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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    Steuerliche Behandlung von Teil-Berufsausübungsgemeinschaften

    von StB Catrin Stockhausen, Korbach

    | In einer Teil-Berufsausübungsgemeinschaft (Teil-BAG) können Ärzte unterschiedlicher Fachgruppen zusammenarbeiten und gleichzeitig ihre Leistungen auf bestimmte Bereiche beschränken. In den weiteren Bereichen ihrer Tätigkeit arbeiten sie auf eigene Rechnung in ihren eigenen Praxen. Dieses Kooperationsmodell hat einige berufsrechtliche und steuerliche Besonderheiten, auf die dieser Beitrag eingeht. Dabei setzt er sich auch mit einer Verfügung der OFD Frankfurt (17.8.16, S 2241 A - 94 - St 213) auseinander. |

    1. Berufsrechtliche Voraussetzungen

    Ärzte dürfen sich nach § 18 Musterberufsordnung-Ärzte 2015 (die Berufsordnungen der Länder sind im Wesentlichen identisch) zu Berufsausübungsgemeinschaften, Organisationsgemeinschaften, Kooperationsgemeinschaften und Praxisverbünden zusammenschließen. Der Zusammenschluss zur gemeinsamen Ausübung des Arztberufs kann zum Erbringen einzelner Leistungen erfolgen (Teil-BAG), sofern er nicht einer Umgehung des § 31 MBO-Ärzte (Zuweisung gegen Entgelt) dient. Verträge über die Gründung von Teil-BAG sind der Ärztekammer vorzulegen. Der Behandlungsvertrag kommt zwischen dem Patienten und der Teil-BAG zustande. Innerhalb einer Teil-BAG ist es zulässig, dass die Leistungserbringung zwischen den Beteiligten aufgegliedert wird.

     

    • Beispiele
    • Urologen und Kinderärzte behandeln gemeinsam kinderurologische Erkrankungen (das Beispiel ist der Gesetzesbegründung nachgebildet).

     

    • Ein Gynäkologe und ein Onkologe behandeln gemeinsam Krebspatienten.

     

    • Gynäkologen und (plastische) Chirurgen führen gemeinsam Operationen durch.

     

    • Konservativ und operativ tätige Augenärzte tun sich mit dem Zweck zusammen, eine gemeinsame vollständige Betreuung der OP-Patienten einschließlich der Vor- und Nachbetreuung zu gewährleisten.
     

    Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht. § 18 Abs. 1 MBO wurde 2015 liberaler gefasst. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs, das die Regelung punktuell als verfassungswidrig angesehen hatte (BGH 15.5.14, I ZR 137/12). Künftig sind, anders als bislang, auch Teil-BAG etwa zwischen medizinische-technischen Disziplinen und patientenbezogenen Disziplinen denkbar, soweit der Gewinn nicht ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht.

     

    PRAXISHINWEIS | Der BGH (15.5.14, I ZR 137/12) ist der Auffassung, dass die Regelung, wonach eine Teil-BAG generell auf einen Verstoß gegen das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt hinausläuft, wenn sich der Beitrag des Arztes auf medizinisch-technische Leistungen beschränkt, ein Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit ist.

     

    Problematisch ist es aber, wenn Gesellschafter unabhängig von ihren tatsächlich erbrachten Leistungen einen fixen Gewinnanteil bekommen. Hierin liegt eine berufsrechtlich verbotene Zuweisung gegen Entgelt (OLG Karlsruhe 25.2.15, 6 U 15/11, Rev. BGH I ZR 65/15). Wenn der BGH die Entscheidung des OLG Karlsruhe bestätigen sollte, werden alle Teil-BAG ihre Gewinnverteilungsregeln so gestalten müssen, dass die Gewinnausschüttung abhängig von der persönlichen Leistung des Gesellschafters ist. Damit sind allein tatsächlich vergütungsfähige Leistungen gemeint. Allerdings sollte die Entscheidung des BGH nicht abgewartet werden. Mit den neuen §§ 299a und 299b StGB werden Verstöße gegen das Gebot der Zuweisung gegen Entgelt unter Strafe gestellt. Maßstab, ob strafbares Verhalten vorliegt, ist die fehlende Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung.

     

    2. Steuerliche Beurteilung

    Eine Teil-BAG ist eine Personengesellschaft (i. d. R. GbR oder Partnerschaftsgesellschaft) mit einer eigenen Steuernummer. Sie ist eine Mitunternehmerschaft, wenn sie die berufsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Die Gesellschafter entfalten durch die Ausübung gesellschaftlicher Kontrollrechte Mitunternehmerinitiative und tragen durch die Beteiligung am Erfolg und an den stillen Reserven einschließlich eines etwaigen Praxiswerts auch Mitunternehmerrisiko. Die Einkünfte der Gesellschafter sind nach § 179 Abs. 1 i. V. mit § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festzustellen. Dies alles ist eigentlich so selbstverständlich, dass es verwundert, dass die OFD Frankfurt meint, Folgendes hervorheben zu müssen:

     

    • OFD Frankfurt (17.8.16, S 2241 A - 94 - St 213)

    „Allerdings muss es sich auch hier wie sonst bei Gemeinschaftspraxen um eine angekündigte und auf Dauer angelegte systematische Kooperation mit gemeinsamem Patientenstamm handeln. Voraussetzung für die gemeinsame Berufsausübung ist ferner, dass die beteiligten Ärzte mehr oder minder gleiche Rechte und Pflichten haben und jeder Gesellschafter an unternehmerischen Chancen und Risiken beteiligt ist, was typischerweise in einer prozentualen Gewinn- und Verlustbeteiligung, in einer Mitwirkung an Investitions- und Personalentscheidungen und in einer Kapitalbeteiligung zum Ausdruck kommt.“

     

    2.1 Bestimmung der Einkunftsart

    Ärzte erzielen in erster Linie Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Grundsätzlich können Ärzte aber auch gewerbliche Einkünfte erzielen. Das ist dann allerdings häufig eher ein Unfall (Abfärbung) und weniger gewollte Gestaltung. Die Konsequenzen sind bei Einzelpraxis und BAG verschieden:

     

    • Bei einem Arzt in Einzelpraxis sind gewerbliche neben freiberuflichen Einkünften kein Problem. Er kann beide Einkunftsarten parallel verwirklichen. Sie werden getrennt ermittelt und besteuert. Ausnahme: Die zugrunde liegenden Tätigkeiten sind so eng miteinander verwoben, dass sie als einheitlich anzusehen sind.

     

    • Bei einer BAG führen gewerbliche (Neben-)Einkünfte zur Abfärbung bzw. Infektion. Die gesamten Einkünfte der BAG gelten dann als gewerblich (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Zu einer gewerblichen Infizierung kommt es allerdings nur dann, wenn der Anteil der originär gewerblichen Tätigkeit die vom BFH (27.8.14, VIII R 16/11, VIII R 41/11 und VIII R 6/12, BStBl 15 II, 996, 999 und 1002) aufgestellte Geringfügigkeitsgrenze überschreitet. Dies ist dann der Fall, wenn die gewerblichen Nettoumsatzerlöse von 3 % der Gesamtnettoumsätze und zusätzlich den Betrag von 24.500 EUR im Veranlagungszeitraum übersteigen.

     

    Der Arzt kann auch Fachkräfte (insb. Ärzte, MTAs etc.) anstellen, ohne befürchten zu müssen, gewerblich tätig zu sei. Das gilt allerdings nur, solange er als Praxisinhaber leitend und eigenverantwortlich tätig ist (Stempeltheorie). Abgesehen von erlaubten Delegationsfällen, z. B. an die Helferin, muss er seine Patienten selbst untersuchen. Allerdings ist es nicht erforderlich, dass der Praxisinhaber jederzeit in das Behandlungsgeschehen eingreifen kann, etwa weil die Behandlungen an einem anderen Ort stattfindet.

     

    „Eine eigenverantwortliche Tätigkeit ist auch dann gegeben, wenn die von einer anästhesiologischen Gemeinschaftspraxis erbrachten Narkoseleistungen an verschiedenen Einsatzorten durch eine angestellte Fachärztin eigenständig und ohne Kontroll- und Eingriffsmöglichkeit durch einen Gesellschafter erfolgen, sofern die Voruntersuchung des Patienten und die Entscheidung über das Ob und Wie der Narkose durch einen Gesellschafter getroffen werden und „problematische Fälle“ durch die Gesellschafter persönlich betreut werden.“

     

    Doch bereits für den angestellten Arzt in einer Praxisfiliale, der die Patienten der Zweigpraxis eigenständig betreut, sieht der Fall anders aus. In der Regel wird der Praxisinhaber auf deren Behandlung gerade keinen Einfluss nehmen. Das Merkmal der eigenen Untersuchung entfällt damit. Die Einflussnahme war aber in der Anästhesistenentscheidung durch die eigenhändigen Voruntersuchungen durch die Inhaber gewährleistet .

     

    Die Ortsverschiedenheit kann in bestimmten Fällen auch für die Teil-BAG gewerbesteuerlich problematisch sein:

    • Beispiel aus OFD Frankfurt (17.8.16, S 2241 A - 94 - St 213)

    Ein Allgemeinmediziner geht mit einem Laborarzt für Leistungen im Bereich der Rheuma-Diagnostik eine Kooperation ein. Da der Laborarzt nicht jeden eingegangenen Untersuchungsauftrag nach Inhalt und Fragestellung zur Kenntnis nehmen und die Plausibilität des Ergebnisses prüfen kann, ist er nicht eigenverantwortlich tätig. Der Laborarzt erzielt gewerbliche Einkünfte, die nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auf die Teil-BAG abfärben.

     

    2.2 Zuordnung von Betriebsausgaben und Wirtschaftsgütern

    Anders als in einer BAG, die Einnahmen und Betriebsausgaben hat, fallen in einer Teil-BAG nur Honorareinnahmen an. Die Betriebsausgaben, die diesen Einnahmen gegenüberstehen fallen, üblicherweise in den Praxen der Gesellschafter an. Da diese Aufwendungen durch die Tätigkeit in der Teil-BAG veranlasst sind, behandelt sie die Finanzverwaltung als Sonderbetriebsausgaben der Partner bei der Teil-BAG. Die Zuordnung bei der Teil-BAG hat nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG Vorrang vor der Zuordnung bei der Herkunftspraxis (OFD Frankfurt, 17.8.16, S 2241 A - 94 - St 213).

     

    Für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Sonderbetriebsvermögen gilt Folgendes:

     

    • Beispiel aus OFD Frankfurt (17.8.16, S 2241 A - 94 - St 213)

    Nutzung des WG
    Zuordnung des WG

    durch die Teil-BAG:

    zu mehr als 50 % bis 100 %

    Sonderbetriebsvermögen

    der Teil-BAG

    genau zur Hälfte durch beide

    Die Finanzverwaltung wird der Zuordnung

    des Steuerpflichten folgen

    (Vereinfachungsregel).

    durch die Einzelpraxis:

    zu mehr als 50 %

    Betriebsvermögen der Einzelpraxis

     

     

    Die Nutzungsverhältnisse beziehen sich jeweils nur auf die betriebliche Nutzung des Wirtschaftsguts. Der Anteil einer eventuellen Privatnutzung hat für die Zuordnung zwischen Einzel- und Teil-BAG keine Bedeutung.

     

    Die durch die Nutzung der betreffenden Wirtschaftsgüter anfallenden Betriebsausgaben sind entsprechend dem tatsächlichen Nutzungsumfang durch die jeweilige Einzelpraxis oder Teil-BAG zuzuordnen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Kooperation - Vorsicht bei der Gewinnverteilung in einer Teil-BAG mit Radiologen (Nachricht vom 5.8.16)
    • Abfärbung - BFH setzt Bagatellgrenze für die Abfärbung von geringfügigen gewerblichen Einkünften fest (Scur, PFB 15, 109)
    • Umsatzsteuer - Neuere Entwicklungen zur Umsatzsteuerfreiheit für Anästhesisten (Sedlaczek, PFB 15, 298)
    Quelle: Ausgabe 01 / 2017 | Seite 19 | ID 44359216