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  • 04.11.2004 · IWW-Abrufnummer 042798

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 16.09.2004 – IV R 11/03

    1. Veräußert ein Steuerpflichtiger den Anteil an einem Mitunternehmeranteil, ist der dabei erzielte Veräußerungsgewinn bis zum In-Kraft-Treten des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001 steuerbegünstigt (Anschluss an BFH-Urteil vom 14. September 1994 I R 12/94, BFHE 176, 520, BStBl II 1995, 407; BFH-Beschluss vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98, BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123).



    2. Die zweistufige Gründung einer Sozietät stellt sich regelmäßig dann nicht als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten dar, wenn zwischen dem Vertrag über die Aufnahme des Sozius in die Einzelpraxis und dem über die Erhöhung des Anteils ein Zeitraum von mindestens einem Jahr liegt und wenn sich nicht mindestens einer der Vertragschließenden bei Gründung der Sozietät unwiderruflich verpflichtet hat, einen weiteren Anteil zu erwerben bzw. zu veräußern.


    Gründe:

    Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war seit dem 1. Januar 1996 als freie Mitarbeiterin in der Kanzlei des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) tätig. Sie erhielt eine Vergütung, deren Höhe 25 v.H. des Gewinns entsprach. Auf die ihr zustehende Jahresvergütung wurde eine monatliche Abschlagszahlung in Höhe von 7 000 DM entrichtet. In der dieser Beschäftigung zugrunde liegenden Vereinbarung vom 8. Januar 1996 brachten die Kläger ihre Absicht zum Ausdruck, zum 1. Januar 1997 eine Partnerschaft zu gründen.

    Mit Vertrag vom 1. Januar 1997 schlossen sich die Kläger zur gemeinsamen Berufsausübung zu einer GbR zusammen. Der Kläger war zu 95 v.H., die Klägerin zu 5 v.H. an der GbR beteiligt. Die Klägerin zahlte für ihre Beteiligung 25 000 DM. Der erzielte Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben stand den Beteiligten entsprechend ihrem Beteiligungsanteil zu. Darüber hinaus erhielt die Klägerin eine Vorabtätigkeitsvergütung in Höhe von 7 000 DM monatlich.

    Durch Vertrag vom 5. Januar 1998 stockte die Klägerin ihre Beteiligung gegen Zahlung von 175 000 DM um 35 v.H. auf.

    Im Jahr 1995 hatte die Klägerin mit einer Bank einen Darlehensvertrag über 200 000 DM geschlossen. In diesem Vertrag war als Auszahlungsvoraussetzung u.a. die Vorlage des Partnerschaftsvertrages vereinbart. Das Darlehen wurde wie folgt ausgezahlt:

    19. Januar 1996 50 000 DM

    11. Juni 1997 25 000 DM

    10. Dezember 1997 125 000 DM.

    Die Kaufpreise für die erworbenen Anteile wurden wie folgt beglichen:

    11. Juni 1997 25 000 DM

    10. Dezember 1997 125 000 DM

    11. Dezember 1997 50 000 DM.

    Im Feststellungsbescheid für das Streitjahr (1997) beurteilte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Erlös aus dem Anteilsverkauf als laufenden Gewinn. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein mit der Begründung, zwar sei der Gewinn aus der ersten Veräußerung des Anteils von 5 v.H. an die Klägerin zutreffend als laufender Gewinn beurteilt worden. Zu Unrecht habe das FA jedoch den Gewinn aus der Veräußerung des Anteils von 35 v.H. nicht als begünstigten Gewinn erfasst. Das Jahr zwischen den beiden Erwerbsvorgängen habe der Erprobung gedient.

    Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) vom 19. Dezember 2002 1 K 1213/01 F ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 547 veröffentlicht.

    Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger.

    Sie beantragen,

    unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie die Einspruchsentscheidung des FA vom 5. Februar 2001 den Bescheid über die einheitliche Gewinnfeststellung 1997 dahin gehend zu ändern, dass die Veräußerung des Praxisanteils von 35 v.H. nach §§ 18, 16, 34, des Einkommensteuergesetzes (EStG) dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

    Das FA beantragt,

    die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

    Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

    Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und der Klage stattzugeben.

    Der Gewinn aus der Veräußerung eines Teilanteils in Höhe von 35 v.H. des Gesamtkapitals der Praxis stellt sich als Veräußerungsgewinn i.S. des 18 Abs. 3 EStG dar.

    1. a) Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass --über den Wortlaut des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG a.F. hinaus-- auch die Veräußerung eines Anteils an einem Mitunternehmeranteil zu einem steuerlich begünstigten Veräußerungsgewinn führt (BFH-Urteile vom 27. Mai 1981 I R 123/77, BFHE 133, 412, BStBl II 1982, 211; vom 14. September 1994 I R 12/94, BFHE 176, 520, BStBl II 1995, 407; Beschluss vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98, BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123). Das galt auch für die Veräußerung eines Teilanteils am Vermögen, das der freiberuflichen Arbeit dient (§ 18 Abs. 3 EStG). Allerdings hat der Große Senat des BFH in seinem Beschluss in BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123 auf steuersystematische Bedenken an dieser Rechtsprechung hingewiesen und lediglich aus Gründen der Rechtssicherheit an ihr festgehalten. Diese Bedenken hatte bereits der erkennende Senat in seiner Stellungnahme zum Vorlagebeschluss des XI. Senats des BFH vom 22. April 1998 XI R 96/96 (BFHE 185, 486, BStBl II 1998, 475) geäußert. Der Gesetzgeber hat daraufhin mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858) § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der Weise geändert, dass nur noch die Übertragung des "gesamten" Gesellschaftsanteils zu einem Veräußerungsgewinn führt. Die Teilanteilsveräußerung ist danach nicht mehr begünstigt.

    b) Gleichwohl sieht der Senat keinen Anlass, für die Vergangenheit die bisherige Rechtsprechung, die infolge der Billigung durch die Finanzverwaltung eine Vielzahl von Vertragsgestaltungen geprägt hat, aufzugeben. Die Gründe hierfür sind im Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123 aufgeführt. Das FG hat für seine abweichende Auffassung keine neuen Argumente herangezogen.

    2. Entgegen der Auffassung des FG stellt es keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten dar, dass der Kläger nach Veräußerung eines Praxisanteils von 5 v.H. ein Jahr später einen weiteren Praxisanteil in Höhe von 35 v.H. an die Klägerin entgeltlich übertragen hat.

    a) Nach § 42 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Von einer Umgehung ist auszugehen, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die --gemessen an dem erstrebten Ziel-- unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 29. November 1982 GrS 1/81, BFHE 137, 433, BStBl II 1983, 272; BFH-Urteile vom 26. März 1996 IX R 51/92, BFHE 180, 330, BStBl II 1996, 443; vom 7. Juli 1998 VIII R 10/96, BFHE 186, 534, BStBl II 1999, 729, und vom 8. Mai 2003 IV R 54/01, BFHE 202, 219, BStBl II 2003, 854). Eine rechtliche Gestaltung ist unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorgegebene typische Gestaltung zur Erreichung bestimmter wirtschaftlicher Ziele nicht gebraucht, sondern hierfür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel, Steuern zu sparen, nicht erreichbar sein soll (BFH-Urteile vom 16. Januar 1992 V R 1/91, BFHE 167, 215, BStBl II 1992, 541; vom 13. Oktober 1992 VIII R 3/89, BFHE 169, 336, BStBl II 1993, 477; in BFHE 186, 534, BStBl II 1999, 729). Die Unangemessenheit einer Rechtsgestaltung tritt insbesondere zutage, wenn diese keinem wirtschaftlichen Zweck dient (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 1999 I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43; Senatsurteile vom 17. Januar 1991 IV R 132/85, BFHE 163, 449, BStBl II 1991, 607, und in BFHE 202, 219, BStBl II 2003, 854).

    b) Im steuerrechtlichen Schrifttum wird überwiegend angenommen, dass die --vielfach empfohlene-- Aufnahme eines neuen Sozius in zwei Stufen von Ausnahmefällen abgesehen keinen Missbrauch von Gestaltungsrechten darstelle (Stuhrmann in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 18 Rdnr. D 27; Förster/ Heyeres, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1995, 1693, 1695; Korn, DStR 1995, 961, 962; Strahl, Steuerberater-Jahrbuch --StbJb-- 2003/2004, 399, 418, jeweils m.w.N.). Das soll jedenfalls dann gelten, wenn zwischen dem Abschluss der beiden Verträge mindestens ein Jahr liegt (Förster/Heyeres, DStR 1995, 1693, 1695) und mindestens einer der Vertragspartner hinsichtlich der Erhöhung des Anteils des Eintretenden noch nicht endgültig gebunden war (Korn, DStR 1995, 961, 962). Die Autoren verweisen auf zwei BFH-Entscheidungen, in denen im Zusammenhang mit zweistufigen Sozietätsgründungen die Steuervergünstigung der §§ 18 Abs. 3, 16 Abs. 3, 34 EStG gewährt worden war, ohne die Frage des Missbrauchs zu problematisieren (BFH-Urteile vom 14. September 1994 I R 12/94, BFHE 176, 520, BStBl II 1995, 407, und vom 14. September 1994 I R 41/94, BFH/NV 1995, 766). Allerdings hat der Große Senat des BFH in seinem Beschluss in BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123 darauf hingewiesen, dass steuerlich unerwünschte Ergebnisse einer zweistufigen Gesellschaftsgründung unter dem Gesichtspunkt eines Missbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO 1977 weitgehend ausgeschlossen werden könnten (unter C.V.2.d). In der Folgezeit haben das Hessische FG und das FG München Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten für den Fall angenommen, dass die Vertragschließenden --wie sich aus der Würdigung aller erkennbaren Umstände ergibt-- von Anfang an eine hälftige Beteiligung angestrebt (FG München, Urteil vom 8. Oktober 2003 10 K 3692/01, rkr., EFG 2004, 205) oder sogar dem Eintretenden eine unwiderrufliche Option zum zeitnahen Erwerb weiterer Anteile eingeräumt haben (Hessisches FG, Beschluss vom 23. November 2001 2 V 5039/00, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2002, 378).

    c) Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des FG geht der Senat davon aus, dass die Kläger bereits bei Abschluss des Sozietätsvertrages am 1. Januar 1997 ins Auge gefasst hatten, den Anteil der Klägerin an der Sozietät nach Ablauf eines Jahres von 5 v.H. auf 40 v.H. zu erhöhen. Gleichwohl teilt der Senat nicht die Auffassung des FG, wegen Fehlens eines wirtschaftlichen Grundes für die stufenweise Übertragung hätten die Kläger rechtsmissbräuchlich nicht die vom Gesetzgeber vorgegebene typische Gestaltung zur Erreichung des angestrebten wirtschaftlichen Ziels gewählt, indem sie nicht in einem einzigen Vertrag eine Beteiligung der Klägerin in Höhe von 40 v.H. vereinbart hätten .

    d) Ein wirtschaftlicher Grund dafür, zunächst eine Beteiligung von nur 5 v.H. zu vereinbaren und die Erhöhung der Beteiligung erst ein Jahr später vorzunehmen, ist in dem Bedürfnis zu sehen, die Zusammenarbeit in der Sozietät zunächst zu erproben. Der wirtschaftliche Sinn einer solchen Probezeit ist besonders beim Zusammenschluss von Freiberuflern nachvollziehbar, da die Tätigkeit stark vom persönlichen Einsatz der Sozien bestimmt ist. Wesentlich für den Erfolg einer solchen Sozietät ist nicht nur die fachliche Qualifikation, sondern auch die persönliche Beziehung der Sozien zueinander.

    e) Hiergegen kann nicht eingewandt werden, die Funktion dieser Probezeit sei bereits mit der der Sozietätsgründung vorausgegangenen freien Mitarbeit der Klägerin erfüllt worden. Im Rahmen einer freien Mitarbeit lässt sich zwar die fachliche und persönliche Qualifikation des Mitarbeiters feststellen. Es ist jedoch wirtschaftlich sinnvoll, dass die Partner darüber hinaus über einen angemessenen Zeitraum das Zusammenwirken als Mitunternehmer erproben. Zudem darf, wenn der zweistufige Zusammenschluss zu einer Sozietät wirtschaftlichen Zwecken dient, das Verhalten der Beteiligten nicht auf seine Angemessenheit beurteilt werden (BFH-Urteile vom 30. November 1989 IV R 97/86, BFH/NV 1991, 432; in BFHE 167, 215, BStBl II 1992, 541).

    f) Ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten käme nur dann in Betracht, wenn entweder die Zeit zwischen Abschluss der beiden Verträge zur Erprobung des Eintretenden unzureichend gewesen wäre oder wenn bereits bei Abschluss des ersten Vertrags festgestanden hätte, dass es zur Aufstockung der Beteiligung kommen werde. Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn zwischen den beiden Verträgen ein Zeitraum von einem Jahr liegt, wenn --anders als im Fall, der dem Beschluss des Hessischen FG in DStRE 2002, 378 zugrunde lag--, dem Erwerber kein unwiderrufliches Optionsrecht eingeräumt wird und wenn dieser sich auch nicht seinerseits unwiderruflich verpflichtet, seinen Anteil zu erhöhen.

    g) So verhält es sich im Streitfall. Der zweite Vertrag über den Hinzuerwerb eines weiteren Gesellschaftsanteils wurde mehr als ein Jahr nach dem ersten Vertrag (Gründung der Gesellschaft) geschlossen. Die Daten des Vertragsschlusses könnten allerdings unmaßgeblich sein, wenn der Kaufpreis für den zweiten Anteilserwerb zeitnah mit dem ersten, im Extremfall sogar gleichzeitig (FG München, Urteil in EFG 2004, 205) entrichtet worden wäre. Im Streitfall zahlte die Klägerin den Preis für den zweiten Anteilserwerb jedoch weniger als einen Monat vor Abschluss des zweiten Vertrages. Zwischen dieser Zahlung und dem ersten Vertrag lagen somit immer noch mehr als 11 Monate. Darauf, dass die Klägerin den Kaufpreis für den Erwerb des ersten Anteils von 5 v.H. verspätet, nämlich erst im Juni 1997 gezahlt hat, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, da diese Zahlung über die Dauer der Probezeit nichts aussagt.

    h) Die Vertragschließenden hatten sich auch nicht von Anfang an in der Weise gebunden, dass beide oder auch nur einer von ihnen rechtlich verpflichtet gewesen wäre, einer Erhöhung der Beteiligung der Klägerin zuzustimmen. Insbesondere stand der Klägerin kein unwiderrufliches Optionsrecht zum zeitnahen Erwerb weiterer Anteile zu. Einem solchen Optionsrecht steht entgegen der Auffassung des FG die Vereinbarung, dass die Übertragung von Sozietätsanteilen oder Teilen daran nur mit Zustimmung aller Partner zulässig sei, nicht gleich. Es handelt sich vielmehr um eine Regelung, wie sie sich bereits aus § 719 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ergibt. Die in dieser Vorschrift ausgesprochene Bindung wird sogar gelockert, indem eine Übertragung an den Sohn des Klägers ohne zusätzliche Vereinbarung als zulässig angesehen wird.

    i) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der für den Anteil von 35 v.H. gezahlte Kaufpreis pro Prozentpunkt der Beteiligung dem des Erwerbs auf der ersten Stufe entspricht, dass also eventuelle zwischenzeitliche Wertveränderungen nicht berücksichtigt wurden. Der Kaufpreis für freiberufliche Praxen bestimmt sich gewöhnlich nach dem durchschnittlichen Umsatz der vorangegangenen Jahre. Es ist wirtschaftlich sinnvoll, dass bei der Kaufpreisbemessung der Umsatz der Jahre zugrunde gelegt wurde, in denen der Kläger den Praxiswert geschaffen hat. Im Übrigen ist es unschädlich, wenn die Vertragschließenden den Kaufpreis für die Anteilserhöhung bereits bei der Gründung der Sozietät festgelegt haben, solange sie sich nur hinsichtlich der Übertragung bzw. Übernahme eines weiteren Anteils nicht gebunden haben und somit frei in der Entscheidung waren, ob die Anteilserhöhung durchgeführt werden sollte. Das Jahr zwischen dem Beitritt zur Sozietät und der Erhöhung der Beteiligung gab der eintretenden Klägerin jedenfalls Gelegenheit, zu prüfen, ob der Kaufpreis im Hinblick auf die zu erwartenden Gewinne angemessen war.

    j) Es spielt ferner im hier interessierenden Zusammenhang keine Rolle, dass die Klägerin im ersten Jahr ihrer Beteiligung einen Gewinn vorab von 7 000 DM pro Monat erhalten hat. Im Gegenteil wäre eine solche Regelung erst recht erforderlich gewesen, wenn es bei der Beteiligung in Höhe von 5 v.H. geblieben wäre. Denn eine Beteiligung in Höhe von 5 v.H. am Praxisgewinn wäre offenkundig unzureichend gewesen, um die Arbeitsleistung der Klägerin zu vergüten.

    k) Schließlich spricht auch der Zeitpunkt der Darlehensaufnahme nicht mit der erforderlichen Sicherheit dafür, dass der Klägerin der spätere Erwerb eines weiteren Anteils bereits bei Gründung der Sozietät als unausweichlich erschien. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die Bank die Auszahlung der Darlehenssumme von der Vorlage des Partnerschaftsvertrages abhängig gemacht hat. Angesichts des zeitlichen Ablaufs konnte es sich hierbei nur um den Sozietätsvertrag vom 1. Januar 1997 oder möglicherweise auch um den Vertrag über die vorangegangene freie Mitarbeit der Klägerin vom 8. Januar 1996 handeln. Der Umstand, dass die vereinbarte Darlehenssumme dem Kaufpreis für die beiden Praxisanteile in Höhe von zusammen 200 000 DM entsprach, spricht zwar dafür, dass die Klägerin --"wenn alles gut ging"-- mit dem Zustandekommen des zweiten Vertrags rechnete. Er lässt aber nicht auf eine außerhalb des Sozietätsvertrages bestehende rechtliche Verpflichtung zum Erwerb eines weiteren Anteils schließen. Hinzu kommt, dass die Klägerin einen Teil der Darlehenssumme in Höhe von 50 000 DM anderweitig verwendet hat.

    3. Die Sache ist entscheidungsreif. Der Senat folgt zwar nicht der rechtlichen Würdigung des FG. Dessen tatsächliche Feststellungen erlauben ihm jedoch eine abschließende Beurteilung des Streitfalls. Die Berechnung des begünstigten Veräußerungsgewinns wird dem FA übertragen, weil die Höhe der Veräußerungskosten in der Anlage zum Einspruchsschreiben vom 18. November 1999 anders angegeben ist als im Schriftsatz des FA vom 16. April 2002 (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

    RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 16 Abs. 3 EStG § 18 Abs. 3 EStG § 34