25.09.2013
Finanzgericht Köln: Urteil vom 24.10.2012 – 15 K 4041/10
Eine Personengesellschaft erzielt trotz Dolmetscher- und Ingenieurtätigkeit mangels unmittelbarer persönlicher Arbeitsleistung
keine freiberuflichen Einkünfte i.S.v. § 18 Abs. 1 EStG, sondern gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG insgesamt gewerbliche Einkünfte,
wenn Übersetzungsarbeiten in Sprachen erfolgen, die nicht deren Gesellschafter, sondern nur Fremdübersetzer beherrschen.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 15. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht
… ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 24.10.2012 für Recht
erkannt:
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in den Streitjahren einen Gewerbebetrieb ausgeübt hat
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die in allen Streitjahren Einkünfte aus Übersetzer- und Dolmetschertätigkeit
erzielte. Im September 2009 verlegte die Klägerin ihren zuvor in der A-Straße …, B, belegenen inländischen Betriebssitz in
die C-Straße …, D. Aufgrund einer zwischen dem Beklagten und dem Finanzamt D geschlossenen Zuständigkeitsvereinbarung gem.
§ 26 Satz 2 AO blieb der Beklagte (u.a.) bis zur Beendigung des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide
für die Besteuerung der Klägerin zuständig. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftverkehr zwischen dem Beklagten und
dem Finanzamt D vom 18. Oktober und 2. Dezember 2009 verwiesen (Blatt 254, 255 der Prozessakte 15 K 57/11).
Gesellschafter der Klägerin waren in den Streitjahren Frau E und Herr F. Frau E ist von Beruf Dipl.-Übersetzerin; Herr F absolvierte
nach einem Unfall in den Jahren 1989 bis 1991 eine zweijährige Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker (NC-Programmierer).
Anschließend absolvierte er ein Studium als Dipl.-Ingenieur an der Fachhochschule B, das er im Juli 1995 erfolgreich abschloss.
In den Streitjahren verfügte Herr F bereits über eine jahrelange Erfahrung als Programmierer für Datenbanken und als Fachübersetzer
in den Sprachen Deutsch, Spanisch und Englisch.
Die Klägerin selbst war und ist spezialisiert auf technische Übersetzungen. Wie in anderen spezialisierten Übersetzungsbüros
ist sie dabei aufgrund des beruflichen Werdegangs und der Erfahrungen des Herrn F in der Lage, ihren Kunden zusätzliche Ingenieurleistungen
wie bspw. Projektmanagement, Terminologiearbeit, IT-Leistungen, etc. zur Verfügung zu stellen. Aufgrund der Maschinenbaukenntnisse
des Herrn F ist sie überdies in der Lage, die Leistungen eines technischen Redakteurs anzubieten.
Wegen der Spezialisierung auf den Maschinenbaubereich bearbeitete die Klägerin Texte mit hoher Textwiederholungsrate. Dabei
bestellten die Kunden Übersetzungen der von ihnen selbst erstellten Dokumentationen. Die Klägerin erstellte hieraus qualitativ
hochwertige, fertig übersetzte und layoutete Handbücher, Bedienungsanleitungen, etc..
Die Bearbeitung der Dokumentationen erfolgte dabei in speziellen Programmen wie z.B. Framemaker, Interleaf, QuarkXpress. Aufgrund
der technischen Erfahrung des Herrn F konnte die Klägerin dabei Dokumentationen mit hoher Komplexität bearbeiten (z. B. Mietanlagen
für Luftfahrtindustrie, Werkzeugmaschinen, Straßenbaumaschinen, etc.). Hierzu setzte die Klägerin von Anfang an Translation-Memory-Systeme
– TMS – ein, die sämtliche übersetzten Segmente abspeichern konnten. Die für die Verwaltung und die Arbeit mit diesen Systemen
benötigten besonderen Fachkenntnisse brachte Herr F aufgrund seines beruflichen Werdeganges mit.
Anfangs bot die Klägerin ihren Kunden lediglich Übersetzungen in den Sprachen Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch
an, die ihre Gesellschafter komplett selbst anfertigen konnten. Aufgrund der guten Erfahrungen mit den Dienstleistungen der
Klägerin gaben die Kunden nach und nach auch andere Sprachkombinationen in Auftrag, die die Klägerin unter Zuhilfenahme von
Fremdübersetzern fertigte. Zum Teil ließ die Klägerin auch Übersetzungen von Sprachen, die ihre Gesellschafter beherrschten
von Fremdübersetzern anfertigen.
Aus den Gewinn- und Verlustrechnungen – GuV – der Klägerin ergeben sich in den Veranlagungszeiträumen 2003 bis 2007 folgende
Ausgangsumsätze (netto) und bezogene Fremdleistungen (netto):
GuV | 2003 | 2004 | 2005 | 2006 | 2007 |
EUR | EUR | EUR | EUR | EUR | |
Umsatzerlöse | 170.826 | 280.339 | 271.226 | 208.478 | 429.154 |
Fremdleistungen | 86.514 | 158.096 | 121.297 | 59.784 | 110.603 |
Verhältnis | ca. 50 % | ca. 56 % | ca. 45 % | ca. 28 % | ca. 26 % |
Für das Streitjahr 2005 existiert eine Aufteilung der Ausgangsumsätze auf die übersetzten Sprachen. Danach entfallen die Umsatzerlöse
zu insgesamt 56,69 % 147.078,21 EUR) auf die von den Gesellschaftern der Klägerin selbst beherrschten Sprachen Deutsch, Spanisch,
Französisch und Englisch. Die verbleibenden 43,31 % entfallen auf die Sprachen Portugiesisch, Polnisch, Italienisch, Schwedisch,
Dänisch, Arabisch, Niederländisch, Türkisch, Slowenisch, Russisch, Norwegisch, Tschechisch und sowie verschiedene weitere
Sprachen. Zur Aufteilung wird auf die Anlage 3 zum Schriftsatz des Beklagten vom 12. Oktober 2009 in dem Aussetzungsverfahren
15 V 2981/09 verwiesen (Bl. 235 der Prozessakte 15 V 2981/09).
Die in den Streitjahren erstellten Ausgangsrechnungen der Klägerin sind in einem einheitlichen Layout verfasst. Die darin
enthaltenen Angaben lassen sich beispielhaft wie folgt darstellen:
Beschreibung | TM-System | Zeilen je | E-Preis | Ges.Preis | ||
Match | Match | Zeile | ||||
Übersetzung technische Dokumentation … | ||||||
Seiten … | 100% | … | … | … | ||
Sprachkombination: … | 75-99% | … | … | … | ||
Dokumentation: …. Seiten, Word-Format | < 75% | … | … | … | ||
Gesamtzeilen Zieltext | Basispreis | Tats. Durchschn. | ||||
… Zeilen | …EUR/Zeile | … EUR/Zeile | ||||
Service: Formatierung gemäß Fax-Vorlage, so dass kein Nacharbeitsaufwand entsteht. Firmenspezifische Terminologieverwaltung | ||||||
Anmerkung: Erforderliche Formatierungsarbeiten sowie das Einscannen der Graphiken wurden als Serviceleistung ohne Aufpreis durchgeführt. | ||||||
Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausgangsrechnungen in den dem Gericht vorgelegten Buchführungsunterlagen verwiesen.
Die Klägerin betrieb ihr Unternehmen in der A-Straße …, B und seit Mitte des Veranlagungszeitraums 1999 in einer weiteren
Betriebsstätte in G, H, Spanien. Die in ihrer spanischen Betriebsstätte erzielten Umsätze führte die Klägerin nahezu ausschließlich
an in Deutschland ansässige Unternehmen aus. Den Gewinn aus ihrem (einheitlichen) Unternehmen ermittelte sie durch separate
Betriebsstätten-Buchführungen. Den Gewinn aus der deutschen Betriebsstätte ermittelte sie auf Grund einer Einnahme-Überschussrechnung
nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG –, den Gewinn der spanischen Betriebsstätte aufgrund eines Bestandsvergleichs
nach spanischem Recht.
Gewerbesteuererklärungen gab die Klägerin nicht ab, weil sie die von ihr erzielten Einkünfte als solche aus freiberuflicher
Tätigkeit ansah (§ 18 EStG).
Gemäß Prüfungsanordnung vom 26. August 2008 und Prüfungserweiterung vom 24. Oktober 2008 führte der Beklagte vom 07. Oktober
2008 bis 22. Juni 2009 (Datum des Bp-Berichts) eine steuerliche Außenprüfung bei der Klägerin durch. Diese führte zu folgenden,
auszugsweise wiedergegebenen Prüfungsbeanstandungen.
Tz. 2.3.2 des Bp-Berichts: Methodik der Berechnung und Ermittlung der Anteile
Da die Klägerin keine Aufzeichnungen darüber geführt hat, welche Einnahmen/Ausgaben welcher Betriebsstätte zuzurechnen sind,
war eine nachträgliche Ermittlung der Betriebsstättengewinne nach der direkten Methode nicht mehr möglich. Aus diesem Grunde
konnten die Gewinne nur noch schätzungsweise nach der indirekten Methode auf die Betriebsstätten verteilt werden. Mit der
Klägerin wurden einvernehmlich folgende Gewinnanteile der jeweiligen Betriebsstätte ermittelt:
2002 | 2003 | 2004 | 2005 | 2006 | |
Deutschland | 8,36 % | 25,07 % | 72,60 % | 65,21 % | 70,14 % |
Spanien | 91,64 % | 74,93 % | 27,40 % | 34,79 % | 29,86 % |
Tz. 2.16 des Bp-Berichts: Gewerbesteuer
Die Klägerin erklärte bislang nur Einkünfte gemäß § 18 EStG. Im Rahmen der Prüfung ergab sich, dass die Klägerin in nicht
unbeträchtlichem Umfang Fremdleistungen in Anspruch genommen hat. Diese Fremdleistungen beruhen größtenteils auf Rechnungen
von Drittübersetzern, die Sprachen übersetzten, die die Klägerin selbst nicht anbieten konnte. Nach ständiger Rechtsprechung
und Hinweis 15.6 (Mithilfe anderer Personen) der Einkommensteuerrichtlinien – EStR – liegen insoweit keine Einkünfte aus selbständiger
Arbeit, sondern gewerbliche Einkünfte vor.
Der Umstand, dass die Klägerin keine Fließtext-Übersetzungen für ihre Kunden anfertigte, ändert an dieser Beurteilung nichts,
da es sich bei den über die reinen Übersetzungen hinausgehenden Tätigkeiten um „handwerkliche” und organisatorische Nebentätigkeiten
zum Hauptprodukt „Übersetzung” handelt, die weder für sich gesehen noch im Gesamtkontext eine freiberufliche Tätigkeit darstellen.
Da die Klägerin im Prüfungszeitraum keine Trennung der gewerblichen und selbständigen Tätigkeiten vollzogen hat, liegen nach
der Abfärbetheorie des § 15 Abs. 3 Satz 1 EStG insgesamt gewerbliche Einkünfte vor. Die Gewerbesteuerpflicht beschränkt sich
dabei gemäß § 2 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz – GewStG – auf die inländische Betriebsstätte. Aus Verjährungsund Freibetragsgründen
ist erstmalig ab 2003 Gewerbesteuer festzusetzen. Dabei sind nur die inländischen Gewinne zu Grunde zu legen:
Auf Basis dieser Prüfungsbeanstandungen erließ der Beklagte auf den 6. und 13. August 2009 datierende erstmalige Gewerbesteuermessbescheide
für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2006, gegen die die Klägerin am 18. August und 10. September 2009 Einsprüche einlegte.
Ihre Einsprüche richteten sich gegen den Ansatz gewerblicher Einkünfte als solche, die Höhe der Einkünfte und die Verteilung
auf die in- und ausländische Betriebsstätte stehen nicht in Streit.
Ferner beantragte die Klägerin eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO. Hierzu trug sie mit
Schreiben vom 13. Juli und 24. August 2010 betreffend „div. Einspruchsverfahren” vor, dass den Gesellschaftern nach Abschluss
der Rechtsbehelfsverfahren nicht zugemutet werden könne, weiter um den Erhalt ihrer Altersvorsorgerücklagen als Schonvermögen
zu kämpfen. Insbesondere aufgrund der bisherigen Rechtsauffassung des Finanzamtes zur Gewerbesteuerpflicht der Klägerin seien
Billigkeitsmaßnahmen schon im Festsetzungsverfahren zu gewähren, da die nachträglich festgesetzten Gewerbesteuern und Zinsen
in Höhe von 125.642 EUR für die Jahre 2003 bis 2007 den Tatbestand der Existenzgefährdung hervorriefen. Es werde daher nochmals
auf den Antrag gemäß § 163 AO hingewiesen und ausdrücklich eine abweichende Steuerfestsetzung im Rahmen der Entscheidung über
die Einspruchsverfahren durch Freistellung eines Altersvorsorgevermögens von mindestens 150.000 EUR beantragt (Bl. 70 ff.
der Prozessakte 15 K 4041/10).
Diesen Antrag übersandte der Beklagte am 19. November 2010 an die Stadt B, die er als hebeberechtigte Gemeinde für den Erlass
der begehrten Billigkeitsmaßnahme als sachlich zuständig ansah. Über den Erlassantrage ist nach Aktenlage noch nicht entschieden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den diesbezüglichen Schriftwechsel verwiesen (Blatt 231 – 250 der Prozessakte 15 K 57/11).
Am 25. November 2010 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 23. Dezember 2010 Klage erhoben.
Sie ist der Auffassung, der Beklagte qualifiziere die von ihr erzielten Einkünfte zu Unrecht als Gewinne aus Gewerbebetrieb.
Es habe sich bei ihr in den Jahren 2003 bis 2007 um eine Personengesellschaft mit überwiegend freiberuflichem Charakter gehandelt,
die von zu Hause betrieben worden sei und daher keinerlei Infrastruktur der Stadt genutzt habe. Vor diesem Hintergrund sei
es gleichheitswidrig, wenn sie auf ihren gesamten Gewinn Gewerbesteuer zahlen müsste, während andere, die Infrastruktur der
Stadt nutzende Betriebe von der Gewerbesteuer verschont würden.
Die von ihr erbrachten freiberuflichen und gewerblichen Betätigungsanteile könnten nicht getrennt voneinander beurteilt werden,
ihr gesamter Betrieb sei nach der Verkehrsauffassung vielmehr als einheitliches Unternehmen anzusehen. Nach der Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs im Urteil vom 02. Oktober 2003, BStBl II 2004, 363 und im Urteil vom 24. April 1997, BStBl II 1997, 567,
komme eine Umqualifizierung von Einkünften nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht in Betracht, wenn eine gemischte Tätigkeit als
einheitliche Gesamtbetätigung anzusehen sei. Eine solche Tätigkeit müsse vielmehr unabhängig von der Abfärbetheorie danach
qualifiziert werden, welche Tätigkeit der Gesamtbetätigung das Gepräge gebe. Eine einheitliche Erfassung sei stets dann geboten,
wenn sich die Tätigkeiten gegenseitig bedingten und derart miteinander verflochten seien, dass der gesamte Betrieb nach der
Verkehrsauffassung als einheitlich anzusehen sei. In ihrem Unternehmen würden die Kunden in aller Regel ein Handbuch oder
einzelne Textbausteine eines solchen in Auftrag geben, die in verschiedene Sprachen übersetzt werden müssten. Eine Einzelbestellung
in lediglich drei Sprachen komme nicht vor, der Kunde erwarte vielmehr einen Gesamterfolg in mehreren Sprachen. Sie verfüge
über etliche EdV-Systeme, Hardware, Abläufe und organisatorische Strukturen, die für sämtliche Sprachkombinationen gemeinsam
eingesetzt würden, so dass eine nicht aufzulösende Verflechtung hinsichtlich der selbst gesprochenen und der von ihren Gesellschaftern
nicht beherrschten Sprachen vorliege, bei denen auch wiederum nur teilweise Fremdübersetzer neu beauftragt würden. Alle Leistungsbestandteile
würden mit eigenem personellem Einsatz erbracht. So arbeite Herr F wegen des großen Termindrucks parallel an verschiedenen
Projekten in unterschiedlichen Sprachen, wenn beispielsweise ein Handbuch in fünf Sprachen gleichzeitig übersetzt werde müsse
und bereits Teile des Handbuches in allen Sprachen im TMS vorhanden seien. Die Ingenieurleistungen (Projektmanagement, Vorbereitung
des Handbuchs zur Bearbeitung in mehreren Sprachen, Ressourcenplanung, etc.) würden zusammen für das gleiche Projekt erbracht,
so dass eine Aufteilung nicht möglich sei. Bei der Leistungserbringung überwiege zweifelsohne die freiberufliche Tätigkeit
als technischer Redakteur und die eigenen Übersetzungsleistungen. Diese untertrennbaren Leistungen seien für alle Sprachen
und Aufträge erforderlich und würden vom Kunden übergreifend beauftragt. Ihre Gesellschafter hätten als Freiberufler die Durchführung
der Arbeiten überwacht, grundsätzliche Fragen selbst entschieden und ihre Arbeitskraft so eingesetzt, dass sie die uneingeschränkte
fachliche Verantwortung auch für die nicht von ihnen persönlich, sondern von Mitarbeitern erbrachten Leistungen übernommen
hätten. Die Fachkenntnisse müssten sich auf den gesamten Bereich der Berufstätigkeit erstrecken. Die von ihnen übersetzten
Handbücher trügen in erheblichem Maße den Stempel ihrer Persönlichkeit. Ingenieurleistungen und technische Redaktionsleistungen
würden in den Handbüchern in unterschiedlichen Sprachen untrennbar miteinander verbunden.
Die von Herrn F genehmigten bzw. überarbeiteten Texte der Fremdübersetzer seien Textauszüge oder Textmodule, die für die Erstellung
mehrerer Handbücher verwendet würden. Ein Übersetzer könne z. B. 170 Zeilen für ein Handbuch A und 100 für ein Handbuch B
liefern, dann weitere 100 Zeilen für die Datenbank und verschiedene Termini für eine Tabelle eines Handbuch C. Das sei von
Fall zu Fall verschieden. Herr F würde im Falle des Handbuches A die 170 Zeilen in die zentrale Datenbank des TMS importieren
und erst anschließend den Übersetzungsprozess für das beauftragte Produkt im eigenen Hause automatisch durchführen. Das Endprodukt
sei ein 250 Seiten starkes Handbuch, z. B. in Polnisch, für das lediglich 170 Zeilen neu und unter Kontrolle von Herr F erstellt
worden seien. Es könne auch vorkommen, dass ein Projekt (Handbuch oder Terminologie-Liste) in einer von den Gesellschaftern
der Klägerin nicht beherrschten Sprache ohne erneuten Zukauf von Fremdübersetzungen vollständig aus dem TMS erstellt würde.
Das Lektorat übernehme z. B. die Filiale des Kunden im Zielland. Die Ausgangsrechnungen mit hohen Fremdleistungen sagten daher
nichts über den Anteil dieser Fremdleistungen am eigentlichen Endprodukt aus. Selbst wenn in einem Handbuch ein größerer Anteil
an übersetzten Text verwendet werde (z. B. 70 % neu übersetzte Textbausteine), seien diese 70 % immer noch nicht das, was
der Kunde bestellt habe. Sie würden erst zum kompletten Handbuch, nachdem die 70 % zunächst in das TMS eingespeist und dann
auf Vollständigkeit und richtige Terminologieverwendung überprüft worden seien. Dies sei nur aufgrund der Kenntnisse des Herrn
F als Übersetzer und seiner technischen Erfahrungen möglich. Nachdem das Handbuch aus dem TMS bei der Klägerin neu generiert
worden sei, würden abschließend alle Tabellen und Grafiken manuell durch Herrn F ergänzt, beschrieben und formatiert. Somit
sei trotz der Beauftragung einer größeren Textmenge von Übersetzungen der Anteil von Herrn F an jedem Handbuch immer in ausreichendem
Umfang vorhanden, so dass der Stempel seiner Persönlichkeit immer gegeben sei. Im Falle einer Reklamation eines Handbuchs,
für das der Einkauf von Fremdleistungen erforderlich gewesen sei, könne sie sich nicht an die Fremdübersetzer wenden, da der
gesamte endgültige Text des Handbuchs aus dem TMS generiert worden und allein Herr F dafür verantwortlich gewesen sei. Aus
diesem Grunde kontrolliere er die Übersetzungen. Ohne die Tätigkeit von Herrn F seien die von den Fremdübersetzern gelieferten
Textmodule für den Kunden überhaupt nicht verwertbar. Ihre Arbeitsweise sei von den Arbeitsabläufen vergleichbar mit der eines
Zahnarztes, welcher einen Zahntechniker zur Erstellung von Zahnbrücken, Zahnkronen oder sonstigen Zahnprothesen beauftrage.
Der Zahntechniker habe aufgrund einer speziellen Ausbildung Kenntnisse und Fähigkeiten, über die ein Zahnarzt nicht in gleichem
Maße verfüge. Trotzdem sei der Zahnarzt (wie auch Herr F für das Übersetzungsbüro) in der Lage, die Leistung des Zahntechnikers
zu kontrollieren und diese anschließend weiter zu verarbeiten, in dem sie den Patienten passend eingesetzt werde. Ihr gewerblicher
Teil beschränke sich lediglich auf den Einkauf von Texten in nicht beherrschten Fremdsprachen. Alle anderen Arbeitsabläufe
und Tätigkeiten zur Erstellung der vom Kunden bestellten Handbücher würden persönlich und ohne die Inanspruchnahme von Angestellten
oder Fachkräften durchgeführt. Dass der freiberufliche Teil ihrer Betätigung dem Unternehmen das Gepräge gebe, lasse sich
auch erkennen, wenn man die eingekauften Texte in den von den Gesellschaftern nicht beherrschten Sprachen zum Nettoumsatz
der Gesellschaft ins Verhältnis setze.
2004 | 2005 | 2006 | 2007 | 2008 | |
Netto-Gesamtumsatz | 100 % | 100 % | 100 % | 100 % | 100 % |
gewerblicher Anteil (Einkauf der Texte in nicht beherrschten Sprachen | 26 % | 25 % | 15 % | 21 % | 23 % |
freiberuflicher Anteil (alle anderen Tätigkeiten der GbR) | 74 % | 75 % | 85 % | 79 % | 77 % |
Auch die Auffassung des Beklagten, ihre Gesellschafter könnten den Arbeiten den Stempel ihrer Persönlichkeit nicht ausreichend
aufdrücken, weil sie die Sprache der Fremdübersetzer nicht beherrschten und es in Bezug auf diese Fremdleistungen an der Eigenverantwortlichkeit
der Leistungserbringung fehle, werde durch den oben belegten geringen Anteil der eingeholten Fremdleistungen an der Gesamtleistungserbringung
widerlegt.
Der Beklagte gehe offenbar davon aus, dass die eingekauften Übersetzungen von ihren Gesellschaftern kontrolliert werden müssten
wie Klassenarbeiten in der Schule. Das Finanzamt stelle sich offenbar vor, sie müsse die Grammatik und Stilistik prüfen und
die Fremdübersetzer wie Schüler korrigieren. Das sei natürlich nicht der Fall gewesen. Die Qualitätssicherung in einem technischen
Ingenieurbüro basiere auf ISO- und DIN-Normen und werde auf die Forderungen der Kunden angepasst. Die Qualitätssicherung und
damit die Leitung und eigenverantwortliche Tätigkeit ihrer Gesellschafter habe somit lange vor der Beauftragung von Fremdübersetzern
begonnen und ende lange nach Erhalt der eingekauften Übersetzungen.
Während des gesamten Übersetzungsprozesses habe Herr F den Übersetzern im Übrigen zur Seite gestanden und Anweisungen erteilt,
wie welche Systeme einzusetzen seien. Er habe Hilfe bei Problemen mit dem Einsatz der Programme geleistet, technische Zusammenhänge
erklärt und Terminologieunterstützung geleistet, in dem er z.B. die Funktionsweise und Einsatzbeispiele für entsprechende
Bauteile erklärt habe. Die eingekauften Texte seien nicht einfach unbesehen in die Handbücher eingefügt worden, sondern hätten
einen ausgefeilten Prozess durchlaufen, der spezielle Kenntnisse in den verschiedenen Bereichen voraussetze. Es handele sich
bei ihr somit nicht um ein einfaches Übersetzungsbüro, sondern um ein Ingenieurbüro für technische Kommunikation, in dem sie
ein Nischenprodukt mit spezialisierten Dienstleistungen, die eine Kombination aus Übersetzungs- und Ingenieurleistungen darstellten,
anbiete. Die technischen Handbücher hätten die Überprüfung, Korrektur und intensive Bearbeitung durch die Gesellschafter vorausgesetzt
(z.B. das Lektorat der Ausgangsdokumentationen auf Verständlichkeit, Terminologiegebrauch, Vollständigkeit, Einhaltung/Umwandlung
von Einheiten und Zahlen, Vorgaben zur Textlänge, etc,). Sämtliche zugekauften Texte seien erst nach vorheriger Prüfung durch
die Gesellschafter in ein TMS importiert worden. Anschließend sei die endgültige Übersetzung durch die Gesellschafter intern
zusammen mit den bereits in den Systemen enthaltenen Texten oder Kapiteln in den betreffenden Sprachen entstanden.
Ihre Gesellschafter hätten die von den Fremdübersetzern verwendete Fachterminologie z.B. anhand der eigenen Terminologiedatenbanken,
durch Internetrecherchen, in Rücksprache mit anderen Fachübersetzern, in Rücksprache mit dem Kunden und den ausländischen
Filialen der Kunden, etc., überprüft. Bei der Kontrolle der nicht beherrschten Sprachen seien einige zusätzlich speziell hierfür
ausgearbeitete Arbeitsschritte den Qualitätssicherungsprozessen zugefügt worden.
Verfahrensrechtlich sei zu berücksichtigen, dass sich in den Steuerakten Hinweise finden ließen, dass der Beklagte bereits
2003 für den Veranlagungszeitraum 2001 eine Veranlagung zur Gewerbesteuer ins Auge gefasst habe, weil es sich bei dem Gesellschafter
F um eine berufsfremde Person gehandelt habe. Auch seien die hohen Fremdleistungen dem Beklagten bereits lange vor der BP
bekannt gewesen. Gleichwohl habe eine solche Außenprüfung nicht stattgefunden. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage,
ob der Beklagte nach Treu und Glauben überhaupt noch befugt gewesen sei, erst im Anschluss an die BP gewerbliche Gewinne anzusetzen.
Ihre Gesellschafter hätten aufgrund der jährlichen Steuerfestsetzung Vermögensdispositionen getroffen und Gelder für deren
Altersvorsorge zurückgelegt. Dieses Geld hätten sie zu ihrem bisherigen steuerlichen Nachteil nicht in einen privaten Altersvorsorgevertrag
eingezahlt und somit von der Steuer abgesetzt. Wäre der Beklagte seiner Ermittlungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen, hätten
ihre Gesellschafter im Jahr 2002 eine Korrektur ihrer Vermögensdisposition durchgeführt.
Die Vorgehensweise des Beklagten lasse keinen anderen Schluss zu, als dass das Finanzamt sie unter Missachtung der §§ 85,
88 und 89 AO gezielt ins Visier genommen habe, nachdem sie offensichtlich falsch beraten worden sei. Trotz Kenntnis des Finanzamts
hinsichtlich der unrichtigen Steuererklärungen seien die weiteren Erklärungen wissentlich unrichtig veranlagt worden, um die
Fehler in einer späteren Betriebsprüfung aufzudecken. Die Motivation des Finanzamts liege auf der Hand, es lohne sich für
die Finanzbehörde nicht, eine Firma bereits nach einem Jahr darauf aufmerksam zu machen, dass sie steuerrechtlich einem Irrtum
unterlegen sei, da die Steuerpflichtige den Fehler korrigieren könne und das Finanzamt in den folgenden Jahren keine Mehrsteuer
erzielen würde.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 12. Oktober 2011 (Blatt 236 der Prozessakte 15 K 4041/10)
und den ergänzenden Sach- und Rechtsvortrag ihrer Gesellschafter in der mündlichen Verhandlung verwiesen (Sitzungsprotokoll).
Die Klägerin beantragt,
die Gewerbesteuermessbescheide 2003 bis 2006 vom 13. August 2009 und den Gewerbesteuermessbescheid 2007 in der Fassung vom
15. Oktober 2009 sowie die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 25. November 2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, die Klägerin bestätige, dass die Anteile der Fremdleistungen für nicht beherrschte Sprachen zwischen 15% und
26% gelegen hätten. Dieser Anteil gebe der Tätigkeit der Klägerin zwar nicht das Gepräge, er führe aber zu einer Infektion
zur Gewerblichkeit. Insoweit räume die Klägerin auch ein, dass die eingekauften Übersetzungsleistungen von ihr nicht überprüft
worden seien. Gefordert werde für die Annahme eines freiberuflichen Unternehmens, dass der individuelle, über eine bloße Leitungsfunktion
hinausgehende Einsatz des Betriebsinhabers den gesamten Bereich seiner Tätigkeit umfasse. Der Betriebsinhaber müsse eigene
Fachkenntnisse besitzen, die sich auf den gesamten Bereich seiner Tätigkeit erstreckten. Diese Voraussetzungen lägen nicht
vor. Die bestellten Handbücher seien ins Türkische, Arabische, Schwedische, Slowenische, Polnische, Italienische, Dänische,
Niederländische, Russische, Portugiesische und noch in weitere Sprachen übersetzt worden. In diesen Sprachen hätten die Gesellschafter
der Klägerin nicht über die nötigen Fachkenntnisse verfügt. Damit hätte der Einsatz der Betriebsinhaber nicht den gesamten
Bereich der betrieblichen Tätigkeit umfasst. Insoweit hätten die Gesellschafter der Klägerin die freiberufliche Tätigkeit
erst gar nicht ausgeübt. Daran ändere auch der Umstand, dass die fremdbezogenen Texte nachgearbeitet (layoutet) und auf die
Einhaltung einer bestimmter Terminologie überprüft worden seien, nichts. Die Klägerin sei aufgrund des fehlenden Fachwissens
in den genannten Sprachen nicht in der Lage gewesen, die Übersetzungen selbstständig zu erstellen. Auch wenn sich die Klägerin
nicht als Übersetzungsbüro fühle, sondern als Ingenieurbüro für technische Kommunikation, handele es sich bei den Übersetzungen
nicht um reine Nebentätigkeiten. Das zeige sich bereits darin, dass ein hoher Anteil an Übersetzungen habe eingekauft werden
müssen.
Die Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge sei auch nicht verwirkt. Zum einen sei es nicht zutreffend, dass bereits 2003
eine Veranlagung zur Gewerbesteuer habe erfolgen sollen. Die Angaben in der Eingabemaske des Veranlagungszeitraums 2001, auf
die sich die Klägerin u.a. beziehe, seien bspw. erst nach der BP im Jahre 2008 erstellt worden.
Im Übrigen habe das Finanzamt keinen Vertrauenstatbestand gesetzt, die Gewerbesteuermessbeträge nicht festsetzen zu wollen.
Entscheidungsgründe
Der Senat ist nicht daran gehindert, in der Sache zu entscheiden. Insbesondere war die Verhandlung nicht im Hinblick auf das
noch anhängige Verfahren über die abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO auszusetzen.
Gemäß § 74 FGO kann das Gericht die Aussetzung der Verhandlung u.a. dann anordnen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits
ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen
anhängigen Rechtsstreits bildet. Eine Aussetzung der Verhandlung ist in aller Regel geboten, wenn in einem Rechtsstreit über
einen Folgebescheid Besteuerungsgrundlagen strittig sind, deren abschließende Prüfung dem Verfahren über einen noch ausstehenden
oder noch nicht bestandskräftigen Grundlagenbescheid vorbehalten ist (Gräber/Koch FGO, 7. Aufl., § 74 Rz. 12 m.w.N.). Die
Entscheidung über die Aussetzung der Verhandlung gemäß § 74 FGO ist eine vom Finanzgericht zu treffende Ermessensentscheidung,
im Rahmen derer prozessökonomische Gesichtspunkte und die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen sind (Koch in
Gräber, FGO, § 74 Rz 7; Brandis in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung/ Finanzgerichtsordnung, § 74 FGO Rz 16, jeweils m.w.N.). Eine
Pflicht zur Aussetzung der Verhandlung besteht nur in Ausnahmefällen (BFH-Urteil vom 08.05.1991 I B 132, 134/90, BStBl II
1991, 641).
Diesen Grundsätzen folgend war die Verhandlung im Streitfall nicht gemäß § 74 FGO auszusetzen. Die Beteiligten haben im Termin
zur mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, dass ihnen an einer zeitnahen Klärung der rechtlichen Einordnung der von
der Klägerin erzielten Einkünfte unter die zutreffende Einkunftsart gelegen ist. Ein Antrag auf Aussetzung der Verhandlung
hat folgerichtig keiner der Beteiligten gestellt. Vor diesem Hintergrund wäre eine Aussetzung der Verhandlung nur dann geboten,
wenn mit einer Entscheidung über den Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen alsbald zu rechnen wäre.
Gerade das ist nach der im Streitfall gegebenen Tatsachenlage nicht der Fall.
Der Beklagte hat sich für diesen Antrag zutreffend als sachlich unzuständig angesehen und ihn an die Stadt B weitergeleitet
(§ 184 Abs. 2 AO). Je nach Entscheidung dieser Behörde müsste in dem Billigkeitsverfahren u.U. zunächst ein Verfahren vor
dem Verwaltungsgericht B geführt werden. Hierauf hat weder der Beklagte noch der erkennende Senat zeitlichen und/oder inhaltlichen
Einfluss. Der Senat sieht es nicht als ermessensgerecht an, den Beteiligten die Klärung der Rechtsfragen des vorliegenden
Verfahrens, an der ihnen gelegen ist, über einen unabwägbar langen Zeitraum vorzuenthalten.
Die Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs.
1 Satz 1 FGO).
Zutreffend hat der Beklagte die Tätigkeit der Klägerin als Gewerbebetrieb eingestuft. Gemäß § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt der
Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches
Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. Gewerbebetrieb ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG jede selbständige
nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen
Verkehr darstellt und weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine
andere selbständige Arbeit anzusehen ist; ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Gewerbebetriebs ist nach der Rechtsprechung
des BFH ferner, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (vgl. z.B. BFH-Urteil vom
15. Oktober 1998 IV R 1/97, BFH/NV 1999, 465, m.w.N.). Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehört nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG
die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit,
die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure,
Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten
Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher,
Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe.
Ergänzend hierzu bestimmt § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, dass die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer offenen
Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb
gilt, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne
des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bezieht.
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien hat die Klägerin in den Streitjahren einen Gewerbebetrieb i.S.d. § 2 Abs. 1 GewStG,
§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG unterhalten.
Zwar übte die Klägerin vom Grundsatz her die Tätigkeit eines sog. freien Berufes i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus,
denn sowohl der Beruf des Dolmetschers als auch der Beruf des Ingenieurs wird ausdrücklich im Katalog dieser Vorschrift erwähnt.
Insoweit bedarf es nicht des Rückgriffs auf die Geprägerechtsprechung des Bundesfinanzhofs, auf die sich die Klägerin in Abgrenzung
zu der in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG normierten Abfärbewirkung stützt.
Diese Geprägerechtsprechung besagt, dass die Umqualifizierung freiberuflicher Einkünfte in gewerbliche Gewinne nach § 15 Abs.
3 Nr. 1 EStG „Abfärbetheorie”) nur dann in Betracht kommt, wenn die Tätigkeit nicht als einheitlich zu betrachtende Gesamtbetätigung
anzusehen ist. Übt ein Steuerpflichtiger sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, so sind diese
getrennt zu betrachten, sofern dies nach der Verkehrsauffassung möglich ist. Das gilt auch dann, wenn sachliche und wirtschaftliche
Bezugspunkte zwischen den verschiedenen Tätigkeiten bestehen (BFH-Urteil vom 11. Juli 1991 IV R 102/90, BStBl II 1992, 413,
m.w.N.). Sind allerdings bei einer Tätigkeit beide Tätigkeitsarten derart miteinander verflochten, dass sie sich gegenseitig
unlösbar bedingen, so liegt eine einheitliche Tätigkeit vor, die steuerlich danach zu qualifizieren ist, ob das freiberufliche
oder das gewerbliche Element vorherrscht (BFH, a.a.O.). Infolge dessen muss eine gemischte Tätigkeit, unabhängig von der „Abfärbetheorie”,
danach qualifiziert werden, welche Tätigkeit der Gesamtbetätigung das Gepräge gibt (vgl. BFH-Urteile vom 24. April 1997 IV
R 60/95, BStBl II 1997, 567; vom 1. Februar 1979 IV R 113/76, BStBl II 1979, 574).
Diese Rechtsprechung ist von Bedeutung, wenn ein Steuerpflichtiger sowohl eine – originär – freiberufliche als auch eine –
originär – gewerbliche Tätigkeit ausübt (im BFH-Verfahren IV R 60/95 war dies die Tätigkeit als beratender Ingenieur (freiberuflich)
unter gleichzeitigem Verkauf von Computerhardware (gewerblich)). In einem solchen Fall ist (zunächst) zu ermitteln, ob und
ggf. welche der ausgeübten Tätigkeiten dem Betrieb das Gepräge gibt.
Ein solcher Sachverhalt ist im Streitfall nicht verwirklicht. Die Klägerin hat keine gemischten Tätigkeiten im Sinne der Geprägerechtsprechung
ausgeübt. Denn die von ihr gefertigten Übersetzungen unterfallen allesamt dem Katalogberuf des Dolmetschers. Das wird auch
vom Beklagten nicht in Abrede gestellt.
Gleichwohl liegen im Streitfall Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor. Denn allein die Ausübung eines Katalogberufes reicht zur
Bejahung freiberuflicher Einkünfte nicht aus. Auch bei der Ausübung eines Katalogberufs erfordert der Charakter der selbständigen
Tätigkeit i.S.d. § 18 EStG, dass die Tätigkeit durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Steuerpflichtigen
geprägt ist (ständige Rechtsprechung des BFH: vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. März 1995 XI R 85/93, BStBl. II 1995, 732, mit
zahlreichen weiteren Nachweisen). Fehlt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen der „Stempel seiner Persönlichkeit”, so ist sie
– auch im Bereich der Katalogberufe – keine freiberufliche (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 XI R 8/00, DStRE 2001, 577, 578).
Eine aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenverantwortlich ausgeübte Tätigkeit liegt nur vor, wenn die persönliche Teilnahme
des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Die Eigenverantwortlichkeit erschöpft
sich nicht darin, nach außen die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des einzelnen Auftrags zu tragen. Die Ausführung
jedes einzelnen Auftrags muss vielmehr dem Steuerpflichtigen selbst und nicht dem qualifizierten Mitarbeiter zuzurechnen sein.
Es genügt daher nicht eine gelegentliche fachliche Überprüfung der Mitarbeiter (vgl. z.B.: BFH-Urteil vom 1. Februar 1990
IV R 140/88, BStBl. II 1990, 507 ff., 508, 509 m.w.N.).
Bei dieser Prüfung stehen die Tatbestandsmerkmale „leitend” und „eigenverantwortlich” selbständig nebeneinander. Auch eine
besonders intensive leitende Tätigkeit, zu der u.a. die Organisation des Sach- und Personalbereichs, Arbeitsplanung, Arbeitsverteilung,
Aufsicht über Mitarbeiter und deren Anleitung und die stichprobenweise Überprüfung der Ergebnisse gehören, vermag daher die
eigenverantwortliche Tätigkeit nicht zu ersetzen (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 XI R 8/00 a.a.O. m.w.N.). Das ergibt sich
unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Danach ist ein Angehöriger eines freien Berufs
auch dann noch freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient: Voraussetzung
ist jedoch, dass er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig ist.
Im Bezug auf Übersetzungsbüros hat der Bundesfinanzhof die vorstehenden Grundsätze dahingehend konkretisiert, dass der individuelle,
über die Leitungsfunktion hinausgehende Einsatz eines Steuerpflichtigen, der die wichtigste Sprache seines Übersetzungsbüros
beherrscht, den gesamten Bereich der betrieblichen Tätigkeit umfassen muss, wenn die Voraussetzungen für ein freiberufliches
Unternehmen gegeben sein sollen (BFH-Beschluss vom 10. August 1993 IV B 1/92, BFH/NV 1994, 168; Urteil vom 5. Dezember 1968
IV R 125/66, BStBl. II 1969, 165; Urteil vom 2. Dezember 1980 VIII R 32/75, BStBl. II 1981, 170 ff.; Urteil vom 11. September
1968 I R 173/66, BStBl. II 1968, 820 ff.; ebenso: BFH-Beschluss vom 12.6.1996 IV B 121/95, BFH/NV 1997, 25). Diese Voraussetzungen
sind im Streitfall nicht erfüllt. Es ist der Klägerin nicht gelungen, das Gericht davon zu überzeugen, dass die Ausführung
jedes einzelnen Übersetzungsauftrags durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung ihrer Gesellschafter
und deren Fachkenntnissen geprägt war. Die Klägerin hat in nicht unerheblichen Umfang in den Streitjahren Übersetzungen in
Türkisch, Arabisch, Schwedisch, Slowenisch, Polnisch, Italienisch, Dänisch, Niederländisch, Russisch, Portugiesisch, Bulgarisch
und etliche weitere Sprachen gefertigt. Dies konnte sie nur unter Zuhilfenahme von Fremdübersetzern, wobei ihr eine inhaltliche
Kontrolle der übersetzten Texte wegen der insoweit fehlenden Sprachkenntnisse nicht möglich war. In Bezug auf diese Fremdübersetzungen
konnten die Gesellschafter der Klägerin nicht – wie es das Gesetz fordert – auf Grund eigener Fachkenntnisse, sondern nur
im Vertrauen auf die Richtigkeit der von den Übersetzern geleisteten Vorarbeiten leitend und eigenverantwortlich tätig werden.
Hierin unterscheidet sich der Sachverhalt von dem Beispielsfall des Zahnarztes, auf den sich die Klägerin beruft. Anders als
der Zahnarzt, der einen einzusetzenden Zahnersatz zwar nicht selbst herstellt, wohl aber auf dessen Verwendungsfähigkeit hin
prüfen kann, mussten die Gesellschafter der Klägerin auf die Fehlerfreiheit der Übersetzungsleistungen vertrauen.
Daran ändert auch der Umstand, dass die Klägerin für die Erstellung der Handbücher, etc., ein Translation-Memory-System einsetzte,
nichts. Denn mit Hilfe dieses TMS hätte ein neuer Übersetzungsauftrag in einer nicht beherrschten Sprach allenfalls dann ohne
Beauftragung eines weiteren Fremdübersetzers ausgeführt werden können, wenn eine hundertprozentige Übereinstimmung zwischen
dem Ausgangstext und den im TMS gespeicherten Segmenten bestanden hätte. Ausweislich der Ausgangsrechnungen der Klägerin war
das nur äußerst selten der Fall. In den Ausgangsrechnungen lassen sich nur sehr vereinzelt sog. 100%-Matches finden. Der weit
überwiegende Teil besteht aus Matches unter 75%, die nach den Angaben der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung von
Fremdübersetzern bearbeitet werden mussten. Aber selbst wenn ein komplettes Handbuch in einer nicht von den Gesellschaftern
der Klägerin beherrschten Sprache aus dem TMS heraus hätte erstellt werden können, wäre ein solches nicht durch die unmittelbare,
persönliche und individuelle Arbeitsleistung der Klägerin geprägt gewesen, weil es bereits den im TMS gespeicherten Texten
an dieser Eigenschaft mangelte.
Damit waren die Übersetzungsleistungen in Sprachen, die die Gesellschafter der Klägerin nicht beherrschten, nicht durch die
persönliche, auf eigener Fachkenntnis beruhende individuelle Arbeitsleistung der Gesellschafter der Klägerin geprägt, auch
wenn das für den Rest der Arbeiten, die erst zu dem fertigen Übersetzungsprodukt (Handbuch) führten, zu bejahen ist.
Auch der Umstand, dass die Klägerin die Texte ihrer Kunden nicht lediglich in ihrer Urform übersetzte, sondern auf Verständlichkeit
und technische Richtigkeit hin überprüfte und ordnete, ggf. die Übersetzungsreife erst herstellte und das in Auftrag gegebene
Handbuch layoutete und so ein Gesamtprodukt herstellte, das über eine reine Übersetzung hinausging, ändert an der rechtlichen
Beurteilung nichts.
Denn auch wenn diese Leistungen für die Kunden der Klägerin von großer Bedeutung waren, bestand ein ganz wesentlicher Teil
ihrer Aufgaben in der Übersetzung der von den Kunden gelieferten Texte. Insofern konnte die Klägerin den Senat nicht davon
überzeugen, dass ihre Tätigkeit eigentlich der eines technischen Redakteurs entsprach. Sicherlich spielten die technisch redaktionellen
Leistungen der Klägerin für den Kunden eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Der Senat ist aber nicht davon überzeugt, dass
dieser Teil den Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin ausmachte, gegenüber dem die Übersetzungsarbeiten in den Hintergrund
getreten wären. Dagegen sprechen insbesondere Abrechnungen mit den Kunden, in denen die Klägerin nur die Übersetzungsleistungen
als solche fakturiert hat. Die technisch redaktionellen Tätigkeiten werden in den Rechnungen lediglich als Serviceleistungen
aufgeführt, für die ein gesondertes Entgelt nicht in Rechnung gestellt wird.
Da die Klägerin in Bezug auf die Übersetzungsleistungen in nicht von ihren Gesellschaftern beherrschten Sprachen teilweise
gewerblich tätig war, gilt ihre gesamte Betätigung nach der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als Gewerbebetrieb.
Wie der Bundesfinanzhof bereits mehrfach entschieden hat, führt diese Abfärbung nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung
der Personengesellschaften gegenüber Einzelunternehmen, denn der Eintritt der Abfärbewirkung kann durch Ausgliederung der
gewerblichen Tätigkeit auf eine personenidentische zweite Gesellschaft vermieden werden. Die unterschiedliche Behandlung von
Einzelunternehmen und Personengesellschaften ist zudem sachlich gerechtfertigt. Das Steuerrecht folgt insoweit den gesellschaftsrechtlichen
Vorgaben, die auf der Vorstellung beruhen, dass Personengesellschaften nur eine einheitliche Tätigkeit ausüben können und
dass diese insgesamt als kaufmännisch anzusehen ist, wenn diese Voraussetzungen auch nur partiell erfüllt sind. Nur bei einem
sehr geringen Anteil der gewerblichen Tätigkeit greift die umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht ein
(BFH, Urteil vom 29. November 2001 IV R 91/99, BStBl II 2002, 221 ff., 224, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Das Bundesverfassungsgericht
hat die Verfassungsmäßigkeit im Beschluss vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04 festgestellt (BVerfGE 120, 1 ff.).
In dieser Entscheidung hat der Bundesfinanzhof eine gewerbliche Teilbetätigung, die lediglich 1,25 v.H. der Gesamtumsätze
betrug und deren Einnahmen deutlich unter der Gewerbesteuerfreibetragsgrenze des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG lag, als
unerheblich angesehen. Ein gewerblicher Anteil von mehr als 6 v. H. wurde vom Bundesfinanzhof schon als schädlich eingestuft
(BFH-Urteil vom 29. November 2001 IV R 91/99, a.a.O.; vom 10: August 1994 I R 133/93; BStBl II 1995, 171). Im Streitfall ist
diese „Bagatellgrenze” angesichts der umfangreichen Fremdübersetzungen in nicht von den Gesellschaftern der Klägerin beherrschten
Sprachen überschritten. Denn auch nach den Berechnungen der Klägerin machten diese 15 bis 26% des Gesamtumsatzes aus und lagen
damit deutlich über der Gewerbesteuerfreibetragsgrenze von 24.500 EUR in den Streitjahren.
Die Heranziehung der Klägerin zur Gewerbesteuer verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Das gilt ungeachtet
der Tatsache, dass zu dieser Steuer nur Gewerbetreibende herangezogen werden und nicht auch Freiberufler und sonstige Selbstständige,
die die Infrastruktur der Kommune in gleicher Weise oder sogar mehr beanspruchen wie beispielsweise die Klägerin.
Auch insoweit hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04 (a.a.O.) die Verfassungsmäßigkeit
bejaht.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin war das Recht (und die Verpflichtung) des Beklagten, Gewerbesteuermessbeträge festzusetzen
im Streitfall auch nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist Ausfluss des auch im Steuerschuldrechtsverhältnis
geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben.
Dieser Grundsatz gebietet u.a. für Steuergläubiger und Steuerpflichtigen gleichermaßen, auf die Belange des anderen Teils
Rücksicht zu nehmen und sich zu seinem eigenen früheren Verhalten nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise in Widerspruch zu
setzen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juni 1992 X R 47/88, BStBl II 1993, 174 m.w.N.). Dabei ist es anerkanntes Recht, dass das
Finanzamt auch außerhalb einer verbindlichen Zusage (§§ 204 ff. AO) oder einer verbindlichen Auskunft nach Treu und Glauben
an eine Zusicherung, eine zweifelhafte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne zu beurteilen, gebunden sein kann und hieraus