeaufwendungen
    in Höhe von 4.828 EUR zum Abzug zugelassen werden.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Die Berücksichtigung der geltend gemachten Versicherungsbeiträge sei nicht geboten. Das subjektive Nettoprinzip gebiete den
    Abzug der Aufwendungen, die zur Sicherung des existenznotwendigen Lebensbedarfs unumgänglich seien. Dieser Begriff erfasse
    jedoch nur die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, denn nur diese gehörten zum maßgeblichen sozialhilferechtlichen
    Mindestbedarf. Das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums gebiete nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
    nur den Schutz des Lebensstandards auf Sozialhilfeniveau. Daher seien die Differenzierungen des Sozialhilferechts eine taugliche
    Abgrenzungsgrundlage, an die sich der Gesetzgeber gehalten habe. Entgegen der Auffassung der Kläger habe der Gesetzgeber durch
    die ausdrückliche Trennung von notwendigen Aufwendungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG und darüber hinausgehenden freiwilligen
    Aufwendungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG gerade deutlich gemacht, dass er die sozialhilferechtliche Trennung im Steuerrecht
    umsetzen wolle. Es gebe auch andere existenznotwendige Aufwendungen, die im Grundfreibetrag abgegolten seien und nicht gesondert
    abgezogen werden könnten, z.B. solche für bürgerliche Kleidung.
    Dem Sach- und Streitstand liegt neben den Gerichtsakten ein Band Einkommensteuerakten des Beklagten zur Steuernummer … zu
    Grunde.
    Entscheidungsgründe
    Der Senat entscheidet gemäß § 90a der Finanzgerichtsordnung (
    FGO) durch Gerichtsbescheid.
    Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren
    Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Ein höherer Sonderausgabenabzug steht den Klägern nicht zu.
    1. Die im Einkommensteuerbescheid vom 28. März 2011 zum Abzug zugelassenen Sonderausgaben entsprechen dem geltenden einfachen
    Recht. Die Kläger haben im Streitjahr nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzugsfähige Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung
    in Höhe von insgesamt 7.441 EUR geleistet. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Diese Beiträge wurden steuerlich
    berücksichtigt und übersteigen den gemeinsamen Höchstbetrag, der den Klägern nach § 10 Abs. 4 S. 1 bis 3 EStG zusteht. Der
    Abzug der übrigen Vorsorgeaufwendungen ist daher gemäß § 10 Abs. 4 S. 4 EStG zu Recht unterblieben.
    2. Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, Beiträge zu privaten Risikolebensversicherungen, Unfallversicherungen
    oder Kapitallebensversicherungen einkommensteuerlich in vollem Umfang zum Abzug zuzulassen. Entgegen der Auffassung der Kläger
    handelt es sich bei den gezahlten Beiträgen zu diesen Versicherungen nicht um existenziell notwendige Aufwendungen der Daseinsfürsorge,
    die im Rahmen des subjektiven Nettoprinzips steuermindernd zu berücksichtigen wären.
    a. Die Freistellung des Existenzminimums erfolgt im Steuerrecht zum Einen durch den Grundfreibetrag, zum Anderen durch den
    Abzug der existenznotwendigen Aufwendungen als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen. Die (privaten) existenzsichernden
    Aufwendungen sind im Rahmen von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen grundsätzlich
    steuerlich abziehbar (subjektives Nettoprinzip). Dagegen mindern Aufwendungen für die Lebensführung – auch soweit die wirtschaftliche
    oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen diese mit sich bringt – die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer
    nicht. Für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach finanzieller Leistungsfähigkeit kommt es nicht nur auf die Unterscheidung
    zwischen beruflichem oder privatem Veranlassungsgrund für Aufwendungen an, sondern auch auf die Unterscheidung zwischen freier
    oder beliebiger Einkommensverwendung und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand (BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008 2 BvL
    1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 unter C.I.3 der Entscheidungsgründe).
    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts leitet sich aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1,
    Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes ferner das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums ab. Danach hat
    der Staat das Einkommen des Bürgers insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen
    eines menschenwürdigen Daseins für sich und seine Familie benötigt. Das einkommensteuerrechtlich maßgebliche Existenzminimums
    richtet sich dabei nach dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau. Was der Staat dem Einzelnen voraussetzungslos
    aus allgemeinen Haushaltsmitteln zur Verfügung zu stellen hat, das darf er ihm nicht durch Besteuerung seines Einkommens entziehen
    (BVerfG-Urteil vom 13. Februar 2008 2 BvL 1/06, BVerGE 120, 125 unter D.I.1 der Entscheidungsgründe). Durch die Entscheidung
    vom 13. Februar 2008 hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass zu den existenzsichernden Aufwendungen auch solche
    für eine Basisvorsorge gegen Krankheit und Pflegebedürftigkeit gehören.
    b. Der erkennende Senat hat keine Zweifel daran, dass die Beiträge zur privaten Risikolebensversicherung, Unfallversicherung
    oder zu den Kapitallebensversicherungen gerade nicht notwendig sind, um die notwendigen Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen
    Daseins für die Kläger zu schaffen. Zum Abschluss solcher Versicherungen besteht keine gesetzliche Verpflichtung. Sie gehören
    damit – in der Diktion des Bundesverfassungsgerichts – zum Bereich der freien oder beliebigen Einkommensverwendung. Sie gehören
    ebensowenig zum sozialhilferechtlichen Existenzminimum (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 21. September 2012 3 K 144/11, Entscheidungen
    der Finanzgerichte –
    EFG – 2013, 26 unter II.3 der Entscheidungsgründe; andere Auffassung: Schulemann, Olaf (2009): Sonderausgabenabzug von Beiträgen
    zur Kranken- und Pflegeversicherung, http://hdl.handle.net/10419/45387). Beiträge für diese privaten (zusätzlichen) Versicherungen
    werden nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch grundsätzlich nicht erstattet. Die abgedeckten Risiken Alter, Invalidität und
    Tod werden typischerweise von den klassischen Altersvorsorgesystemen wie der gesetzlichen Rentenversicherung, den berufsständischen
    Versorgungseinrichtungen und der Beamtenversorgung abgedeckt (ebenso BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvR 1220/04,
    2 BvR 410/05, BVerfGE 120, 169 unter B.I.1.d der Entscheidungsgründe). Diese Versicherungen dienen gerade nicht der Sicherung
    der bloßen Existenz der Kläger, sondern primär dem Schutz und dem Erhalt von deren Vermögen und Lebensstandard (ebenso Kulosa
    in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 10 EStG RNr. 383). Der Gesetzgeber ist zu Recht davon ausgegangen, dass es den Klägern
    aufgrund ihres hohen Einkommens zuzumuten ist, die zusätzliche Vorsorge zum Erhalt ihres Lebensstandards im Alter aus eigenen
    Ressourcen ohne Beteiligung des Fiskus zu finanzieren (vergleiche Begründung zu § 10 Abs. 4 EStG, Bundestags-Drucksache 16/13429,
    Seite 44). Der Senat verkennt nicht, dass es wirtschaftlich durchaus sinnvoll sein kann, derartige Versicherungen abzuschließen.
    Es liegt jedoch primär im Interesse jedes einzelnen, den einmal erreichten Lebensstandard durch eigene Vorsorge zu bewahren.
    Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb sich die Allgemeinheit über die steuerliche Förderung an solchen Aufwendungen beteiligten
    muss.
    Soweit die Kläger den Abzug von Beiträgen zu insgesamt drei Kapitallebensversicherungen begehren, kann der Senat zudem nicht
    nachvollziehen, weshalb diese Aufwendungen unvermeidbare, existenzsichernde Privataufwendungen darstellen sollen. Die Höhe
    des angesparten Kapitals und die Art und Weise der Auszahlung als Einmalbetrag oder laufende Rente liegen allein im Belieben
    des Versicherungsnehmers. Private Kapitallebensversicherungen haben daher Kapitalanlagecharakter (BVerfG-Beschluss vom 13.
    Februar 2008 2 BvR 1220/04, 2 BvR 410/05, BVerfGE 120, 169 unter B.I.1.d der Entscheidungsgründe). Zur notwendigen Vorsorge
    für die Sicherung der Existenz im Alter zählt der Gesetzgeber – wie § 33 Abs. 1 Nr. 4 SGB XII zeigt – nur die privaten Versicherungen,
    die im Alter ausschließlich laufende Rentenzahlungen vorsehen. Mit Herausnahme der Beiträge zu Kapitallebensversicherungen
    aus den nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG begünstigten Altersvorsorgeaufwendungen durch das Gesetz zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen
    Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Alterseinkünftegesetz) vom 5. Juli 2004 (BGBl. I 2004, 1427)
    hat der Gesetzgeber dies auch im Steuerrecht umgesetzt. Dass Kapitallebensversicherungen nach alter Rechtslage begünstigt
    waren, steht dem nicht entgegen. Der Steuerpflichtige kann nicht darauf vertrauen, dass eine bestehende günstige steuerliche
    Behandlung für die Zukunft unverändert fortbesteht (BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02 u.a., BVerfGE 127, 1 unter
    C.I.1.c der Entscheidungsgründe).
    Die Risikolebensversicherung dient bereits denklogisch nicht der Existenzsicherung des Versicherten, sondern regelmäßig der
    vermögensmäßigen Absicherung des Begünstigten im Hinblick auf die nach dem Tod des Versicherten geänderte Lebenssituation.
    Dies ermöglicht die Aufrechterhaltung des bisher gewohnten Lebensstandards insbesondere in vermögensrechtlicher Hinsicht,
    geht aber über die notwendige Sicherung der persönlichen Existenz hinaus. Auch im Sozialhilferecht ist das gesamte verwertbare
    Vermögen zunächst zur Sicherung der Existenz heranzuziehen (§ 90 Abs. 1 SGB XII).
    Das Gleiche gilt schließlich für die bestehende Unfallversicherung. Diese Versicherung ermöglicht es regelmäßig, den bisherigen
    Lebensstandard auch nach einem Unfall weitestgehend aufrecht zu erhalten, insbesondere die Leistungsfähigkeit wieder herzustellen
    und Erwerbsminderung auszugleichen. Das sozialhilferechtlich gebotene Mindestmaß ist auch hier bereits durch die gesetzlichen
    Renten- und Unfallversicherungen gewährleistet. Auch das Bundesverfassungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Abzugsfähigkeit
    von Beiträgen zur privaten Unfallversicherung nicht von Verfassungs wegen geboten sei (BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008
    2 BvR 1220/04, 2 BvR 410/05, BVerfGE 120, 169 am Ende der Entscheidungsgründe). Soweit Aufwendungen für Beiträge zur Unfallversicherung
    im sozialhilferechtlichen Grundbedarf enthalten sind, werden diese durch den Grundfreibetrag abgedeckt (Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach,
    EStG/KStG, § 10 EStG RNr. 383).
    3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
    4. Die Revision wird zugelassen. Die hier streitige Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

    VorschriftenEStG § 10 Abs. 1 Nr. 3, EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3a, EStG § 10 Abs. 4 S. 3, GG Art. 1 Abs. 1, GG Art. 20 Abs. 1, GG Art. 3 Abs. 1, GG Art. 6 Abs. 1, SGB XII § 90